Max Röstermundt veröffentlichte am 24.5.1956 nachstehenden Artikel in den Bramstedter Nachrichten:
Wie einst die Grenzpfähle gesetzt wurden
und von einem Stein, den einst der „Donner“ zerschmetterte
An der alten Heerstraße, die einst hier vom Süden nach dem Norden führte, liegt, von Bad Bramstedt aus betrachtet, auf reichlich halbem Wege ein offenes und freies Feld mit einem Jahrhunderte alten Namen deutscher Fluren. Denn das, was man damals in einzelnen Dörfern oder Flecken oder Städten einen „Grünen Anger“ nannte, war hier, im Großen gesehen, ein „Grüner Plahn“ geworden. Zur Gemeinde Wiemersdorf gehörend, viele Hektar umfassend, waren Teile dieser Ländereien 1708 Gegenstand eines zwischen Wiemersdorf und Großenaspe ausgebrochenen Streites geworden.
Amtlicherseits war eine Commission beauftragt worden, diese Angelegenheit zu untersuchen. Sie fuhr zunächst nach Wiemersdorf, um dort mit älteren Einwohnern zu sprechen und um zu hören, was diese von den Grenzverhältnissen wußten oder was sie von ihren eigenen Vorfahren darüber überliefert bekommen halten. Gesprochen wurde mit Casper Hennings, Hans Mertens und Hinrich Ohrt. Hennings und Ohrt und (da Mertens nicht abkommen konnte) Hans Hardt erklärten sich anschließend dazu bereit, an Ort und Stelle an einer Besichtigung teilzunehmen. Auch andere Wiemersdorfer Einwohner schlössen sich dieser Gruppe an.
An Ort und Stelle halten sich auch Großenasper eingefunden, für die insbesondere Hartwig Pingel deren Sache vertrat. Wie es scheint, war der Streit dadurch ausgelöst worden, daß Großenasper, wie die Wiemersdorfer behaupteten, sich erkühnt hätten, beim „Grünen Plahn“ auf einem Berge an der Landstraße einseitig und heimlich einen Stein aufzurichten, in der Meinung, einen solchen Stein künftig als einen Scheidestein angeben zu können. Eine wesentliche Rolle spielte aber ein ganz anderer Stein, nämlich derjenige, den „einst der Donner zerschmettert hatte“, von welchem noch zwei Stücke vorhanden gewesen waren und der in allen vorigen Zeiten ein Grenzstein gewesen sei. Die Augenscheinseinnahme wurde auch an einem anderen Tage fortgesetzt, eine Einigung aber nicht erzielt. Ewige Jahre gingen dahin. 1711 aber gelang es, nach weiteren amtlichen Bemühungen eine Verständigung herbeizuführen. Das Ergebnis war nun folgendes geworden. Beiderseits wurde als Grenze eine Linie anerkannt, die, von der sog. Schneckenwiese aus beginnend, in gerader Linie über den Stein, den einst der Donner zerschmettert, bis zur Bimöhler Gemarkungsgrenze zu laufen habe.
Ein Graben sollte gezogen und durch die ausgehobene Erde das beiderseitige Ufer erhöht werden. Wiemersdorf und Großenaspe hatten je sechs Pfähle zu liefern mit den Inschriften: 1711.
Das Recht auf den ersten Pfahl bekam Wiemersdorf zugebilligt. Er wurde nun so gestellt, daß die Inschrift nach Wiemersdorf zeigte. Es folgte der zweite Pfahl, der mit der beschrifteten Seite nun nach Großenaspe zu ausgerichtet worden war. Nacheinander folgten alsdann die weiteren Pfähle, aber immer in der Reihenfolge, daß jeweils zunächst Wiemersdorf den einen und anschließend Großenaspe den nächsten Pfahl zu setzen hatten.
Ein Protokoll wurde angefertigt und der Streit damit für immer beendet. Denn die heutige Grenze in dieser damals strittig gewesenen Gegend scheint noch die gleiche zu sein, wie sie 1711 gezogen wurde.
Von dem Stein aber, von dem es in der Ueberlieferung heißt, daß ihn einst der Donner zerschmettert habe, scheint nichts mehr vorhanden zu sein. Ein Einwohner aus Großenaspe, der zufällig von dem Unterzeichneten dort angetroffen wurde, erinnert noch, vor manchen Jahrzehnten dort gestanden und zu andern Kindern gesagt zu haben, daß sie sich bei diesem Stein an einer Stelle befänden, an der sich zwei Kreise berührten, Kreis Segeberg und damaliger Kreis Bordesholm.
Aus dem »Grünen Plahn“ ist inzwischen „ein Grünplan“ geworden und im übrigen das geblieben, was er immer war: ein schöner stiller Winkel fernab vom Geräusch der Welt.
Max Röstermundt.