SH-Prov. Ber.: Die Kiefer zu Wiemersdorf

In den Schleswig -Holsteinischen Provinzialberichten 1791 erschien ein Artikel, der sich sehr weitschweifig in Form eines Zwiegespräches mit der Anpflanzung von Kiefern-wäldern in der kargen Mittel-Holsteinischen Landschaft befasst.
Genannt wird der Artikel „Die Kiefer von zu Wiemersdorf“ und gibt Einblicke in das Aussehen der hiesigen Landschaft Ende des 18. Jahrhunderts. Orthograsphie habe ich aus Origuinalartikel übernommen.

Fünften Jahrgangs erster Band.  Drittes Heft.

Die Kiefer zu Wiemersdorf

Fragment eines Gesprächs auf einer Reise im Vaterlande. . ,

Sieh da eine Kiefer! — rief ich auf einer neulichen Fahrt im Vaterlande mit einer freudigen Verwunderung meinem Gefährten. Schon einige Minuten zuvor war bei dem fernen Anblik ihres Wipfels meine Aufmerksamkeit erwacht. Mein Gefährte, ein Fremdling im Lande, sas ruhig zurükgelehnt, bis ich ihn durch eine ziemlich fühlbare Berührung mit der Rechten, durch mein Hervorrükken und meinen Ausruf aus seinen stillen Betrachtungen wekte.

“ Eine Kiefer? “ — erwiederte er befremdet und sah mir aufgerichtet ins Gesicht. „Wie kan eine einzeln stehende Kiefer dich in ein Staunen versezen, das mir daheim im Sachsenlande der Anblik ganzer Kieferwälder nicht verursachte?“

Darin liegt grade die Ursache unsrer verschiedenen Stimmung, war meine Antwort. Hast du auf all unsern Fahrten in Holstein und jenseits der Eider schon einen Kiehnwald gesehen, und aus unserm gestrigen und heutigen Wege noch eine einzige Kiefer gefunden? Kan dichs befremden, wenn der Freund des Waldes und seines Vaterlandes bei solcher Seltenheit staunt — bei einem Baume, der doch einer der nuzbarsten in deinem Vaterlande ist, und um der zahllosen Erzeugnisse willen, die er unsern Landsleuten zur See wie zu Lande darbieten könte, leicht einer der kulturwürdigsten in Holstein sein dürfte? — Erinre dich der weiten Ebenen die wir auf der Harxheide durchirrten, der öden Fahrt über die Segeberger Heide, als wir sie neulich von Barmstedt nach Bramstedt, gleich nach dem baumreichen und schattigten Wege durch die Grafschaft Ranzau, erreichten. Denk nur an jene Sandwüsten unweit Horst, an die baumleere Steppe vor Itzehoe, an den traurigen Kontrast, den sie uns gegen die kurz zuvor verlassenen Marschgefilde darstellen. Weisst du noch wie langweilig und ermüdend uns die Einöde zwischen Schleswig und Flensburg war. Erneuere dir nur, wenn dirs behaglich ist, die Bilder der einzelnen zerstreuten Strecken, die wir auf so mancher Fahrt, nahe und ferne, sahen und wie oft bald die brennenden Sonnenstralen, bald die unaufgehaltenen Westwinde uns den Wunsch abnöthigten, daß wir doch die weiten leeren Raume, die so ungenuzt, oder doch so wenig ergiebig, sich zu beiden Seiten ausdehnten, in Wälder umschaffen könten.

„Freilich wol hätte ichs errathen können, daß du dich patriotischen Phantasien überlassen und über schöpferischen Planen brütetest. Aber dein Ausruf war mir gar zu überraschend. — Du meinst also, wie ich merke, die Kiefer wäre recht der Baum für jene Heiden und Sandwüsten.“

Recht der Baum dafür und recht der Baum für unsern Mangel. Sandflächen und Heiden sind grade seine Heimath, seine liebste Wohnstäte. So trafen wir sie ja im Altenburgischen, so um Wittenberg und Dessau, so im ganzen Brandenburgischen, in Meklenburg, Lüneburg — überall erschien uns die Kiefer, mehr noch als die Birke, als das Gewächs, das die Natur sandigten Gegenden bestimte.

„Und wie kömt es denn, daß wir nur in Holstein und Schleswig, deren Mitte, so weit ich beide Länder kenne, ein fast ununterbrochener Sandrükken dekt, nirgend weder alte noch junge Kiehnheiden *), nicht mal einzelne Bäume trafen.“

Mögen die alten durch Verwüstung unserer Vorältern ausgerottet sein; denn gewis waren sie einst. Daß aber nicht junge Dikkichte rund um uns grünen, die weiten Ebenen verschönern Und durch frohes Emporstreben dem Reisenden den anmuthigen Anblik des Segens für Söhne und Enkel gewähren; daß nicht der einheimische Wanderer in ihnen das Bild der einst verwandelten Heimath, des bessern Auskommens, des allgemeinen Wohlstandes vergegenwärtiget sieht — das dächte ich wäre unsre Schuld.

„Du Zeichnest deinen Landsleuten ein Bild von einem Baume und den Folgen seines Anbaues das wahrlich sehr anziehend ist. Verschönerung ihrer Heimath, Besserung des Auskommens, allgemeinerer Wohlstand — grosse Verheissungen von der Kultur einer einzigen Holzart. Die Kieler ist freilich auch in Sachsen hin und wieder ein sehr geschäzter Baum. Manches Walddörfchen im Holzlande hat alle seinen Betrieb und sein Gewerbe von ihr; gewint von Holzfuhrem und Holzhandel, von Theer und Kien und Kienrus alle seine Baarschaft.“

Und aus denselben Gründen, meine ich, sei auch der Baum für unsern Bedarf; aus den nämlichen Gründen behaupte ich, er sei es wehr noch als für den eurigen.

*) Kiehnheide nennt man bekantlich in bet Mark und in unsern Ländern die Kieferwaldungen

Nicht zu gedenken, daß wir weit mehr Sand und Heide haben als ihr; -— wir sind Schifbauer und Seefahrende und das seid ihr nicht. Die mancherlei Materialien zum Bau und zu unzähligen Handthierungen, die Blöcke und Balken, die Säulen und Pfähle, die Bohlen und Bretter, die Sparren und Ständer und Latten würde sie uns liefern wie euch ; zu Fusböden, Tischblättern und Rahmen, zu Schränken und Kisten, und fast zu allem täglichen Geräthe unsern Tischlern wie den eurigen ein vorzüglich nuzbares Holz bieten; ihre Vortheile für Böttcher, ihr hellflammendes und leichtheizendes Brennholz, Kienspane, Kienöl und Kienrus und all ihre Produkte würden unsern Landsleuten wie deinen sehr willkommen sein. Aber sieh einmal auf einen Hauptgegenstand unsers Gewerbes, unsre Schiffahrt, und bedenke was Masten, Theer und Pech, die sie besser und reichlicher als irgend einer der gewöhnlichen Nadelbäume liefert, bei unserer Lage für wesentliche Arti kel sind. Musst du mir nicht beistimmen, daß Kieferwälder für uns noch fast unentbehrlicher sind, wenigstens noch von ausgedehnterer Nuzbarkeit sein würden als für eure Gegenden. Denke ich mir unsre Sandflächen und Heiden mit jungen Dikkichten bestanden, da sehe ich zugleich neue Walddörfchen werden und in denselben die rege Thätigkeit eines Holzlandes, die Theerschwelereien und Pechöfen, das lebhafte Verkehr mit allen natürlichen und künstlichen Walderzeugnissen; ich sehe neue Nahrungswege entstehen und neuen Zuwachs zu unserer Bevölkerung.

„Deine Gründe überzeugen mich von der Wichtigkeit dieses Kulturzweiges für dein Vaterland. Ihr habt den Raum und den Boden für die Kiefer und, ich mögte fast sagen, ich begreife nicht wie ihr sie so lange entbehren kontet.“

Wie alles was man selbst erzielen könte und von Fremden kauft. Wir lassen uns von Schweden und Preussen damit versorgen. Wie bedeutend dafür unsre Geldausgabe Jahr aus Jahr ein, sein müsse, wirst du dich leicht überzeugen. Ohne Uebertreibung lässt sich Wol annehmen, es sei kein Dorf im Lande, das nicht jährlich einige Balken und Bretter und Sparren leicht für zehn Reichsthaler an föhren Holz *) kaufe. Wenn wir auch hin und wieder ein Dorf zu hoch angesezt haben, so kommen dagegen die vielen Bauten in Städten und auf Gütern in Anschlag und unsre Durchschnittsrechnung dürfte schwerlich übertrieben sein.

„Die vielen Holzhändler die ich hin und wieder in euren Städten bemerkte und ihr Wohlstand bestätigen deine Vermuthung. Die ersten Kulturauslagen würden sich, glaube ich, reichlich verzinsen**).“

Ohne Zweifel. Aller Anfang ist schwer. Allein wer wollte die Schwierigkeit scheuen, wo Nothdurft so laut auffordert und das Gelingen überall so sicher ist. Aber theilweise beginne man, breite sich nur nach und nach weiter aus und der Sieg über alle Hindernisse ist entschieden.

„Den schwersten Kampf würden euch wol eure Westwinde auf den weiten flüchtigen Ebenen verursachen. Auf den grossen Sandstrekken mögten sie wenigstens die Arbeit erschweren. Denn was die Heiden betrift, so sahen wir ja im Lüneburgischen auf gleichem Grunde die schönsten Dikkichte durch menschlichen Fleis grünen.“

*) Die Före oder die Kiefer (Pinus Silvestris L.) ist bekantlich einer und derselbe Baum.

**) Es wäre wol einmal einer Berechnung werth, wäre sie auch nur nach den Zollangaben gemacht, wie viel allein die Herzogthümer jährlich für Förenholz dem Auslande zahlen. Sie wurde de» Werth einer solchen Kulturunternehmung einleuchtender vielleicht als jede allgemeine Warnung darthun.

Freilich sind die Abendwinde die Widersacher unserer Holzzucht und auf den Sandschollen will das Geschäft eifrig und unverdrossen betrieben sein. Aber menschlicher Fleis und treue Beharrlichkeit haben ganz andre Hindernisse bekämpft, viel grössere Schwierigkeiten besiegt. Ueberhaupt ist die Kiefersat bei allen Hindernissen nicht so schwürig, wenn sie nur im Kleinen begonnen und allmählig ausgeführt wird. Es lassen sich somannichfaltige Schuzwehren anwenden, daß auch die freiste Ebene zur Gnüge gedekt wird. Diese wie die Vorbereitung sind freilich örtlich verschieden. Wo die Sandscholle nur mit Mühe durch Sandgewächse oder künstliche Mittel gebunden ist, da darf freilich weder Pflug noch Hakke die befestigte Oberfläche berühren. Selbst die Egge lasst sich nicht immer anwenden. Bald wählt man die Zapfen zur Aussat und gewint auf den leichten Sandfeldern von ihnen einige Bedekkung; bald verdient die reine Samensat den Vorzug und wird mit Deksträuchen gegen die gewöhnlichsten Nachtheile verwahrt. Oft können nur alle diese Mittel, Windzäune, und Zapfen und Deksträuche vereinigt, das Gelingen bewirken. Aber dann lässt es sich auch fast unter allen Umstanden, ich möchte sagen, erzwingen. Denke dir einmal eine weitausgedehnte Sandfläche, frei und ungeschüzt von allen Himmelsgegenden. Daß sie, wenn sie flüchtig wäre, erst zu befestigen sei, versteht sich und unser Landsmann Viborg hat uns dazu die unfehlbarsten Mittel gelehrt. Wir denken sie uns also gedämpft. Aber auf dem weilen Raume, mögest du mir einwenden, könte unser Same leicht ein Spiel der Winde werden. Nun wir wollen den Raum theilen um ihn zu überwältigen. Las uns einmal zehn gleiche Theile machen und jedes Zehntheil wieder in eben so viel Theile zergliedern. Jegliche der ersteren grösseren Ablheilungen werde mit eine Graben umschlossen, die Erde vorwärts aufgeworfen, der Aufwurf mit Rasen und Sträuchern zu beiden Seiten dicht belegt, oben drauf ein dichter Zaun gemacht und dieser von der Morgenseite gestüzt. Es wäre arg wenn ein solcher Windzaun nicht helfen, nicht den schmalen Streifen der zunächst hinter ihm fortläuft dekken sollte. Wird nun von jeglicher Abtheilung dieser schmale zehnte Theil, der dicht längs dem westlichen Erdwalle liegt mit Zapfen dikke besät, mit Sträuchern gedekt, so dürfen wir dem Gelingen, ich glaube unbesorgt, entgegen sehen. Wenn nun nach Jahren dieser Strich fest bewurzelt als ein fröhliches Dikkicht dem Winde trozen und selbst schon den nächsten Streifen neben ihm schüzen kan, würde die Arbeit fortgesezt. Man bestreut auch diesen Streifen mit Zapfen, dekt ihn mit Sträuchern und kan allmählig mit dem folgenden schon rascher fortfahren. — Ich habe zwar die Sache nicht versucht, aber mir schien dieses Verfahren, das ein praktischer Forstmann seinen Landsleuten in der Kurmark empfohlen, sehr ausführbar und zum Zwekke führend*).

„Freilich etwas umständlich und mühsam, daß wir wol Ursache haben um Geduld, um Beharrlichkeit und Ausdauer den Beförderer alles Guten zu bitten, daß nicht Mühe und Kost zu Grunde gehen!“

Die in Eiderstedt gebräuchlichen Sandstoben, deren Verfertigung uns Viborg **) beschreibt, erfordern nicht weniger Geduld; unsere Landsleute an der Westküste müssen bei ihrem kostbaren Deichbau die Geduld wol in gleichem Maasse üben. Auch habe ich dir nur

*) S. Geschichte der kurmärkischey Forsten und deren Bewirthschaftung nebst einer Anleitung wie sie hätten behandelt werden müssen von C. F. K. – (Berlin 1789) S. 70 ff.
**) Erich Viborg Beschreibung der Sandqewächse und ihrer Anwendung zur Hemmung des Flugsandes auf der Küste von Jütland. Kopenhagen 1789 S. 41 ff.

einen der schwürigen Falle angeführt. Der leichtern sind mehrere. Überhaupt haben wir ja auch in diesem Zweige des menschlichen Fleisses schon mehr als ein Beispiel zur Aufmunterung vor uns und mehr als eine Anleitung, der wir fast buchstäblich folgen können*). Nur wollen und treulich beharren!

„Du magst wol recht haben; aber ich mus dir aufrichtig bekennen — deine Kiehnheiden nicht zu verachten — ich ehre mir die Buchen und ehrwürdigen Eichen und würde sie nicht von deinen Kiefern verdrängen lassen.“

Bewahre der Himmel. Wir wollen keinem nuzbaren. Gewächse seine Stelle rauben und besonders die alten Ueberreste unserer Wälder schonen und ihren Aufschlag pflegen. Daß wir Blössen und kahle Strekken urbar machen — wäre es auch unweit deiner Eichen und Buchen, — würde dir doch nicht entgegen sein. Der Freund des Waldes und der Natur ehret sie beide und findet in den Nadelwäldern wie in den Laubhölzern eigene Reize, in beiden die ädelsten Freuden in reicher Fülle gespendet. Erinnerst du dich wie wir im vorigen Sommer so manche Stunde in Nadelwäldern lustwandelten, ihren erquikkenden Balsam athmeten, hier dem Flimmern eines Meilers nachspürten, dort einen Pechofen witterten und spät am Abend erst unser« Rükweg

*) Ausser den grössern dekanten Büchern dürfte, besonders folgende kleine Schriften dir Aufmerksamkeit unsrer Landsleute verdienen.
Vorschläge zur Verbesserung der Kiefernholzsat. Zum Unterricht für Forstleute. Berlin und Stettin 1785 und
D.
C. Kunzen Anweisung zum Anbau des Nadelholzes besonders auf Gegenden gerichtet, wo Heide oder ein solcher Boden vorhanden ist, welcher den Anbau anderer Holzarten nicht mit Nuzen verstattet. Detmold unk Meyenberg 1788.

nach der Flamme des Hohofens richteten und dem Pochen der Eisenhammer, dem Lärmen der Schneidemühlen in unserm Walddörfchen uns näherten. Der Mensch lebt freilich im Walde überhaupt freier von mancherlei körperlichen und sittlichen Gebrechen, die das schöne Zubehör seiner gepriesenen Kultur zu sein scheinen. Aber den Nadelwäldern werden neuerlich noch besondere Heilkräfte zugeschrieben. Und auch von der Seite mögte ich ihre Kultur in unsern unabsehlich weiten von Sonnenstrahlen und Winden ausgedörrten Ebenen anpreisen. Ich erinnere mich einer Bemerkung, die ich in Schöpfs Reisen gefunden, daß die Bewohner der Nadelwälder in Nordkarolina ihre bessere Gesundheit vor ihren Landsleuten an der freien und mit vielen Sümpfen versehenen Küste, der wohlthätigen Wirkung des Pech und Theergeruchs den sie fast immer einathmen, und überhaupt den flüchtigen und balsamischen Ausdünstungen des Nadelholzes zuschreiben *). Aber wie gesagt, bei all den einleuchtenden Vortheilen der vorgeschlagenen Kultur wollen wir nicht Buchen und Eichen ausrotten um sie zu begünstigen. Sie würde auch

*) Eine ähnliche Thatsache erzählt Volney. Im Sommer ist der Auffenthalt zu Bairout wegen der Hize und des lauen Wassers sehr unangenehm ; unterdessen ist er doch nicht unaesund. Man sagt, daß er es ehedem war, seit der Zeit sich aber verändert habe, da der Emir Fakr- el-dir einen Tannenwald anpflanzte, der noch bis jezt eine französische Meile von der Stadt gegen Süden existirt. Die Mönche von Marbana, die zwar keine systematische Naturkundiger sind, haben doch das nämliche bei verschiedene Klöstern bemerkt. Sie versichern sogar, daß seitdem die Gipfel mit Tannen bedekt sind, verschiedene Quellen gesünderes und häufigeres Wasser haben: welches mit andern schon bekanten Thatsachen übereinkömt. Volney Reisen nach Syrien, l, S. 140.

wenig daher gewinnen, wenigstens kan sie des bessern Bodens gern entbehren. Mag der Holsteiner die Aedeltanne wählen, wo es sein Erdreich genehmigt; oder die schnellwüchsige Lerche; oder die schlanke Weymouthskiefer aus der neuen Welt einheimisch machen, wenn er es nicht sichrer achtet, erst mit unsrer gemeinen Kiefer untermischt ihren Anbau zu versuchen um sie seinem Vaterlande zuzueignen. *) — Wir wollen nur Wüsten urbar machen und in Holzland verwandeln, daß es unsre Enkel uns Dank wissen.

„Auch von unsern Zeitgenossen würden wir ihn, glaube ich, verdienen. Der Gedanke die Erde zu verschönern ist zu hinreissend und das Geschäfte selbst macht einen so würdigen Theil unserer Bestimmung aus, daß auch dem Unempfindlichsten jegliches sichtbare Streben zu diesem Zwekke ein erfreuliches Schauspiel gewähren mus. Wer könte dir ein kalter Zuschauer bleiben, wenn du, als Anbauer mit adelm Troze dem Winde deine Schuzwehr entgegenbautest, deine Erdwälle mit grünen Rasen dektest; wer würde sich nicht mit dem Säemanne freuen, wenn du sicher hinter der Vormauer deinen Samen streutest. Ich bin es gewis, und mögte es dir mit meinem Menschengefühle verbürgen, daß der Nachbar wie der Fremdling deiner neuen Kultur mit warmer Theilnahme zusehen und Segen und Gedeihen für deine Sat herabflehen würde.“

Deine Empfänglichkeit für meine Plane war oft schon der Magnet der mich fester an sie hinanzog. Viel, leicht daß einzelne wenigstens unter meinen Landsleuten gleicher Wärme fähig wären.

*) Wangenheim räth bei der Anzucht der Weymouchskiefer tm Grossen, zuvörderst zur Ersparung der Kosten, mit einem oder zwei Pfund ihres Samens sechs bis sieben Pfund gemeinen Kiefersamen untermengt auszutreuen. — S. dessen Beitrag zur deutschen Holzgerechten Forstwissenschaft S. 5.

 „Wie wäre es anders möglich. Hier ist ja durchaus von keiner Einbusse, einzig von neuen Vortheilen die Rede, So wie wir sie vor uns sehen, die unwirthbaren Oeden scheinen sie fast ausser dem Bezirke der Schöpfung zu liegen und keiner lebenden Kreatur ihr Futter zu bieten.“

Doch nur durch menschliche Versäumnis. Einst grünten vielleicht auch hier trefliche Gefilde, wuchsen hier dicht geschlossene Wälder umher, bis die verwüstende Hand des Menschen sie versengte, eine Weile noch die Frucht des kraftvollen Bodens entgegennahm und dann, unlustig und träge ihn weiter zu bauen, der Verwilderung Preis gab. Mag die alles belebende Natur unter ihren zahllosen Geschöpfen auch der Sandscholle ihre eigene Bewohner angewiesen haben; mögen die Heiden Schafe und Bienen speisen und Streu und Brennmittel dem armseligen Käthener gewähren; gewis sind sie einer höhern Stufe der Verädlung fähig und der Mensch ist berufen durch schöpferische Hand sie mit den ädleren Erzeugnissen zu bekleiden. Immer war mirs, wenn mein Weg mich über diese Einöden hinführte, als erkante ich diesen Wink der Natur, Sie deuchten mir dann minder unlustig. Ich übersah in ihnen ein weites Feld für die menschliche Wirksamkeit. Er drängte sich in mir der Wunsch, die Hand zu bieten zu dem ädeln Geschäfte, Mitarbeiter an dem grossen Plane des Schöpfers zu sein.

„Ich stimme dir bei; du hast mich ausgesöhnt, mit den Sandschollen. Neben dem Wunsche, der Eigenthümer eines Wäldchens zu sein, darin zu säen und zu pflanzen und seines Gedeihens zu warten, dem Wunsche, den du so oft in mir anfachtest , hast du nun auch den rege gemacht, eine Sand- oder Heidestrekke in der Nähe zu besizen und durch das Werk meiner Hände neue und schönere Gestalten hervorzurufen. Meinen Schafen und Bienen wollte ich doch schon Nahrung verschaffen und Streu und Brennmittel auf andere Weise gewinnen.“

Du köntest ohne Sorge sein. Keine der jezigen Nuzungen ist von der Art, daß nicht die bessere Kultur sie erseze und soft jede würde auch reichlicher auf den verwandelten Grundflächen statt finden. Die Eigenthümer der Kornfelder, die wir gestern durchwanderten, die ich vor nicht langen Jahren noch als Wüsten kante, werden sich schwerlich in die Zeit zurüksehnen als ihre Grundstükke noch Heiden waren. Wie viel sahen wir nicht urbargemachtes Land und freuten uns der sichtbaren Fortschritte des Fleisses. Der Boden war dort freilich wol besser gewartet. Aber eben weil jene Oeden untauglich scheinen für die zärtlichern Getraidepflanzen wollen wir ihn den genügsamern wilden Holzgewächsen bestimmen.

Wir waren unter diesem Gespräche fortgerollt, daß wir kaum das Dörfchen hinter uns noch erkanten.

„Wie hies das Dorf, Schwager, hinter uns, das wir zulezt paßirten — fragte mein Gefährte.“ — Wiemersdorf erwiederte er. — „Also die Kiefer zu Wiemersdorf! Wenn wir wieder die Strasse kommen ein mehreres.“

Oder, wenn wir wieder unwirthbare Oeden durchirren, erinnern wir uns der Kiefer zu Wiemersdorf.

N.

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