Hümpel: 1. Konzert des Posaunenchors Bad Bramstedt

Im Schleswig-Holsteinischer Sonntagsbote  von 1911 berichtet Pastor Hümpel über das erste Posauenfest in Bad Bramstedt, ausgerichtet vom im selben Jahr ins Leben gerufenen Posaunenchor.

Schleswig-Holsteinischer Sonntagsbote 25.6.1911

 Bad Bramstedt. Der Posaunenchor ist am Montag, den 12. Juni, zum ersten Male zu einer Uebung zusammengetreten. Herr Bundessekretär Weiß aus Hamburg war bereits am Mittag eingetroffen. Die ersten Augenblicke galten den Vorbesprechungen. Dann ging es an das Auspacken der Instrumente. Wie goldig schimmerten sie! Mögen sie allezeit bei festlichen Gelegenheiten so goldig erglänzen und einen fröhlichen Ton» geben zur Ehre Gottes!

Abends 1/2 8 Uhr erschienen die Bläser, 9 an der Zahl, freiwillig und aufgefordert, um die Instrumente in Empfang zu nehmen. In der Höheren Privatschule versammelte sich die kleine Schar. Mit dem Gesang „Herr Jesu Christ, Dich zu uns wend'“ nahm Unterzeichneter im Anschluß an Col. 3, 16 das Wort, um in kurzen Zügen zu zeigen, daß wir dem HErrn in unsern Herzen nur singen können, wenn wir Christi Wort unter uns reichlich wohnen lassen (im Verein, im Gottesdienst, im Hause) und uns vermahnen mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen lieblichen Liedern. Im Lied hat sich das Christentum der ersten Jahrhunderte den Sieg erobert. Im Lied ist Luthers Reformation durchgedrungeu. Im Lied zeigt sich noch heute des Glaubens Allgewalt. Verstärkt wird das Lied durch die Posaune und ihren melodischen Ton. Dann entbot Herr Bundessekretär Weiß den Bläsern seinen Gruß, besonders auch von den Freunden aus Stelle in Hannoverland, wo er ein Kreisposaunenfest dirigiert hatte. Die Hebung des ersten Abends war ohrenbetäubend. Ich danke Herrn Tischlermeister Graf besonders, daß er freundlichst gestattet hat, daß wir ihm die Ohren „vollblasen“ durften. Am zweiten Abend begleitete ein notengewandtes Mitglied in 2. Stimme mit dem Flügelhorn den Dirigenten. Am dritten Abend gelang es, die ersten Zeilen von „HErr Jesu Christ, Dich zu uns wend“ im Rohbau fertig zu stellen. Die Prinzipale und Lehrherren haben das Kommen der Jünglinge gern gestattet und gefördert. Schade, daß nicht alle dem Posaunenchor treu bleiben konnten, die es gerne wollten. Aber die Musik ist ja auch eine Gabe Gottes, die nicht allen in gleicher Weise gegeben ist. An Ersatz für die Abgehenden fehlte es nicht. Ich glaube, wir könnten einen doppelt so starken Chor gründen und fänden die Kräfte dazu. Aber es ist besser: Klein anfange» und groß werden! als umgekehrt

Gott der Herr aber segne Anfang und Werden unseres Posaunenchors! Hümpel.


Schleswig-Holsteinischer Sonntagsbote 30.7.1911

Einladung
zum
Posaunenfest in Bad Bramstedt

Am Sonntag, den 30. Juli 1011.

Festordnung.

Am Vormittage.
½ 9 Uhr: Einmarsch der kirchlichen Vereine aus Neumünster,
9 Uhr: Einblasen des Festes vor der Kirche (N. Pos.-Ch).
9 ½ Uhr: Festgottesdienst.
Eingangslied: HErr Jesu Christ, Dich zu uns wend! (Bad Br. Pos.-Ch.)
Liturgie.
Hauptlied: Lobet den HErren, den mächtigen König der Ehren. (Bad Br. Pos.-Ch.)
Festpredigt: Herr Pastor Lic. Dr. Hümpel.
Kanzelvers. (Bad Br. Pos.-Ch.)
Motette: Der HErr ist mein Hirt, mir wird nichts mangeln. (Teil I n. II.) Schlußliturgie.
Nach dem Gottesdienst: Blasen vom Kirchturme.

Am Nachmittage.
1 – ½ 2 Uhr: Blasen auf dem Kirchplatz.
½ 2 Uhr: Marsch nach dem Festplatz.
2 Uhr: Beginn des Festes.
Gemeindelied: Lied 3, 1 u. 2. (N. Pos.-Ch.)
Begrüßung: Der Ortsgeistliche.
Gemeindelied: Lied 12, 1-4. (Bad Br. Pos.-Ch.)
Ansprache: Herr Organist Kühl.
Gemeindelied: Lied 9, 1—2. (N. Pos.-Ch.)
Ansprache: Herr Stadtmissionar Henschen.
Gemeindelied: Lied 14, 1—2. (N. Pos.-Ch.)
Ansprache: Herr Pastor Voigt-Neumünster.
Gemeindelied: Lied 6, 1. (N. Pos.-Ch.)
Schlußwort.

Am Vormittage ist das Gesangbuch mitzubringen. Am Nachmittage werden gedruckte Lieder ausgegeben.
Die Einschiebung einer Pause am Nachmittage wird Vorbehalten.
Zu zahlreichen: Besuch ladet ein

Pastor lic. Dr. E. Hümpel.


Schleswig-Holsteinischer Sonntagsbote 3.9.1911

Posaunenchor_wp

Posaunenchor, Aufnahmejahr unbekannt

Das erste Posaunenfest in Bad Bramstedt! Wer hätte das gedacht! Als im Jahre 1904 die Arbeit an den jungen Mädchen und ihre Sammlung in einem Verein begonnen wurde, da erklärten einsichtige, wohlmeinende Christen in der Gemeinde: „Das werden Sie nicht erreichen, Herr Pastor!“ Der Anfang wurde gemacht. Ich drücke im Geist den ersten Besucherinnen — jetzt glücklich verheirateten Müttern! — die Hand. Das Werk ist von Gottes Segen gekrönt gewesen.

Die Arbeit an der weiblichen Jugend hat derjenigen an der männlichen Jugend die Wege geebnet. Es ist hier nicht der Ort das im einzelnen aufzuzeigen und zu schildern, wie es zur Gründung des Posaunenchors kam. Nur soviel: Man gründet den Posaunenchor viel weniger, als daß er sich selbst begründet. Es gilt nur, die geistliche Atmosphäre zu schaffen, in der er entstehen und bestehen kann. Das aber geschieht durch die ungebrochene Verkündigung des „alten ernsten und doch so fröhlichen Evangeliums“ von Sünde und Gnade.

Erst kürzlich, vom 9 – 12. Juni, hatte durch Herrn Bundessekretär Weise, der zum 1. Oktober zum Provinzialagenten der schleswig-holsteinischen Jünglings- und Männervereine berufen ist, die Einübung des Chores stattgefunden. Plötzlich überraschten mich eines Nachmittags die Herren Stadtmissionare Herrschen und Griebe aus Neumünster, um mit einem Gruße von Herrn Pastor- Voigt die Abhaltung eines Posaunenfestes für Ende Juli unter Mitwirkung der Neumünsterschen kirchlichen Vereine in Bad Bramstedt vorzuschlagen. Das wollte überlegt sein! Man denke: Ein kaum 14 Tage alter Posaunenchor hält ein Posaunenfest ab! Das war ein Wagnis! Aber schließlich, je eher ein kirchlicher Verein es lernt, aus seiner bescheidenen Vergißmeinnichtstellung herauszutreten, umso besser. Die kirchlichen Vereine gehören bei aller stillen, geräuschlosen Arbeit in die Öffentlichkeit! Welchen Eifer aber entfaltete diese Aussicht auf das Fest bei allen Posaunenbläsern! —

Der Sonntag kam. Flimmernd lag die Sonne schon am frühen Morgen über Stadt und Land — ein heißer Tag! Die Missionsfahne — rotes Kreuz im weißen Feld — wehte vom Kirchturm herab. Da erschienen pünktlich um ½ 9 Uhr in 6 Gefährten (Kremsern, Landauern, offenen Möbelwagen) der kirchliche Jünglings- und Männerverein, der Jugendverein und der Blaukreuzverein, im ganzen ca. 100 Personen, schon an sich eine kleine Festversammlung. Eine kurze Erfrischung! Dann blies der Neumünstersche Posaunenchor um 9 Uhr unter dem kühlen Schatten hoher Kirchhofslinden das Fest ein, rings umstanden von einer andächtigen Gemeinde. Der Festgottesdienst begann. Der Bad Bramstedter Posaunenchor nahm seine Stellung auf dem Chor ein. Er sollte das Eingangslied: „HErr Jesu Christ, Dich zu uns wend‘!“ spielen. Eine, tiefe feierliche Stille entstand. „Wie wird es wohl werden?“ so mag mancher sich gefragt haben. Es ging erst ein wenig zitternd und unsicher, aber doch rein und klar, bis die Tonführung im Hauptgesange: „Lobet den HErrn, den mächtigen König der Ehren!“ immer fester und festlicher sich gestaltete. Getraute sich die Gemeinde nach dem ersten Einsatz nicht recht einzustimmen, so wurde der Gesang immer voller und brausender, bis er im deutschen Tedeum „Nun danket alle Gott“ im Schlußlied seinen Höhepunkt erreichte. Die Festpredigt über l. Joh. 2, 14—17 ging der Frage nach: Wie wecken wir bleibendes Leben? und fand die Antwort in folgenden Forderungen: Wenn wir alle (Kinder, Väter, Jünglinge!) uns stellen unter des Vaters Zucht und 2. Wenn wir alle kennen und üben die Weltflucht.

Nach dem Gottesdienst ertönten noch vom Turme herab die Lieder, geblasen vom Chor aus Neumünster. Eine große Gemeinde blieb versammelt, diesem Gloria ex excelsis zu lauschen.

Nach fast zweistündiger Mittagspause setzte sich um I 1 1/2 Uhr ein Zug von ca. 150 Personen unter Posaunenklängen nach dem Festplatz in Bewegung. Unter hochragenden Buchen und Eichen waren Sitzplätze hergerichtet. Vor Sonnenbrand und Hitze geschützt, hin und wieder von einem kühlen Lufthauch gestreift, versammelte sich hier eine stetig zunehmende Festgemeinde. In fröhlichem Wechsel folgten den von Posaunen begleiteten Liedern die Ansprachen der Redner. Mit einer herzlichen Begrüßung der erschienenen Vereine im Namen des bei allen Festveranstaltungen vollzählig anwesenden Kirchenvorstandes eröffnete der Ortsgeistliche die Nachmittagsversammlung, um im Anschluß an Eph. 6, 10 von der rechten Stärke des Mannes zu reden. Herr Organist Kühl sprach anschaulich und feinsinnig von der Geschichte des Festplatzes, feinen niedergelegten und wieder aufgepflanzten Eichen. Indem er des Waldes Wandlung schilderte und die „Sehnsucht Bramstedts nach dem alten Walde“, gab er dem Wunsche

Ausdruck, daß dies Fest dazu dienen möge, eine neue Jugend zu sammeln als Pflanzen zum neuen Eichenwald der Vätersitte und des Väterglaubens. Eine dreiviertelstündige Pause gab Gelegenheit zur Erfrischung in dem vorhandenen Zelte und zur Teilnahme an den Spielen, welche Herr Stadtmissionar Griebe mit den Jünglingen, den Eltern und Kindern mit bewundernswerter Geschicklichkeit veranstaltete. — Herr Stadtmissionar Henschen machte nach der Pause den Anfang. Lichtvoll und klar sprach er über das Werden und Entstehen dir kirchlichen Jünglings- und Männervereine, die mit 1200 Vereinen und 125 000 Mitgliedern längst keine Winkelsache mehr sind. Die letzte gehaltvolle Ansprache hielt über Apg. 9, 15 Herr Pastor Voigt, indem er alle Mitglieder zum Zeugnis von Jesu Christo aufrief. Reiche Beispiele des inneren Segens, der in einem solchen Bekennerleben ruht, durchflochten die Ansprache. Schlußwort und Schlußgebet sprach der Ortsgeistliche.

Was haben wir von jenem Fest? „Es war alles schön gelungen,“ sagten die unbeteiligten Zuschauer. „Man sieht unsere Arbeit jetzt anders an,“ sprach freudig erregt ein ernster Christ. Ich hoffe, wir haben von ihm einen bleibenden Segen. Unsere Posaunenbläser in ernster Hingabe an ihre Aufgabe, die Gemeinde in lebendiger Erfassung ihrer Pflicht gegen die Jugend, gegen die Männer.

So sei uns das erste Posaunenfest ein Ansporn zu neuer Tätigkeit und Arbeit.

Bad Bramstedt. Lic. Dr. Hümpel.

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