Kühl / Schadendorf: Ortsnamen in der Bramstedter Gegend

In den Bramstedter Nachrichten im November 1937 veröffentlichte August Kühl den untenstehenden Beitrag. Da es bei der Deutung alter Ortsnamen und Flurbezeichnungen nicht selten mehrere Meinungen gibt (zu Bramstedt z.B. ) habe ich den Text um Fußnoten ergänzt, die aus dem Standardwerk zu diesem Thema, dem „Historischen Ortsnamenlexikon von Schleswig-Holstein“ von Wolfgang Laur, Schleswig 1967, stammen. (Auch ich selbst habe 1978 im Buch Alt-Bramstedt im Bild nicht all die Deutungen unsere Ortsnamens wie A. Kühl bearbeitet, dafür eine andere.) Ein weiterer Artikel Kühls zu den Bramstedter Straßen- und Flurnamen findet sich im vorgenannten Buch.

Ortsnamen in der Bramstedter Gegend

Jeder Ortsname hat einen Sinn. Leider ist es nicht immer möglich, den Sinn und die Bedeutung restlos festzustellen. Manche sind im Laufe der Jahrhunderte derartig verändert worden, daß die ursprüngliche Form verloren gegangen ist. Bei anderen sind die Wortformen, die ihnen zu Grunde liegen, in unserem heutigen Sprachschatz nicht mehr vorhanden. Viel Schaden hat auch die falsche Uebersetzung ins Hochdeutsche durch Beamte, die unsere plattdeutsche Muttersprache nicht verstanden, angerichtet. Einige Namen verdanken ganz fern liegenden Zufälligkeiten ihre Entstehung. Wir bitten die nachstehenden Ausführungen darnach zu beurteilen und sie nur als einen Versuch zu betrachten, etwas Licht in dieses interessante, aber oft doch dunkel bleibende Gebiet hineinzubringen. Vielleicht wird dieser oder jener, indem er diese Zeilen liest, dazu angeregt, sich selbständig mit der Sache zu befassen.

Woher kommt der Name Bramstedt? Stedt hängt mit Stätte zusammen; man nimmt an, daß die Ortschaften mit dieser Endung die ältesten Siedlungen in unserer Gegend sind. Meistens leitet man die erste Silbe des Wortes von dem Brahm, dem Besenginster, ab. Es ist Tatsache, daß dieser auf den sandigen Höhen nördlich der Stadt häufig anzutreffen ist. Und dennoch möchten wir diese Abstammung bezweifeln. Bram hieß früher soviel als Rand. Es ist uns noch erhalten in dem Worte verbrämen. Weil der Besenstrauch mit Vorliebe am Rande des ebenen Landes, da, wo es zur Höhe ansteigt, zu finden ist, hat er den Namen Brahm erhalten. Auch die Brombeere, die bekanntlich in der Regel am Rande der Aecker, an Grabenrändern usw. zu finden ist, erhielt aus demselben Grunde nach dem Standort ihren Namen, der ursprünglich Brambeere lautete. So entstand ebenfalls der Name Bramstedt, das heißt Stätte am Rande, und zwar am Rande der Uferhöhen des Bramautales.1)

Wiemersdorf mag seinen Namen erhalten haben nach dem alten Personennamen Wiegmar. Aus dem Wiegmarsdorf wurde durch Abschleifen das leichter zu sprechende Wiemersdorf 2) Den Namen Fuhlendorf will man auf den Personennamen Fule zurückführen.3) Ob in Bimöhlen auch ein Personenname steckt? Es hieß früher Bögemöhlen, Bojemöhlen. Eine Wassermühle hat dort sicher gestanden. Noch liegt an der Osterau der Mühlenkamp, und Boje, Böje, Böge sind häufige Personennamen, wie auch Boy und Boje als Vornamen noch heute gebräuchlich sind.4) Hitzhusen hieß früher Hidders-, auch wohl Hyddershusen. Das läßt darauf schließen, daß dort zuerst das Haus eines Mannes mit Namen Hidder stand.5) In dieselbe Gruppe gehört vielleicht auch Armstedt. Man mutmaßt, daß der Name entstanden ist aus Arendstedt, also die Stätte des Arendt bedeutet. Arendtstedt wurde verkürzt zu Arndtstedt und weiter zu Arnstedt. Der leichteren Aussprache wegen — wir Holsteiner sind bekanntlich recht sprachfaul, und unsere Vorfahren waren wohl nicht besser — wurde schließlich aus dem Arnstedt das heutige Armstedt.6) Diese Ablautung ist noch in Fluß bei dem Dorfe Quarnstedt. Der Dorfname ist wahrscheinlich auf das alte Quern zurückzuführen, womit man eine Handmühle bezeichnete. Es wird allgemein Quarmstedt gesprochen. Wenn nicht die schriftliche Bezeichnung mit Quarnstedt festgelegt wäre, dann würde das Dorf schließlich den Namen Quarmstedt tragen.7) Das Dorf Föhrden verdankt seinen Namen einer Furt, die dort durch die Bramau führte und die erst vor reichlich hundert Jahren durch eine Brücke ersetzt wurde.8) Auch in dem Ortsnamen Lentföhrden finden wir dieses Grundwort. Das Dorf hieß früher Lintföhrden. Eine Erklärung dieses Beiwortes vermögen wir nicht zu geben.9) Das Wort Brook, hochdeutsch Bruch, das heißt niedriges, vielfach mit Gebüsch und Bäumen bestandenes Land, finden wir in Weddelbrook10), Brokstedt11), Brokenlande12). Der Weg von Bramstedt nach dem Dorf Weddelbrook führt in seiner zweiten Hälfte durch von mehreren Bächen durchflossene Wiesen, in denen man hier und da noch ein kleines Gehölz gewahrt, hindurch. Man denke sich dieses Gelände ungepflegt und unberührt von Menschenhand, und eine ideale Bruchlandschaft entsteht vor unserem geistigen Auge. Das Beiwort Weddel soll wie Föhrden gleichfalls Furt bedeuten. Sicher gingen da, wo jetzt die Brücken gebaut sind, Furten durch die Bäche. MönkIoh gehörte früher zum Bordesholmer Kloster. Das Grundwort Loh heißt soviel als Wald, Hain. Man könnte den Namen also mit Mönchshain in die heutige Sprache übersetzen.13)  Ein klösterlicher Besitz war auch der Hof Gayen; er wird in alten Urkunden als Mönke-Gayen bezeichnet. Seinen Namen wird er nach dem in der Nähe liegenden Berg Gayen erhalten haben. Die Herkunft und Bedeutung dieses Namens ist nicht bekannt; er findet sich auch als Personennamen.14) Das zur Gemeinde Weddelbrook gehörende Krücken soll gleichbedeutend sein mit Ecke, Winkel, Haken, also dem Wort, das man in Krückstock wiederfindet, entsprechen.15) Zu Hitzhusen gehört der Weddelbrooker Damm. Die diesen Ortsteil bildenden Gehöfte liegen am Anfang des festen Dammes, der durch die Wiesen zum Dorfe Weddelbrook führt. Er wurde gebaut, als Weddelbrook vor bald 100 Jahren dem Kirchspiel Bramstedt einverleibt wurde. Vorher war es nach Kaltenkirchen eingepfarrt. Das Dorf Föhrden bildet mit Barl eine politische Gemeinde. Beide Ortschaften werden nur durch die Bramau getrennt. Früher hieß das Dorf Barle, vielleicht gekürzt aus Barlohe. Das Beiwort Bar gilt als alte Bezeichnung für das Wildschwein, besonders den Wildeber. Demnach müßte der zum Dorfe gehörige Wald besonders reich an Schwarzwild gewesen sein.16)

Borstel soll entstanden sein aus Buerstall. Man hätte sich darunter einen von der Bauernschaft errichteten Stall zur Unterbringung des Weideviehs vorzustellen.17) Zu den Namen Hasenkrug und Hasenmoor hat Meister Lampe höchstwahrscheinlich nicht Gevatter gestanden. Man führt das gemeinsame Beiwort auf Horu, eine ulte Bezeichnung für Schlamm, zurück. Das alte Hasenkrog ist verhochdeutscht, allerdings falsch, in Hasenkrug, denn Krog heißt ursprünglich Ecke, Winkel.18) In dem zur Gemeinde Hasenmoor19) gehörigen Fuhlenrüh finden wir wieder den Personennahmen Fule.20) Das Stammwort Rüh deutet man als früher buschreiche Gegend. In dem ersten Teile des Namens Hartenholm verbirgt sich wohl das alte plattdeutsche Wort für Hirsch, Hart, (im Dänischen heißt der Hirsch noch heute Hjort) und Holm ist ein Gehölz, das sich in unbewaldetes Land hineinschiebt.21) Ein Gehöft nördlich von Wiemersdorf heißt Harzhorn. Der Name wird ursprünglich Hartshorn gelautet haben ; da finden wir also auch das Hart = Hirsch. Horn bedeutet eine in tieferes Land hineinstoßende Höhe.22) Man vergleiche Klaashorn in der Bramstedter Feldmark. Welcher Klaas dem Horn seinen Namen gegeben hat, ist nicht zu ergründen. Oder heißt es Klaushorn, und war hier vielleicht die stille Klause eines frommen Einsiedlers?23) Hardebeck, plattdeutsch Harbeck, verdankt seinen Namen vielleicht dem Bache, der durch seine Fluren fließt und an dessen Ufern die Hirten ihr Vieh weideten.24) Ein Kuhhirte heißt noch heute im Plattdeutschen Kohar. Hagen weist in seinem Namen auf reichen Waldbestand hin. So nannte man einen eingefriedigten Platz im Walde. Man findet den Namen, alleinstehend und mit Beiwörtern, öfters im östlichen Holstein, das bekanntlich früher sehr waldreich war.25) Der Hof Weide hinter Bimöhlen erinnert in seinem Namen an die großen Weideflächen, die ihn umgeben.26) In ähnlicher Veranlassung mag Grünplan27) an dem Wege nach Großenaspe seinen Namen erhalten haben. Der Name Großenaspe ist zurückzuführen auf die Espe oder Zitterpappel, der auch die Ortschaften Krogaspe, Timmaspe, Hohenaspe ihre Namen verdanken.28) Barkholz verdankt der Birke, plattdeutsch Bark, Hasselbusch dem Haselstrauch, Hegebuchenbusch der Hage- oder Weißbuche den Namen. Die Baßkate bei Hitzhusen heißt so nach dem Baßberg, an dessen Fuße sie liegt. Baß eine bewaldete aus einem Wiesental ansteigende Höhe. Die am Wege nach Armstedt liegende Ah-Kate wurde auf der Ah, einer zur Gemarkung Hagen gehörenden sandigen Hochfläche, erbaut. Man machte aus ihr eine „A“-Kate, und nannte dann das etwas näher nach Bramstedt auf Hitzhusener Feldmark liegende Gehöft B-Kate, ja, es gab sogar Unentwegte, die von dem Martensschen Besitz am Schäferberg als C-Kate sprachen. An der Bramaubrücke in Hitzhusen liegt die B a u m k a t e. Noch bis Ende des vorigen Jahrhunderts war die Benutzung der Brücke für Fremde durch einen Schlagbaum gesperrt. Der Weg wurde erst freigegeben, wenn das Brückengeld bezahlt war. Dann zog der Bewohner der Baumkate den Schlagbaum hoch. Auch der Fuhlendorfer Baum verdankt seinen Namen einem Schlagbaum, der von dem Chausseewärter erst gehoben wurde, wenn das Chausseegeld bezahlt war. Bissenmoor deutet man als eine Gegend, wo viele Binsen, plattdeutsch Besen, wachsen. Die Ausbauten Krim bei Brokstedt, Lindenau zwischen Hitzhusen und Hagen, Petersburg zwischen Hitzhusen und Föhrden haben ihre Namen in neuer und neuester Zeit erhalten; der erste zur Zeit des Krimkrieges, der zweite, als man überall sang: „Nun gehts nach Lindenau“, der dritte nach seinem Erbauer Peter Wieckhorst. Es sind wertlose Eintagsfliegen, ähnlich der B- und C-Kate. — Aug. Kühl.


Fußnoten. Bedeutungen nach Laur:

  1. Bramstedt => Ginsterstätte (nd. Brahm = Ginster) oder Dornenstätte mhd., ahd. Brâm = Dornenstrauch, wie in Brombeere, nd. Brammer)
  2. Wiemersdorf => Dorf des Wigmar, Wiemer
  3. Fuhlendorf => nd. tom fulen Dorpe = „zum faulen, schmutzigen Dorf“ d.h. Dorf an einem faulen, schmutzigen Gewässer
  4. Bimöhlen => Mühle an der Krümmung (mnd. bôge) oder Mühle des Boio
  5. Hitzhusen => „in villa Hyddeshusen“ = ‚Husen (d.h. zu den Häusern) des Hiddi
  6. Armstedt => Arm als Terrainbezeichung oder arm auf die Bodengüte bezogen
  7. Quarnstedt = Quarnstede = Mühlenstätte zu ng. Quarn = Handmühle, Mühle
  8. Föhren => Förde – Dativ-Pluralkis Form nd. Ford = Furt
  9. Lentföhrden => Lenthfort = „zu der trockenen wasserlosen Furt“ zu mnd. Let = „zu Ende gebracht, trocken gepumpt“ oder „zur Frühlingsfurt“ zu nd. Lent = Lenz, Frühling
  10. Weddelbrook => Bruch (nd. Brook) an der Furt zu nd. Wed(d)el
  11. Brokstedt => Bruchstätte
  12. Brokenlande => Bruchland
  13. Mönkloh => Hain, Gehölz der Mönche
  14. Gayen => nicht aufgeführt
  15. Krücke = Ecke, Winkel, Krümmung
  16. Barl => entweder Barlôh = entbößter, kahler Hain oder Berlôh zu mnd. Bêr = Eber oder auch zu altsächsisch bero = Bär
  17. Borstel => as. burstal, mnd. Burstel, borstel, burstelde = Wohnstätte, -stelle
  18. Hasenkrug => Hasenkroeg = Hasenwinkel (nd. Krooch)
  19. Hasenmoor => nicht aufgeführt
  20. Fuhlenrüe => nicht aufgeführt (aber fule, s. Fuhlendorf)
  21. Hartenholm => Hartienholm = Holm des Harting
  22. Harzhorn => nicht aufgeführt
  23. Claashorn, Klaushorn => nicht aufgeführt
  24. Hardebek => wohl Hirtenbach zu mnd. Hêrde, nnd. Hard
  25. Hagen => Hagen mnd. Hâgen, as. hagan einen Weiterbildung zu mnd. Hach, hâge as. hagu = eingehegtes,  eingezäuntes Gelände, bezeichnet auch ein umhegtes Waldstück
  26. Weide => nicht aufgeführt, allerdings wird der Ort Weede von mnd. wede = Wald angeleitet
  27. Grünplan => nicht aufgeführt
  28. Großenaspe => um 1200 bezeichnet als „in villa Utaspe“ mit nd. Aspe = Este und Ut = aus, außen. Später Grotenaspen mit groot = groß
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