Röstermundt: Der Roland und seine Ahnen

aus: Heimatkundliches Jahrbuch des Kreises Segeberg, 1958, S. 34 ff
(inhaltlich weitgehend identisch mit dem Buch Röstermundts „Der Roland und seine Welt“)



Max Röstermundt, Bad Bramstedt:

Bad Bramstedt

Der Roland und seine Ahnen /

Rolande der Ochsenmärkte

Immer wieder haben die deutschen Rolande Anlaß zu Betrachtungen gegeben und immer wieder haben sie ein Bemühen um die Beantwortung der Frage nach ihrem eigentlichen Ursprung hervorgerufen. So wurden hinsichtlich des Bramstedter Rolandes gleiche und ähnliche Fragen stets neu gestellt. Vieles ist von diesem Roland bereits bekannt. Dennoch mag es angebracht sein, auch an dieser Stelle noch einmal über ihn zu berichten. Dabei ergibt sich die Gelegenheit, Neues über diesen Gegenstand und über andere Dinge, die vielleicht oder tatsächlich mit ihm Berührungspunkte hätten haben können oder gehabt haben, nachzutragen.

Der Roland in Bad Bramstedt, nicht ganz so ahnenloser Jugend, wie einst von ihm geschrieben wurde, hat zu allen Zeiten die Nordhälfte des Marktplatzes, heute „Bleek“ genannt, beherrscht. Von hier aus überschaute er unbehindert all das wenige oder viele, das zum Süden zog oder aus dem Süden kam. An ihm vorbei zogen auch, aus dem Norden kommend, einst die Magerochsen, in kleinen und großen Triften, in Triften bis zu 800 Stück und mehr. Sie zogen vorbei, oder sie blieben hier zur Rast oder zum Verkauf. Viele Einwohner kamen in Bewegung und grüßten manchen Händler und Treiber aus den Ländern zwischen Jütland und Brabant, Wir kennen den Lauf der Ochsenwege. Sowohl von Ripen als auch von Kolding aus wurden die dänischen Magerochsen nach dem Süden geleitet. Ochsentriften aus dem Herzogtum Schleswig schlossen sich den übrigen Triften an, Da es sich um Ochsen für die Weidenbewirtschaftung handelte, so ist es erklärlich, daß die Frühjahrsmonate März und April die eigentlichen Monate solcher Triften und solcher Märkte wurden. Schon im 15. Jahrhundert entwickelten sich die Ochsenmärkte zu immer größer werdender Bedeutung. Viele Zollstellen begleiteten die Ochsenwege. Einzelne Zollstellen überlieferten der Nachwelt wertvolles Archivmaterial.

Über den Roland selbst gibt es nun mancherlei zu berichten. Da aber Nachrichten über .eine allererste Errichtung von allen deutschen Rolanden fehlen, so muß zunächst der Zeitpunkt einer solchen seltsamen Begebenheit auch für Bramstedt soweit zurückdatiert werden, als es den früheren Chronisten weder aus eigenem Erleben oder aus eigenem Wissen noch aus einzuholenden Nachrichten möglich geworden ist, eine Kenntnis von einem ungefähren Zeitpunkt zu hinterlassen, Denn in Bramstedter Stadtbuch 1), beginnend mit 1530, und eine Kirchenchronik 2), beginnend mit Nachrichten aus der Zeit, nach der hier auf‘ genommenen Reformation Luthers, liefern der Nachwelt Rolanddaten wohl aus späterer, aber nicht aus früherer Zeit. Wie andere Daten vom Roland beispielsweise in dem Stadtbuch festgehalten wurden, so würde auch eine allererste Errichtung, falls sie n a c h 1530 erfolgt wäre, sicherlich ebenfalls oder sogar eine besondere Erwähnung gefunden haben. Auch Danckwerth 3) weiß von einer allerersten Errichtung nichts mitzuteilen. Die früheste schriftliche Erwähnung bringt Heinrich Rantzau um 1590 4). Da die Bramstedter in ihrem Stadtbuch aus der Zeit nach 1530 von einer allerersten Errichtung nichts erwähnen, so wird, selbst bei vorsichtigster Überlegung, nicht zu bestreiten sein, daß schon vor 1530 in Bramstedt ein Roland gestanden hat. Dr. Görlitz 5) und Univ.-Prof. Eugen Wohlhaupter 6) haben einer solchen Beurteilung nicht widersprochen. Die Ausführungen von Rich. Haupt 7) lassen gleich falls eine solche Annahme zu. Da hiernach schon vor 1530 in Bramstedt ein Roland stand, so verbliebe noch die Beantwortung einer weiteren Frage, die dahin lautet, wann denn Bramstedt frühestens einen Roland hatte. Aus sonstigen eigenen Bramstedter Archivalien hat sich nichts darüber ermitteln lassen. Raub und Brände und vielleicht auch Mangel an Eifer an der Sammlung und Erhaltung alter Schriften haben die Bestände, die vorhanden gewesen sein mögen, dahinschmelzen lassen. Wir schätzen uns deshalb schon glücklich, wenn uns eine nahe oder fernere Nachbarschaft (Ulzburg, Hamburg, Wedel) hilft, zu beweisen, daß es schon in früheren Zeiten auch in Bramstedt Ochsenmärkte gab. Da dazu vorläufig vorausgesetzt werden kann, daß der erste Bramstedter Ochsenmarkt und der erste Bramstedter Roland im eigentlichen und ursprünglichen Aufkommen ungefähr einer gleichen Zeit entstammen, so wird etwa um 1483 in Bramstedt auch der erste Roland gestanden haben. Denn das Jahr 1483 war jener Zeitpunkt, von welchem andere Chronisten zu berichten wissen, daß Ochsen von Ripen nach Bramstedt getrieben und dann weiter nach Wedel zur Elbfähre geleitet wurden 8). Wedel ist uns ohnehin als eine alte und bedeutende Stätte des Großhandels für Viehausfuhr aus der ganzen zimbrischen Halbinsel bekannt 9). Auch der Streit, der zwischen dem Grafen Ernst von Holstein-Scbauenburg und Christian IV. 1613 10) über die „Umtrift der Ochsen“

ausgebrochen war und schließlich 1615 11) nicht ohne Erfolg für Graf Ernst endete, läßt die hohe Bedeutung der damaligen Ochsenmärkte in Wedel erkennen. Eine gewisse Bedeutsamkeit der alten Ochsenmärkte ergibt sich auch für den Flecken Bramstedt für eine frühe Zeit. Herrn Schulrat i. R. Wilh. Ehlers in Glückstadt verdanke ich aus seinen langjährigen Erfahrungen und aus seinem mit unermeßlichem Fleiß zusammengetragenen Material wichtige Hinweise. U. a. hat er mich auf Nachrichten von Dr. F. Voigt 12) aufmerksam gemacht. Danach gehen aus alten Amtsrechnungen u. a. folgende Eintragungen hervor.

1562 van Wedell na Bramstede mith den Zedelen gereden, darsulverst vorteret

8 Sch.

1562 alse ick (der Amtsschreiber) van Bramstede gereden, tho Steinbeck nacht gelegen, vorteret

6 Sch.

1574 Jürgen Eggers na Bramstede wegen der Ossenköper dar anthoslande

1 M – Sch.

1577 Einen baden von wegen der ossenköper na Wedel und Bramstede

2 M – Sch.

1578 Einem baden na Bramstede undt Wedell wegen der ossen

2 M – Sch.

1578 Dranckgellt tho Bramstedt undt Wedell so de Zedell wegen der ossen anslan

– M 4 Sch.

Es handelte sich, wie Dr. F. Voigt schreibt, um Zettel, die Bekanntmachungen für die Ochsenhändler enthielten, etwa des Inhalts, daß die Landstraße sicher sei und daß freies Geleit gewährt werde und dergl. Wenn deshalb z, B. 1574 ein Jürgen Eggers nach Bramstedt mußte, um wegen der „Ossenköper“ daselbst Zettel anzuschlagen, dann wird unbestreitbar der Schluß daraus zu ziehen sein, daß schon damals Ochsenmärkte auch in Bramstedt gehalten wurden und daß sich dort ebenfalls Ochsenhändler aufzuhalten pflegten. Denn ein solcher Aufenthalt von Ochsenhändlern kann in der Regel nur dem Zweck gedient haben, entweder hier Ochsen zu verkaufen oder zu kaufen. Das würde nun, im Gegensatz zu den bisherigen Ergebnissen, beweisen, daß weit vor 1652 Bramstedt seine eigenen Ochsenmärkte hatte, und es würde die Richtigkeit der geäußerten Annahme bestätigen helfen, daß schon um 1483 hier Ochsenhandel betrieben wurde, und daß hier schon damals ein Roland stand. Prof, Handelmann schreibt 1886 13), daß im holsteinischen Bramstedt und im schauenburgischen Wedel die Marktverhältnisse und das Kaufmannsgericht vor dem Roland dieselben gewesen sein werden. Für welche Zeit oder für welchen Zeitraum er die gleichen Verhältnisse als bereits vorhanden vermutet, geht nicht daraus hervor. Er fügt aber hinzu, daß allerdings das Bramstedter Göding schon 1560 aufgehoben worden sei. Seine Vermutung für das Vorhandensein von Ochsenmärkten und in Verbindung damit für das Vorhandensein eines Rolandes bezieht sich danach offensichtlich auf eine Zeit vor 1560. Wenn, wie oben ausgeführt, mangels entsprechender Eintragungen im Bramstedter Stadtbuch ohne Zweifel anzunehmen ist, AD schon vor 1530 in Bramstedt ein Roland stand, und wenn schon um 1483 Ochsen aus Ripen von Bramstedt nach Wedel getrieben wurden, um dort über die Elbe gesetzt zu werden, so wird auch aus Gründen des geringen Zeitunterschiedes vermutet werden dürfen, daß schon um 1483 in Bramstedt der erste Roland stand. Das wird insbesondere auch deshalb angenommen werden können, weil der Nachweis als geliefert zu betrachten ist, daß um 1562, 1574, 1577 und 1578 in Bramstedt Ochsenmärkte gehalten wurden. Für die Zeit zwischen 1483 und 1562 fehlen uns natürlich Nachrichten über hiesige Ochsenmärkte. Es liegt aber vorläufig kein Anlaß vor, für diese offen gebliebene Zeit ein Vorhandensein von Ochsenmärkten anzuzweifeln. Also schon um 1483 wird Bramstedt den ersten Roland gehabt haben. Er war aus Holz errichtet und wir wissen, daß z. B. die Rolande der Rolandspiele, oftmals ebenso stattlich, als die Gerichts-und Marktrolande, aus Stämmen von Obstbäumen, Rotbuchen, Erlen und Eschen und nur vereinzelt von Eichen hergestellt wurden. Wenn nun nach Schätzung die durchschnittliche Lebensdauer eines solchen hölzernen Rolandes auf dreißig Jahre angenommen wird , so läßt sich aus solcher Schätzung errechnen, daß vor dem steinernen Roland des Jahres 1693 mindestens sechs Holzrolande in Bramstedt gestanden haben. Denn nach demjenigen um 1483 würden die nächsten Rolande nacheinander etwa in den Jahren um 1510. um 1543, um 1575 und um 1603 errichtet worden sein. Der Roland etwa aus dem Jahre 1603 verbrannte im Jahre 1628, als kaiserliche Truppen den Ort durch Feuer zerstörten. Der nachfolgende und damit der letzte aller Holzrolande wurde erst im Jahre 1654 errichtet, obwohl eine Anordnung zur Errichtung schon 1652 erteilt worden war. In dieser Urkunde Friedr. III. vom 2. Juli 1652 heißt es u. a. 14):

„Haben auch daneben allergnädigst eingewilliget, daß im mehrbesagten Unserm Flecken Brahmstede zur Beförderung der Eingesessenen nahrung ein erhöheter Rohlandt auf einem grünen Anger am offenen wehge, welcher nach Hamburg fährt, worunter die Brabändischen Kaufleuthe und Ochsenhändler Ihre Contracten schliessen und rechtliche Entscheidung in streitigkeiten gewertig sein, an des Bey vohrigen Kriegszeithen verbrandten stelle wiederum aufgerichtet werden möge“.

Gründe, die eine alsbaldige Neu-Errichtung um weitere zwei Jahre, also bis 1654 verzögern ließen, sind nicht bekannt. Der letzte Holzroland fiel seinem Alter und dem Winde zum Opfer. Er war morsch geworden und im Jahre 1693 umgeweht. Am 22. September 1693 wurde nun in steinerner Roland aufgerichtet. Darüber schreibt das Bramstedter Stadtbuch:

„Anno 1693 ist im Flecken Brambstedt daß Rolandtsbild aufs Neuw Von Steinen, welche Bilder vor diesem nur aus Holtz gebauwen gewesen und also bald vergangen, wieder gesetzt. Der Platz worauf er steht auch mit einer Steinern Ringmauer dieses mahl umbgeben. Verbessert – kommt dem Flecken allein zu. Der Rolandt, steinern Bild, Rinckmauer und Wass sonst mehr dazu, hat in allem gekostet 456 M.
Welches Wir mit denen Nachkommen zur nachricht hiermit eröffnet. Radtmänner sind gewesen zu der Zeit

Jürgen Fuhlendorf
Detlef Voss
Hans Verst
Hans Steckmest“.

Der Flecken hatte also einen steinernen Roland bekommen, nach Eintragungen in der Kirchenchronik am 22. September 1693. Eine zufällig aufgefundene Übersicht über geleistete Zahlungen jener Zeit überliefert uns, daß der Flecken die Kosten für den Roland nicht selbst aufgebracht hat. Die Bezahlung wird durch das Amt Segeberg erfolgt sein. Denn die Ochsentriften, die schon 1483 und auch früher laufend den Flecken, also weite Strecken des Amtes Segeberg durchzogen, wird der Segeberger Amtmann gelegentlich seiner wiederholten Anwesenheit in Bramstedt beobachtet und beachtet haben. Ochsenhändler, insbesondere jene aus Brabant, werden zusätzlich dazu geraten haben, hier die Triften aufzufangen und hier einen Ochsenmarkt einzurichten. Das Amt Segeberg wird dadurch selbst zum Träger und auch zum Förderer der Schaffung eines Ochsenmarktes in Bramstedt geworden sein, Das Amt Segeberg wird sich später, also 1693, in seiner Zuständigkeit für den Ochsenmarkt, auch für die Errichtung des steinernen Rolandes für zuständig und auch für – zahlungspflichtig gehalten haben. Schnell vergänglich waren bis dahin die hölzernen Rolande gewesen. 1813/14 durchzogen aber wiederum Truppen unser Land. Um den steinernen Roland herum wurde ein großes Strohmagazin errichtet. Ungewöhnlicher Schneefall belastete es. Als im Frühjahr 1814 die Strohmassen beseitigt worden waren, fand man den umgestürzten und zerbrochenen Roland. Entweder eine fehlerhafte Anlage des Strohmagazins oder die schwere Schneelast hatte das Lager zusammenbrechen lassen. Dort, wo er immer gestanden hatte, blieb der Roland zunächst liegen. Lediglich die abgebrochenen Teile waren in gesonderte Verwahrung genommen worden. An eine Wiederherstellung war noch nicht zu denken. Die Nachrichten über die Schwierigkeiten bei der Wiederherstellung des Rolandes lassen erkennen, daß nicht immer eine ausreichende Bereitwilligkeit und Opferfreudigkeit vorhanden war. Es zeigte sich sogar eine gewisse Gleichgültigkeit , die allerdings insofern entschuldbar gewesen sein mag, als die gewesenen Kriegsjahre und deren Folgen eine Lösung anderer Aufgaben als vordringlich erscheinen ließen. Ein bei den Akten befindliches Gutachten 15) nimmt Veranlassung, zu erklären, daß es eine traurige Erscheinung sei, wenn Völker die Überbleibsel der Vorzeit nicht mehr achten und daß man ihnen zurufen möchte: Ehret Vater und Mutter. Alsbald wurden die Rufe nach einer Wiederaufrichtung häufiger und dringender. Vor allem bemühte sich die damalige Patriotische Gesellschaft in Altona allen Ernstes um eine Wiederherstellung und Wiederaufrichtung. Am 6. September 1827 konnte mit den Arbeiten begonnen werden. Am 25. September gleichen Jahres stand der Roland wieder auf seinem Platz. In Dankbarkeit für die Wiederaufrichtung wurde ein kleines Volksfest veranstaltet. Damit war der 25. September 1827 zu einem Tag besonderer Bedeutung für alle diejenigen geworden, die eine Wiederaufrichtung gefördert und für diejenigen, die sie bewerkstelligt hatten, wie auch für diejenigen Bramstedter Einwohner, die dabei die Zuschauer gewesen waren. Unbrauchbar gewesene Teile des Rolandes hatten ersetzt werden müssen, auch die Schwerthaltung war anders geworden. Ohne viel eigenes Bemühen und auf billige Weise war der Roland neu erstanden. Abgesehen von einem Betrage von 118 M 15 Sch., der durch freiwillige Spenden der Bramstedter aufgebracht worden war, hatte die Patriotische Gesellschaft die gesamten Kosten übernommen, deren Höhe von dem Steinmetzmeister Klimasch, der die Arbeiten geliefert hatte, vorher auf 800 M Courant geschätzt worden war.

Der 1827 wiederhergestellte Roland, so, wie er noch heute steht, hat folgende Maße:

Höhe des Erd- und Steinhügels…….. 1,40 m
Höhe des Steinsockels ………………… 2,20 m
Größe der Figur………………………….. 2,40 m
Die gesamte Höhe beträgt demnach 6,00 m

Bramstedt selbst hat von seinen Holz-Rolanden eine Abbildung nicht überliefert bekommen. Nach den vorliegenden Nachrichten sollen die Rolande in Bramstedt und Wedel um 1590 miteinander Ähnlichkeit gehabt haben 16). In einer Beschreibung des alten Wedeler Wappens von Andreas Angelus (1597) heißt es:

„Es hat zum Wappen einen Ruland, der in voller Rüstung stehet, und in der rechten Hand ein blosses Schwerd, in der linken Hand aber in einem besonderen Schilde ein Nesselblatt helt“.

1. Das alte Wappen der Stadt Wedel nach Andreas Angelus (1597),

1. Das alte Wappen der Stadt Wedel nach Andreas Angelus (1597),

Die Abbildung dieses Wedeler Wappens bietet uns die gleiche Schwerthaltung, wie sie von 1688 bis 1514 auch der Bramstedter Roland hatte. Denn eine Abbildung von diesem Roland finden wir im „Holsteinischen Touristen“ 17) aus dem Jahre 1833. Diese Abbildung ist aber älter. Das Buch beginnt mit einer Vorrede des Verfassers. Er schreibt, daß er bereits 20 Jahre vorher mit der Abfassung begonnen, und an einer anderen Stelle, daß er den Roland stehend angetroffen habe. Er wird also vor 1813/14 in Bramstedt gewesen sein. Die Abbildung bestätigt seine Erklärungen. Alle Abbildungen verraten eine große Sicherheit, Genauigkeit und Sauberkeit. Sie lassen die Wahrheit der Erklärung des Verfassers, daß er hoffe, getreue Kopien der Gebilde der Natur und der Kunst beigefügt zu haben, unzweifelhaft erkennen. Beide Abbildungen, sowohl die von Andreas Angelus als auch die im „Holsteinischen Touristen“ deuten darauf hin, daß mindestens in der Schwerthaltung und im

2. Der Bramstedter Roland nach dem „Holsteinischen Touristen".

2. Der Bramstedter Roland nach dem „Holsteinischen Touristen“.

Nesselblatt beider Schilde eine Übereinstimmung tatsächlich geboten wurde. Anders ist es nun mit der Darstellung in römischer Tracht. Von einem Roland gleicher oder ähnlicher Art ist im Lande Schleswig-Holstein nichts bekannt geworden. Von den Rolanden der übrigen deutschen Lande kennen wir nur einen einzigen Roland, der in seiner römischen Tracht Ähnlichkeit mit dem Roland in Bramstedt hatte. Es war der Roland in Zehden (in der Neumark) 18). Den steinernen Roland aus dem Jahre 1693 sah Trogillus Arnkiel im Jahre 1696 19). Er schreibt von ihm, daß er an Gestalt fast wie der vorige formieret war, den er 1666 ebenfalls gesehen hatte. Der vorherige Roland, also der letzte Holz-Roland, hat demnach fast so ausgesehen wie der Steinroland des Jahres 1693. Warum 1654, bzw. spätestens 1693 der Bramstedter Roland in römischer Tracht dargestellt wurde, wissen wir nicht. Wir können nur annehmen, daß daran gedacht gewesen ist, den Roland der Sage darzustellen, und daß man glaubte, damit den Namen und die äußere Gestaltung miteinander in Übereinstimmung bringen zu müssen. Es sind also die ersten Holz-Rolande Bramstedts etwa mit demjenigen des alten Wedeler Wappens zu vergleichen. Ab 1654 stellte man den Holzroland wie auch den Steinroland des Jahres 1693 in römischer Tracht dar. Ab 1827 erscheint der Roland in der gleichen römischen Tracht, aber mit veränderter Schwerthaltung und mit einem anderen Helm ausgerüstet. In dieser Tracht sehen wir den Roland noch heute.

3. Der Bramstedter Roland nach seiner Wiederherstellung; 1827.

3. Der Bramstedter Roland nach seiner Wiederherstellung; 1827.

Die einzelnen Daten sind nun folgende:

um 1483 vermutete erste Anwesenheit eines Holzrolandes,
um 1510 vermutete Errichtung eines neuen Holzrolandes,
um 1543″ “ “ “ “
um 1575″ “ “ “ “
um 1603″ “ “ “ “
1628 Holzroland nachweisbar von kaiserlichen Truppen verbrannt,
1652 Obrigkeitliche Anordnung der Errichtung eines neuen Rolandes,
1654 nachweisbare Neu-Errichtung eines Holzrolandes
1693 Holzroland nachweisbar umgeweht,

 4. Der Schild des heutigen Rolandes.

4. Der Schild des heutigen Rolandes.

1693 Errichtung eines steinernen Rolandes
1748 Zwischenzeitliche Renovierung,
1813/14 Stein-Roland zerbrochen,
1827 Stein-Roland wiederhergestellt und neu aufgerichtet.

Die Hinweise auf Ochsen, Ochsenwege, Ochsentriften und Ochsenmärkte haben die dem Roland zugewiesene Bedeutung bereits erkennen lassen. Auffallend ist nun, daß 1643 dem Flecken Bramstedt ein Wochenmarkt und zwei Jahrmärkte bewilligt worden waren und daß diese in der Urkunde Friedrichs III. vom Jahre 1652 keine Erwähnung fanden. Pferde, Ochsen, Kühe, Schafe und dergleichen sollten dorthin getrieben, daselbst öffentlich feilgeboten und verkauft werden dürfen. Auffallend ist ferner, daß um 1643, als die Wochen- und Jahrmärkte bewilligt wurden, nicht auch der Roland eine Erwähnung fand. Es fällt weiter auf, daß um 1643 Bramstedt einen Roland, wenn auch zufällig , nicht hatte (von 1628 bis 1654 war eine rolandlose Zeit gewesen). Diese Tatsachen wird man sich so erklären müssen, daß der alte Ochsenhandel und der alte Ochsenmarkt mit „Wochen- und Jahrmärkten“ nichts zu tun hatte und nichts damit zu tun haben konnte, und daß andererseits die Wochen- und Jahrmärkte nicht eigentlich, mindestens nicht ursprünglich, etwas mit dem Roland zu tun hatten. Die wesentlichste Zeit des Ochsenhandels war etwa von Mitte März bis Ende April. Bei dem großen Umfang dieses Handels gerade in diesen Monaten konnten die Ochsentriften weder an bestimmten Wochentagen noch zu bestimmten Tageszeiten eintreffen. Es konnte für sie eine Bindung an gewisse Wochentage und an gewisse Tageszeiten gar nicht in Frage kommen. Es handelte sich eben und ganz speziell um Ochsenmärkte, die außerhalb des Rahmens und außerhalb der Zuständigkeit eines solchen Wochenmarktes gehalten wurden. Irgendeine Verbindung eines solchen Ochsenmarktes mit den sonst üblichen Wochen- und Jahrmärkten scheidet völlig aus. Es handelte sich, so gesehen, auch in Bramstedt um einen „Roland der Ochsenmärkte“.

5. Der Marktplatz in Rad Bramstedt im vorigen Jahrhundert.

5. Der Marktplatz in Rad Bramstedt im vorigen Jahrhundert.

Unter dem Roland waren die Geschäfte abzuschließen. Ein getätigter Verkauf erlangte also nur Rechtswirksamkeit, wenn er unter dem Roland unter freiem Himmel zustandegekommen war Naturgemäß konnten auch Streitigkeiten entstehen und entstanden normalerweise zu allen Zeiten. Für solche Fälle war vorgesehen, daß ein sog. kaufmännisches Gericht, an welchem Einheimische wie Fremde als Beisitzer aus den Parteien teilnehmen konnten, und welches vom Amtmann geleitet wurde, darüber zu entscheiden hatte. Sogleich an Ort und Stelle mußte eine solche Entscheidung notfalls herbeigeführt werden, da Parteien wie Zeugen noch anwesend waren und sonst zum Teil weit nach dem Süden und zum andern Teil weit nach dem Norden gezogen wären. Die ununterbrochene Anwesenheit des Amtmannes aus Segeberg wird für mehrere Wochen unvermeidbar gewesen sein.

Ein Verzeichnis aus dem Jahre 1683 des Zollverwalters Lüder Tiedemann aus Ulzburg, das mir dankenswerter Weise gleichfalls von Herrn Schulrat i. R. Wilh. Ehlers in Glückstadt zur Verfügung gestellt wird, enthält Angaben. über Triften aus Bramstedt, die u. a. Ulzburg passierten. Danach handelt es sich, durch Bramstedt kommend, um folgende Transporte.

Zu Ochsenhandel. Lt. Landesarchiv Schleswig B KI 649
Nach Meldung des Zollverwalters Lüder (auch Lüdert) Tiedemann aus Ulzburg am 7. April 1683 haben an Triften die Herrschaft Pinneberg passiert:

Zoll-1683 Jahr zettelTag C

Monat Besitzer Heimatort Zahl der Pferde Ochsen

über Vltzeburg

Zollzettel Jahr 1683
Tag Monat
Besitzer Heimatort Zahl der Ochsen / Pferde
über Vltzeburg
Nr. 1 6.02. Hanß Berenß 14 –
Nr. 2 9.02. Otto Coch Hamburg 17 –
Nr. 3 13.02. Johann Helt aus Rantrup
14 Ochsen und 1Ochse des Albert Thomsen aus Husumb, der im Vorjahr „hinkend“ war
15
Nr. 4 26.02. Benndix Blume
(Kühe)
28
12
Nr. 5 6.03. Kay Bartram Brocktorff, Obristleutnant von Botkamp 14
Nr. 6 8.03. Bartolt von der Werde Brabant 201 2 + 2
Nr. 19 11.03. Berent Cornelius Wesseb 818 6
Nr. 7 12.03. Dieterich Wallens Nimwegen 244 3
Nr. 9 12.03. Lambert Timphußen 366 4
Nr. 8 12.03. Heinrich Krippring Brabant 373 3
Nr. 11 13.03. Gert in de Betaw Brabant 502 4
Nr. 10 13.03. Lambert Hülsenmeyer Brabant 829 8
Nr. 20 19.03. Jakob von Schulenborg Hollandt 516 3
Nr. 12 21.03. Bartolt Lambertß Brabandt 412 1
Nr. 13 21.03. Heinrich Törck Brabant 380
Nr. 21 21.02. Andreaß Jenßen Ahlborg 70
Nr. 22 21.03. Altewaldt von Mariacker Closter 208
Nr. 23 22.03. Hanß Benzen v. Schiersee 212
Nr. 24 22.03. Hanß Marteeßen Halbugarde (Dänemark) 30
Nr. 25 24.03. Nicolaus Schwanen und H. Lübbert Wydow Hamburg 462
Nr. 26 25.03. Jürgen Christofferßen Bürgermeister 201
Nr. 27 25.03. Sören Clemenzen Horsens 109
Nr. 28 29.03. Johan Michl auß Bremen 195
Nr. 29 30.03. Peter Jacobsen Eßwagaarde (Dänemark) 127
Nr. 30 30.03. Michäl Jenßen von See Morrsö 113
26 Triften 7078 40
Nr. 31 30.03. Jenß Jürgenßen und
Erich Nielßen
Wyborg 56
Nr. 32 7..04. Owe Wierichßen
und noch derselbe (im Auftrag)
aus der Grafschaft Oldenburg 57
15
41
Nr. 35 13..04. Matthias Stubbe
dazu im Auftrage des Groß kanzlers v. Gravenstein 20)
Harburg 236

6

Nr. 36 13..04. Peter Guel Hamburg 114
Nr. 37 13..04. Hanß Guelich Hamburg 210 1
(Hengst)
Nr. 14 15..04. Hochfürstl Dhl. Hertzog Christian zu Glückßburg (durch Carsten Lüders) Glückßburg 20
Nr. 15 23..04. Otto Coch Hamburg 20
Nr. 38 5..05. Gut Bothkamp 2(fette)
Nr. 16 11..05. Johan Witte 7
Nr. 33 3..04. Christoffer Funcke Hamburg 246
Nr. 36 4..04. Andreaß Jenßen Ahlburg 543
37 Triften 8651 41
über Wedel:
Nr. 17 6.03. Arent Osterloe und
Dieterich Kleiburg
aus Hollandt 460 2
Nr. 18 6.03. Hans Steen Wessex (Hollandt) 610 5
Nr. 34 12.03. Claus Ruest Hamburg 100
3 Triften 1170 7
Gesamtsumme 8651 41
über Wedel 1170 7
zus. 40 Triften 9821 48

Auff der königlichen Zollstette Pinnenberg Signatum Vitzeburg, 7. April Anno 1683
(L. S.) Lüdert Tiedemann

Wie wir gesehen haben, gingen aus vorgenannten Triften drei Transporte über Wedel. Wir dürfen dabei nicht übersehen, daß nach Wedel Ochsen getrieben wurden, die, gleichfalls vom Norden kommend, auch den Weg über Itzehoe – Elmshorn – Uetersen benutzten. Aus dem obigen Verzeichnis ist auch der große Umfang einzelner Triften zu ersehen und zugleich festzustellen, daß alleine mehr als 2000 Ochsen von Bramstedt aus nach Brabant getrieben wurden, abgesehen von denjenigen Triften, die über Itzehoe nach Wedel zogen und von denen gleichfalls größere Teile nach Brabant gegangen sein mögen. Aus einem in Ulzburg am 19. März 1683 ausgestellten Zollzettel entnehmen wir folgende Bestätigung 21):

„Herr Jacob von Schulenborg aus Hollandt hat heute dato allhier durchgehen lassen acht hundert neun und zwantzig Ochsen vnd acht Pferde, welche vermüge eingelieferten Bramstettische Zettuls vom 18. hujus Abtragungen oder Entrichtung einigen Zolles (die) hiesige Königl. Zollstette frey passiren bis zu der Königl. Zollstette Pinnenberg.

Vlseburg, den 19. Martii 1683.
(L. S.) Lüdert Tiedemann.“

Der Zoll war also in Bramstedt entrichtet worden. Am 11. März 1683 zogen, wie ersichtlich, durch und aus Bramstedt 1428 Ochsen, am folgenden Tag waren es 610 und am 13. März wieder 875 Ochsen gewesen, am 21. März 1683 kamen durch Bramstedt 1 378 Tiere. Wenn weiter bedacht wird, daß z. B. l 428 Ochsen an einem Tage auch nur einmal gefüttert wurden, so erforderte eine einmalige Fütterung (hier oder in einem anderen Orte) eine Heumenge von etwa 22848 Pfund. Das Geschäft der Bramstedter (wie auch in Wedel und anderswo) wird auch im An- und Verkauf von Heu-Vorräten bestanden haben. Denn ausdrücklich schreiben die Bramstedter in ihren alten Schriften, soweit solche noch vorhanden sind, daß auch der Heuhandel profitabel war. daß auch einzelne „Krüger“ auf ihre Kosten gekommen sein werden, ist anzunehmen. Auf alle Fälle bot sich auch hier für alle Triften eine oftmals notwendige und wohltuende Atempause für Mensch und für Tier. Eine neben der Beekerbrücke befindliche Furt schuf eine vorzügliche Gelegenheit zum Tränken der Tiere. Die ihnen gebotene Heumenge belief sich etwa auf 16 Pfund pro Tier, wie uns von Achelis 22) mitgeteilt wird. In einem Krug am Marktplatz fanden die Männer eine verdiente Stärkung. Einige Treiber hielten Wache bei den Tieren, während die übrigen auf einem Lager von Heu auf einer Lehmdiele ihre Ruhe fanden. Aus erhaltenen Zetteln um 1683, wie Herr Schulrat i. R Wilh. Ehlers mir mitteilt, wissen wir, daß abziehende Herden einem wegmüden oder hinkenden Ochsen hier noch das Futter gaben und ihn durch einen bekannten Kaufmann nachsenden ließen. Es hatte aber der Besitzer eines solchen Tieres den Zoll dafür im voraus in Ulzburg zu entrichten, so daß jener Ochse „allezeit frei passieren konnte“. Bevor nun alle Tiere mit einem Ruf: „Hüüü, Oss“, marschfähig gemacht wurden, wurde noch einmal für Tränken und Fütterung gesorgt. Wenn alsdann der Besitzer der Herde alles mit gutem Silbergeld bezahlt und seinen Reisewagen oder sein Reitpferd bestiegen hatte, gab er das Zeichen zum Aufbruch und zum Marsche bis zur nächsten Zollstelle. Wie aber mag es auf dem Marktplatz ausgesehen haben. Keine Chronik berichtet darüber, wie auch jede Kenntnis darüber fehlt, ob und inwieweit die Einwohner zur Säuberung verpflichtet waren. Man vermag sich aber zu denken, daß die Bramstedter, die selbst Bauern waren, gerne den vielen Dung ernteten, der dort jeweils verblieb. Auch hinsichtlich des Zolles war man in jenen Zeiten nicht ängstlich. „Man muß nehmen, was man kriegen kann, sonst nehmen sie den anderen Weg“. So lautete eine Weisung für die Beamten auf Rantzau, als Ochsen aus Bramstedt nicht über Barmstedt, sondern über Ulzburg ihren Weg zu nehmen drohten 23). Nicht immer war der Durchgang der alljährlichen Triften der gleiche. Es gab ein Auf und ein Ab und auch einen Niedergang. In den Zeiten des 30jährigen Krieges ließ der Handel nach. Es war, wie Ludwig Andresen 24) schrieb, das 17. Jahrhundert ein Jahrhundert der Kriege gewesen, und es habe sich nicht vermeiden lassen, daß durch Schleppvieh fremder Armeen immer wieder ansteckende Krankheiten ins Land geführt wurden. Am 31. Januar 1638 habe Christian IV. ganz allgemein angeordnet, daß das verstorbene Vieh

6. Die uralte Furt neben der Beekerbrücke.

6. Die uralte Furt neben der Beekerbrücke.

nicht unbegraben bleiben solle, daß es vielmehr so tief in die Erde zu vergraben sei, daß Hunde und andere Tiere es nicht wieder auskratzen könnten. Im folgenden Jahrhundert habe das ganze Land unendlich schwer durch die Viehseuche leiden müssen, die, angeblich 1712 von Italien ausgehend, ganz Europa wiederholt heimgesucht habe. Auch die Bramstedter Kirchenchronik berichtet 1766 von einer hier stark grassierenden Viehseuche, „sodaß in kurzer Zeit fast alles Vieh weggestorben sei“. Eine Wandlung anderer Art brachte die allmählich beginnende Aufnahme der eigenen Weidenbewirtschaftung auch in den hiesigen Marschen. Die einst großen und bedeutenden Ochsenmärkte hier und anderswo verminderten und verloren sich schließlich im Wandel der Zeit.

Weder der Flecken noch das ältere Bleek Bramstedt haben ein eigenes Ding und Recht oder ein eigenes Criminalgericht gehabt. Aber das K i r c h s p i e l Bramstedt hatte beides. Der Galgen des Criminalgerichts stand auf Bramstedter Boden, außerhalb des bewohnten und bebauten Bleeks und Fleckens. Noch 1723 wird seiner gedacht. Lange hatte dort ein Missetäter gehangen. Es war ein Dieb gewesen. In Föhrden hatte er einem Hausmann Schafe aus dem Stall gezogen und sie nach Hamburg bringen wollen. Die Föhrdener waren ihm gefolgt und seiner auf dem Wege nach Hamburg habhaft geworden. Er war vor das Criminalgericht gebracht, verurteilt und gehängt worden. Besetzt war das Gericht von dem Amtmann aus Segeberg gewesen, ferner von dem Amtsverwalter, dem hiesigen Kirchspielsvoigt, den hiesigen Dingvoigten, weiteren zwei Besitzern und schließlich und vornehmlich von den

7. Der „Ochsenweg" in Bad Bramstedt.

7. Der „Ochsenweg“ in Bad Bramstedt.

16 Holsten oder, wie man sie auch nannte, von den 16 Männern. Das Urteil selbst war im Namen der 16 Holsten verkündet worden. Das Gericht war vor dem Hause des Kirchspielvoigts im Flecken auf der Straße und noch vor der Tür des Hauses gehalten worden. Das Gericht stand also abseits vom Roland, nicht bei ihm und nicht unmittelbar hinter ihm, stand also ohne offensichtliche Beziehung zum Roland, von welchem hier ohnehin eine solche Beziehung weder zum Ding und Recht des Kirchspiels noch zum Criminalgericht jemals bekannt geworden ist.

Flurnamen, die uns an die Stätte des Strafvollzugs erinnern, sind „Bei dem Gerichte“ und „Düsternhoop“. Die Bezeichnung „Bei dem Gerichte“ bezog sich auf den Galgen, den man damals hier Gericht und auch Gerecht nannte. Das Gelände „Düsternhoop“ war mit Buschholz und vielleicht auch mit etwas Wald bestanden gewesen, und es war ohne Kenntnis der einstigen lokalen Bedeutung entschuldbar, die Entstehung des Namens aus der Tatsache des früheren Busch- und Waldbestandes zu deuten. In Wirklichkeit kann nur folgende Deutung in Frage kommen. Nördlich vom bebauten und bewohnten Teil „Düsternhoop“ befindet sich der „Radeberg“, auch „Rabarg“ genannt. Auf diesem wurden, wie es ohne Zweifel einst so gewesen, sein wird, die Schwerverbrecher gerädert. Südlich dieses bewohnten „Düsternhoops“ befand sich der Galgen. Beiderseits wurden jeweils Pfähle eingegraben und auf diesen die Köpfe der Verbrecher zur Schau gestellt. An dem Galgen hing – vielleicht wochenlang und länger – einer der Gehängten. Beide Stätten und Geländeteile in der Nachbarschaft waren Stätten des Grauens geworden. Beide Plätze des Strafvollzugs machten diese Gegend zu einem „Düsternhoop“.

Auch von einem Bramstedter Göding ist viel gesprochen und geschrieben worden. Auch dieses stand in keiner Beziehung zum Roland,

8. Die alte Heerstraße in Bramstedt, heute „Butendoor" genannt.

8. Die alte Heerstraße in Bramstedt, heute „Butendoor“ genannt.

da es nach neueren Nachrichten überhaupt erst im 15. Jahrhundert geschaffen wurde. 1559 wurde es bereits wieder aufgehoben, nachdem es zuletzt ohnehin nur noch selten gehalten worden war. Aus einer Thingstätte hatten sich das Kirchspielsgericht und das Criminalgericht entwickelt, daß letzteres später, z. B. 1723, vor dem Hause des Kirchspielvoigts gehalten wurde, schließt nicht aus, anzunehmen, daß in früheren Zeiten der Platz bei der Kirche (heute Kirchenbleek genannt) sowohl Thingstätte als auch nachfolgend Stätte des Ding und Rechts und des Criminalgerichts wie auch Stätte des Gödings des 15. und 16. Jahrhunderts gewesen ist. Denn wiederholt wird in Schriften die Ansicht geäußert, daß gerade an den Gerichts- und Versammlungsplätzen unserer Vorfahren die Kirchen errichtet wurden, Zudem war in den Zeiten des 15. und 16. Jahrhunderts der Marktplatz, auf welchem der Roland stand, wegen der Ochsenmärkte für Zwecke des Gödings nicht zu gebrauchen gewesen. Abgesehen hiervon ergibt sich die an sich zunächst noch klare Tatsache, daß bezüglich weiterer Plätze früherer Gödinge anderer hiesiger Grafschaften oder Teile derselben von dem Vorhandensein eines Rolandes mit einer Verbundenheit mit einem Göding nichts bekannt geworden ist. Der Roland des Bleeks Bramstedt würde deshalb eine sehr auffallende Sonderstellung eingenommen haben, wenn nur er alleine Beziehungen zu einem Göding des 15. und 16. Jahrhunderts gehabt haben sollte. Eine solche Sonderstellung werden wir unserm Roland ohne Bedenken und ohne Minderung seines sonstigen Ansehens zunächst noch gerne streitig machen können.
Im öffentlichen Leben der Stadt stand der Roland im Mittelpunkt von festlichen Veranstaltungen mancherlei Art. Fahnen und Banner schmückten seine Umgebung.
Das Bramstedter Wappen enthält seit 1878 sein Bild: Auf schleswig-holsteinischem Nesselblatt den Roland in Silber auf rotem Grunde. Im Jahre 1956 wurde das Wappenbild geändert. Es zeigt nun in Blau einen silbernen, mit goldenem Panzer und goldenem Helm gerüsteten römischen Krieger, der in der seitlich ausgestreckten rechten Hand ein nach oben gerichtetes kurzes römisches Schwert hält und sich mit der linken auf ein holsteinisches Wappenschild (in Rot ein silbernes Nesselblatt) stützt.

9. Der Stein am Hause „Rolandseck".

9. Der Stein am Hause „Rolandseck“.

Es geht die Sage, daß unter dem Roland ein Behälter mit wichtigen Papieren über uralte Privilegien verborgen worden sei. Später habe man diese Papiere beseitigt und sie nach Kopenhagen gebracht. Anfragen, die in Kopenhagen gestellt wurden, brachten keine Aufklärung. Um den Erdhügel herum befindet sich eine niedrige Steinmauer. Sie enthält auf der Ostseite kaum noch sichtbare Findlinge mit eingemeißelten Inschriften der Namen von Persönlichkeiten, die zur Zeit der Renovierung 1827 Vertreter des damaligen Fleckens waren. Ein anderer Stein daselbst erinnert an Jürgen Fuhlendorf, den Fleckensvorsteher des Jahres 1685. Doch hat dieser Stein mit dem Roland nichts zu tun. Ein ähnlicher Stein befindet sich am Hause „Rolandseck“.
Um die Mitternachtsstunde, so hieß es früher, drehe sich der Roland herum.
Wenn ehemals eine Braut von außerhalb in eine Familie Bramstedts hineinheiratete, dann wurde die Braut mit ihrem gesamten Gut bei ihrem Eintreffen dreimal um den Roland gefahren.
Scherzweise wurde der Bramstedter Roland von hiesigen Bürgern in den Gastwirtschaften verpfändet oder als Bürge gebraucht.

10. Das alte Bramstedter Wappensiegel.

10. Das alte Bramstedter Wappensiegel.

Bramstedt hat eine Gastwirtschaft „Rolandseck“ und „Zum Wappen“. Den Namen Roland finden wir auch in den Bezeichnungen: Roland-Apotheke, -Bäckerei, -Bauer, -Lichtspiele, -Schützenverein und in anderen.

Die Tradition des sog. Rolandtanzes hat ihre Wurzeln in den Erinnerungen an folgende Begebenheiten. Das ganze Amt Segeberg (mit Ausnahme der Städte Segeberg und Oldeslö) war 1665 vom König verpfändet gewesen, also auch der Flecken Bramstedt 25). Ausdrücklich war vom König ausbedungen worden, daß die Untertanen mit keiner weiteren Leibeigenschaft belegt werden sollten, „als worinnen sie jetzo stehen“. Die Fleckenseinwohner waren aber von derartigen oder ähnlichen Belastungen völlig frei gewesen und frei geblieben. Dennoch hatte Johann Gottfried Graf von Kielmannsegg, der am 27. Oktober 1685 die Verpfändungsurkunde über den Flecken Bramstedt käuflich erworben hatte, alsbald nach Erwerb versucht, die Einwohner des Fleckens zu behandeln, als ob sie tatsächlich seine Leibeigenen geworden wären. Einmütig erhob sich der Flecken. Noch vor Ablauf des gleichen Jahres hatten die Bramstedter erreicht, daß der König erklärte, daß, wenn der Flecken sich selber für 14 000 Taler einlösen wolle, der Kauf mit Kielmannsegg nicht gelten solle. Der Flecken ging hierauf ein, belastete sich aber mit der Verpflichtung zur Aufbringung der obigen 14000 Taler. Am 24. Dezember 1685 wurden darüber die erforderlichen Urkunden vollzogen . Die Bedrohung der Fleckensfreiheit durch Kielmannsegg war endgültig und für immer abgewehrt worden. In Erinnerung an diese Begebenheit, teilweise vom Fleckensvorsteher Jürgen Fuhlendorf aufgezeichnet, wird

11. Das Rolandwappen bis 1956,

11. Das Rolandwappen bis 1956,

heute noch alljährlich am ersten Dienstag nach Pfingsten beim Sonnenuntergang von der Bramstedter Fleckensgilde im geschlossenen Zuge unter Vorantritt einer Musikkapelle dreimal der Roland umzogen. Ursprünglich war es ein Tanz gewesen, der in früherer Zeit auch nicht an einem Dienstag, sondern an einem Mittwoch nach Pfingsten alljährlich wiederholt worden war. Unverändert im Inhalt und Umfang mögen dabei die nachfolgenden Zeilen weiterhin Kunde geben von einem Ruf dahingegangener Geschlechter:

So lang de Wind weiht,
Und de Hahn kreiht,
Sall um-n Roland danzt warn,
wenn de Sünn ünnergeiht


Um noch einmal kurz zu wiederholen:

1. Bramstedt hatte seine eigenen Ochsenmärkte.
2. Diese alten Ochsenmärkte hatten nichts mit Wochen- und Jahrmärkten zu tun.
3. Die Wochen- und Jahrmärkte hatten nichts mit dem Roland zu tun.
4. Der Roland in Bramstedt war ein Roland der Ochsenmärkte und zugleich ein Symbol für ein örtliches Sondergericht, das einst von dem König als Landesherrn für die „Elbezeit“ geschaffen worden war. Der hiesige Roland war die Bezeichnung für die Stätte dieses Gewohnheitsrechts, das durch den Ochsenmarkt bedingt wurde. (Das gleiche galt auch vom Roland zu Wedel, den einst die Schauenburger Grafen nahe der Elbfähre in ihrer holsteinischen Grafschaft setzen ließen).
5. Ein Ochsenhandel konnte nur unter dem Roland getätigt werden und
6. Entscheidungen über Streitigkeiten beim Ochsenhandel (und nur solche beim Ochsenhandel) wurden unter dem Roland unter freiem Himmel gefällt.
7. Auch zum Göding des 15. und 16. Jahrhunderts und
8. zum Ding und Recht des Kirchspiels wo auch zum Criminalgericht stand der Roland in keiner Beziehung.

Wir versuchen vielleicht, uns vorzustellen, welch ein Bild sich bot, wenn die vielen großen und kleinen Ochsentriften eintrafen, mit Händlern und mit Treibern, und wie die Einwohner sich bemüht haben werden, ,, auch beim profitablen Heu- und Ochsenhandel immer wieder ihre Geschäfte zu machen, und Händler und Treiber zufriedenzustellen. Gleich Männern und Richtern aber standen, alle und alles überragend, Jahrzehnte und Jahrhunderte überdauernd, der Roland und seine Ahnen.



Anmerkungen:
1. Im Archiv der Stadtverwaltung Bad Bramstedt.
2. Im Archiv der ev.-luth. Kirchengemeinde in Bad Bramstedt.
3. Danckwerth: „Neue Landesbeschreibg. der Herzogt. Schl. u. Holst.“ 1652, Seite 240 – 241.
4. Nach Dr. Heldmann: „Die Rolandsbilder Deutschlands“, Halle 1904, Seite 146 ff.: H. Rantzow I 9.
5. Dr, Görlitz: „Der Ursprung und die Bedeutung der Rolandbilder“. Weimar 1934, Seite 202.
6. Eugen Wohlhaupter: „Beiträge zur rechtlichen Volkskunde Schl.-H.“, in „Nord elbingen“, 1940, Band 16, S. 153.
7. Dr. Rich. Haupt: „Rolande in Nordelbingen“, in „Nordelbingen“, 1930/31, Band 8, S. 257 ff.
8. Nach Gertrud Schrecker: „Das spätmittelalterliche Straßennetz in Holstein undLauenburg“ in „Zeitschr. der Ges-. für Schl. -Holst. Geschichte“, Neumünster 1933 Seite 47: Hbg. St. A. C L VII Lit. Ec. no. 4 vol 10.
9. Ehlers, Wilh.: „Geschichte und Volkskunde des Kreises Pinneberg“, Elmshorn 1922 Seite 451.
10. Ehlers, Wilh.: Ebenda Seite 452.
11. Ehlers, Wilh.: Ebenda Seite 459.
12. Dr. F. Voigt: „Über den ehemaligen Ochsenmarkt zu Wedel etc.“ in „Mittheilungen des Vereins für Hamb. Geschichte“, 1886 Seite 113.
13. Handelmann, Prof.: Ebenda, 1886 Seite 171.
14. Corp. Const. Hols. Band III Seite 1355.
15. Akte B IX 5 Nr. 38 des Landesarchivs in Schleswig.
16. Nach Dr. Heldmann, a. a. O. Seite 146 ff.: H. Rantzow I 9.
17. „Holst. Tourist“, Hamburg 1836, Seite 222.
18. Görlitz Dr., a. a. O. Seite 117.
19. Trogillus Arnkiel: „Ausführl. Eröffnung etc.“ 1703 (IV. Teil Zimbr. Heidenbekehrung 1702 S. 141 ff.).
20. Es handelte sich um Friedrich von Ahlefeldt, der 1662 das Gut Gravenstein kaufte und das Schloß erbauen ließ. 1667 erwirbt er die Kgl. Wildnis bei Glückstadt. 1675 „Großkanzler“. + 1886.
21. Ehlers, Wilh.: Von ihm dankenswerter Weise schriftlich mir zur Verfügung gestellt.
22. Thomas Otto Achelis: „Aus der Geschichte des jüitischen Ochsenhandels“ in „Zeitschr. d. Ges. f. Schl.-Holst. Gesch.“, 1930 Seite 179.
23. Ehlers, Wilh.: a. a. O., Seite 462.
24. Ludwig Andresen: „Zur Geschichte des Viehhandels im Amte Tondern.“ Kiel 1929.
25. Jürgen Fuhlendorf, Handschrift „Extrack oder Brüderlicher Bericht etc.“, in Abschrift im Archiv der Stadtverwaltung Bad Bramstedt befindlich.

Literatur:
1. Über den Roland in Bad Bramstedt
MaxRöstermundt: „Vom Roland in Bad Bramstedt“, in „Heimat“ Jahrg. 1930 S. 173 ff.
Richard Haupt: „Rolande in Nordelbingen“ in „Nordelbingen“, Band 8 Seite 257 ff.
Eugen Wohlhaupter: „Beiträge zur rechtlichen Volkskunde in Schl.-Holst.“ in „Nordelbingen“, Band 16 S. 149 ff.
MaxRöstermundt: „Bad Bramstedt, Der Roland und seine Welt“, Verlag Karl Wachholtz, Neum., 1952.

2. Über Ochsenmärkte u. a.
Rud. Brinkmann: „Der Ochsenmarkt in Wedel und das Gericht der Ochsenhändler vor dem Roland daselbst“, in „Jahrbuch der Landeskunde Schl.-H. u. L.“, 1861, Seite 34 ff.
Dr. F. Voigt: „Über den ehemaligen Ochsenmarkt zu Wedel etc.“ in „Mitteilungen des Vereins für Hamb. Geschichte“, 1886, 9. Jahrg., Seite 109 ff.
Prof. H. Handelmann: „Über den ehemaligen Ochsenmarkt zu Wedel“, in „Mittheilungen des Vereins für Hamb. Geschichte“, 1886, 9. Jahrg., S. 171 ff.
Unbekannt: „Nachträgliches von den ehemaligen Ochsenmärkten zu Wedel und Bramstedt“, in „Mitt. d. Vereins für Hamb. Geschichte“, 1890, 13. Jahrg. S. 77 ff.
Rich. Ehrenberg: „Aus der Vorzeit von Blankenese und den benachbarten Ortschaften Wedel etc.“, 1897, Verlag Otto Meissner, Hamburg, Seite 19 ff.
Adolf Jürgens: „Zur Schl.-Holst. Handelsgeschichte des 16. u. 17. Jahrhunderts“, 1914, Verlag Karl Curtius, Berlin.
Wilhelm Ehlers: „Geschichte und Volkskunde des Kreises Pinneberg“, 1922, Verlag J. M. Groth, Elmshorn, S. 450 ff.
Ludwig Andresen: „Zur Geschichte des Viehhandels im Amte Tondern“, 1929, Nordmark Verlag in Tondern.
Otto Achelis: „Aus der Geschichte des jütischen Ochsenhandels“, in „Zeitschr. der Ges. f.. Schl.-Holst. Geschichte“, 1930, Band 60, Heft 1 S. 173 ff.
Wilhelm Ehlers: „Nachrichten über das letzte Jahrh. des Ochsenmarktes zu Wedel“ etc., in „Jahrbuch der Elbmarschen“, 1941, S. 43 ff.
Ehlers/Arens: „Aus Schlesw.-Holst. Vergangenheit“, 1954, Band II, S. 31 ff.: „Der Ochsenmarkt zu Wedel“, Verlag Georg Westermann.

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