Lexika: Hinrich Wrage – Maler aus Hitzhusen

M_KircheInnen360Im Jahre 1843 wurde in Hitzhusen Hinrich Wrage geboren, der später als Maler bekannt wurde und als einer der wesentlichen Vertreter der Freiluftmalerei des letzten Drittels des 19. Jahrhunderts gilt und dabei in seinen atmosphärischen Gemälden den besonderen Reiz schleswig-holsteinischer Landschaften von der Westküste (insbesondere Sylt) bis Ostholstein zum Ausdruck brachten.
Er malte im Jahre 1879 für die Bramstedter Kirche (seine Taufkirche) ein Altargemälde (s. nebenste- henden Abdruck einer Postkarte von ca. 1900), das heute den Saal des Gemeindehauses schmückt.
Pastor Hümpel entdeckte später (1907) den ürsprünglichen Altar aus dem 14. Jahrhundert auf dem Dachboden der Kirche und wußte dessen Wert einzuschätzen. Dieser wurde restauriert und fand zunächst einen Platz an einer Seitenwand bis er schließlich das Bild Wrages ersetzte.

Wrages Schaffen findet gerade in den letzten Jahren eine neue Würdigung. Im Verlage Boyens, Heide, erschien im November 2005:
Ulrich Schulte-Wülwer: Künstlerinsel Sylt
336 Seiten, 251 größtenteils farbige Abbildungen
Leinen mit Schutzumschlag, Format: 29,7 x 24,5 cm
€ [D] 34,-/sFr 56,40
ISBN 3-8042-1171-2

Der Siegeszug der Freilichtmalerei führte um 1875 zur künstlerischen Entdeckung der Insel Sylt, die für Künstler und großstadtmüde Erholungssuchende zu einem Inbegriff einer unberührten Natur wurde. Der erste Impuls ging von den schleswig-holsteinischen Künstlern
Hans-Peter Feddersen und Hinrich Wrage und den Akademieprofessoren Eugen Dücker und Eugen Bracht aus, die aus Düsseldorf und Berlin ganze Schülergenerationen zu einem Besuch der Insel anregten.Wachsende Abneigung gegen das Leben in den Großstädten veranlaßten die Expressionisten Emil Nolde, Otto Mueller und Erich Heckel, auf Sylt zu malen…….


siehe auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Hinrich_Wrage


 

Über Wrages Leben gibt es folgende Abhandlung eines Zeitgenossen über ihn:

EIN URTEIL ÜBER DEN MALER HINRICH WRAGE +

Dr. Wilhelm von Busch, Oldenburg,
schreibt 1910 über die Ausstellung in Gremsmühlen:

Die Unterschrift H. Wrage erinnerte mich an Waldbilder vom Keller- und Dieksee, die der Oldenburger Kunstverein vor Jahren im Augusteum ausgestellt hatte. Mich zog der Name an und das herbe, aufrichtige Verhältnis zur Natur, das ich seinerseits in den Werken des Gremsmühlener Malers sympathisch durchgefühlt hatte. Ein himmelhohes Atelier mit den prächtigsten Bildern nahm mich ganz in Anspruch. Die Geheimnisse des tiefen holsteinischen Buchenwaldes, der Zauber der baumbekränzten dunklen Seespiegel, die weltverlassene Einsamkeit der Bergmoore, die scharfe Luft an den meerumbrandeten Nordseeinseldünen, die Schauer der grauen Vorzeit an Hünensteinen, all das schaut dort auf hundert großen Leinwandtafeln von der Wand, in einer Technik, fast zu gediegen und kraftvoll für den Geschmack der Gegenwart, ohne je in Manier oder verdrängerische Absicht zu verfallen, mit einer unbestechlichen Ehrlichkeit der Natur in hingebender Liebe abgelauscht. Der Buchenstamm, den Wrage malt, hat Kern und Kraft, sein Sonnenschein leuchtet mit warmem Scheine, und seine Meerwellen strömen förmlich salzigen Seeduft aus. Es ist eine Kunst, von den Modewandlungen der letzten Jahrzehnte unberührt, die nur darauf ausgeht, die großen Eindrücke der Natur treu und rein widerzuspiegeln und sich durch eine hochgerichtete Kunst davon zu befreien.wrage_91_AdPpHJZw_2_0

Dann lernte ich auch den Künstler selber kennen, keinen Kraftmenschen, wie man nach dem markigen Gehalt seiner Bilder denken sollte, sondern, das Herz tat mir weh, eine zarte Figur mit traurig verkrüppelten Beinen und einem feinen ergrauten Künstlerkopfe, dessen Augen aber in jugendlichem Feuer und voll Idealität in die Welt schauen. In seinem interessanten, von angestrengter Arbeit zeugendem Privatatelier hörte ich seine Geschichte.

Aufgewachsen in einem kleinen holsteinischen Dorfe, Hitzhusen, als Sohn eines schmalen Eigners, lebt er – 1843 geboren – als kerngesunder Junge das Leben eines frischen Bauernburschen. Im Winter einige Stunden Schule, sonst Arbeit im Hause, im Sommer Viehhüten von Sonnenaufgang bis -untergang. Im zwölften Jahre zieht er sich eine Erkältung zu, die Füße schwellen an, der zu spät hinzugezogene Arzt behandelt das Leiden wohl falsch, jedenfalls verkrüppeln die Beine vollständig (handschriftlich korrigiert in: bleibt ein Bein kürzer),  und vier lange Jahre muß der arme Junge das Bett hüten. Ein Martyrium für ein Kind, das gewohnt war, Feld und Wald als seinen Spielplatz zu betrachten. Jede Unterhaltung ist ihm recht, und sein liebster Freund wird der alte Schäfer, der jeden Abend bei ihm einkehrt und ihm seltsame Geschichten erzählt. Eines Tages bringt er ihm ein Zeichenbuch mit allerhand Figuren, die er frohbeglückt anschaut. Moder, dat kann ick ok, meint er, läßt sich Papier und Stift geben und zeichnet zur Verwunderung seiner Umgebung alles getreulich nach.

Der Pastor bringt ihm eine Kinderfibel mit den seltsamsten bunten Zeichnungen, so kompliziert, wie man sie heute keinem Kinde in die Hand geben würde. Der Kranke wendet einen ganzen Winter (1858, 15 Jahre alt) daran, um sie vollständig mit Schrift und Druck zu kopieren. Mit Rührung habe ich das vergilbte Heft betrachtet, in dem ein kaum noch für möglich gehaltener Fleiß sich mit minutiöser Treue betätigt hat.

Der unglückliche Knabe.(handschriftlich ergänzt: erst) schwer an Stöcken gehend, wurde nach Kiel zu einem Porzellanmaler in die Lehre getan, konnte aber schon als Lehrling viel mehr als sein Meister. In der Gewerbeschule lernte er die ersten Grundlagen seiner späteren Lebensbeschäftigung und reiche Hamburger Kunstfreunde ermöglichten sein Studium in Düsseldorf, wo er ein Lieblingsschüler des verstorbenen Oswald Achenbach wurde. 1871 ging er mit seinem Freunde, Professor Hagen, nach Weimar. In München war er Gussows Meisterschüler, in Berlin auf der Akademie ließ er sich von Hertel leiten. An mehreren weiten Reisen lernte er die malerischen Schönheiten Deutschlands und Italiens kennen. Aber die Sehnsucht seiner Jugend zog ihn 1879 aufs Land zurück. Ein Häuschen am Dieksee, in dem damals noch ganz unbekannten und wenig besuchten Gremsmühlen, erwarb er sich und begründete hier eine Malschule. Nun hat H. Wrage seine Schule längst aufgegeben. Im Museum in (handschriftlich ergänzt: Berlin, Hamburg) Kiel und in Rostock, im Hamburger und Lübecker Privatbesitz befinden sich viele seiner Bilder. Die bronzene Medaille erwarb er sich auf der Ausstellung in Oldenburg 1885.

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