Schadendorf: Landjahrlager Bad Bramstedt in den 1930er Jahren

Landjahrlager Bad Bramstedt

In den 30er Jahren diente das Bad Bramstedter “Schloß” als Landjahrlager auf dem viele Mädchen und Jungen Erziehungszeiten im Sinne des national-sozialistischen Systems verbrachten. (Was das hieß, siehe Text weiter unten.)

Fotos aus diesem Landjahrlager in Bad Bramstedt konnte ich vor einiger Zeit bei einer Auktion aus Privatbesitz erstehen. Die Bilder sind hier als Fotoalbum zusammengefasst (größere pdf-Datei), sie geben auch schöne Eindrücke der Räumlichkeiten in dem damaligen Schloß.1098217

Neben Bad Bramstedt, war ab 1939 auch das Gut Weddelbrook ein Landjahrlager für die Mädchen.

Hier finden Sie  die Abschrift einer originalen Informationsbroschüre über das Landjahr. (entnommen aus http://www.weindorf-johannisberg.de/johannisberg/johannisberg_landjahr.htm)

DAS LANDJAHR

Merkblatt für die Eltern der Landjahrpflichtigen
Das Landjahr ist eine staatliche Erziehungseinrichtung. Es untersteht dem Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung.
Im Landjahr sollen sorgfältig ausgelesene Jungen und Mädel zu verantwortungsbewußten jungen Deutschen erzogen werden, die körperlich gestählt und charakterlichgefestigt von dem Willen erfüllt sind, im Beruf und an jeder Stelle einsatzbereit dem Volksganzen zu dienen. Die Einberufung zum Landjahr bedeutet eine Auszeichnung.

Wer wird zum Landjahr einberufen?
„Zur Teilnahme am Landjahr sind alle Kinder verpflichtet, die die Schule nach Erfüllung der gesetzlichen Schulpflicht verlassen und zum Landjahr einberufen werden.“ (§ 1 des Preußischen Landjahrgesetzes vom 29. März 1934.) Die Landjahrlager sind Stätten straffster körperlicher, geistiger und charakterlicher Erziehung und keine Erholungsstätten für schwächliche oder nur bedingt leistungsfähige Jugendliche. Für das Landjahr werden daher nur Jungen und Mädel ausgelesen,  die sich in Schule und Hitlerjugend charakterlich als besonders zuverlässig erwiesen haben, die eine gute geistige Auffassungsgabe besitzen und körperlich den Anforderungen des Lagerlebens gewachsen sind.

Unterbringung der Jungen und Mädel
Durchschnittlich 60 Landjahrpflichtige sind in einem Lager untergebracht. Die Landjahrlager sind feste Gebäude, ehemalige Gutshäuser, Bauernhöfe und dergl. Die vom Reichserziehungsministerium herausgegebenen Vorschriften gewährleisten gesunde Unterbringung, einwandfreie Betreuung und ständige ärztliche Überwachung. Die Landjahrlager unterstehen der Dienstaufsicht der Regierungspräsidenten.

Was lernen die Jungen und Mädel im Landjahr ?
Der Erziehungsplan des Landjahrs umfaßt:

Leibeserziehung

für die Jungen:          vormilitärische Ertüchtigung, Leichtathletik, Schwimmen, Boxen usw.

für die Mädel:             Gymnastik, Leichtathletik, Schwimmen Spiel und Tanz

Gesundheitsdienst.

Musische Erziehung:

Singen, Musik, Volksspiel, Feiergestaltung, Werkarbeit,

Nationalpolitische Schulung

Praktische und vorberufliche Erziehung

für die Jungen:            Werkarbeit, Arbeit im Lager, im Garten, beim Bauern

für die Mädel:            Küchenarbeit, Hausarbeit, Wäschepflege, Nähen und Flicken Gartenarbeit, Hilfe im Dorfkindergarten, beim Bauern.

Grundlage dieser vielseitigen Erziehung ist das jugendgemäße Gemeinschaftsleben im Lager.

Landjahr und Elternhaus
Die Landjahrführer und -führerinnen pflegen durch persönlichen Briefwechsel und durch Elternrundbriefe eine enge Verbindung mit den Eltern der Jungen und Mädel. Besuche einzelner Eltern sind aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit und mit Rücksicht auf das Lagerleben nicht erwünscht. Nach Möglichkeit wird ein Besuchstag für alle Eltern eines Lagers veranstaltet. Die Jungen und Mädel erhalten während des Landjahrs keine Ferien. Besondere Anträge aller Art richten die Eltern an den Regierungspräsidenten, in dessen Bezirk das Landjahrlager liegt.

Berufswahl und Berufsausbildung
Die Landjahrjungen und -mädel kommen später in die Berufsausbildung als ihre Alterskameraden. Die Erfahrung lehrt, dass dies kein Nachteil ist. Die körperliche Kräftigung, das Erlebnis echter Kameradschaft, die zu Ordnung und Selbstständigkeit zu gründlicher, sorgfältiger Arbeit und zur Einsatzbereitschaft in der Volksgemeinschaft sind ein bleibender Gewinn für das Leben und ertüchtigen sie für jeden Beruf. Die vielseitige Erziehung im Landjahr bringt oft Anlagen zur Entfaltung, die vorher nicht erkannt wurden, und verschafft Jungen und –Mädeln Einblick in neue Berufe. Manche Jungen und Mädel finden durch ihre Erlebnisse und Erfahrungen im Landjahr erst ihren richtigen Beruf.

Auf die Landarbeitslehre und die ländliche Haushaltslehre, die die Grundlage für sämtliche landwirtschaftlichen Berufe bilden, wird die im Landjahr verbrachte Zeit voll angerechnet.

Das Landjahr wird allen Mädeln mit 6 Monaten auf das Pflichtjahr angerechnet. Die Ableistung der zweiten Hälfte des Pflichtjahrs kann bis nach Abschluß der Lehre zurückgestellt werden. In Lehrhaushalte, in den Ausbildungsgang zur Kinderpflegerin und NS-Schwester werden Landjahrmädel bevorzugt aufgenommen.

Die Handwerkskammern und die Industrie- und Handelskammern sind den ehemaligen Landjahrjungen und -mädeln während ihrer Berufsausbildung besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Tüchtige Landjahrjungen und -mädel die, sich in einer Berufslehre im Handwerk, in der Industrie oder im Handel besonders bewähren, können vorzeitig zur Lehrabschlußprüfung zugelassen werden- (Verkürzung der Lehrzeit bis zu einem halben Jahr.)

Ehemalige Landjahrjungen sind in großer Zahl in die Fliegertechnischen Vorschulen aufgenommen worden.

Das Landjahr bietet Jungen und Mädeln, die die entsprechende Eignung und Neigung besitzen, noch folgende Möglichkeiten:

1. für Jungen: Aufnahme in eine Nationalpolitische Erziehungsanstalt oder eine Aufbauschule (Freistellen)
2. für Jungen und Mädel: Aufnahme in eine Lehrerbildungsanstalt unter Anrechnung des Landjahrs (4 Jahre Ausbildung).
3. für Jungen: Zulassung als Erzieheranwärter für den Landjahrdienst. Ausbildung an der Reichsführerschule – Landjahr mich Abschluß einer Berufslehre. Nach mehrjährigem Dienst als Landjahrerzieher Möglichkeit der Fortbildung zum Beruf als Volksschullehrer.
4. für Mädel: Aufnahme in den staatlichen Ausbildungsgang für Landjahrerzieherinnen (4 Jahre Ausbildung). Nach mehrjährigem Dienst als Landjahrerzieherin Möglichkeit der Fortbildung zum Beruf als Volksschullehrerin.

Die Einberufung“ zum Landjahr erfolgt durch den Leiter der Auslesekommission für das Landjahr, den der Regierungspräsident bestellt.

Die Auslese der Landjahrpflichtigen führt die Schule in Zusammenarbeit mit der IIJ, dem Amtsarzt usw. durch. Auskünfte erteilen die Rektoren der Volksschulen.

Das Landjahr dauert von April bis Dezember ohne Ferienunterbrechung.

Die Landjahrpflichtigen erhalten ein Taschengeld von 0.05 RM täglich.

An Kleidung und Ausrüstung haben mitzubringen:

die Jungen:

die Mädel:

1. Notwendige Ausrüstung:
1 HJ.-Sommerhose
1 HJ-Hemd, mit Halstuch, Knoten und Armbinde,
1 HJ.-Koppel mit Koppelschloß und Schulterriemen,
1 Paar feste Wanderstiefel (Schnürstiefel),
1 Paar Schuhe oder Arbeitsstiefel (als Ersatz),
3 Paar Strümpfe zur Uniform (möglichst graue),
je 2 Unterhemden und ‚kurze Unterhosen,
2 Nachthemden oder Schlafanzüge,
1 Wolljacke zum Unterziehen (oder Trainingsanzug),
1 Turnhose (möglichst schwarz),
1 Badehose (Dreieck, möglichst schwarz), ausreichend Taschentücher,
1 Paar feste Lederturnschuhe (am besten zum Schnüren),
Schreibzeug (2 Kladden, 1 Oktavheft, 2 Bleistifte, Gummi, Federhalter mit Feder oder Füllfederhalter),
Nähzeug (schwarzer und weißer Zwirn, Stopfgarn nach Strumpffarbe, braunes Nähgarn, Ersatzknöpfe für die Kleidungs- stücke und Wasche, NU- und Stopfnadeln, Schere),
Wasch-, Zahn-, Schuhputzzeug (1Stück Seife, 1 Tube Zahnpaste, Zahnbürste, Nagelbürste und -reiniger, 1 Schachtel Schuhcreme, 1 Paar Ersatzschnürsenkel, Schuhputzbürsten, Kleiderbürste).2. Erwünscht sind, soweit vorhanden:
1 HJ.-Winteruniform (dunkelblau), Trainingsanzug, Tornister, Brotbeutel, FeldflascheTrinkbecher, Zeltbahn.
Ferner: Besitzt ein Junge Fußballstiefel, Rennschuhe, Fahrtenmesser, ein Musikinstrument (z. B. Geige, Fanfare, Blockflöte, Querpfeife, Trommel, Zieh. oder Mundharmonika), so ist dieses mitzubringen.
3. Unbedingt zu Hause zu lassen sind:
überflüssiges Zivilzeug, besonders Mäntel, unnötige „Toilettenartikel-, wie Haaröl u. ä.
1. Notwendige Ausrüstung
1 vorschriftsmäßige BDM.-Bluse, Gürtel, Tuch, Knoten,
2 Paar feste Schuhe (BDM.-Schuhe, hohe Stiefel oder Schnürhalbschuhe),
2 Paar lange Strümpfe,
3 Paar Söckchen davon möglichst 1 Paar weiße,
3 mal Leibwärmer (möglichst Hemd und Schlüpfer,
2 Unterröcke,
2 Nachthemden oder Schlafanzüge,
2 wärmere Schlüpfer,
2 Kleider (möglichst; waschbar),
1 Paar feste Lederturnschuhe am besten zum Schnüren,
1 schwarze Turnhose,
1 weißen Turnhemd (möglichst 2) mit HJ.-Rhombus,
2 Schürzen (derb und ausreichend groß),
1 Kopftuch
2 Kleiderbügel,
1 Badeanzug und Bademütze,
1 Berchtesgadener Jacke oder. eine vorhandene Strickjacke,
1 regenfester Mantel,
1 Paar warme Handschuhe,
1 Strumpfbandhalter,
ausreichend Taschentücher,
Schreibzeug (2 Kladden, 1 Oktavheft, 2 Bleistifte. Gummi, Federhalter ruft Feder
Nähzeug (schwarzer und -weißer Zwirn, Stopfgarn nach Strumpffarbe, Nähgarn.
Ersatzknöpfe für Kleider und Wäsche, Gummiband, Wäscheband, Näh- und Stopfnadeln, Stocknadeln, Schere usw.),
Wasch-, Zahn- und Schuhputzzeug (1 Stück Seife, 1 Tube Zahnpaste, Zahnbürste, Nagelbürste und -reiniger, 1 Schachtel
Schuhcreme, 1 Paar Ersatzschnürsenkel, Schuhputzbürste, Kleiderbürste).2. Erwünscht sind, soweit vorhanden
Trainingsanzug, Jungmädel-Tracht und, wenn möglich, BDM.-Rock und -Kletterweste.Ferner: Besitzt ein Mädel ein Musikinstrument (Geige, Laute, Blockflöte, Ziehharmonika) so ist dieses mitzubringen.3. Unbedingt zu Hause zu lassen sind:
Schmucksachen, Handtaschen usw. unnötige „Toilettenartikel“.

Im Lager wird eine Lagerkleidung zur Verfügung gestellt. Für die Reinigung und Pflege der Wäsche und der Kleidung. für Schuhreparaturen usw. sorgt das Lager.

Herausgegeben vom Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung. Verlagsgesellschaft Rudolf Müller, Eberswalde.

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