Schadendorf: Mosaiksteine zur Erforschung der Herkunft der Wiebeke Kruse

Jan-Uwe Schadendorf, Text aus dem Buch “Wiebeke Kruse, erschienen Okt. 2004 im Sommerland-Verlag (der Inhalt ist durch neuere Forschungen präzisiert/überholt worden, die viele hier formulierte Ansätze – Herunft Puls – bestätigen. Eine Zusammenfassung findet sich Wiebeke Kruse aus Puls.)


Mosaiksteine zur Erforschung
der Herkunft der Wiebeke Kruse

Wie aus den Beiträgen von Waltraud Bruhn und Dr. Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt bei allen Unterschieden hervorgeht, sind die Urkunden und Belege über die Herkunft und das Leben der Wiebeke Kruse äußerst dürftig oder/und scheinen noch keiner systematischen Untersuchung unterzogen worden zu sein.

Auch ich habe leider noch nicht die Zeit gefunden, die mir bekannten Bruchstücke zusammenzufügen, in der Hoffnung, daraus ein Bild zu gewinnen.

Gleichwohl möchte ich diese Veröffentlichung nutzen, das für spätere Arbeiten festzuhalten, was ich bislang an verschiedenen Stellen aufgefunden habe und was noch zusammengeführt werden muß.

War es Föhrden-Barl ?

Die vornehmste Quelle zur Beantwortung dieser Frage ist das Bramstedter Stellenverzeichnis 1) für Föhrden-Barl.
Dort ist tatsächlich (wie es Dr. Lorenzen-Schmidt auch feststellt) zur fraglichen Zeit keine Eintragung zu finden, die auf die bei Johanna Mestorf genannten Namen schließen lässt.

Prof. Hans Riediger, der als der profundeste Kenner dieses Quellenmaterials gilt 2) 3), schreibt dazu in seinem Buch „Bauernhöfe und Geschlechter“ Band I 4) unter der Barler Hufe Nr. 4:
„Die Abstammung der Wibke Kruse von dieser Hufe dürfte heimatgeschichtlich von Interesse und Bedeutung sein. Ihr um 1555 (errechnet) geborener Vater Hennike ist kurz vor dem 22.8.1653 im hohen Alter von 98 Jahren verstorben. Wibke selbst wird jedoch ebenso wie ihre Geschwister … nicht aufgeführt, da Taufeintragungen erst ab 1630 beginnen.“ Und weiter „Es ist auffällig und bemerkenswert, dass Wibke Kruse bei keinem der vier Kinder ihres Bruders Hinrich Kruse Gevatterin gestanden hat.“.
5)

Riediger nimmt also hier auf der einen Seite die Abstammung von dieser Hufe als gegeben hin (nur am Rande bemerkt: der zugeordnete Vater müßte bei der Geburt Wiebkes dann ca. 55 Jahre alt gewesen sein. Und die Mutter ?? ), auf der anderen Seite flackert ein kleiner Zweifel auf in den Worten „auffällig und bemerkenswert“ und er trifft genau die Feststellungen, die den Zweifel nähren.
Bei den damaligen Bräuchen wäre wirklich zu erwarten, dass Wiebeke bei einer/m ihrer vermeintlichen Nichten und Neffen als Taufpatin in Erscheinung treten würde. Doch das ist nicht der Fall, soweit dies aus den Veröffentlichungen zum Bramstedter Stellenverzeichnis ersichtlich ist. Da erhebt sich die Frage, ob sie überhaupt von dieser Hufe stammt und ihr Fehlen als Patin nur so zu deuten ist, als dass sie dort nicht zuzuordnen ist.

Festzuhalten ist, dass Wiebeke nach gegenwärtiger Erkenntnis (und man sagt, Hans Riediger kannte das Stellenverzeichnis fast auswendig) nirgends in den Kirchenbüchern erscheint.
Auch findet sich in der Bad Bramstedter Kirche selbst kein Hinweis in Form einer Stiftung oder Schenkung eines Inventars. So etwas war durchaus Usus zu der Zeit, doch nicht eine Spur scheint Wiebeke hier hinterlassen zu haben.

Nach den Unterlagen Riedigers war der Bruder angeblich Hinrich Hofinhaber in Föhrden. Tatsächlich nachweisbar (s.u.) ist für ihren Bruder jedoch, dass er etwa zeitgleich als Hausvogt im Amt Steinburg und in Segeberg in Diensten der Amtmänner Rantzau bzw. Buchwaldt war. Ein Amt, dass mit dem parallelen eigenständigen Betrieb einer Hofstelle kaum vereinbar erscheint.

Gleichwohl halten sich hartnäWiebekeKruse_Kettekl_240ckig Berichte und Geschichten, um ihren Nachlaß. So werden in in Föhrden-Barl und Hagen Schmuckstücke gut verwahrt (eine Kette und eine Brosche) die Wiebeke Kruse zugeschrieben werden und als Familienschmuck der Kruses gelten.
Die Gemeinde hat diesen Schmuck in ihr Wappen aufgenommen. Eine wissenschaftliche Untersuchung des Schmucks hat es m.W. bislang nicht gegeben.

 

 

Butendoor 18


Eine andere Legende wird in einem Zeitungsartikel in den Bramstedter Nachrichten vom 12.6.1917 erwähnt. Es wird von einem Haus im Butendoor (Nr. 16?) berichtet, das lange der Taterschen gehört haben soll, die Wiebeke einst die im Roman erwähnten Weissagungen aussprach.

Wohin führt der Weg über den Bruder Hinrich ?

Wiebeke hatte – wie oben angeführt – einen Bruder Hinrich (Heinrich) zu dem ich in der Literatur folgende Notizen zu fand:
1. Dr. Wolfgang Prange, Landesarchiv in Schleswig, schrieb 1966 in seiner Abhandlung über das Gut Bramstedt
6): „Es wurde in lockerer Bindung an das Amt Segeberg verwaltet. Zahllose Aufträge hat der König seinetwegen dem Amtmann gegeben. Dieser und Wiebkes Bruder Hinrich Kruse, Hausvogt in Krempe, dann in Segeberg, führten die Aufsicht über das Gut. Die Wirtschaft leitete e in Vogt.“
2. Bei Hans-Hinrich Harbeck
7) findet sich „….1637 …..Henricus Kruse, Wiebekes Vertreter, habe unparteiliche Männer aus dem Kirchspiel Hohfelde genannt; …“
Und auf Seite 271 “ … von Wiebeckes Bruder Henneke (Hinrich) getroffen worden sind, in dessen Hand anscheinend die Gutsverwaltung gelegen hat.“

Leider fand sich weder bei Prange noch bei Harbeck die direkte Quellenangabe für die behauptete Bruderschaft.

Doch zwischenzeitlich konnte ich die entsprechende Urkunde im Landesarchiv ausfindig machen.

Die Urkunde, die den Verwandschaftsnachweis erbringt, stammt aus 1647 (LAS 110.3 Nr. 122). Es ist ein Bauauftrag/-vertrag und es handeln dabei Hinrich Kruse und Johann Freymuht in Vollmacht für die Gutsherrin für Brückenreparatur, ohne dass allerdings die Gutsherrin mit Namen erwähnt wird. Hinrich Kruse war zu dem Zeitpunkt Hausvogt in Segeberg und in Johann Freymuht haben wir wohl den Verwalter auf dem Gut zu sehen (s.a. unten).

Der Text der Urkunde lautet (freundlicherweise wurde er mir von Herrn Lorenzen-Schmidt transskripiert):

Anno 1647 den 12 febr. ist ein beständiger contractus vollzogen und beschloßen worden zwischen den königl. haußvoigt herrn Henrich Krußen und herrn Johann Freymuht, verwaltern zur Brambstette eines, den andern theilß m[eister] Geberdt Tietken, königl. bauwmeistern in Glückstadt, nemblichen es verdingen wohlgemelte herren Henrich Kruse und Johann Freymuht im nahmen und habenden volmacht derer respective hertzlieben schwester und frawen an m. Geberdten, dass es gedachter m. Geberdt Tiedtken die zu Brambstette gantz undt gar ruinirte Brücke an dem hauße Brambstette und über die ahwe gehet von neuen wiederumb auff seinen costen, wan ihme holtz, eisenwerk und andere dazu gehörige materialien darzu herbey geschafft werden alß folgender maßen specificiret verfertigen undtvon newem erbauen soll.

1. soll m. Geberdt die brücke alß contrahiret waß dabey an zimmermanß arbeit geschehen muss, auch waß nahmens zimmer arbeidt geheißen und genent wirdt, an gedachter brucken verfertigen, alß
2. nemblich von 5 gebundt zu nebenst 4 flügeln inß landt und oben mit brust lehnungen zu machen, auch negst dem hauße uff solcher brücken eine zuckbrücke zu verfertigen.
3. Die brücke so lang dieselbe mit balcken zu belegen. Item dieselbe oben mit bohlen zu bekleiden, so woll auch die flügele derselben mit starcken bohlen auch mit gutem bohlen von grundt auff auszukleiden.

In summa alß obspecificiret wird erwehnt, von m. Geberdten dabey an zimmermansarbeit verferttiget werden kan und hierin nicht nahmhafftig gemacht worden, soll er alles bestendtich verfertigen. Vor sotahne arbeit mehrgedachten m. Geberdt Tietken eines für alles zur summa nach vorfertigter arbeit versprochen 140 rthlr ihme, m. Geberdten alß seine zahlung von dem königl. amptman hern Casper von Buchwaldten dargereicht und bezahl werden sollen. Uhrkundtlichen haben beyde Teihle diesen contract em?gehendiget unterschrieben. Actum Crempe ut supra.

Henrich Kruse Johannes Freymuht manu propria.

Damit ist die Verwandschaft belegt, aber nicht die Herkunft. Dazu finden sich weitere Angaben in der Literatur:

Kirchenstuhl in Hohenaspe

3. Bei Martin Echt 8) findet sich über die Kirche zu Hohenaspe der Satz „Kruse war unter Baltzer von Ahlefeldt und nachfolgend unter Detlev Rantzau Verwalter auf Drage. Unter seiner Aufsicht wurden die Schäden in der Kirche behoben. Er war ein Bruder jener Wiebke Kruse, die als Bauerntochter zur Geliebten des volkstümlichen Dänenkönigs Christian IV. wurde.“ Und weiter „Nach unserer Überlieferung hat Wiebke den Dänenkönig in Drage kennengelernt, als dieser Baltzer von Ahlefeldt auf seinem Hof besuchte.“

Martin Echt weist zuvor auf einen Kirchenstuhl in Hohenaspe hin, der mit „Hinrich Kruse Anno 1629“ bezeichnet ist.
Den Nachweis, dass der Hinrich Kruse zu Drage mit dem später auftretenden Hausvogt in Krempe (bzw. Amt Steinburg) und Segeberg identisch ist, bringt Martin Echt nicht bzw. erwähnt nicht die Quellen seiner Schlußfolgerung.

Schenefeld Altar4. Über eine weitere bemerkenswerte “Entdeckung” in Zusammenhang mit Wiebeke Kruse berichtete Kuno Schuldt 9) aus Seestermühe schon vor einigen Jahren.
Auf dem Altar in der Kirche zu Schenefeld befindet sich einen Inschrift, die als Stifter dieses Altars einen Heinrich Kruse nennt und zwar mit dem Text:

„Anno 1637 hatt der ehrnvester und manhafter Heinrich Krause, königlicher Haußvoigt zur Crempe dieß Altahr Gott zu Ehren undt der Kirchen zum Zierath stafihren lassen.“

Die Indentität mit dem später als Wiebkes Bruder tätigen Hinrich in Segeberg steht wohl außer Zweifel und wirft sofort die Frage auf, warum spendet er, der nach der Bramstedter Geschichtsschreibung aus Föhrden kommen soll, der Kirche zu Schenefeld einen solchen Altar?

Schenefeld Kanzel Tafel Neben der Kanzel – ebenfalls von 1637 – ist eine Stiftertafel für diese Kanzel angebracht, auf der „Clawes Kruße zur Polße“ als vierter Stifter genannt ist. Kuno Schuldt zeigt auf, dass eine Familie Kruse zu der Zeit in Puls lebte und schließt daraus (und aus Hebungsunterlagen des Amtes Rendsburg), dass Puls die Heimat dieser Familie Kruse einschließlich Wiebeke sei und nennt sogar ein Geburtsjahr mit 1603.

Für das Geburtsjahr und diese Folgerungen fehlt die Angabe der urkundlichen Quellen.
Das Brücheregister von Schenefeld von 1608 (LAS Abt. 104) weist einen Detloff Kruse zu Pulse aus (lt. Dr. Nils Hansen, Seminar für Europäische Ethnologie/Volkskunde , Universität Kiel).

Zu Detlef von Rantzaus Zeiten auf Drage und als Schirmherr der Kirche in Hohenaspe wurde die Kirche im 30jährigen Krieg nach schweren Verwüstungen renoviert. Dabei hat nach Martin Echt 8) Hinrich Kruse mitgewirkt (Beleg, Quelle nennt er allerdings nicht).
Baltzer von Ahlefeldt und später sein zweiter Schwiegersohn Detlef Rantzau waren beide Amtmänner im Amt Steinburg, das zeitweilig seinen Sitz in Krempe hatte. Hier war ein Hinrich Kruse Hausvogt.
Es ist naheliegend in ihm ein und dieselbe Person zu vermuten.
Da Martin Echt es mit großer Bestimmtheit aussagt, gilt es, seine Quellen nach dem urkundlichen Nachweis zu durchforschen. Kuno Schuldt verweist auf eine erste Erwähnung Hinrich Kruses in 1630 in Drage.

Der Hinweis Schuldts auf Puls als möglichen Geburtsort ist interessant, aber ähnlich unbewiesen, wie Föhrden.
Es ist allerdings bemerkenswert – wie oben schon erwähnt -, dass Hinrich Kruse die Kirche zu Schenefeld für seine großzügige Spende auserwählt hat.
War es “seine” Kirche im Sinne seiner Taufkirche? Das ist es wohl, was Kuno Schuldt meint.

War es auf Drage ?

Wie konnten Wiebeke und Christian der IV. zusammenkommen, wenn es nicht oder nicht nur die Begegnung an der Brücke in Bramstedt war?

Martin Echt und Kuno Schuldt sehen das Gut Drage und seinen Besitzer, Balthasar von Ahlefeldt, als Angelpunkt der Betrachtungen. Ahlefeldt war Nachkomme der Krummendiecks und verheiratet mit einer Nachfahrin Heinrich Rantzaus und war ein sehr vermögender und einflußreicher Mann und war ab 1615 als Amtmann in Rendsburg tätig, dazu gehörte auch das Kirchspiel Schenefeld.

Baltzer von Ahlefeldt war verheiratet mit Margarethe Rantzau einer Schwester der Magdalena Rantzau. Beide Rantzau-Frauen sind Töchter des großartigen Mannes seiner Zeit und königlichen Statthalters in den Herzogtümern, Heinrich Rantzau.
Magdalenas Mann, Claus auf Gelting, kaufte 1580 Drage und verkaufte es kurz darauf an Baltzer (Balthasar) weiter. Claus und Magdalena sind ferner Großeltern des Feldherrn Claus von Ahlefeldt, der später in zweiter Ehe die Tochter Wiebeke Kruses und Christian IV. heiratet.

Da Christian IV. gelegentlich auch bei seinen Amtmännern und wichtigen Beamten logierte, ist die Vermutung, dass Christian IV. Wiebeke auf Drage kennengelernt habe, nicht abwegig.
Und dass Wiebekes Tochter in die Ahlefeldts einheiratet, lässt schließen, dass zumindest die Kinder Christians, egal welcher Mutter, als hoffähig galten.

Antje Erdmann-Degenhardt 12) versucht die Schilderungen Johanna Mestorfs und die Drager Version des Martin Echt dergestalt in Einklang zu bringen, dass sie schreibt “Wiebeke, auf die der König bereits beim Wäschewaschen in Bramstedt aufmerksam geworden war, traf hier zufällig, als sie ihren Bruder besuchte, wieder mit Christian IV. zusammen. Daraus soll sich dann die Beziehung entwickelt haben.”

Noch mehr Kruses ?

Die Drager Version scheint einige Plausibilität zu besitzen und doch gibt es auch weitere Mosaikstücke in Bad Bramstedt zu finden.
Leider ist Hans Riediger verstorben, bevor sein geplanter dritter Band über Bramstedt erscheinen konnte. Den Nachlaß habe ich leider noch nicht ausfindig machen oder sichten können.
So bleibt die Veröffentlichung aus 1955-56
3) als Quelle weiterer Feststellungen. Die Auswertung ist nicht unergiebig.
Unter dem Hof Bramstedt finden sich Notizen (hier ergänzt um einige handschriftliche Notizen aus Hans Hinrich Harbecks Nachlaß):

Jürgen Kruse, gest. 4 Wochen vor S. Michaely 1638, getr. mit Engell N.;“
und danach
„Witwe Engell Krusen, getr. 2) Martini 1641 mit ; Johan Freymoth, gest. 3.3.1649, begr. 10.3.1649;“
und als deren Kinder
Ulrich Christian , geb. 1642, get. 9.p.Trin.1642,
Gev.: Clawes Redegeltt, Peter Hellertt. Von Itzeho F. Anna Krusen;
Ingeborgh, geb. 1643, get. 19.p.Trin.1643,
Gev.: Die Edle Viel Ehr und Tugentreiche Jungfer Elisabet Sophia Güldenloew, Zyllige Hellrichs und Marx Frouwen etc.;
Engelborgh, geb. 1646, get. 10.6.1646,
Gev.: Die Frauw. Pastorsche Mergreta Galenbeken, Dorothea Nißen, Hinrich Wilde aus Hamburgh ;“

In Jürgen Kruse kann man wohl den Verwalter des Gutes vor 1638 sehen, obwohl dies in Konkurrenz zur Aussage Harbecks 7) steht, dass Hinrich es gewesen sei. Jedoch die oben abgedruckte Urkunde von 1647 zeigt, dass Hinrich sich zwar aus seiner Funktion als Hausvogt um das Gut seiner Schwester kümmerte, aber ein Verwalter (in der Urkunde Johann Freymuht) vor Ort eingesetzt ist. Prange schreibt es auch so.
Die Gleichheit des Nachnamens im Stellenverzeichnis mit Wiebeke wird kein Zufall sein, sondern wir werden in Jürgen einen (nahen?) Verwandten zu sehen haben.
Nach dem Tod Jürgens heiratet die Witwe offenbar einen „Fremden“, wohl aus königlichem Umfeld, und bringt mehrere Kinder zur Welt.
dass das erste Kind Ulrich Christian heißt, lässt ebenso die Nähe zum königlichen Hof erkennen, wie die Patenschaft der Tochter Wiebekes beim zweiten Kind der Freymoths.
Wir sehen deutlich, dass Verwandte als Paten auftreten; bei dem ersten Sohn Ulrich Christian (so heißt auch Wiebekes Sohn mit Christian, der 1630 geboren wurde) eine Anna Kruse.
Ob es sich dabei um die Mutter Jürgens, eine Schwester oder evtl. die Frau zu Hinrich handelt, sei derzeit dahingestellt.
Die Ortsangabe ‘von Itzehoe’, die zu ihr oder dem Paten Peter Hellert gehört weist jedenfalls in Richtung Steinburg. Andererseits tritt 1633 eine Anna Kruse in Barl als Patin auf.

Nach Johan Freymoths Tod übernimmt Christopher Roepstorff die Verwaltung des Bramstedter Gutes. Über Freymoth (Freymuht) habe ich leider bislang nichts Näheres herausbringen können. Roepstorff hingegen entstammt einer Adelsfamilie aus Mecklenburg. Seine Mutter ist Sophie von Ahlefeldt, eine Schwester zu Claus von Ahlefeldt10). – Doch damit sind wir zeitlich schon weit nach Wiebekes Tod.

Als bemerkenswert ist noch anzuführen, dass Riediger einen Jürgen Kruse in 1640 als Vater der Abell Kruse (“von Weddelbrook”) nennt, als diese Hans Fuhlendorf heiratet. Als ihre Brüder gibt Riediger einen Hans und einen Marx an.3)
Vier Jahre später geht Jürgen Fuhlendorf (der Fleckensbefreier Jürgen Fuhlendorf) als Kind aus dieser Ehe hervor und trägt den Vornamen des Großvaters, wie es Tradition ist.
Ist hier gar eine Verwandschaft zwischen den beiden historischen Figuren Bramstedts zu vermuten? – Dies zu klären, ist eine reizvolle Aufgabe für weitere Forschungen.
Leider hilft Riedigers Arbeit aus 1955-56 hier nicht ausreichend. Das Stellenverzeichnis Weddelbrook wurde bislang nicht veröffentlicht und ein Teil der Eintragungen findet sich in den Kirchenbüchern in Kaltenkirchen.

Doch so einfach ist es nicht! 
(Text gestrichen aufgrund der neueren Forschungen; 2010)

So schön und plausibel sich die Teile in Holstein zusammenreimen lassen, so sehr hat auch das Argument Gewicht, dass Wiebeke zum Hofstaat von Ellen Marsvin (verheiratete Munk, Mutter der Kirsten Munk) gehörte.
Ob sie aus diesem Dienst heraus oder zuvor Christian kennengelernt hat, ist ungeklärt, aber auf jeden Fall muss eine Prüfung der Herkunft Wiebekes auch in diese Richtung gehen.
Da heißt es natürlich in Dänemark nachzugucken.

Ich hatte dazu zwar keine Gelegenheit im Sinne von wirklichem Quellenmaterial einzusehen, doch gibt es sehr informative Seiten im Internet zu den dänischen Adelsfamilien.

Dort 13) findet sich dann, dass Ellen Marsvin eine drei Jahre jüngere Schwester Else Jörgensdatter Marsvin hatte (geb. 5.6.1575 + 25.10.1632), die am 15.2.1596 in Koldinghus den Enevold Tygesen Kruse (* 28.10.1554 – + 8.3.1621) heiratete. Der Ehemann war von 1608 – 1618 Statthalter in Norwegen und Reichsrat. 14)

Enevolds Eltern sind Tyge Kruse und Birgitte Munk und Else bzw. Ellens Eltern sind Jörgen Marsvin und Karen Gyldenstierne. Hier findet sich also interessanterweise der Name Jörgen/Jürgen in der Familie.

Else und Enevold hatten mindestens zwei Kinder: einen Sohn Tyge ( * 2.4.1604 Stenalt + 2.2.1629) verheiratet am 12.6.1628 mit Karen Sehestedt 15) und einen Jörgen (* ca. 1595, + ca. 1668) verheiratet am 17.9.1626 in Kopenhagen mit Beata Joakimsen Bülow. 16).

Das beweist noch nichts zur Herkunft der Wiebeke, aber wir finden hier Kruses, die große Nähe zu Ellen Marsvin haben, bei der die ersten Nachweise für Wiebeke Kruses Existenz zu finden sind.

Wird es ein Bild ?

Aus diesen Bruchstücken ein Bild zu zeichnen, fällt nicht leicht. Eher beschreibt es Aufgaben, die es zu erledigen gilt, um Vermutungen beweisen oder widerlegen zu können.

Wiebeke Kruse Medaillon 1748Ein erster Ansatz muss sein, die Indentität zwischen dem Hinrich Kruse auf Drage und dem Hausvogt auf Krempe und Segeberg zu belegen bzw. auszuschließen.
Sodann sollte versucht werden, möglichst viele Daten über diese Familie und über den Lebensweg des Hinrich Kruse zu sammeln.
Die zur der Zeit in Puls ansässigen Kruses mögen der familiäre Bezug sein, sofern man Kuno Schuldt folgen will. Auf jeden Fall ist der Hinweis in diese Richtung weiterer Nachforschungen wert.
Ob und wann seine Schwester Wiebeke evtl. auch auf Drage (in Diensten?) war, und wie sich dies wiederum mit den Diensten bei Ellen Marsvin gedanklich vereinbaren lässt, bleibt eine offene wie spannende Frage für diese Forschungen.

Jedenfalls muss man die Drager Lesart (Echt/ Schuldt) ebenso hinterfragen, wie die Föhrden – Bad Bramstedter. Wobei zu der letzteren noch angemerkt sei, dass Christian IV. das Gut Bramstedt (in Nähe zu Föhrden) keineswegs gezielt ausgewählt haben soll, sondern eher allgemein den Auftrag erteilte, ein passendes Gut als Versorgung für Wiebeke zu finden (so Bramstedts Stadtarchivar Manfred Jacobsen). Es hätte somit auch ein anderes sein können, lagen doch zu der Zeit viele Güter im Nachgang des Einfalls Tillis und Wallensteins im Lande wirtschaftlich darnieder und waren zu kaufen.

Auch die Spuren aus dem Bramstedter Stellenverzeichnis gilt es zu verdichten. Es ist ja nicht auszuschließen, dass sich in dieser ganzen Geschichte zwei Linien Kruses kreuzen und die Weddelbrooker aus dem Umfeld der Wiebeke kommen und zugezogen sind, während die Föhrdener eine eigene sind.
Viele Hufen (Höfe) waren zu jener Zeit wüst (heißt ohne Bewirtschaftung), so auch welche in Weddelbrook.
So mag es sein – gewagte These, mehr nicht, ich gebe es zu – , dass Wiebke nach dem Erwerb des Gutes evtl. ihren Verwandten Jürgen auf eine dieser Hufen eingesetzt hat.
Jedenfalls findet sich der Vorname Jürgen zu der Zeit bei den Kruses in Föhrden (noch) nicht.
3)

Nicht unberücksichtigt sollte man bei den Forschungen lassen, dass die Bande der Familien auf Drage (Ahlefeldt/Rantzau) und Gelting (Ahlefeldt) eng gewesen sein müssen,.
Oben genannter Claus von Ahlefeldt (geb. 1614 in Gelting) war vor der Ehe mit Wiebekes Tochter mit einer Catharine Qualen verheiratet, die 1639 eine Tochter gebar und kurz darauf verstarb (in Lübeck?). Im Internet – www.reventlow.dk – ist als Geburtsort dieser Tochter ,Eleonora Christine‘ Bramstedt in Südtondern angegeben. – Das würde ich gern noch einmal verifizieren wollen, könnte es doch ganz neue Aspekte geben, wenn es unser Bramstedt wäre.

Und zur Vollständigkeit bleibt natürlich die dänische Line der Kruses zu überprüfen. Die Nähe zum Könighaus ist hier unübersehbar und würde sowohl für eine Maitresse wie für einen Hausvogt eine ausreichende Erklärung geben.

Mut zum Hinterfragen!

Doch damit genug der Aufzählung der Fundstücke und der Aufgaben.
Möge sich bald jemand über diese Ansätze hermachen und Richtiges erkennen und Falsches beiseite legen, so dass daraus ein Stück der „wahren Geschichte der Wiebeke Kruse – oder doch Vibeke Kruse?“ entsteht.
Und wenn dabei herauskommen sollte, dass es nicht mehr Föhrden ist, auf das sich Wiebekes Geschichte beziehen lässt, so müßten wir es mit Gleichmut nehmen. Johanna Mestorfs Roman bliebe auch dann eine schöne Erzählung und sie wird es mit Bedacht Roman und nicht Biographie genannt haben.
Das schöne Bild der Wäscherin an der Aue müßten die Bramstedter sich auch nicht nehmen lassen; die Stadt Bremen mit ihren Stadtmusikanten beruft sich ja z.B. auch nicht auf reale Ereignisse.
Ja, – und wenn nicht bald jemand an die Geschichte herangeht, ist das in gut zehn Jahren eine herausfordernde Aufgabe für mein Rentenalter.

Jan-Uwe Schadendorf

1) aus dem Kirchenarchiv in Bad Bramstedt
2) Hans Riediger, Die Bevölkerung des urholsatischen Kirchspiels Bramstedt, Dissertation Hamburg 1937
3)
Dr. Hans Riediger, Bramstedter Stellenverzeichnis, Manuskript in der Universitätsbibliothek Kiel, 1955
4) Dr. Hans Riediger, Bauernhöfe und Geschlechter, Roland-Verlag, Bad Bramstedt 1988
5) ebenda, S. 298
6)
Dr. Wolfgang Prange, Entstehung und innerer Aufbau des Gutes Bramstedt, ZSHG 1966, S. 121 ff
7) Hans-Hinrich Harbeck, Chronik von Bramstedt, Broscheck Verlag, Hamburg 1959, S. 268
8) Martin Echt, Die Krummendieks von der Bekau, Karl Wachholtz Verlag, Neumünster 1993
9) Kuno Schuldt, Zur Herkunft von Wiebke Kruse, in Scheswig-Holstein, 2/1987
10)
http://www.skislekt.no/adel/Anetavle/aner0001.htm
11) http://www.familysearch.org
12) Antje Erdmann-Degenhardt, Vortragsmanuskript 23.6.1997, “Wiebeke Kruse, die „Amasia“ Christians IV., eine Frauengestalt des 17. Jahrhunderts” und im “Bauernblatt” 13.2.1996
13) http://www.jensg-family.dk/family/d_1911.html (Seite ist umgezogen:
http://www.jensg-family.dk/DefaultNew.asp)
14)
http://www.roskildehistorie.dk/stamtavler/adel/ Kruse/Kruse.htm
15) http://www.familysearch.org
16) http://www.lysator.liu.se/runeberg/dbl/9/
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