Bürgermeister Gottlieb Freudenthal

Nachruf auf Bürgermeister Gottlieb Freidenthal in den Bramstedter Nachrichten vom 16.9.1938

Herrn Bürgermeister Freudenthal zum Gedächtnis

mm Fast 90 Jahre alt ist Bürgermeister Gottlieb Freudenthal am Donnerstag gestorben. In den letzten Jahren war er infolge eines Schlaganfalls körperlich behindert, aber sein Geist behielt seine Frische bis ans Ende. Es war ein reiches Leben, das mit dem unseres Altbürgermeisters abschloß.

Er war ein geborener Bramstedter. Als Sohn des Goldschmieds Wilhelm Freudenthal wurde er hier am 21. Dezember 1848 geboren. Nach dem Besuch der Volksschule erlernte er den Beruf seines Vaters, und nachdem er sich als junger Mann in der Welt umgesehen, kehrte er in seine Heimat zurück und übernahm das väterliche Geschäft. Bald lernten seine Mitbürger seine Fähigkeiten schätzen, und im Jahre 1879 wählten sie den erst Dreißigjährigen zu ihrem Bürgermeister. 30 Jahre lang ist dann der Verstorbene Bramstedter Bürgermeister gewesen. Jedesmal, wenn seine Amtszeit abgelaufen war, wurde er mit an Einstimmigkeit grenzender Mehrheit wiedergewählt, und als er 1909 erklärte, daß er nicht wiedergewählt zu werden wünsche, da wurde das von vielen bedauert.

Auch im Segeberger Kreistag war er eine hochgeschätzte Persönlichkeit. Man wählte ihn in den Kreisausschuß. und lange Jahre war er Kreisdeputierter.

Der Verstorbene war ein Mann von außergewöhnlichen Fähigkeiten. Schnell durchschaute er eine Angelegenheit, die an ihn herangebracht wurde, und sofort stand sein Urteil fest. Bewundernswert war seine praktische Begabung. Das bewies er bei dem Ausbau der Schmalfelder Wiesen, den er leitete, zuerst mit einem Techniker zur Seite, später allein. Und der letzte Teil war und ist noch der beste, sagen die Bauern. Ein unvergängliches Denkmal hat er sich in dem Stadtwald gesetzt, der unter seiner Leitung entstanden ist. Bei Straßen- und Wegebauten galt sein Wort viel, oft gab er im Kreistag dabei den Ausschlag. Seine Arbeitskraft war nahezu unbegrenzt. Er nutzte aber auch jede Minute aus. Wo Bürgermeister Freudenthal zu sagen hatte, da gab es kein akademisches Viertel, pünktlich auf den Glockenschlag wurde angefangen, schnell wurde die Tagesordnung erledigt und dann die Sitzung geschlossen. So hielt er es in allen Versammlungen, in denen er den Vorsitz führte.

Im privaten Leben war und blieb er ein einfacher Mann. Noch als Bürgermeister warb er selbst seinen Torf, hielt sich seine Milchziegen, bewirtschaftete seinen Garten, zog sich seine Tannen groß, die er für seine Tannenschonungen brauchte, und pflegte seine Bienen. Dabei hatte er für jeden, mit dem er zusammentraf, einen freundlichen Gruß, ein joviales Scherzwort. Alle Leute in Stadt und Land kannte er, und auch über ihre Verhältnisse war er genau unterrichtet.

Neben seiner amtlichen Tätigkeit fand er noch Zeit, sich der Feuerwehr zu widmen, deren Mitbegründer und langjähriger Hauptmann er war. Im landwirtschaftlichen Verein war er jahrzehntelang Rechnungsführer. Den Creditverein, dessen Geschäftsführer er war, brachte er zu hoher Blüte. Auch den Posten eines Bezirkskommissars der Landesbrandkasse verwaltete er.

In seiner Amtszeit wurde die Bahn von Kaltenkirchen nach hier verlängert, das E-Werk gebaut, die Fortbildungsschule errichtet, das hiesige Katasteramt von dem Segeberger Amt abgezweigt.

Manchen Studierten oder technisch Gebildeten steckte er in die Tasche. Er war kein Theoretiker, sondern ein Mann des praktischen Zugriffs. Viele Worte zu machen

lag ihm fern, jeglicher Pathos war ihm zuwider, alle Angelegenheiten wurden von ihm mit nüchterner Ruhe behandelt.

Wohl hatte er seine Eigenheiten, aber welcher tüchtige Mann ist davon frei; er hatte auch seine Fehler, wie wir sie alle haben; manchen, der ihn in die Quere kam, hat er kurz und sehr unsanft abgefertigt – ungestraft durfte ihm keiner an den Wagen fahren. So erwuchsen ihm hier und da Gegner, aber unbekümmert um diese Nörgeleien ging er ruhig seinen Weg weiter, den er für richtig hielt. Er war eben ein ganzer Mann, ein Mann mit seltenen Fähigkeiten und mit außerordentlich praktischem Sinn, ein Mann, der Kopf und Herz auf der rechten Stelle hatte, und ein Mann, der trotz gelegentlicher Rücksichtslosigkeiten im Grunde, was seine Persönlichkeit betraf, äußerst bescheiden war. Und noch eins darf nicht unerwähnt bleiben: Seine tiefe Liebe, mit der er an seiner Vaterstadt hing und die in seiner Arbeit immer wieder hervortrat. Teuer war ihm auch sein Heimatland; er war ein treuer Schleswig-Holsteiner und ein guter Deutscher.

Wir Bramstedter haben ihm unendlich viel zu verdanken, das dürfen wir nicht vergessen und wollen wir nicht vergessen.

Er ruhe in Frieden!


Gottieb Freudenthals Vater, der Goldschmied  (Heinrich) Wilhelm Freudenthal, kam aus Elmshorn und hatte 1837 die Elise Emanuela Catharina Brandt geheiratet, Vater Johann Brandt.

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