Eisenerz gewinnen in unserer Gegend? Ja, das gab es, Raseneisenerz genannt. Max Röstermundt veröffentlichte den folgenden Beitrag zuerst im Segeberger Kreis- und Tageblatt v. 21.04.1933:
Eisenerze im Bramstedter Fleckensgebiet und in der Umgebung
Salzburger Emigranten
Zunächst war es eine amtlicherseits beauftragte Kommission, die im Jahre 1721 eine Untersuchung verschiedener Erzfunde vorzunehmen hatte, so in Bramstedt, Schmalfelderwohld, Strüvenhütten, Struvenhüttener-Fi, Hartenholmer-Fi, Wankendorf. Grasbrook, Hamfelderborn, Bimöhlen, Kiikuut und Hardebek.
Es galt, die räumliche Ausdehnung der verschiedenen Lagerungen zu ermitteln. Größere Lagerungen fand man in Bramstedt. Im Schmalfelderwohld und in den darin liegenden Bröken wurden gleichfalls erhebliche Mengen ermittelt. Im Gerichtsbezirk der Frau Majorin von Struven in Struvenhütten wurden Eisendrüsen im wesentlichen in den Wiesen gefunden. Dagegen lagerten im Struvenhüttener-Fi etwa 100 Schlackenberge, die wie die Kommission berichtete, darauf schließen ließen, daß zweifelsohne in vorigen Zeiten dort Schmelzhütten gestanden hatten. Auch im Hartenholmer-Fi befanden sich solche Schlackenberge. In der sogen. Roderey bei Wankendorf war eine Ader, die eine Länge von 1600 und stellenweise eine Breite von 100 Schritten hatte. In Grasbrook ließen sich, wegen des hohen Wasserstandes Untersuchungen nicht ermöglichen. Aus dem gleichen Grunde mußte eine solche auch in Hamfelderborn unterbleiben. In Bimöhlen wurde wiederum eine Lagerung von etwa 600 Schritten in der Lange und von etwa 20—50 Schritten in der Breite gefunden. Auch in Kiikuut und in Hardebek hatte sich einiges Eisenerz ermitteln lassen.
Vorher waren dergleichen Erze auch zwischen Rendsburg und Itzehoe und zwischen Schleswig und Flensburg gefunden worden. Das Ergebnis der Untersuchungen im Jahre 1721 war insofern negativ, als die Kommission erklärte, daß die zu erwartende Ausbeute die Arbeit bei weitem nicht lohnen werde. Damit fanden die vorgenommenen Untersuchungen vorläufig ihr Ende.
Als aber im Jahre 1731 viele Tausende Protestanten aus Salzburg vertrieben worden waren, die in Preußen eine Aufnahme fanden, kamen später einzelne Gruppen auch nach Holstein. Ihre Halbseligkeiten hatten sie in Salzburg zurücklassen müssen, sie waren ohne Mittel. Viele von ihnen hatten aber die Befähigung zur bergmännischen Verwertung von Mineralien. Ihre gewonnenen Informationen in unserer nördlichen Heimat waren solche geworden, daß sie von dem Vorhandensein, verschiedener Erzfunde Kenntnis hatten.
Vor allem war es der Salzburgische Emigrant und Berghauptmann Johann Christian von Baumgarten, der sich für eine Gruppe Vertriebener um die Genehmigung zum Abbau bemühte. Am 23. Dezember 1742 richtete er ein dementsprechendes Gesuch an den König, von dem er schon vorher einmal empfangen worden war.
Er habe, wie er nun schriftlich darlegte, in dem Amt Segeberg und zwar nahe von Bramstedt Eisenerze in genügender Menge gefunden. Es sei zwar vor mehr als zehn Jahren von dem Bramstedter Eisenerz Erwähnung getan worden und zwar in einer Weise, daß eine Ausbeute nicht als günstig beurteilt worden war. Er, Baumgarten, werde dagegen alle ersinnliche Mühe anwenden, um auch nur den geringsten Nutzen daraus zu erzielen. Geplant sei der Bau eines Hüttenwerkes zum Zwecke der Gewinnung aller Mineralien, es sei Eisen, Kupfer, Silber oder Steinkohle oder was sonst nach der Bergordnung dazu gehöre.
Kopenhagen verlangte von dem Amtmann des Amtes Segeberg, der seinen Sitz damals in Bramstedt hatte, zunächst einen eingehenden Bericht. Baumgarten, mit dem der Amtmann von Rantzau sprechen wollte, war plötzlich unauffindbar. Von Rantzau sprach seine Vermutung dahingehend aus, daß Baumgarten nach Salzburg zurückgekehrt sei. Nach weiteren Mitteilungen von Mittelspersonen könne Baumgarten ohne vorherige Gewährung von Reise- und Zehrungskosten nicht kommen. Der Amtmann empfahl deshalb, dem Baumgarten diese Kosten zu bewilligen, was auch getan wurde. Baumgarten kam auch wieder und fand in dem Amtmann einen eifrigen Förderer und Fürsprecher, weil das Recht auf den Abbau die Funde im ganzen Amt Segeberg umfassen sollte. In Bramstedt sollte begonnen und daselbst eine Wassermühle gebaut werden.
Indes ergaben sich noch einige Schwierigkeiten. Das adelige gemeinschaftliche Gut Bramstedt hatte auf den Fleckensländereien das Recht der Nachweide [das Recht auf die Weidenutzung im Spätjahr]. Es war also die Genehmigung des Gutes einzuholen. Es sollte, da Baumgarten geäußert hatte, daß nach der Ausbeute die Ländereien fruchtbarer werden würden, die Duldung seitens des Gutes, wenn nötig, erzwungen werden. Die Eigentümerin, Frau Baronesse von Grote, sei so gesonnen und so geartet, daß mit ihr in Güte nicht auszukommen sei, wie von Rantzau berichtete. Dafür seien viele Beispiele vorhanden.
Kopenhagen wollte aber lieber eine freiwillige Duldung. Frau von Grote lehnte tatsächlich ab. Inzwischen wurde versucht, festzustellen, inwieweit die Vorschläge der Salzburger Emigranten anzunehmen oder sie abzulehnen oder sie abzuändern seien. Schließlich wurde entschieden, daß von allen Mineralien Gold und Silber ausgenommen sein sollten. Diese sollten dem König reserviert bleiben. Anstelle der erbetenen Freijahre sollte der Zehnte nicht in Geld sondern in natura entrichtet werden. Die Gewinnung sollte sich auf das ganze Amt Segeberg erstrecken mit dem Vorbehalt, daß das Werk, sobald es begonnen, fortgesetzt, bergmännisch bebaut und nicht verlassen werde.
Zu diesen Aenderungen sollte von Baumgarten sich nochmals äußern. Wiederum war von Baumgarten unauffindbar. Wiederum bemühte sich der Amtmann von Rantzau um seine Anschrift, indes vergebens. Im Dezember 1743 blieb nichts weiter übrig als die Annahme, daß von Baumgarten verstorben sei.
Vergessen sind die Salzburger Emigranten, vergessen die Funde. Der Acker aber, auf dem der Landmann die Furchen zieht und den Samen streut, trägt goldene Frucht.
Max Röstermundt.
Soweit Röstermundt.
Dank heutiger (2016) Recherchemöglichkeiten im Internet läßt sich aufklären, dass Johann Christian von Baumgarten keineswegs verstorben war, sondern seine Dienste in anderen Gegenden anbot.
Bei google-books findet sich Henning Calvörs
Acta Historico-Chronologica-Mechanica Circa Metallurgiam In Hercynia Superiori von 1763
Dort heißt es auf Seite 166:
Anno 1743, hat sich im Quartal Crucis ein Salzburgscher Emigrant, und, feinem Vorgeben nach, gewesener Fürstlich Brixenscher Bergrath, Johann Christian von Baumgarten, angefunden, und sich ein Probeschmelzen auf einer der Communionhütten ausgebeten, um zu zeigen, daß in weniger Zeit „des Schmelzens, und mit gleicher Zahl von Kohlenmaaße, mehr Silber heraus gebracht werden könne. Er hat dazu auf der Lautenthaler Hütte Erlaubniß erlanget, und einen neuen Ofen gebauet. An statt der gewönlichen Harzschlacken hat er Schmiedeschlacken und Lederkalk zu Vorschlägen gebrauchet, und verschiedene Proben nicht nur auf der Lautenthaler, sondern auch Wildemänner Hütte gemacht. Ob er nun gleich dabei allen Fleiß angewendet, und die Arbeit, wie ein gemeiner Hüttenmann, selbst verrichtet hat, so hat er doch seinen Zweck nicht erreichen, noch sein Versprechen erfüllen können. Es ist also solches im Quartal Luc. wieder eingestellet worden. Was er darauf weiter vorgenommen, und was es für einen Ausgang mit ihm genommen, ist von mir anderswo in der Histor. Nachr. vom Bergwerk erzehlet worden.
Henning Calvörs weiteres Buch „Historische Nachricht von der Unter- und gesamten Ober-Harzischen Bergwerke …“
Schreibt dazu auf Seite 128/129:
„Dieses Bergwerk bey Wolfhagen, da der Grund und Boden des Herrn Herzogs zu Braunschweig und Lüneburg Durchl. Gehöret, ist A. 1743 unter der Direction Herrn Johann Christian von Baumgarten (2. Theil 6. Cap. Abtheil § 26 vom Maschinenwesen) wieder angegriffen und hat sich mit guten Anbrüchen bezeiget. Er hat es aber so übel administriret, daß es A. 1746 auf dem Amte Seesen in Arrest gesetzet, jedoch A. 1747 wieder dimittiret worden, und ist dieses Bergwerk seit dem nich weiter gebauet.
Von Baumgarten scheint dann nach Thüringen gegangen zu sein und wurde da erneut aktenkundig.