Aus dem Nachlaß des ehemaligen Pastors Dr. Ernst Hümpel erhielt ich u.a. ein Jahrgangsbuch 1911 des „Schleswig-Holsteinscher Sonntagsbote“, einer Kirchenzeitschrift. In der hiesigen Ausgabe war Pastor Hümpel ein fleißiger Schreiber und berichtet in mehreren Beiträgen über den Werdegang der Gedenktafel für die 1870/71 Gefallenen. Diese Tafel hing bis 2015 im Eingangsbereich der Kirche ebemnso wie die Tafel für die 1848/50er. Nun haben sie Platz im Speicher gefunden.
(Sofern ich den Jahrgang 1912 noch erlangen kann, werde ich die Berichte fortsetzen. Da die offiziellöe Einweihung erst 1912 stattfand.)
Schleswig-Holsteinischer Sonntagsbote 5.3.1911:
Die Sammlung zur Stiftung einer Gedenktafel an die im Kriege 1870/71 Gefallenen für die Kirche hat einen überaus reichen Ertrag ergeben. Die Kampfgenossen- Vereine von 1848/51, von 1870/71 und die Kriegervereine von Bad Bramstedt und Wiemersdorf hatten ihre Mitgliederlisten zur Verfügung gestellt. Die Herren Lehrer hatten, z. T. persönlich, die Einsammlung übernommen. In Bad Bramstedt hatte der allbekannte Veteran von 1848/51, Herr Burmann, sich zur Einsammlung bereit finden lassen. So waren alle Bedingungen gegeben für einen guten pekuniären Erfolg des an alle Mitglieder gerichteten Flugblatts. Es lautete:
„Soeben ist der 18. Januar, der 40jährige Gedenktag der Reichsgründung, verflossen. Der alte König Wilhelm, der Sohn der Königin Louise, welche von dem Franzosen-Kaiser Napoleon I. unsagbare Demütigungen erlitten hatte, nahm auf Beschluß der Fürsten und des Norddeutschen Reichstages die Kaiserkrone im französischen Königsschlosse in Versailles an.
Daß Kaiser Wilhelm I. die deutsche Kaiserkrone annehmen konnte, verdankt er neben dem Entschluß der Fürsten und des Norddeutschen Reichstages in erster Linie der siegreichen Armee aus den Söhnen unseres Volkes.
Auch aus unserer Gemeinde haben etliche Söhne des Volks ihr Leben gelassen für Kaiser und Reich. Wir Nachlebenden pflücken mühelos die Früchte ihrer Siege und Leiden in langer Friedensarbeit. Darum ist es unsre Pflicht, ihr Andenken zu ehren!
Das geschieht am würdigsten durch die Stiftung einer Gedenktafel in der Kirche. Die Gefallenen von 1848/51 besitzen eine solche schon. Das 40jährige Jubiläumsjahr der Reichsgründung sollte nicht vorübergehen, ohne daß die Gemeinde ihrer Toten gedacht hätte. Denn noch heute gilt das Wort Körners: „Vergesst der teuren Toten nicht!“
Der Ertrag ist folgender:
- Bad Bramstedt (abzügl. Unkosten) 186,— M
- Bimöhlen 6,40 M
- Föhrden-Barl 19,80 M
- Hitzhusen 38,50 M
- Weddelbrook 27,95 M
- Wiemersdorf 65,— M
- Kollekte 22,— M
- Fuhlendorf 18,— M
Mit dem Betrage aus Hagen, der noch aussteht, wird die Sammlung 400 M gewiß übersteigen. Damit wird die Beschaffung einer künstlerisch schönen Gedenktafel möglich sein.
Herzlichen dank allen Spendern! Hümpel.
19.3.1911: Der Kirchenvorstand hielt am 7. März seine Etatssitzung ab. Er war vollzählig versammelt. ….
- Die Spende der Gemeinde für eine Gedenktafel an die Toten von 1870/71 in Höhe von 430,55 M nimmt der Kirchenvorstand an. Die Bestimmung des Platzes für die Aufhängung behält er sich noch vor.
9.4.1911: … Um Mittwoch, den 29. Marz, wurde der Altenteiler Henning Lüdemann aus Weddelbrook, 60 Jahre alt, beerdigt. Er war Teilnehmer des Krieges 1870/71. Seine Beerdigung war die erste, bei welcher eine Salve seitens des Kriegervereins abgegeben wurde. Man wird diese Ehrung derjenigen Kameraden, die vor dem Feind standen, durch eine Salve nur als entsprechend und sinnvoll ansehen können.
24.9.1911: Am 1. Oktober will der Kampfgenossenverein von 1870/71 das Fest seines 10jährigen Bestehens auch mit einer kirchlichen Feier begehen. Schade, daß infolge späten Bekanntwerdens dieses Entschlusses die Gedenktafel an die Toten von 1870/71 nicht mehr fertiggestellt werden konnte. Der Tag wäre sehr passend gewesen. So wird die Gedenktafel am 18. Januar oder am 27. Januar 1012 enthüllt werden müssen.
1.10.1911: Der Kampfgenossen verein von 1870/71 feierte am 11. Oktober das Fest seines 40jährigen Bestehens auch mit einer kirchlichen Feier. So ist es recht in diesen ernsten Zeiten.
15.10.1911: Infolge eines Mißverständnisses war mitgeteilt, daß die Kämpfer von 1870/71 die Feier ihres 40jährigen Jubiläums mit kirchlicher Feier begehen würden. Das war auch beabsichtigt für den Fall, daß die Gedenktafel von 1870/71 zur Enthüllung hätte gebracht werden können. Dazu gelangte aber die Mitteilung zu spät an den Unterzeichneten. So etwas läßt sich nicht übers Knie brechen. Gut Ding will Weile haben! Am 18. oder 27. Januar wird die Enthüllung vorgenommen werden können.
12.11.1911: An die Teilnehmer der Kriege von 1864, 1866 und 1870/71 richtet der Kultusminister die Bitte, Briefe und Tagebücher, die aus den Kriegsjahren, und zwar von Soldaten im Felde, zu sammeln. Ich richte diese Bitte auch an die Kämpfer von 1848/51 und empfehle zugleich sämtlichen Gemeindegliedern, einmal Nachschau zu halten nach solchen Briefen der Mitkämpfer. Ich bin gerne bereit, solche Briefe, wenn sie mir nicht überlassen werden, zur Abschrift in Empfang zu nehmen. Sie sind sehr wichtig für die Stimmung unseres Volkes in jenen großen Tagen.
19.11.1911: Die Gedenktafel für die Gefallenen von 1870/71 wird voraussichtlich am 27. Januar 1912 eingeweiht werden, gerade ein Jahr, nachdem die Kaisergeburtstagspredigt dazu die Veranlassung gegeben hatte. Von der Ausführung in Stein ist man zurückgekommen. Dafür wird die Gedenktafel in Eiche ausgeführt werden. In der Art der Ausführung wird sie sich an die der 1848er anlehnen. Ob reicherer oder einfacherer Schmuck gewählt wird, steht noch dahin. Auf jeden Fall wird die Gedenktafel der Kirche zum Schmuck gereichen.
26.11.1911: Gedenktafel für die Kämpfer von 1870/71 Letzten Freitag trat in der Kirche die aus 3 Mitgliedern des Kirchenvorstandes und 4 Mitgliedern des Vorstandes des Kampfgenossenvereins von 1870/71 gebildete gemischte Kommission zusammen, um über die eingegangenen Entwürfe und die Platzfrage für die Gedenktafel an die im Kriege 1870/71 aus hiesiger Gemeinde Gefallenen zu beraten. Von den vorgelegten Entwürfen fand derjenige des Herrn H. Weddig, Lehrers an der Kunstgewerbeschute in Flensburg, die allgemeine Billigung. Er hält sich in Größe, Formengebung und Ausführung an die bereits vorhandene Gedenktafel der Kämpfer von 1848. Ihren Platz wird sie südlich von der letztgenannten Gedenktafel erhalten. Als Tag der Enthüllung ist der 27. Januar 1912 in Aussicht genommen. Die Kosten belaufen sich auf 470 M, die bis auf 35 M durch eine Sammlung der Gemeinde gedeckt sind.