Schadendorf: Bewerbungsrede Heinz Wedde zum Bürgermeister 1976

Unser ehemaliger Bürgermeister Heinz Wedde gab mir vor geraumer Zeit diverse Unterlagen aus seinen Archivalien zu meiner Verwendung.
Dabei war seine Rede vor der Stadtverordnetenversammlung (damals wurde der Bürgermeister noch nicht direkt gewählt) am 8.11.1976.
Erstaunlich wieviel dieser Rede noch heute gehalten werden könnte und welche Punklte (noch) nicht umgesetzt wurden.
Ihm verdanken wir u.a. maßgeblich den Erhalt des Ensembles „Im Winkel“. Schade, dass ihm seine eigene Partei (CDU) keine Zeit ließ, seine Pläne umzusetzen. Er hatte sich mit den „Großkopferten“ (wie die Bayern sagen) anlegt  – das kostete den Job!

Wedde

 

Kurzreferat Bürgermeister Wedde 8.11.1976

Vorstellung als Bürgermeister-Bewerber in der Stadt Bad Bramstedt;

„Aufgaben eines Bürgermeisters in einer Stadt wie BB“

Herr Bürgervorsteher, meine Damen und Herren!

Zunächst möchte ich Ihnen dafür danken, daß Sie mir heute Gelegenheit geben, mich als Bewerber um das Bürgermeisteramt Ihrer Stadt vorzustellen.

Lassen Sie mich eingangs ein paar Worte zu meiner Person sagen.
Mein Name ist Heinz Wedde, ich bin 37 Jahre alt und geborener Kieler. Ich bin „noch“ ledig, aber werde dieses bald ändern.

Ich bin gelernter Verwaltungsbeamter und habe nach meiner Schulzeit die Ausbildung im Dienst des Landes begonnen. Dazu gehörte eine Verwaltungslehre und eine anschließende Anwärterzeit von drei Jahren, die ich 1962 mit der Inspektorprüfung abschloß.

Danach schied ich aus dem Landesdienst aus und bin seit April 1962 bei mehreren Kommunalverwaltungen tätig gewesen.

Den Schritt vom Land in die Kommune habe ich bislang nicht zu bereuen brauchen – im Gegenteil, mir machte die Arbeit unten an der Front im Vergleich zum Dienst in der Landesverwaltung stets mehr Freude. Dabei haben mir die gute Ausbildung beim Land und noch mehr die zahlreichen Kontakte zu den ehemaligen Vorgesetzten und Kollegen im Landesdienst sehr geholfen, schwierige Fragen zu lösen oder die Quellen zur Finanzierung von kommunalen Baumaßnahmen zu entdecken.

Sie wissen, wie schwierig gerade dieses Alltagsgeschäft in der kommunalen Politik ist und wie hilfreich dabei persönliche Kontakte sein können.

Ich erwähnte bereits, daß ich in mehreren Kommunalverwaltungen tätig war. Das waren in der zeitlichen Reihenfolge die

  • Gemeinde Altenholz am nördlichen Stadtrand von Kiel,
  • das Amt Probstei-West ebenfalls in der Nähe Kiels,
  • die Stadt Glücksburg,
  • das Amt Oeversee im Kreis Flensburg – Schleswig- und
  • die Gemeinde Ahrensbök im Kreis Ostholstein.

Dort bin ich seit 1972 – also nahezu fünf Jahre – hauptamtlicher Bürgermeister.

Ahrensbök ist von der Fläche her gesehen die drittgrößte Gemeinde unseres Landes . Die Großgemeinde hat neben dem zentralen Ort Ahrensbök 19 Dorfschaften, die alle einen Dorfvorstand besitzen.

Im ehemaligen Kreis Eutin gibt es diese Verwaltungsform im ländlichen Bereich seit mehr als 100 Jahren anstelle der sonst üblichen Ämter.

Ich erwähne diese Tatsache, weil sich daraus meine Motive für die Bewerbung um die Bürgermeistersteile Ihrer Stadt ergeben. Es ist nämlich mein Wunsch für eine städtische Kommune tätig zu sein, die mehr Gestaltungs- und Entwicklungsmöglichkeiten als eine agrarische Flächengemeinde bietet und für mich eine interessantere Arbeit bringt.

Sie haben mir als Thema für meinen Vortrag die „Aufgaben eines Bürgermeisters in einer Stadt wie BB“ gestellt.

Ich möchte zunächst auf meine Vorstellungen über die Arbeitsweise, insbesondere die Zusammenarbeit des Bgm. mit den anderen städtischen Organen zu sprechen kommen und anschließend kurz auf die Sachprobleme Ihrer Stadt eingehen.

Ganz oben an muß meines Erachtens gestellt werden, daß bei allen Kräften der kommunalen Gemeinschaft ein vernünftiges Miteinander in der täglichen Arbeit nötig ist, um für die Stadt das Beste erreichen zu können. Das bedeutet natürlich nicht eine vollkommene Übereinstimmung in allen Sachfragen, wohl aber die gegenseitige Achtung und das Ziel, nach außen hin gemeinsam für das städtische Wohl einzutreten.

Für die Zusammenarbeit der städtischen Organe ist es weiter wichtig, die unterschied­lichen Aufgabenbereiche zu achten. Stadtvertretung, Magistrat, Ausschüsse und Bgm. haben gen au umrissene Kompetenzen und müssen diese untereinander respektieren und mit Verantwortung und Energie wahrnehmen.

Aus meiner heutigen täglichen Arbeit ist mir natürlich bekannt, daß man in einer Demokratie Mehrheiten zum Regieren und Verwalten gebraucht und diese auch zu achten hat. Für den Bgm. gilt es, die dominierende Stellung der Stadtvertretung zu akzeptieren, also letztlich die politische Entscheidung zu verwirklichen. Natürlich hat er die Pflicht, Stadtvertretung, Magistrat und Ausschüsse offen zu informieren und zu beraten, um sachgerechte Entscheidungen möglich zu machen. Er hat aber auch, so meine ich, das Recht, Mehrheiten zu beeinflussen und für seine Ideen zu gewinnen. Mit anderen Worten gesagt, muß er sich darum bemühen, den städt. Gremien und später dem Bürger seine Vorschläge zu „verkaufen“.

Der Bgm. ist also bei weitem nicht nur Geschäftsführer des Magistrats oder reines Vollzugsorgan für Mehrheitsbeschlüsse, sondern ihm fällt ein weiter Spielraum für planende und gestaltende Aufgaben zu.

Er muß kurz gesagt Motor und Ideenträger der kommunalen Arbeit sein.

Als Verwaltungschef obliegen dem Bgm. die Organisationsgewalt und die Leitungs­befugnis und Dienstaufsicht über das Personal der Stadt. Er ist für den Geschäftsgang und die sachliche Erledigung der Aufgaben im Rahmen der Beschlüsse verantwortlich. Für mich ist die Stadtverwaltung ein Dienstleistungsbetrieb, der weitgehend nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen ist. Er ist zur Wirtschaftlichkeit verpflichtet und muß moderne Arbeitsmethoden und Hilfsmittel nutzen. Die vielfältigen Aufgaben machen es andererseits nötig, ein gutes Mitarbeiterverhältnis zu pflegen und im Teamwork zu arbeiten.

Mittelpunkt aller Verwaltungstätigkeit ist der Bürger. Er hat Anspruch darauf, höflich und gerecht behandelt zu werden. Nur „es recht zu machen jedermann, ist eine Kunst, die niemand kann“, und es stimmte schon früher, wenn man sagte, daß nicht zum Schulzen tauge, wer sich nicht auch einmal unbeliebt machen kann. Selbstverständlich muß sich der Bürgermeister in solchen Fällen die Zeit nehmen,einem Bürger das Nein zu erklären und zu begründen und häufig auch den schwer begreiflichen Sinn von Gesetzesvorschriften zu erläutern.

Zur lebendigen Selbstverwaltung gehört der ständige Kontakt zum Bürger. Er muß über Absichten und Planungen der Stadt informiert werden, wenn man von ihm Vertrauen zur Verwaltung und Interesse an kommunalen Angelegenheiten erwartet. Ich spreche von Absichten und Planungen, und meine damit natürlich nicht, daß man auch jeden Gedanken, der in den Gremien auftaucht, offenlegen muß. Verschwiegenheit über vertrauliche Dinge und über noch nicht ausgegorene Absichten ist durchaus richtig und nötig.

Das Bürgerinteresse sollte auf vielfältige Weise gefördert und gestärkt werden. Damit rede ich nun keineswegs einem weichen Nachgeben jedermann gegenüber das Wort – nur muß heute auch in der Kommunalpolitik eine offene und verständige Bereitschaft zum Gespräch vorhanden sein. Besondere Sprechstunden des Bgm. halte ich deswegen nicht für notwendig, er muß nur für jeden erreichbar sein und darf nicht dem offenen Gespräch ausweichen.

Der Bürger sollte aber andererseits dafür Verständnis haben, wenn der Bürgermeister nicht jederzeit und sofort für alle zu sprechen ist. Ich erwähnte bereits, wie notwendig die Interessenvertretung der Stadt gegenüber Kreis und Land ist. Deshalb kann man nicht erwarten, daß der Bgm. zu jeder Stunde an seinem Schreibtisch im Dienstzimmer des Rathauses sitzt.

Die Repräsentation der Stadt ist eine gemeinsame Aufgabe von Bürgervorsteher und Bgm .. Beide sollen ihr Auftreten für die Stadt miteinander abstimmen. Ich meine allerdings, daß dem Bürgervorsteher als Vorsitzenden der Stadtvertretung ein Vorrang zukommt, während der Bgm. in erster Linie Verwaltungschef ist. Es ist aber auch für ihn wichtig, die Repräsentationspflichten ernst zu nehmen, denn der ständige Kontakt mit der Einwohnerschaft und den zahlreichen Vereinen ist letztlich das Aushängeschild der Stadtverwaltung und entscheidet mit über ein gutes Verhältnis zum Bürger.

Für jemanden, der Ihre Stadt hauptsächlich aus der Ferne von 50 km kennt, ist es natürlich nicht ganz einfach, sich über die städtischen Sachprobleme zu äußern. Ich möchte das trotzdem tun, auch auf die Gefahr hin, später von Ihnen oder einigen Zuhörern an meine Worte erinnert zu werden.

Ganz oben – fast über jeder Sachfrage – steht die Stärkung der Zentralitätsfunktion Ihrer Stadt. Als Unterzentrum nimmt BB weit über das Stadtgebiet Aufgaben im wirtschaftlichen, kulturellen und allgemeinen kommunalen Bereich für das Umland wahr und erhält dafür auch eine besondere Zuweisung des Landes. Künftig werden sich m. Erachtens dynamische Entwicklungen in der Wirtschaft, im Wohnungsbau und in der sogenannten Kommunalinfrastruktur noch mehr als bisher in den Zentren und städtischen Regionen – fast bin ich geneigt zu sagen – in den Großstädten abspielen. Allerdings haben Kleinstädte mit der Struktur BB und dem hohen Wohnwert weiterhin ihre guten Entwicklungschancen und werden ihre umfangreichen Versorgungsfunktionen für das ländliche Umland behalten.

Ein gutes Verhältnis zum Umland ist daher nötig, und das muß von der Stadt auch gepflegt werden, sei“ es über die Zusammenarbeit im Nachbarschaftsausschuß und im Schulverband oder auch einfach vom Kollegen in der Stadt zum Nachbarn im Amt. Für beide Teile – also für die Stadt und das Amt – liegen in einer Stärkung dieser Zusammenarbeit noch Rationalisierungsreserven, die finanziell nicht uninteressant sind. Derartige Formen einer gemeinsamen Arbeit sind andernorts im Lande schon verwirklicht.

Ich möchte hier nur die Standesämter für Stadt- und Landbewohner erwähnen, ohne ihnen damit ein Patentrezept vorschlagen zu wollen.

Zu den sogenannten Außenentwicklungen, die für BB von großer Bedeutung sind, gehören die Flughafenplanungen Kaltenkirchen. Mir ist natürlich bekannt, daß das Projekt zeitlich zurückgestellt ist. Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben, und man wird deshalb die weitere Entwicklung aufmerksam verfolgen und sich darauf einstellen müssen.

Wenn es gelingt, die ungünstigen Auswirkungen für die Stadt zu vermeiden, wird ganz sicher eine Menge Positives davon ausgehen. Ich denke z.B. an den Einfluß auf das vorhandene Gewerbe, auf die Ansiedlung neuer Betriebe mit weiteren  Beschäftigungs­möglichkeiten und auf die Nachfrage nach Wohnungen und Bauland. Ich will nicht dem Wachstum um jeden Preis das Wort reden, aber ein gesundes Wachsen der Stadt ist für eine fortschrittliche Kommunalpolitik schon nötig.

Wer heute den Namen BB hört, denkt wohl in erster Linie an die Rheumaheilstätte, die größte ihrer Art in Deutschland. Der Kurbereich hat seinen Wert in dreierlei Hinsicht, einmal in den 670 Arbeitsplätzen der Heilstätte zum, anderen und das Übernachtungs­gewerbe und auch für einige Gewerbebetriebe, die für die Heilstätte tätig sind. Die Arbeitsplätze habe ich absichtlich an die erste Stelle gesetzt. Sie gehören dem Dienstleistungsbereich und damit dem zukunftsorientierten tertiären Sektor an. Es steht im ganz vordergründigen Interesse der Stadt, sie zu erhalten, und man wird deshalb auch ein Wort mitreden müssen, wenn es um Fragen der Kapazität, der Auslastung oder Reduzierung geht.

Die Entscheidungen liegen – das ist mir bekannt – nicht in erster Linie bei der Stadt. Ganz sicher aber wird man darauf Einfluß nehmen müssen, daß vorhandene Einrichtungen und Kapazitäten voll genutzt bleiben, bevor in anderen Orten mit sehr hohen Investitionen zusätzliche Kurangebote geschaffen werden. Ich meine damit das Konkurrenzdenken anderer Städte im Lande, die offenbar danach streben, sich mit der Förderung aus öffentlichen Kassen ein größeres Stück aus dem Kuchen schneiden zu können – zu Lasten anderer Orte, versteht sich.

Eine Kurstadt hat große Verpflichtungen bei der Stadtplanung und Stadtgestaltung. Im neuen F-Plan ist diese Aufgabe hervorragend berücksichtigt, indem der südöstliche Teil des Stadtgebietes allein dem Kurbetrieb vorbehalten und BB als „Stadt im Grünen“ mit großflächigen Park- und Waldanlagen und Grünzonen ausgewiesen ist.

Beim Plan allein darf es aber nicht bleiben. Vielmehr sind zahlreiche Verbesserungen am gesamten Bild der Stadt und an den Einrichtungen des Kursektors nötig. Das ist auch der Weg zu einem noch besseren Niveau des Heilbades, mit dem es gelingen sollte, mehr zur Auslastung beizutragen. Ich sage das vor allem mit Blick auf den Anteil der freien Patienten, der heute noch zu gering ist. BB darf sich das gute Ansehen und den Rang als Rheumaheilbad nicht von anderen abnehmen lassen – hier sehe ich eine der ganz großen städtischen Aufgaben der nächsten Jahre.

Als weitere überregional bekannte Einrichtung beheimatet BB seit mehr als 10 Jahren den Bundesgrenzschutz. Er nahm auf die Entwicklung der Stadt seitdem sichtbar Einfluß und konnte auch weitgehend integriert werden. Man wird diese Bemühungen ‚fortsetzen müssen, um diese bedeutende Bundesdienststelle nicht als Fremdkörper zu empfinden.

Wenn die Rheumaheilstätte das Ansehen der Stadt begründet hat, so ließen bis vor wenigen Jahren noch die B-Verkehrsverhältnisse manchen Kraftfahrer verzweifeln. Als Drehscheibe des Nord-/ Süd- und des Ost-/ Westverkehrs ist auch nach dem Bau der Bundesautobahn die Stadt außerordentlich stark mit Durchgangsverkehr belastet.

Gute überörtliche Verkehrsverbindungen sind zwar eine Standortgunst, die sich im städtischen Gewerbe widerspiegelt. Zugleich stören sie aber das Stadtbild und sind für den Ort unzumutbar. Mit einer zukunftsweisenden Verkehrsplanung müssen deshalb Engpässe behoben werden, z.B. durch den Bau der Nordumgehung zur B 206 (der aber z.Z. mit geringerer Priorität im Bundesfernstraßenprograrnm rangiert) und durch die geplanten

Kernrandstraßen, mit denen die Innenstadt entlastet werden kann. In diesem Zusammenhang sind auch die Bauplanungen für den städtischen Kern, d.h. die gesamte Bleekumgebung zu sehen.

Die innerstädtischen Straßenbauvorhaben müssen neu aufgenommen und mit Kraft vorangetrieben werden. Allerdings kann das die Stadt nicht allein aus eigener Kraft. Es sind vielmehr erhebliche Zuschüsse nach dem Gemeindeverkehrsfinanzgesetz vorn Land nötig. Ich möchte dazu anmerken, daß Ahrensbök ähnliche Sorgen mit überörtlichen Verkehrbelastungen und es uns gelungen ist, die zuständigen Stellen in Kiel davon zu überzeugen, daß östliche und westliche Tangenten als Entlastungsstraßen finanziert werden müssen. Z.Z. laufen diese Baumaßnahmen mit einem Gesamtvolumen von einigen Mill. DM, die zu 3/4 mit Zuschüssen gefördert werden.

Von der starken Zentralitätsbedeutung Ihrer Stadt sprach ich bereits. Besonders kommt diese Funktion für das Umland in den verschiedenen Schulen zum Ausdruck. In einer Stadt Ihrer Größenordnung ist es verhältnismäßig selten, ein so komplettes Schulangebot mit allen Nebeneinrichtungen ‚zu finden – und es ist gewiß auch selten, daß zu einer Kleinstadt täglich über 2000 Schüler einpendeln. Dem Schulverband bleiben für die nächste Zeit nur noch verhältnismäßig wenige Bauaufgaben von denen ich den Neubau der Hauptschule in der Nähe der Realschule (Schulzentrum) mit etwa 2,6 Mio. DM nennen möchte. Mit der Förderung des Landes und des Kreises sollte der Bau 1978 angefangen werden. Es heißt also im kommenden Jahr mit der Planung zu beginnen.

Zwei weitere Bereiche möchte ich ebenfalls nur kurz streifen – die Ausweisung und Erschließung von Gewerbe- und Wohnbauflächen. Beides wurde in der Vergangenheit zügig angepackt und hat zu dem überdurchschnittlichen Wachstum der Stadt geführt. Heute ist es aber sehr schwierig, weitere Gewerbebetriebe in den Standort BB zu locken.

Wachstum und Investitionsneigung sind noch nicht wieder auf dem alten Stand angelangt, und Patentrezepte zur Wirtschaftsförderung kann niemand vorbringen. Vielmehr ist die Konkurrenz groß und BB kann nur solche Betriebe gebrauchen, die sich in den Charakter als Kurstadt einordnen lassen.

Beim Wohnungssektor wird künftig fast ausschließlich an den Bau von Eigenheimen zu denken sein. Bei dem hohen Wohn- und Freizeitwert wird sich der Zuzug aus dem Stadtumland und dem Umland Hamburg fortsetzen und von Jahr zu Jahr 50 bis 70 Bauplätze für Eigenheime rechtfertigen.

Im Rahmen dieses kurzen Vortrages konnte ich natürlich nicht auf das ganze Spektrum der städtischen Aufgaben eingehen. Ich mußte mich vielmehr auf die Hauptprobleme beschränken. Ich sehe aber in der Pflege des Heimatgedankens und des kulturellen Lebens in dieser Rolandstadt einen keineswegs nebensächlichen Aufgabenkreis. BB ist soziale und kulturelle Heimat für über 9.000 Einwohner mit annähernd 1000 jähriger Geschichte. Hieraus ergeben sich vielfältige Aspekte und interessante Aufgaben für einen Bürgermeister.

Ich möchte zum Schluß noch auf ein leidiges Kapitel zu sprechen kommen, das überall Sorge bereitet – die Finanzpolitik In allen öffentlichen Haushalten – also auch bei den Gemeinden –

sind die Spielräume ganz erheblich enger geworden. Freie Mittel für neue Aufgaben, besonders für dringende Investitionen, sind selten oder gar nicht vorhanden, Städte, die schon eine hohe Schuldlast zu tragen haben, sind zum Nichtstun verurteilt, weil ja nahezu jede sinnvolle kommunale Leistung für den Bürger Geld kostet, das nicht vorhanden ist. Wann sich diese Situation ändert, vermag niemand zu sagen, und so bleibt vorerst nur eine Hoffnung auf Änderung.

Ich will hier nicht von Dingen sprechen, die man in den Gemeinden nicht ändern sondern nur als Bedingung für die Kommunalpolitik hinnehmen kann.

Was aber bleibt für eine Stadt wie BB zu tun?
Das soll die Frage sein, und darauf sind Antworten nicht leicht möglich.

Lassen Sie mich mit den Worten eines Finanzministers beginnen, der einmal sagte, die öffentlichen Haushalte seien keine Kühe, die man im Himmel füttern und auf Erden melken könne. Das müßte anscheinend jedem sofort einleuchten. Trotzdem tuen sich Bürger und Politiker gerade damit schwer, zu begreifen, daß eine staatliche oder kommunale Gemeinschaft für ihre Bürger nur soviel tun kann, wie die Bürger der Gemeinschaft geben wollen.

Auf diesen Hintergrund wird man daher nicht nur in Ihrer Stadt Steuern Gebühren, Beiträge und sonstige Abgaben ausschöpfen, ständig überprüfen und anpassen müssen. Ich denke dabei auch an die Bauabgaben nach dem Kommunalabgabengesetz und die Kurtaxe. Ebenso selbstverständlich haben Steuer- und Abgabenbelastungen auch im kommunalen Raum Grenzen und müssen aus der Konkurrenz zur Nachbarschaft beurteilt werden.

Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse bei Ihrem Freibad, das mit über 300.000 DM jährlichen Unterschuß den Stadtsäckel belastet. Verglichen mit anderen kommunalen Bädern ist das noch nicht einmal ungewöhnlich hoch. Trotzdem muß man aber Möglichkeiten suchen, diesen großen Brocken zu vermindern. Höhere Eintrittspreise sind nicht sinnvoll, weil dann der Anreiz zum Besuch schwindet. Zu denken wäre aber wohl daran, für diese großartige städtische Einrichtung mit der Werbung zusätzlich Besucher aus dem weiteren Umland anzusprechen, um damit das Bad besser auszulasten.

Leider stehen heute den Kommunen zu wenig eigene Einnahmen zur Verfügung. Sie tragen etwa 2/3 der öffentlichen Investitionen und bekommen nur 12 % aller öffentlichen Steuereinnahmen. Diesen Widerspruch können sie nur lösen, indem sie Mittel von anderen Stellen als Zuschüsse „erbetteln“. Die Gemeinden werden dadurch zu Verteilersteilen staatlicher Zuschüsse degradiert, und die Bürger verlieren die Einstellung, daß es ihrer finanziellen Opfer für die kommunalen Leistungen bedarf. Trotzdem muß jede Stadt mit diesem unbefriedigenden Zustand leben, und wenn sie noch etwas für ihre Bürger tun will,

ist es die Hauptaufgabe des Bürgermeisters/auf dem Klavier der Zuschußtöpfe mitzuspielen und Kontakte zu Kreis- und Landesdienststellen im Interesse der Stadt zu pflegen.

Es wäre sicher vermessen, wenn ich konkrete Einsparungsmöglichkeiten im städtischen Haushalt aufzeigen wollte. Dazu fehlt mir heute der Einblick in Ihre Verhältnisse. Ich möchte es vielmehr bei den bereits erwähnten Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit mit dem Umlandamt belassen, die m.E. beiden Partnern Vorteile bringen kann.

Meine Damen und Herren,Sie mögen bitte aus meinen Anmerkungen zu den städtischen Finanzen entnehmen, daß ich mich im Falle meiner Wahl auch mit diesen Fragen intensiv beschäftigen würde. Mein Ziel wäre es, durch eine solide Finanzpolitik die Grundlagen zur Verwirklichung der großen Aufgaben Ihrer Stadt zu schaffen. Ich würde mich freuen, in Zusammenarbeit mit Ihnen diese Probleme lösen zu können.

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