Beckmann: 800 Jahre Fuhlendorf 1189 – 1989

aus dem heimtkundlichen Jahrbuch des Kreises Segeberg 1989, S. 18 ff

Dr. Leo Hans H. Beckmann, Fuhlendorf

800 Jahre Fuhlendorf 1189 – 1989

Von den Anfängen

Siedlungen — Dörfer wie Städte — haben nicht wie Menschen Geburtstag, sondern kennen in Ausnahmefällen ihr Geburtsjahr, so daß von König Christian IV. gegründete Glückstadt, Fundationsbrief vom 22. März 1617. Auch das von seinem Bruder, Herzog Friedrich III. von Gottorf 1621 gegründete Friedrichstadt und der Ortsteil von Norder-stedt, Friedrichsgabe (nach König Friedrich VII.), gehören in diese Reihe.

Fuhlendorf_800a Wann und wie Fuhlendorf entstanden ist, wissen wir nicht. Wie kam es zur ersten Erwähnung seines Namens?

Heinrich der Löwe, mächtiger Herzog von Sachsen, war 1180 durch Kaiser Friedrich I. (Barbarossa) und die deutschen Fürsten gestürzt worden (Exil in England). Das Herzogtum Sachsen geht von den Weifen an die Askanier über.
Im Jahrzehnt danach gab es im ganzen Reich Veränderungen. In Schleswig-Holstein wurde Lübeck kaiserliche Stadt. 1186 rief Graf Adolf III. von Wagrien, Holstein und Stormarn mit kaiserlicher Erlaubnis Mönche der Zisterzienserabtei Loccum ins Land. 1189 wurde die Hamburger Neustadt und der Hamburger Hafen gegründet, ebenso das Kloster Reinfeld.
Fuhlendorf_800bAls Besitzgrundlage erhielt Kloster Reinfeld das Gebiet nördlich der Trave beiderseits der Heilsau bis zur Reinsbek zur Rodung und Erschließung, „eine Gegend des Schreckens und der endlosen Einsamkeit“ (in loco horroris vastae solitudinis)1).
Eine Klosterneugründung braucht Einkünfte, um leben zu können. Da Erträge von den übereigneten Flächen auf Jahre nicht zu erwarten waren, mußten sofort eingehende Einkünfte geschaffen werden.
Die Stiftungsurkunde2) enthält eine Dotationsliste, die, in Klosternähe beginnend, von Ost nach West — wie auf einer Perlenschnur — Besitzungen und Gefälle in Oldeslo, Bemohlen, Goumecke, Wlentorpe, Leszehow, Münsterdorp und Mercgure nennt.
Sind Oldeloe, Bimöhlen, Itzehoe, Münsterdorf bald erkannt worden3), so fragt Paul Hasse4), ob Wlentorpe mit Willentorpe nordwestlich Reinfeld zu identifizieren sei. D. Detlefsen5) und Reimer Hansen6) erkennen Wlentorpe als das Vulentorpe, Fuhlendorf bei Bramstedt. So ist von Gelehrten im Lande Wlentorpe als das Fuhlendorf bei Bramstedt erkannt.
Was bedeutet nun, “praedium Wlentorpe“? Die Urkunde sagt, “Besitztum“, ohne Angabe, was es ist, eine Hufe oder zwei. Der Zehnte wie von Itzehoe oder von bestimmten Ackern bei Münsterdorf ist es nicht. Wir erfahren nur, daß von einem Dorf die Rede ist. So ist Fuhlendorf älter als seine Erwähnung in der Stiftungsurkunde des Klosters Reinfeld.

Mehr als 300 Jahre danach gibt es keine Urkunde, keine Quelle.

Mit der ersten Amtsrechnung des königlichen dänischen Amtes Segeberg — der König von Dänemark war auch Herzog in Holstein — in den zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts, wahrscheinlich 1525, rückt Fuhlendorf aus einer Existenz in der Verborgenheit ins amtliche Licht der Steuerregister.7) Hier ist der „jährliche Schatz“, die Verteidigungssteuer zu zahlen.

Fuhlendorf_800c Auf dieser Steuerliste lernen wir die ältesten uns bekannten Namen Fuhlendorfer Hufner kennen. Drei Hufen sind im Eigentum eines Verst8). Ob und wie diese verwandt sind, wissen wir nicht. Zwei Höfe gehören einem Oerth, später Orth, auch Ordt, Ortt geschrieben. Mit Marquart Runge kommt ein Name vor, der auch am Ende des 20. Jahrhunderts als Hofbesitzer im Dorf lebendig ist. Weitere drei Hufen gehören Tymme Hennecke, Tygges Becker und Hennecke Tithkenn.
Die zehnte Hufe schließlich ist „dat Kerckgueth“. Ob es sich hierbei um das in der Zwischenzeit an eine Kirchengemeinde verkaufte „praedium Wlentorpe“ der Klosterstiftsurkunde handelt, erfahren wir nicht. Die Reformation hat sich 1525 noch nicht durchgesetzt. Das Bramstedter Stellenverzeichnis der Pastorendynastie Galenbeck beginnt erst 1630. Sämtliche Akten und Dokumente der katholischen Zeit sind vernichtet. Vor 1543 haben wahrscheinlich Ties Lindeman oder Claus Muggesfelt das Kirchgut übernommen.9) Von da an bleiben die zehn Fuhlendorfer Hufen in Bauernhand.

Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Fuhlendorf hat es vor 1189 gegeben. Fuhlendorf ist nicht nach der Säcularisation zum Amte Segeberg gekommen10), wie Johannes von Schröder und Hermann Biernatzki in der „Topographie“, Bd. I, schreiben. Fuhlendorfzahlt dem Amt Segeberg spätestens mit zehn Hufen seit 1525 Steuern, also 55 Jahre vor Aufhebung des Klosters Reinfeld. Das Kirchgut der Steuerliste kann der inzwischen veräußerte Klosterbesitz sein. Seit 1543 — spätestens — ist und bleibt Fuhlendorf in der Hand freier Bauern.

Anmerkungen:
1) Schleswig-Holstein-Lauenburgische Regesten und Urkunden, Bd. I, Nr. 165
2) a. a. O. Seite 88
3) ZSHG 23, 20 ff; ZSHG 35, 242 ff, 253 ff
4) ZSHG 23, 21
5) ZSHG 35, 246
6) ZSHG a. a. O zu 5.
7) LAS 110 AR 1525
8) Verst. zu engl. first und deutsch Fürst verwandt
9) LAS 110 AR 1543
10) Topographie der Herzogthümer Holstein und Lauenburg des Fürstenthums Lübeck und des Gebiets der freien und Hanse-Städte Hamburg und Lübeck, Bd. I, S. 396, Oldenburg (in Holstein) 1855, 2. Auflage.

Abschrift aus der
Segeberger Amtsrechnung von 1525

Fuhlendorf_800d

Claues Wysschmann    iii m
Claues Stekemest     iii m
Koethener dareßulygest
Titke Hoegehues     iiii ß
Raethke Stoker         i m
Vulenndorpp
Henneke Verst        iii m
Tymme Henneke        iii m
Hinrick Oerth        iii m
Hinrick Verst        iii m
Tygges Becker        iii m
Marquart Runge       iii m
Hertych Verst        iii m
Henneke Tithkenn     iii m
Hertych Oerth        iii m
Dat Kerckgueth       iii m
Hyddesßhußenn
Tithke Dieck         iii m
Hinrick Schacht      iii m
Marquart Lindema(nn) iii m
Peter Bornemann      iii m
Sum(m) lateris xlix m iiii ß
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