Klebe: August Kühl, Lehrer, Organist und vieles mehr

Zwei Personen haben in den Jahrzehnten vor und nach dem Jahrhundertwechsel 1900 das kulturelle Leben (und vieles mehr) maßgeblich in Bad Bramstedt mitbestimmt: Der Lehrer und Organist August Kühl und der Maler und Photograph Julius Struve.
In 2008 veröffentlichten Werner Janssen und Werner Klebe zum 150jährigen Jubiläum des Bad Bramstedter Männerchores im Sommerland-Verlag eine Chronik, in der Werner Klebe ausführliche Biographien dieser beiden Männer recherchiert hat. Freundlicherweise gestattet er mir, diese hier auch für das Internet zu veröffentlichen.

Die genannte Chronik ist im Bad Bramstedter Buchhandel oder über den Männerchor zu beziehen.

August Kühl

August Kühl

Jochim August Kühl

Chorleiter von Juli 1897 bis 1902/03

Vorsitzender von 1906 bis 1923

Ehrenvorsitzender

August Kühl war überaus engagiert in Kultur, Sport und Kommunalpolitik Bramstedts. Deshalb soll hier über seine Tätigkeit als Chorleiter und Vorsitzender der Liedertafel hinaus ausführlicher über sein Leben berichtet werden.

Eines vorweg: Jochim ist kein Schreibfehler. Er wurde wirklich auf diesen Namen getauft. Umgangssprachlich schliff das später ab, und August Kühl war allgemein auch als „Jochen“ bekannt.
August Kühl wurde am 25. März 1861 in Schülp bei Nortorf als Sohn des Schulmeisters Karsten Kühl geboren. Seine Schulausbildung beendete er im Sommer 1878 an einer Schule in Barmstedt. Nach im Oktober 1878 bestandener Aufnahmeprüfung machte er dann am Lehrerseminar in Segeberg eine Ausbildung zum Lehrer, zum Schulmeister durch. Sein erstes Lehrerexamen bestand er im Herbst 1881 mit guten Noten.
Seine erste Lehrerstelle bekam August Kühl im Herbst 1881 an einer deutschen Privatschule in Broacker am nördlichen Ufer der Flensburger Förde, heute dänisch (Broager). In der dortigen Gegend war Dänisch Umgangssprache, aber die 38 Schüler verstanden alle Deutsch.
Die Sommerferien 1882 musste er bei einer sechswöchigen Soldatenzeit in Flensburg zusammen mit 30 weiteren Schulmeistern verbringen, bei der er ordentlich rangenommen wurde. Zu einer weiteren Reserveübung musste er im Juli 1889 von Bramstedt aus für vier Wochen nach Altona einrücken. Körperlich wurde er hier nicht ganz so stark gefordert, aber ihn störte die Behandlung durch die Unteroffiziere. Und für einen jungen adligen Offizier schienen alle Soldaten ohne blaues Blut in den Adern nur zweibeiniges Vieh zu sein. Er schrieb jedenfalls, dass ihm der schwarze Rock besser gefalle als der bunte. (Dies erinnert daran, dass damals der schwarze Gehrock, der Paletot, so etwas wie die Uniform der Schulmeister war. Lehrer konnte man an der Kleidung noch deutlich von den Schülern unterscheiden.)

Lange konnte August Kühl nicht in Broacker bleiben. Die Privatschule stand auf wirtschaftlich schwachen Füßen. Er bewarb sich, noch bevor ihm gekündigt wurde, im Flecken Bramstedt und wurde für den 26. Januar 1883 zur Präsentation und Lehrprobe eingeladen, zusammen mit zwei weiteren Bewerbern. Er überzeugte und wurde gewählt – Dienstantritt gleich nach Ostern.
Aber vorher passierte noch etwas anderes, für sein Leben Wichtiges. August Kühl verliebte sich. Es muss ihn wie ein Blitz getroffen haben. Im Haus des Mühlenbesitzers Clausener, wo er mehrmals die Woche weilte, um Musikunterricht zu erteilen, hatte im November 1882 Marie Möller, eine Bauerntochter aus Uk in Nordschleswig , Anstellung gefunden. Und er wusste schnell, dass sie die Richtige für ihn war. Sie hatte sogar am selben Tag wie er Geburtstag, nur war sie vier Jahre jünger. Schon im Februar 1883 verlobte er sich mit ihr. Die Anzeige wurde am 12. Februar veröffentlicht. Ganz ohne Schwierigkeiten war das nicht, denn Maries Vormund – sie hatte schon beide Eltern verloren – hatte noch Bedenken. Ein armer Schulmeister galt ihm nicht gerade als Traumpartie. Aber August Kühl wusste zu überzeugen. Seinen Eltern und Geschwistern konnte er seine Braut erst zu Pfingsten 1883 vorstellen.

Ab 28. März 1883 war August Kühl dann wohlbestallter Schulmeister in Bramstedt. Er ahnte damals noch nicht , dass er von hier nicht mehr wechseln würde. Auch in Bramstedt wusste man noch nicht, welch vielseitig interessierten und engagierten Mitbürger man in ihm gewonnen hatte. August Kühl hatte anfangs durchaus noch gewisse Vorbehalte gegen seinen neuen Dienstort. Er hat sich in den Anfangsjahren auch noch für andere Schulen beworben. Aber entweder wurde er nicht gewählt, oder er musste erkennen, dass Bramstedt doch einige Vorteile bot. „Was ich habe, weiß ich. Wie ich`s bekommen hätte, ist ungewiss“, schrieb er im Februar 1885 seinem Vater. In Bramstedt hatte August Kühl vier Kollegen und hatte 60 Kinder in seiner Klasse.
Kühls Bestreben war es, kein „armer Schulmeister“ zu sein. Durch das Ausscheiden älterer Kollegen bot sich ihm schon bald die Möglichkeit, auch höhere Klassen zu übernehmen, was mit höheren Einkünften verbunden war. Ab 1884 war er darüber hinaus auch Lehrer an der gewerblichen Fortbildungsschule, einer Berufsschule für gewerbliche Lehrlinge, die 1883 von der gemischten Innung gegründet worden war. Der Unterricht fand im Winterhalbjahr abends oder am Wochenende statt. Er unterrichtete Zeichnen, Deutsch und Mathematik. Zeichenunterricht erteilte er auch an der Höheren Privatschule (jetzt JFS) seit ihrer Gründung 1908 bis zum Herbst 1919.
Vor allem strebte er zusätzlich das Organistenamt an. Da traf es sich gut, dass er sein erstes Logis ganz in der Nähe von Schule und Kirche fand. Sein Vermieter war der Schwiegersohn des Organisten Quitzau, der damals 56/57 Jahre alt war. Kühl hatte also gute Gelegenheit, sich weiter im Orgelspiel zu üben. Die Orgel fand er recht gut. Auch das Verhältnis zu Quitzau entwickelte sich recht gut. Dessen Gesundheit ließ schon etwas zu wünschen übrig, so dass er August Kühl schon Anfang 1885 bat, einen Teil seiner Dienste zu übernehmen (für geringes Honorar). Gründonnerstag 1885 war er so zum ersten Mal als Organist in der Maria -Magdalenen-Kirche tätig. Seine entsprechenden Fähigkeiten wurden also bekannt. Und als Quitzau sein Amt zum 1. November 1888 aufgab, ernannten ihn sowohl die Schulkommission als auch die Fleckensvertretung einstimmig zum neuen Organisten. Das Amt trat er am 1. November 1888 an und bezog seitdem auch das Organistengehalt.
Verbunden mit der Übernahme des Organistenamtes war auch der Umzug in das Organistenhaus, ein älteres Gebäude, das damals am Kirchenbleeck stand und schon längst abgerissen ist. Der Umzug erfolgte zum Jahreswechsel 1888/89. Das Haus gefiel ihm und seiner Frau gut, man freute sich über neue Fußböden in zwei der Stuben.

August_Kuhl_u._Frau-_1928_300Geheiratet hatte August Kühl seine Marie am 10. Mai 1886. Die Trauung fand in Bramstedt statt. Man bezog zunächst eine frei gewordene Lehrerwohnung. Nachwuchs ließ nicht lange auf sich warten. Im Frühjahr 1887 wurde Christian geboren, der später Arzt wurde und eine Zeit lang in Bad Bramstedt in der Kirchspielvogtei an der Glückstädter Straße praktizierte. Ihm folgten Marie, Heinrich und schließlich 1905 Martha. Heinrich machte eine Ausbildung zum Landwirt, unter anderem auf Gut Gayen. In den schlechten Jahren 1928/30 wanderten er und auch Marie in die USA aus. Es sollte nicht unbedingt für immer sein, aber der 2. Weltkrieg verhinderte eine Rückkehr.

Im Frühjahr 1886 kam auch sein Bruder Johannes nach Bramstedt, um hier eine Tischlerlehre zu beginnen. August Kühl hatte vier Geschwister – drei Schwestern und den Bruder Johannes, der der jüngste war. Auch Johannes blieb für den Rest seines Lebens in Bramstedt. Während von August Kühl nicht belegt ist, dass er jemals aktiv in der Liedertafel mitgesungen hat, trat Johannes 1897 der Liedertafel bei, als sein Bruder August ihr Dirigent geworden war, und blieb ihr treu . Er war vorher auch schon Schüler seines Bruders an der Gewerbeschule gewesen. Johannes Kühl wurde 1957 als 87-Jähriger bei einem Holstentreue-Fest in Kisdorf für 60-jährige Sangestätigkeit mit der goldenen Ehrennadel mit Ehrenbrief des Sängerbundes ausgezeichnet. Als 90-Jähriger besuchte er noch eine Generalversammlung des Männerchores. Er starb am 19. April 1962 im Alter von 92 Jahren.

August Kühls Mutter starb im Spätsommer 1887. Als dann die Pensionierung seines Vaters anstand und dieser seine Dienstwohnung in Schelrade verlassen musste, lag es nahe, dass er auch nach Bramstedt übersiedelte. August war seinem Vater ein guter Ratgeber und Helfer beim Grundstückskauf und der Planung und Ausführung eines Hauses an der Altonaer Straße. Karsten Kühl zog 1890 nach Bramstedt.

August Kühl war ein strenger Lehrer, bei dem die Kinder viel gelernt haben. Es war sicherlich nicht leicht, solche heute unvorstellbar großen Klassen zu unterrichten. So konnte auch er nicht umhin, das damals anerkannte und zugelassene Erziehungs- und Disziplinierungsmittel anzuwenden: die körperliche Züchtigung, vorzugsweise mit dem Stock. Er muss dabei sehr „schlagkräftig“ gewesen sein. Am 1. Juni 1902 berichtete sogar der Kellinghusener Störbote davon, dass der Bramstedter Schulinspektor Pastor Dr. Hümpel in der Oberknabenklasse erschienen war und den Lehrer Kühl beauftragt hatte, mehreren vermeintlichen Schulschwänzern mehrere Schläge mit einem daumendicken Haselstock zu verabfolgen. Einem der Knaben wurde beim zweiten Schlag schlecht, und er soll später Krämpfe bekommen haben. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Urteil des preußischen Oberverwaltungsgerichtes, über das die Bramstedter Nachrichten am 16. Oktober 1895 berichteten. Danach ist der Lehrer zur Vornahme empfindlicher körperlicher Züchtigung berechtigt, die keine merkliche Verletzung bewirkt. Eine merkliche Verletzung ist danach eine solche, durch die Gesundheit und Leben des Schülers gefährdet erscheint. Blutunterlaufungen, blaue Flecken, Striemen an und für sich gehören nicht hierzu; denn jede empfindliche Züchtigung lässt derartige Erscheinungen zurück. Das Züchtigungsrecht hatte der Lehrer auch gegenüber Schülern anderer Klassen und außerhalb des Schullokales und auch der Geistliche bei Erteilung des Konfirmandenunterrichts. Das war mal Gewalt an Schulen unter einem anderen Vorzeichen.

Dank günstigen Geburtstermins war August Kühl beim Krieg von 1870/71 zu jung und beim 1. Weltkrieg zu alt für den Waffengang. Er konnte deshalb wirklich ununterbrochen als Lehrer in Bramstedt wirken. Anfang September 1922 genehmigte das Stadtverordneten-Kollegium die Errichtung einer Konrektorstelle, und August Kühl erhielt diese Stelle. War in Berichten über ihn bisher vom Organisten Kühl (nicht vom Lehrer) die Rede, änderte sich das nun. Anfangs hieß es nun noch Organist und Konrektor, aber bald nur noch Konrektor bzw. Konrektor a. D. Kühl. Am 1. Mai 1924 trat August Kühl aufgrund der Verordnung über den Beamtenabbau nach 41 Jahren im Bramstedter Schuldienst in den Ruhestand. Aus seiner Arbeit an der gewerblichen Fortbildungsschule, deren Leiter er inzwischen geworden war, schied er erst zum 1. April 1928 aus.

Soweit Daten aus seinem Berufsleben. Das war aber längst nicht alles. August Kühl nahm eine Fülle von Ehrenämtern wahr, er war vielseitig interessiert, er stand zur Verfügung, wenn man ihn fragte.
Fangen wir an mit dem Männerchor – der Liedertafel. Nach dem freiwilligen Rücktritt von Wilhelm Beck wurde August Kühl einstimmig zum neuen Chorleiter gewählt und trat dieses Amt im Juli 1897 an. Unsere Aufzeichnungen aus dieser Zeit sind lückenhaft. Man kann davon ausgehen, dass er dieses Amt bis mindestens 1902, als in Bramstedt ein Sängerfest stattfand, innehatte. Ab 1903 gibt es keine Berichte über Aktivitäten der Liedertafel. August Kühl erwarb sich aber große Verdienste bei der Reaktivierung des Chores, und Anfang Februar 1906 wurde er als Vorsitzender der wiederbelebten Liedertafel gewählt. Er behielt dieses Amt bis zu seinem Rücktritt im Herbst 1923. Die Sänger wählten ihn danach zu ihrem Ehrenvorsitzenden. Er blieb dem Männerchor verbunden als Ratgeber und gelegentlicher Redner. Er hielt zum Beispiel die Weiherede bei der Einweihung des neuen Sängerheimes (Gastwirt H. Harms) im Mai 1927, und er arbeitete Anfang 1929 in einer Kommission zur Durchsicht der Vereinssatzung mit.

Noch viel länger war August Kühl Vorsitzender der Bramstedter Turnerschaft (BT). Schon am 20. April 1885 übernahm er dieses Amt – kaum ein Jahr nach der Neugründung der BT – und gab es erst am 15. Januar 1924 nach fast 39 Jahren wieder ab. Krönung seiner langjährigen und verdienstvollen Tätigkeit war 1908 der Bau der vereinseigenen Turnhalle am Bahnhof. Auch die BT ernannte ihn zum Ehrenvorsitzenden.

August Kühl war Mitglied des Kriegervereins. Er war zwar kein Kriegsveteran, aber er hatte gedient, was für die Aufnahme ausreichte. Dort hielt er bei einer Begrüßungsfeier für Kriegsheimkehrer im März 1920 die Begrüßungsrede. Er wirkte im Ausschuss für die Errichtung eines Kriegerdenkmals (1914/18) mit. Er wurde im Juni 1928 in den Festausschuss gewählt. Er beteiligte sich 1929 an den Vorbereitungen einer Kundgebung gegen die Kriegsschuldlüge. Er hielt Reden zum Volkstrauertag.
August Kühl war Mitglied des Beamtenvereins. Dort wurde er im August 1929 als Vertreter in der kommunalen Arbeitsgemeinschaft und im März 1930 sogar zum Vorsitzenden gewählt.
Ab September 1920 war er Mitglied im Programmausschuss der Vereinigung für freies Bildungswesen.
Auf der Jahresversammlung des Beerdigungsvereins im Januar 1926 wurde er zum Beisitzer gewählt.
August Kühl war auch in der Kommunalpolitik tätig. Lange Jahre gehörte er der Stadtvertretung an, war Mitglied in Ausschüssen und Verhandlungsleiter bei Bürgerversammlungen.
Im Dezember 1920 wurde er Mitglied im Aufsichtsrat einer neu gegründeten gemeinnützigen Baugenossen-schaft. Dieses Amt muss er bis mindestens 1932 bekleidet haben.
Im März 1922 wird August Kühl Vorsitzender des Bürgervereins.
Er war jahrzehntelang meteorologischer Beobachter in Bramstedt. Dafür wurde er im Juli 1930 durch den Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung durch Verleihung der Hellmann-Medaille geehrt.
1924 kandidierte er auch bei den Kirchenwahlen, erhielt aber nicht genug Stimmen.
Eine Garantie für die Vollständigkeit dieser Aufzählung kann nicht übernommen werden.

Dann war da noch der Heimatforscher, Schriftsteller, Berichterstatter und Dichter August Kühl. Er war sehr interessiert an der Geschichte seines Wohnortes und der näheren Umgebung. Er ging den Quellen nach und schrieb viele Artikel über heimatkundliche Themen. Diese wurden in den Bramstedter Nachrichten und anderen Zeitungen veröffentlicht. Da solche Artikel damals in der Regel nicht namentlich gezeichnet waren, ist eine eindeutige Zuordnung zu ihm als Verfasser oft schwierig. Seine Aufzeichnungen und Konzepte schrieb er meist in Kurzschrift, oft auf die unbedruckte Rückseite nicht mehr benötigter Schriftstücke. (August Kühl hatte zwar Spaß am Geldverdienen, aber er war auch ein sehr sparsamer Mensch) Die Reinschriften schrieb er dann von Hand, meist mit mehreren Durchschriften. Neben den heimatkundlichen Artikeln war er aber auch ganz einfach Berichterstatter über Ereignisse, Versammlungen und Veranstaltungen in seinem Heimatort.
Besonders in Erinnerung geblieben ist August Kühl aber als Dichter, vor allem als Dichter des Theaterstücks „Edelmann un Buern“, in dem er den Befreiungskampf der Bramstedter um Jürgen Fuhlendorf gegen den Grafen von Kielmannsegg schildert. Die erste Aufführung des Stücks fand am 8. August 1909 im Rahmen einer Wohltätigkeitsveranstaltung des Krankenhausvereins statt. Eine weitere Aufführung gab es am 4. Dezember 1920 in einer Wohltätigkeitsveranstaltung des Reichsbundes und des Kriegervereins zugunsten Kriegshinterbliebener. Weitere Aufführungen gab es 1924 und 1949 anlässlich von Heimatfesten und 1938 zum 30-jährigen Bestehen der „Höheren Privatschule“, die den Namen „Jürgen-Fuhlendorf-Schule“ erhielt. Und zuletzt brachte die Bramstedter Fleckensgilde von 1560 das Stück im Jahre 2007 in mehreren Aufführungen wieder auf die Bühne.
Notgeld_BBr-_25_Pfg_450Von August Kühl stammt auch das Bramstedt-Lied „As de Eeken op den Liethbarg“, das noch heute gesungen wird und „Dat Leed vun dat brune Water“. Letzteres erschien erstmals als Gedicht auf dem Bramstedter Notgeld von 1921. Später wurde es von dem Kieler Musikdirektor Johannsen vertont. Seine „Uraufführung“ erlebte es durch die Liedertafel bei einem gemütlichen Abend Ende November 1926, bei der auch der Autor August Kühl anwesend war. Eine weitere Aufführung durch die Liedertafel gab es im September 1932 bei einem Konzert im neuen Kurhaus. Johannsens Noten sind beim Bombenangriff am 27. Juli 1942 auf das Sängerheim leider verloren gegangen. Vielleicht wagt sich noch mal jemand an eine Neuvertonung.

Trotz all seiner sonstigen Aktivitäten und Interessen hat sich der auf dem Lande aufgewachsene August Kühl auch noch einen Sinn für die Landwirtschaft, für das Gärtnern erhalten. Zu seiner Dienstwohnung und dann auch zum Organistenhaus gehörte ein Garten, den er selbstverständlich für den Anbau von Kartoffeln und Gemüse nutzte. Die Gartenarbeit machte ihm Spaß. Er machte Pflanzungspläne und konnte sich richtig über eine gute Ernte freuen. Nach dem Bezug des Organistenhauses 1889 schaffte er sich auch Hühner an – sechs Hennen und einen Hahn. Später kamen dann noch Kaninchen dazu, von denen ihm in einer Nacht im September 1920 – in der schweren Zeit nach dem Ersten Weltkrieg – neun Stück – belgische Riesen – gestohlen wurden.

A._Kuhls_Haus-_Gluckst.Str.22_300-_Mit dem Ausscheiden aus seinen Ämtern als Lehrer und Organist musste August Kühl natürlich auch seine Dienstwohnung aufgeben. Er bereitete sich rechtzeitig darauf vor. Im November 1921 konnte er von der Kirchengemeinde ein Grundstück an der Glückstädter Straße kaufen, kein kleines Grundstück, es war 30 Meter breit und reichte von der Straße bis zur Bramau. Dort ließ er ein Haus bauen, und zu diesem Haus gehörte auch ein kleiner Stall für mehrere Schweine, die er nach seiner Pensionierung großzog und verkaufte. Den Garten legte als reinen Nutzgarten sehr zweckmäßig an mit Bewässerungsmöglichkeit, mit ausgesuchten Obstbäumen. Er baute Gemüse an, Kartoffeln, sogar Mais für den eigenen Verbrauch, vor allem aber auch zur Fütterung der Schweine. Er konnte einfach nicht anders, er musste immer etwas Nützliches tun, und es sollte gern auch noch etwas Geld einbringen. Im September 1933 kaufte er von der Kirchengemeinde sogar noch ein weiteres Grundstück neben dem Friedhof in Größe von über 2.400 Quadratmetern zur Erweiterung seines Gartens. Dazu kamen im Laufe der Zeit weitere Grundstücke, die gedacht waren, seinem Sohn Heinrich eine Bauernstelle zu ermöglichen und die zunächst verpachtet wurden.

Aug._Kuhl_in_seinem_Garten-_Juli_1936_400Man fragt sich, wie August Kühl sein ungeheures Arbeitspensum geschafft hat. Nun, er war ein ausgesprochener Frühaufsteher, schaffte morgens schon, wenn andere noch schliefen. Arbeit war sein Hobby. In seinen späteren Jahren sah man ihn allerdings auch schon mal mit seiner langen Tabakspfeife mit dem Porzellankopf durch den Garten gehen, aber auch dabei entging ihm kein Unkraut.

Nach über 52-jähriger Ehe starb seine geliebte Marie am 28. Dezember 1938. Er überlebte sie um über fünf Jahre. Am 20. August 1943, in seinem 83. Lebensjahr, beendete ein Schlaganfall das arbeitsreiche Leben von August Kühl. Es war mitten im 2. Weltkrieg. Zeitungspapier war knapp. Nur seine Kinder ließen eine Todesanzeige veröffentlichen. Die Bramstedter Nachrichten brachten einen Nachruf, in dem sie ihrem unermüdlichen Mitarbeiter ein ehrendes Andenken zu bewahren versprachen.

Die Stadt Bad Bramstedt ehrte ihn später, indem sie eine Straße nach ihm benannte. Sein Haus und Garten an der Glückstädter Straße 22 mussten in den 1950er-Jahren dem städtischen Klärwerk und dem Bauhof weichen.

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