Röstermundt: Johann Gottfried von Kielmannsegg

Max Röstermundt hat über den in Bad Bramstedt unliebsam bekannten Grafen von Kielmannsegg Details herausgefunden und am 24.11.1949 in den Bramstedter Nachrichten veröffentlicht, die in der Familienchronik derer von Kielmannsegg aus dem Jahr 1872 fast völlig fehlen. Sie werfen ein Schlaglicht auf die obskure Persönlichkeit dieses Vertreters der Familie. Das Buch aus Wien von 1910, auf das Röstermundt sich bezieht, nennt er leider als Quellangabe nicht näher, es könnte sich um die überarbeitete Fassung der Familienchronik zu handeln, die weniger verbreitet ist.

Johann Gottfried Graf von Kielmansegg

Die nachfolgenden Zeilen befassen sich mit der Persönlichkeit eines Mannes, der in der Geschichte des Fleckens Bramstedt eine unheilvolle Rolle zu spielen drohte. In einem 1910 in Wien herausgegebenen Buche ist über Kielmansegg ausführlich geschrieben worden. Aber in Kreisen hiesiger Leser durste von dem Inhalt kaum etwas bekannt geworden sei».

Durch Schenkungsurkunde vom 16. November 1633 übertrug Christian IV. an Wiebke Kruse das Gut Bramstedt zu Eigentum. Die Tochter, Gräfin Elisabeth Sophie Gyldenlöwe, verheiratete sich mit Claus von Ahlefeldt. Dieser Ehe entstammte eine 1650 geborene Tochter Christine, spätere Gattin des dänischen Obersten Claus von Oertzen. Die Ehe Christine von Oertzen wurde 1682 gelöst. Zwei Jahre später, 1684, heiratete sie Johann Gottfried von Kielmansegg. Sie war zu dieser Zeit im Besitze eines großen Vermögens, zu welchem das Gut Bramstedt und die Mühle und Gayen gehörten.

Der Vater von Johann Gottfried von Kielmansegg, Heinrich Gottfried wurde in Wien getauft, wird später als Hauptmann genannt, war in spanischen Diensten und daselbst spanischer Oberst und Kriegsrat geworden, 1683 auch zum kaiserlichen Rat ernannt. Er starb 1684. Seine Witwe lebte bis zu ihrem Tode (1701) in Lübeck.

Von Johann Gottfried von Kielmansegg selbst ist zunächst nur bekannt, daß er etwa 1675 gleichfalls in spanischen Diensten stand. 1683 war er Hauptmann in einem kaiserlichen Regiment. Er hatte seine Versetzung zur Artilleriewaffe beantragt. Da diesem Antrage nicht sogleich stattgegeben worden war, hatte er den kaiserlichen Dienst verlassen und war nach Holstein gegangen, um in das dänische Heer einzutreten. Obwohl katholisch, heiratete er 1684 Christine von Oertzen. Im Oktober 1685 wurde ihm der Kaufbrief über den verpfändeten Flecken angeboten und dieses Angebot mag ihn auf den Gedanken gebracht haben, den Flecken Bramstedt sich in gleicher Weise untertan zu machen, wie es bei dem Gute Bramstedt durch seine Verheiratung inzwischen bereits der Fall geworden war. Die weiteren Vorgänge sind uns seit Jahrzehnten hinreichend bekannt geworden. Noch im Dezember des gleichen Jahres (1685), also nach einer Zeit von rund zwei Monaten war der Kampf um die bedrohte Fleckensfreiheit beendet.

Was nun Kielmansegg selbst betraf, so war seiner Gattin der leichtfertige Charakter Kielmansegg bekannt geworden. Er hatte es darauf abgesehen, ihr Vermögen zu vergeuden. Indes schon 1686 gelang es ihr, von ihm ein Schriftstück unterschrieben zu bekommen, des Inhalts, daß er die Ehe für nicht rechtsgültig erklärte. 1695 verläßt er Dänemark und seine Gattin und zieht nach Wien. Dort vermählt er sich mit Anna Maria Franziska Huß von Floran. Am 9. November 1696 wird das Gut Bramstedt, aber ohne Mühle Und ohne Gayen an Johann Hugo von Lente verkauft. 1698 tritt Christine von Kielmansegg zum kath. Glauben über und übersiedelt 1699 nach Böhmen. Ihr ständiger Begleiter und Beschützer war der ehemalige russische General Johann Karl Freiherr von Diede zum Fuerstenstein.*) Nacheinander folgen nun Prozesse zwischen den geschiedenen Eheleuten Kielmansegg. In diesen Prozessen handelte es sich um die Ungültigkeit der Ehe, um Ansprüche Kielmansegg, die er an das Vermögen seiner früheren Gattin stellte, um Ansprüche gegenüber der Pacht aus der Bramstedter Mühle und um anderes mehr. Es handelte sich um Prozesse, die durch mancherlei Instanzen gingen und die zum Teil sogar großes Aufsehen erregten.
*) [Anmerkung Schadendorf, 2019: Neuere Forschungen zeigen, dass es kein „Diede zum Fürstenstein“ war, sondern „van Dieden, Herr zu Hurwenen“. u.a. Prozessakten, in denen er als Briefverfasser auftritt.]

Christine von Kielmansegg war vorübergehend in Wien. Kielmansegg forderte nun als gekränkter Gatte den General Diede. Dieser aber überfällt Kielmansegg aus einer Straße in Wien am 14. Januar 1700 und schießt ihm in den Arm. Diede wird verhaftet. Kielmansegg erhebt Klage mit der Begründung, daß Diede ihm seine rechtmäßige Gattin entführt und ihm in mörderischer Weise nach dem Leben getrachtet habe. Diede wird, nachdem drei Instanzen durchlaufen waren, zur Zahlung von 4500 fl. und in die Gerichtskosten verurteilt.

Christine von Kielmansegg hatte sich in Böhmen ein neues Gut gekauft. Auch diesetwegen kommt es zwischen den früheren Ehegatten zu einem Prozeß. Christine wendet sich an den Kaiser, indes wurde Johann Gottfried von Kielmansegg das Miteigentum an diesem Gute in Böhmen zugesprochen. Christine wendet sich abermals an den Kaiser. Sie habe 13 000 Gulden aus dem Verkaufe des Gutes Bramstedt erübrigt — alles übrige Vermögen habe ihr Gatte ihr verwirtschaftet — und dieses Geld habe sie zum Ankauf eines Gutes in Böhmen verwendet. Er selbst habe zu diesem Kaufe nicht einen Kreuzer hinzugesteuert. Obendrein habe er sowohl als auch seine in Lübeck wohnende Mutter ihnen anvertraute Wertgegenstände und Briefschaften — viele Tausende im Wert — ihr entfremdet. Gleichzeitig wandte sie sich an die Kgl. böhmische Hofkanzlei. Da sie einen Erfolg nicht hatte, richtete sie am 15. August 1701 ein weiteres Gesuch an den Kaiser. Kielmansegg habe ihr Vermögen durchgebracht, sie gröblich mißhandelt.

Die Tochter aus Christines erster Ehe, Charlotte Friederike von Oertzen hatte inzwischen (1700) den ungarischen Grafen Thomas Theodor von Schmidegg geheiratet. Damit waren Mühle und Gayen in das Eigentum der Angehörigen dieses Geschlechts gekommen.

1707 erneuerte Johann Gottfried von Kielmansegg seinen Prozeß mit seiner geschiedenen Gattin. Er veröffentlichte eine diesbezügliche Druckschrift. Aber auch Christine reiste zum Reichskammergericht und ließ eine Gegenschrift drucken. Nochmals erhebt sie schwere Anklage. Ihr früherer Gatte und seine Mutter hätten ihr Gelder und Kostbarkeiten im Werte von 40000 fl. entwendet. Obgleich sie ihm ihre ganze Habe testiert habe, hätte sie in ihrer Ehe kaum das nackte Leben fristen können. Sie sei imstande, ihrem Gatten 30 Kriminalverbrechen nachzuweisen. Als er sie heiratete, habe er schon eine Frau gehabt, die nach seiner Ankunft in Friedrlchstadt ein Kind geboren habe. Er habe „bei allen Teufeln“ geschworen, daß er nie mit Christine vermählt gewesen sei. Auf diese schweren Beschuldigungen hat Kielmansegg nicht mehr geantwortet. Kielmansegg verlangte aber, daß der Pächter der Bramstedter Mühle die jährliche Pacht von 460 Thalern an ihn zahle, da er noch eine Forderung von 6000 Gulden habe.   .

1711 reichte Kielmansegg noch einmal eine Klage gegen seine frühere Gattin auf Schadenersatz von 6000 Gulden ein, wurde aber abgewiesen. 1712, 1715, 1717 und 1723 folgten wegen der Pacht der Bramstedter Mühle weitere Prozesse.

Christine von Kielmansegg, die mit dem General von Diede noch verheiratet gewesen sein soll, verstarb 1729 im Alter von fast 80 Jahren.

Kielmansegg selbst lebte auf einem Gute seiner Frau geborenen Huß von Florian. Die bisherigen Eigentümer dieses Gutes hatten die Steuern nicht entrichtet. Kielmansegg und seine Gattin erklärten sich zur Uebernahme dieser Steuern bereit. Seine Gattin bekam daraufhin das Gut. Als aber die rückständigen Steuern bezahlt werden sollten, verweigerte Kielmansegg die Zahlung. Prozesse waren die Folge.

Am 22. Mai 1724 verstarb Johann Gottfried von Kielmannsegg. Damit hatte das Leben eines Mannes ein Ende gefunden, der nicht nur nach den Aufzeichnungen Fuhlendorfs ein gewalttätiger Mensch gewesen war, sondern nach den Angaben seiner eigenen früheren Gattin ein Verschwender und sogar ein Verbrecher gewesen war. Gegenüber einem solchen Manne haste sich der damalige Flecken Bramstedt durchzusetzen. Es wäre interessant genug, noch zu erfahren, wie seine eigene Gattin über das unrechtmäßige und gewalttätige Verhalten ihres Mannes gegenüber dem Flecken geurteilt haben mag. Auch darüber mögen Aufzeichnungen noch zu finden sein. Sie würden als Beitrag zur Darstellung der Begebenheiten des Jahres 1685 gleichfalls wertvoll sein.

Max Röstermundt

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