Neumann: Festschrift zum 50jährigen Bestehen der Jürgen-Fuhlendorf-Schule

Im Jahre 1958 konnte die Jürgen Fuhlendorf-Schule auf ein 50jähriges Bestehen zurückblicken. Aus diesem Anlaß entstand eine Festschrift, deren Text ich hier wiedergebe.


FESTSCHRIFT
zum 50jährigen Bestehen
der
JÜRGEN-FUHLENDORF-SCHULE in Bad Bramstedt
1. Mai 1908
——————-
1. Mai 1958JFS1958_50J_Titel

INHALTSÜBERSICHT

Zum Geleit

3

Der Gründer unserer Schule

4

Gedenktafel für die Gefallenen

6

E. Neumann Fünfzig Jahre Jürgen-Fuhlendorf-Schule

7

H. Ralf Sozialstruktur und höhere Schule in Bad Bramstedt

27

G. Wangerin Der Physikunterricht
Vergangenes, Erreichtes, Erwünschtes

31

Katharina Nauck Gedanken über Ziel und Bedeutung des neusprachlichen Unterrichts

36

H.W. Meyer Unser Laienspielkreis

42

S. Soth Habe ich durch das Bestehen der Reifeprüfung den Beweis erbracht, daß ich ein gebildeter Mensch bin?

53

E. Baar Fahrt zum Abitur im Schnee steckengeblieben

57

Ein Schulalltag im Jahre 1958

60

Verzeichnis der Lehrkräfte

62

Verzeichnis der Abiturienten

63

Zum Geleit

In den ersten fünfzig Jahren ihres Bestehens hat sich die Jürgen-Fuhlendorf-Schule in Bad Bramstedt in mannigfachen Wandlungen zu ihrer heutigen Gestalt entwickelt. Es waren gewiß keine leichten Jahre, und deswegen erscheint es mir berechtigt, wenn die Schule voll Freude über das Erreichte ihr Jubiläum feiert.
Als Privatschule auf Initiative von Schülereltern und Freunden der Jugend gegründet, hat sie sich in mühevollem Ringen aus kleinsten Anfängen heraus entwickelt. Sie hat auch noch, als sie zu der von einer Stiftung getragenen Oberschule geworden war, um ihre Existenz kämpfen müssen, bis das Land Schleswig-Holstein sie vor einem Jahr als Staatliches Gymnasium übernommen hat und damit auf eine sichere Grundlage gestellt hat.
Diese ihre besondere Entwicklungsgeschichte hat den Charakter der Schule geprägt und in ihrer Schulgemeinde stärkere und persönlichere Bindungen zu ihrer Schule geschahen, als man sie gemeinhin an unseren öffentlichen Schulen zu finden pflegt.
Von dieser Grundlage aus bieten sich für die Jürgen-Fuhlendorf-Schule, zumal sie auch als staatliches Gymnasium mit vierhundert Schülern und Schülerinnen eine überschaubare Größe bewahrt hat, besonders günstige Voraussetzungen für die Pflege einer echten Partnerschaft zwischen Eltern, Schülern Lehrern.
Daß die Schule diese ihre besonderen Möglichkeiten auch in der Zukunft zum Besten der ihr anvertrauten Jugend pflegen und weiterentwickeln möge, ist der Wunsch, den ich ihr als Kultusminister des Landes Schleswig-Holstein an ihrem Jubiläumstage mit auf den Weg geben möchte.

Osterloh


Der Gründer unserer Schule
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Das zwischen dem Bereich der Schulen von Hamburg, Elmshorn, Itzehoe, Neumünster, Segeberg und Oldesloe liegende Landgebiet verdankt sein Gymnasium einem Bauernsohn.

Ernst Hümpel, am 29. Mai 1867 geboren, war das achte Kind des Halbhufners Franz Joachim Nicolaus Hümpel zu Borstorf im Herzogtum Lauenburg. Er selbst hat nach dem Besuch der Dorfschule zwei Jahre lang als Knecht auf dem Hofe seines Bruders gearbeitet. Eines Tages nahm sich der Pastor von Breitenfelde seiner an und ermöglichte dem inzwischen Sechzehnjährigen den Besuch der Gelehrtenschule zu Ratzeburg. Die Reifeprüfung bestand Ernst Hümpel mit einundzwanzig Jahren, mit sechsundzwanzig Jahren promovierte er in Greifswald magna cum laude zum Dr. phil., mit neunundzwanzig Jahren legte er die theologische Amtsprüfung ab.
Ernst Hümpel hat mit erstaunlicher Hartnäckigkeit, unter großen Entbehrungen seinen Berufsweg verfolgt. Immer wieder mußte er sein Studium unterbrechen und als Hauslehrer seinen Lebensunterhalt verdienen. Lediglich den prekären wirtschaftlichen Verhältnissen ist es zuzuschreiben, daß der junge Dr. et lic. auf die von der Theologischen Fakultät in Greifswald bereits gestattete Habilitation verzichtete.
D. Theodor Kaftan ordinierte den Dreißigjährigen zum Geistlichen. Am 20. Januar 1901 übernahm Dr. Hümpel die Pfarre in Bad Bramstedt. Im gleichen Monat heiratete er Dorothea Katterfeld, die Tochter des Pastors zu Preetz.

In dem kaum zur Stadt gewordenen Bramstedt gründete der Vierzigjährige angesichts eines sehr zurückhaltenden Königlich -Preußischen Provinzialschulkollegiums eine höhere Privatschule. Drei Jahre leitete er die Schule selbst, vier Jahre führte er den Vorsitz im Schulverein, um dann in einem abrupten Entschluß – das Protokollbuch nennt Gesundheitsrücksichten – sein eigenes Werk sich selbst zu überlassen. Unser Bild – es stammt aus der Gründungszeit – zeigt einen früh gealterten Menschen. Dennoch hat damals wohl niemand geahnt, daß das Leben dieses willensbestimmten, schaffensfreudigen, gelegentlich etwas heftigen Mannes sich bereits seinem Ende zuneigte.
Mit fünfzig Jahren ist Ernst Hümpel am 23. Februar 1918 einem Schlaganfall erlegen.

Die älteren Bramstedter erinnern sich noch recht gut ihres Pastors, der, von großer Statur, mit auf dem Rücken verschränkten Händen die Straßen durchschritt, gelegentlich begleitet von einem lateinische Vokabeln hersagenden Schüler. Sie erinnern sich, daß der Pastor die Jugend zu Sonntagsausflügen einlud und ihr – in Fragen der Moral selbst von rigoroser Gesinnung – gehörig den Kopf zurechtsetzte.
Pastor Hümpel kümmerte sich um Fragen der Kommunalpolitik ebenso wie um den Ausbau der Eisenbahnstrecke Bad Bramstedt – Neumünster. Gern schränkte er im Schleswig-Holsteinischen Sonntagsboten den Raum für die Gemeindenachrichten ein, um gegen die Freisinnigen zu Felde zu ziehen oder gar um Friedrich Dernburgs „Kritik der Nationen“ zu rezensieren.
Pastor Hümpel war ein königstreuer Mann und guter Patriot. Kein Wunder, daß er, der Geistliche, am ersten Mobilmachungstag 1914 seine Pflicht darin sah, vor dem Roland zu den Bramstedtern zu sprechen. Während der Kriegsjahre unterhielt er mit den Einheitsführern der an der Front stehenden Gemeindemitglieder einen ständigen Briefwechsel. Den Angehörigen der Gefallenen hat er immer selbst die Todesnachricht überbracht.

Über dem Eingang unseres Altbaus steht die etwas altfränkisch anmutende Sentenz „Alles für die Jugend und das Vaterland“.
Ich glaube, dahinter verbirgt sich eine Art Vermächtnis des Gründers unserer Schule. Jenes Mannes, dem die Schwere der eigenen Jugend Ziel und Maß seines Lebens setzte.

H. Ralf


Unsere Gefallenen
1914-1918

Bernhard Otte
Karl Reumann
Heinrich Schümann
Hans Schlüter
Hans Sievert
Heinrich Timmermann

1939 – 1945

Klaus Asbahr
Fritz Barth
Horst Cordua
Hans-Jürgen Franke
Hans-Georg Glass
Günter Hargens
Hermann Hargens
Ludwig Hartmann
Helmut Hauschildt
Wolfgang Hauschildt
Curt Hoffmann
Fritz Kahl
Hans-Alfred Kahl
Helmut Kay
Heinrich Köhnke
Hermann Krüger
Paul Krüger
Heinz Kruse
Erich Kunrath
Alfred Lienau
Gustav Lienau
Gerd Neumann
Heinrich Ohrt
Hans Oldenburg
Arthur Oppermann
Günther Rabben
Heinrich Rathje
Otto Runge
Joachim Schloe
Adolf Schröder
Heinz Schümann
Peter Schümann
Paul Schulz
Dr. Helmut Schwarz
Otto Seller
Walter Sorgenfrei
Paul Stammerjohann
Heinrich Stau
Dieter Stiller
Hans-Adolf Thies
Max TietjensG
Gustav Timmermann

Johannes Christian Wrage

50 Jahre Jürgen-Fuhlendorf-Schule

Oberstudiendirektor Dr. E. N e u m a n n

Nihil intellegitur, nisi diligitur

50 Jahre – welch winzige Zeitspanne im Meer der Ewigkeit! Und auch in der mensch­lichen Geschichte: Was bedeutet schon dort ein Halbjahrhundert gegenüber den gewaltigen Entwicklungen politischer, wirtschaftlicher und technischer Art, die sich auf weit größere Zeiträume erstrecken? Und 50 Jahre einer Schule? Selbst in diesem engeren Bezirk menschlichen Geschehens ist diese Zeitspanne gering .zu nennen, wenn man an die Zahl der Jahre denkt, auf die manche altehrwürdigen höheren Schulen in Deutschland und anderen Kulturländern zurückschauen können. Und doch, wenn ich im Rahmen dieser Festschrift einen Überblick über die 50jährige Geschichte der Jürgen-Fuhlendorf-Schule in Bad Bramstedt gebe, so tue ich es nicht nur freudig, sondern auch in dem Bewußtsein, eine lohnende und dankbare Aufgabe zu erfüllen. Einmal läßt ein solcher Überblick den Wandel der Zeiten in überaus interessanter Weise spürbar werden, und zwar bei der engen Verbindung, die von jeher zwischen der Jürgen-Fuhlendorf-Schule und ihrem Domizil, Bad Bramstedt, bestanden hat, gerade auch innerhalb dieser Stadt und ihrer Umgebung; zum anderen ist die Entwicklung unserer Anstalt selber bemerkenswert, da wohl selten eine Schule, aus bescheidensten Anfängen erwachsen, sich in dem geschichtlich gesehen nur kurzen Zeitraum von fünf Jahrzehnten in so erstaunlicher Weise entfaltet hat. Dabei soll der Opferfreudigkeit und privaten Initiative interessierter Männer und Frauen aus Bad Bramstedt und Umgebung besonders gedacht werden, ebenso der Bemühungen meiner Vorgänger, der einstigen Leiter der Schule, und aller ihrer Mitarbeiter. Es darf dadurch aber keineswegs die Förderung, die staatliche Stellen und andere Behörden unserer Anstalt angedeihen ließen, in den Hintergrund gerückt oder gar verkleinert werden. Die nachfolgenden Ausführungen werden auch diesen nicht gering zu schätzenden Faktor im Aufstieg der Schule an gegebener Stelle gebührend werten. Nur eins sei noch vorangeschickt: Da ich erst etwa ein Jahrzehnt der Jürgen-Fuhlendorf -Schule als Lehrer und Anstaltsleiter zugehöre, so bin ich mir dessen bewußt, daß meine nachfolgende Darstellung manche Unzulänglichkeiten, vielleicht sogar Ungenauigkeiten und Irrtümer enthalten mag, obwohl ich bemüht war, aus noch vorliegenden Protokollen, Mitteilungsbüchern, Eingängen aller Art und sonstigen vorhandenen Unterlagen zu schöpfen und von älteren früheren Schülern Wissenswertes zu erfahren, vor allem die jeweilige Eigenart der Atmosphäre seit Bestehen der Schule nachzuempfinden und nachzuzeichnen. Allen denen, die mich bei diesem Suchen und Bemühen unterstützt haben, gebührt mein herzlicher Dank, besonders Herrn Studienassessor Dr. Ralf, meinem Helfer bei der Sammlung und Sichtung des vorliegenden Materials.

I. Höhere Privatschule

1908 – 1922

Zu Beginn unseres 20. Jahrhunderts wurde im Zeichen des steigenden Wohlstandes und Bildungsstrebens im deutschen Kaiserreich bei einigen besser situierten Familien in der damals rund 2500 Einwohner umfassenden kleinen Landstadt Bad Bramstedt der Wunsch rege, am Ort eine höhere Privatschule zu errichten. Sie sollte befähigte Kinder aus der Stadt und ihrer Umgebung auf den späteren Besuch einer höheren Lehranstalt vorbereiten. Es ist das unvergängliche Verdienst des damaligen Pastors lic. Dr. Ernst Hümpel, daß er sich zum energischen Verfechter dieses an ihn herangetragenen und von ihm selbst lebhaft gehegten Wunsches machte. Dabei fand er in dem hiesigen Arzt Dr. med. Paul Wulf einen umsichtigen, tatkräftigen Helfer. In der ganzen Umgegend, auch in Kaltenkirchen und Großenaspe, wurden Werbeabende veranstaltet, in denen Pastor Hümpel durch Darlegung der Vorteile, die das Vorhandensein einer solchen Schule für die heranwachsende Jugend biete, mit Erfolg für seinen Plan Stimmung machte. Nachdem bereits verschiedene vorbereitende Versammlungen und Sitzungen stattgefunden hatten, wurde schließlich am 2. Februar 1908 der „Verein für die Höhere Privatschule“ gegründet und beschlossen, die Schule möglichst bald ins Leben zu rufen. Es bildete sich ein geschäftsführendes Kuratorium, bestehend aus Pastor Dr. Hümpel, Dr. Wulf, Amtsgerichtssekretär Matthies, Viehhändler H. Langhinrichs und Pensionsbesitzer G. Meyer aus Bad Bramstedt sowie O. Möller und Tischlermeister Lüders aus Kaltenkirchen. Der genannte Beschluß fand in der Elternschaft so großen Widerhall, daß man, nachdem die Regierung in Schleswig die einstweilige Genehmigung erteilt hatte, sofort an die Arbeit gehen konnte. Zwei im Wohnhaus (1. Stock!) des Tischlermeisters Graf im Landweg zur Verfügung stehende Räume wurden entsprechend eingerichtet und die Schule am 1. Mai 1908 mit 39 Kindern eröffnet. Das war also recht eigentlich der Geburtstag unserer jetzigen Jürgen-Fuhlendorf-Schule. Welche Wandlung, wenn man das heutige staatliche Gymnasium mit dem schwachen Gebilde vergleicht, als das sich uns die höhere Privatschule von Bad Bramstedt im Jahre 1908 bei ihrer Eröffnung darstellt: Damals fanden sich 39 jüngere Kinder zu gemeinsamem Unterricht in dem oberen Teil eines Wohnhauses zusammen, heutzutage gehen 400 Jungen und Mädchen in dem ausgedehnten Schulgebäude mit seinen 20 Unterrichtsräumen in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs ein und aus, um hier von insgesamt 25 Lehrkräften in den Klassen VI – OI mit dem Ziel der Reifeprüfung zeitgemäßen Unterricht zu empfangen. Wie andersartig, ja, fremdartig muß uns das innere Gefüge dieser Schule in ihren Anfängen erscheinen: Die meisten Kinder besuchten damals die sogenannte Vorschule als Vorstufe zum Eintritt in die Sexta, einige wenige die Sexta selbst, die Hauptklasse, wie sie offiziell hieß. Höhere Klassenstufen waren zunächst noch nicht vorhanden. Die Zahl der zur Verfügung stehenden Lehrkräfte aber belief sich auf vier, von denen jedoch nur eine einzige hauptamtlich wirkte: Fräulein Frieda Krüger aus Barmen. Sie war also die erste eigentliche

Landweg 28

Graf’sches Haus im Landweg 28 Am Bahnhof 16 im Jahr 1912

Lehrkraft unserer Schule. Außerdem unterrichteten Pastor Dr. Hümpel, die im Meyerschen Pensionat tätige Lehrerin Fräulein Pfähler und der an der Volksschule angestellte Lehrer A. Kühl nebenamtlich. Pastor Dr. Hümpel aber als Leiter der Schule gab der jungen Anstalt auf Jahre hinaus ihr Gepräge. Einige frühere Schüler, heute nicht mehr gerade die jüngsten an Lebensalter, schildern ihn als imposante Gestalt, gar streng und ziemlich gefürchtet, selbstlos und hilfsbereit, aber auch aufbrausend und impulsiv, eine eindrucksvolle und mit hervorragender Rednergabe ausgestattete Persönlichkeit von Format. An Schulgeld wurden erhoben in der Vorschule jährlich 100 M, in der Hauptschule 120 M. Der Etat – im ersten Jahr mit einer Endsumme von 4500 M – war knapp bemessen, und so fehlte es im Anfang an Lehrmitteln jeglicher Art. Nach und nach wurde dann das Nötigste angeschafft, manche Stücke von Gönnern der Schule gestiftet. So schenkte ein Einwohner aus Kaltenkirchen 200 M zur Beschaffung eines Harmoniums, wie überhaupt schon für diese erste Werdezeit der Bramstedter Schule das starke Interesse, das ihr unser Nachbarort Kaltenkirchen entgegenbrachte, charakteristisch erscheint. Diese Verbundenheit besteht noch heute, da ja die Jungen und Mädchen aus Kaltenkirchen einen bedeutenden Teil unserer auswärtigen Schüler darstellen. In damaliger Zeit kann man geradezu von einer Art Zusammengehörigkeitsgefühl sprechen, und es waren sogar laut Beschluß des Vorstandes seit 1911 ein Drittel des Kuratoriums Herren aus der Gemeinde Kaltenkirchen.

Das Jahr 1909 brachte einen weiteren Fortschritt. Die Schülerzahl wuchs auf 53, und eine dritte Klasse wurde eingerichtet. Auch der erste Lehrerwechsel trat ein: eine neue hauptamtliche Lehrkraft wurde gewonnen, zwei der bisherigen Lehrerinnen schieden aus, und andere traten an ihre Stelle. Es sei hier schon vermerkt, daß auch im Laufe der weiteren Entwicklung der Schule bis zum Ende des zweiten Weltkrieges, also rund vier Jahrzehnte hindurch, dieser stete Lehrerwechsel eine der, auffälligsten Erscheinungen innerhalb ihrer Geschichte ist. Er erklärt sich wohl vor allem aus der Tatsache, daß die Private höhere Schule ihren Lehrkräften keine finanzielle Sicherheit auf weite Sicht gab und auch nicht geben konnte. Es ist gewiß kein Geheimnis, daß einzelne Lehrer und Lehrerinnen im Laufe der Jahrzehnte sich als wenig tauglich erwiesen haben und darum nicht auf eigenen Wunsch, sondern durch Kündigung ihres Dienstverhältnisses seitens des Schulvorstandes ausgeschieden sind. Diese Schattenseite, welche die Geschichte unserer Schule vor allem in ihrem ersten Jahrzehnt deutlich aufweist – denn nach dem ersten Weltkrieg, etwa ab 1922, überwies in zunehmendem Maße das Provinzialschulkollegium junge Kräfte, wenn auch meist nur für begrenzte Zeit, hierher zur Dienstleistung –, hat erfreulicherweise weder die aufsteigende Entwicklung der Anstalt gehemmt noch den wachsenden Leistungsstand vereitelt, gewiß ein günstiges Zeichen für die Schule als Ganzes, für ihre gesunde Solidität, vor allem aber zweifellos ein Verdienst ihrer jeweiligen Leiter, über die noch im einzelnen zu sprechen sein wird.

Doch nun zurück zu ihren Anfängen! Im Jahre 1910 zählte die Schule bereits 67 Kinder. Zwei neue Klassenzimmer im Erdgeschoß des genannten Hauses im Landweg wurden in Benutzung genommen. Jetzt gab es außer der Vorschule bereits drei Klassen: Sexta, Quinta und Quarta. Da die Räumlichkeiten dadurch immer enger wurden, richtete das Kuratorium, einer Anregung, aus Mitgliederkreisen folgend, an die Stadt den Antrag, die aufblühende Schule zu übernehmen. Doch wurde dieser Antrag mit Stimmenmehrheit von dem Stadtverordnetenkollegium abgelehnt. Vermutlich spielte in damaliger Zeit das Vorurteil, daß eine höhere Schule als eine Art Standesschule anzusehen sei, eine wesentliche Rolle und war vielleicht sogar für die Ablehnung ausschlaggebend.

Als Pastor Dr. Hümpel erklärte, die Schulleitung niederlegen zu wollen, beschloß das Kuratorium, einen hauptamtlichen Leiter anzustellen. Als solcher wurde Rektor Gehrs aus Borkum gewählt, während Pastor Dr. Hümpel auch weiterhin – bis Oktober 1912 – als Vorsitzender des Kuratoriums fungierte. Der neue Leiter trat seine Stelle 1911 an. Gleichzeitig erfuhr der Unterrichtsbetrieb insofern eine wichtige Umstellung, als an die Stelle des Latein, das fortab nur noch wahlfreies Unterrichtsfach in der inzwischen neu entstandenen Klasse U III war, Französisch als Hauptsprache trat. So wurde aus der Schule eine Vorbereitungsanstalt für den Übergang auf die Oberrealschule oder das Realgymnasium.
Das ständige Wachsen der Schülerzahl – 1911 waren es schon 73 Kinder machte den Bau eines eigenen Schulhauses notwendig. Man begann, sich immer eingehender mit diesem Problem zu beschäftigen. Bald ergab sich, daß die ursprünglich vorgesehene Bausumme von 30 000 M keineswegs ausreichte und das Doppelte, also 60 000 M erforderlich waren. Als eine hiesige Sparkasse sich bereit erklärte, die Bausumme zu mäßigen Zinsen herzugeben, wurde noch im gleichen Jahr der Bau beschlossen. Ein schönes Beispiel für Opfersinn und Schulinteresse bekundeten damals viele Eltern und Freunde der Schule, als sie Anteilscheine zeichneten und mit je 300 M für die angeliehene Bausumme hafteten. Bis Ende des Jahres stand das jetzige Schulhaus im Rohbau da, und am 17. April 1912 konnte die Schule in ihr eigenes, geräumiges und zweckmäßig eingerichtetes schönes Heim einziehen. Sie hatte nunmehr 99 Jungen und Mädchen und umfaßte, abgesehen von der Vorschule, die Klassen VI – OIII.

In den Schulakten sind die Reden des damaligen Rektors Gehrs beim Abschied aus dem alten Haus und bei der Einweihungsfeier des neuen Schulgebäudes an jenem Frühlingstag 1912 noch erhalten. Aus ihnen ergibt sich manches Interessante: In eindrucksvollen Worten schildert er die Unmöglichkeit, in den bisherigen Schulräumen weiterhin ersprießliche Arbeit zu leisten: „Wenn sie auch anfänglich den bescheidenen Anforderungen bei Gründung der Schule im Jahre 1908 wohl genügen mochten, so stellte es sich doch im Laufe der vier Jahre nur allzuschnell klar heraus, daß sie den gesteigerten Anforderungen an Luft und Licht für eine größere Schulgemeinde nicht länger genügen konnten.“ Aber auch ein Satz aus der Einweihungsrede verdient meines Erachtens noch heute Beachtung: „Wir dürfen dieses neue Gebäude wohl mit Recht als ein zweites Wahrzeichen dieser Stadt neben dem Roland bezeichnen. Von welcher Seite man auch sich Bramstedt nähern mag, überall macht sich dem umschauenden Auge dieser stattliche Bau angenehm bemerkbar.“ Ist die Behauptung zu anmaßend, daß man auch heute das Gleiche von unserem jetzt erweiterten Schulgebäude sagen kann?

Mit dem Einzug in das neue Heim, vier Jahre nach ihrer Begründung, hatte die Schule sozusagen ihre Kinderschuhe ausgezogen. Im allgemeinen blieb die Schülerzahl konstant. Sie bewegte sich um 100 Kinder, von denen rund ein Drittel Mädchen waren. Unterrichtende Lehrkräfte gab es meist fünf. Es war eine kleine Schule, die der Landschaft, in die sie hineingestellt war, einen notwendigen Dienst leistete, ja, für sie allmählich unentbehrlich war. Dies erweist deutlich die Tatsache, daß bereits zum erstenmal im Jahre 1911 sowohl das Stadtverordnetenkollegium von Bad Bramstedt wie auch der Segeberger Kreistag Zuschüsse leisteten und unsere Schule dieser finanziellen Förderung auch weiterhin alle die folgenden Jahre hindurch für würdig erachteten. Gewiß muten diese ersten Zuschüsse vom Jahre 1911 heutzutage mehr als bescheiden an, wenn man vernimmt, daß die Stadt 750 M und der Kreis 500 M bewilligten. Doch der Geldwert war ja in dieser wirtschaftlich so fest fundierten Zeit vor 1914 ein ganz anderer. Vor allem scheint es mir ein schönes Zeichen positiver Wertung für unsere damalige Schule zu sein, wenn ihr im Rechnungsjahr 1912 das Bramstedter Stadtverordnetenkollegium 1440 M und der Segeberger Kreistag 1000 M bewilligten, also das Doppelte gegenüber dem Vorjahr, und auch in den nächsten Jahren wurden die Summen noch erhöht. Klar ergibt sich daraus, daß die Bezeichnung „Private höhere Schule“ im eigentlichen Sinne gar nicht paßte, als ob je an unserer Schule ein Unternehmer hätte Einkünfte erzielen wollen und Verdienstmöglichkeiten gesucht hätte. Immer war das Ziel der jeweiligen Vorsitzenden und sonstigen leitenden Herren im Schulverein gemeinnütziger Art. Dies erhellt auch aus der erfreulichen Tatsache, die immer wieder aus den einstigen Aufzeichnungen hervortritt, daß jederzeit Kinder bedürftiger Familien aus Bad Bramstedt und Umgebung großzügig ganze oder halbe Freistellen bewilligt erhielten und zahlungsschwachen Eltern Zahlungsaufschub gewährt wurde. Oft hat man geradezu das Gefühl, daß man säumigen Zahlern gegenüber allzu gutmütig und nachsichtig war, gewiß ein Zeichen dafür, daß in keiner Weise die Schule im Sinne eines Geschäftsunternehmens an der Erzielung von Einnahmen interessiert war, sondern diese nur zur Deckung der unvermeidlichen Ausgaben, wie Lehrerbesoldung, Instandhaltung des Gebäudes, Beschaffung von Lehrmitteln, benutzte.

Der erste Weltkrieg übte auf die Schule keine größere Wirkung aus. Der Schulbetrieb konnte im ganzen aufrechterhalten bleiben. Die Schülerzahl stieg weiterhin und erreichte 1918, als man des zehnjährigen Bestehens der Anstalt – entsprechend der Schwere der Zeit ohne besondere Feierlichkeiten – gedachte, die bisherige Höchstzahl von 171 Kindern. Ehrend sei auch an dieser Stelle der Gefallenen gedacht: Ein jüngerer Lehrer mit Namen Ernst Piur, der gleich zu Beginn des Krieges freiwillig in das Heer eingetreten war , und sechs ehemalige Schüler haben in den Kämpfen von 1914 bis 1918 ihr Leben gelassen, wie eine noch jetzt in der Schule angebrachte Ehrentafel ‚kündet. Ein früherer Schüler verlor das Augenlicht.

Auch nach dem Krieg blieb die Schule zunächst in ihrem Bestand so gut wie unverändert. Der Abbau der Vorschulklassen (entsprechend der nunmehr durch Reichsgesetz festgelegten Grundschulpflicht) konnte sogar noch mehrfach hinausgeschoben werden und war erst im Jahre 1932 abgeschlossen. Nach genau zehnjähriger Wirksamkeit trat am 1. April 1921 Rektor Gehrs von der Leitung der Schule zurück. Er hat noch 17 Jahre in Ruhestand gelebt und verstarb 1938. Sein Nachfolger wurde Rektor Schneider . Unter ihm erlebte die Schule einen grundlegenden Wandel und trat damit in den zweiten Abschnitt ihrer Geschichte und Entwicklung ein.

II. Realschule e. V.

1922 – 1936

Verhältnismäßig leicht wurden die Wirren und Stürme der Inflation von dem Schulverein als Träger der Anstalt überwunden, und die Schule konnte sogar in dieser Zeit einen großen Schritt vorwärts tun. Seit den ersten Jahren ihres Bestehens umfaßte sie, abgesehen von den Vorschulklassen, die Klassen VI bis O III. Sie hatte damit ausschließlich vorbereitenden Charakter. Die Schüler sollten so weit gebracht werden, daß sie über OIII hinaus anderswo eine Vollanstalt besuchen konnten. Wiederholt war wohl schon der Gedanke aufgetaucht, der Anstalt bis zum Beginn der Oberstufe zur Selbständigkeit zu verhelfen, auch, wenn möglich, ihre Übernahme durch die Stadt oder den Kreis zu erreichen. Bei diesen Bestrebungen, die sich jetzt verstärkt regten, war eine Frage umstritten: Sollte die Anstalt Mittelschule werden oder höhere Schule bleiben, entsprechend der ursprünglichen Absicht ihrer Gründer ? Damit hing die Frage der Schulaufsicht zusammen: Wer sollte diese übernehmen, der Kreisschulrat oder das Provinzialschulkollegium? Rückblickend wollen wir uns dessen freuen, daß die Schule trotz aller Schwierigkeiten ihren ursprünglichen Charakter hat bewahren können. Die endgültigen Voraussetzungen dazu wurden in den Jahren 1922/23 geschaffen: Ab Ostern 1922 erhielt sie eine Untersekunda, und im September hieß sie nunmehr amtlich „Realschule e. V.” Zu Ostern 1923 wurde dann die erste Abschlußprüfung gehalten. Zu diesem Zweck mußten die betreffenden Jungen und Mädchen der letzten Klasse nach Bad Oldesloe fahren und sich an der dortigen Oberrealschule der Prüfung unterziehen. Diese brachte eine große Enttäuschung: Nur drei Prüflinge unter sieben bestanden. Mit gutem Recht äußerte in der Mitgliederversammlung des Schulvereins im Mai dieses Jahres ein Kuratoriumsmitglied, der Grund liege hauptsächlich in dem Mangel an geeigneten Lehrmitteln, vor allem für Geschichte und Chemie , und ihre Anschaffung sei dringend erforderlich. Das Fiasko hatte ein Gutes: Die Anstrengungen wurden verdoppelt, alle Kräfte wurden angespannt, und so geschah es bei der Abschlußprüfung im Jahre 1924, daß von sechs Prüflingen fünf, und im folgenden Jahre, daß von acht Prüflingen sieben in Bad Oldesloe bestanden. Oberstudiendirektor Dr. Michael, der Leiter dieser höheren Schule , seither etwa 20 Jahre ein warmer Förderer unserer Anstalt, konnte mit Freude damals feststellen, daß die Leistungsfähigkeit unserer Anstalt von Jahr zu Jahr zunahm. Sie war nunmehr in ihrem Weiterbestehen als Realschule, das heißt als höhere Schule, gesichert. Als im Dezember 1926 nochmals an die Stadtverwaltung das Gesuch erging, die Schule zu übernehmen, wurde ausdrücklich betont, daß sie auf jeden Fall Realschule bleiben müsse und eine Umwandlung in eine Mittelschule nicht in Frage käme. Das Gesuch selbst hatte keinen Erfolg.

Nach dem Ausscheiden von Rektor Schneider übernahm ab 1. Oktober 1923 Studienassessor Richard Horstmann die Leitung der Schule. Er führte zunächst nach altem Brauch den Titel „Rektor“; ab 1926 wurde jedoch dieser entsprechend dem privaten Charakter der Schule als unstatthaft erklärt und durch den allgemeinen Titel „Direktor“ ersetzt. In seiner fast vierjährigen Tätigkeit verstand es Direktor Horstmann, die Schule vorwärtszubringen und ihre weitere Entfaltung zu fördern. Die allgemein im damaligen deutschen Bildungswesen spürbare Modernisierung und Reformfreudigkeit – dieses Wort im besten Sinne des Wortes gebraucht! – fanden auch an der Realschule in Bad Bramstedt einen günstigen Niederschlag. Schulbetrieb und Unterrichtsweise wurden weitgehend umgewandelt, wobei der Gedanke des Arbeitsunterrichts, eine Lieblingsidee jener Jahre, theoretisch durchgearbeitet und praktisch nach besten Kräften verwirklicht wurde. Die Verbindung mit der Elternschaft wurde auf Elternabenden gepflegt. Ausflüge, Fahrten der älteren Schüler zum Besuch kultureller Veranstaltungen in Kiel und Hamburg, Lesenachmittage, mancherlei Feierstunden sowie Laienspielaufführungen lockerten das Schulleben auf und vermehrten die Schulfreudigkeit. Ab Ostern 1925 wurde Englisch anstatt Französisch die erste Fremdsprache. Der Lehrerwechsel an der Schule, eine Dauererscheinung in ihrer Geschichte, hielt zwar an, aber man kann beim Lesen der alten Protokolle dennoch einen erfreulichen Wandel feststellen: Junge Akademiker traten vielfach an Stelle der bisherigen meist seminaristisch gebildeten Lehrer. Ist es ein Zufall, daß gerade in diesen Jahren, die dem nachträglichen Betrachter ein ausgesprochen positives Bild bieten, die Schülerzahl mit 176 Jungen und Mädchen im April 1926 ihren bisherigen Höchststand erreichte? Äußere Momente, wie die Festigung und Stärkung der allgemein wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, mögen ebenso wie die erwähnten Lichtseiten im inneren Gefüge der Schule diesen Aufstieg begünstigt haben.

Weniger erfreulich ist das Bild der Jahre 1927 bis 1932. Es muß zugegeben werden, daß offensichtlich in dieser Zeit die Direktoren wie auch manche Lehrkräfte ihren Aufgaben nicht gewachsen waren. Vom 1. Mai 1927 bis 1. April 1932 fungierte Direktor Schaarschmidt, von da ab für ein Halbjahr vertretungsweise ein gewisser Herr Lawin, dessen längeres Verbleiben gewisse Vorkommnisse unmöglich machten. Der Wechsel der Lehrkräfte häufte sich. Wir beobachten ein Kommen und Gehen der an der Schule tätigen Assessoren, und gerade auch die tüchtigen scheinen ihr häufig den Rücken zu kehren. Gewiß ist die nachträgliche Beurteilung der damals herrschenden Verhältnisse schwierig. Doch gibt es zu denken, wenn man in den aus dieser Zeit erhaltenen Akten liest, daß abfällige Äußerungen über die Realschule in unserer Stadt im Schwange waren, daß der damalige Direktor mehrfach protokollierte, er habe befriedigende Aufklärungen über die Verhältnisse an der Schule gegeben, daß er andererseits vom Kuratorium angewiesen wurde, sein Kollegium darauf aufmerksam zu machen, daß über alle Schulangelegenheiten im Interesse des Ansehens der Anstalt unbedingte Schweigepflicht herrschen müsse.

Doch verlassen wir die Zeit der Stagnation oder vielleicht sogar des Niedergangs unserer Schule in diesen Jahren, freuen wir uns nachträglich dessen, daß die damals drohende Gefahr ihres Zusammenbruchs dank der Treue und Opferbereitschaft des überwiegenden Teils der Eltern und Freunde der Schule, dank dem selbstlosen Einsatz der meisten Kuratoriumsmitglieder gebannt werden konnte. So beobachten wir seit Oktober 1932 eine sichtbare Beruhigung der Verhältnisse. Von der Schulbehörde empfohlen, wurde Oberstudienrat a. D. Prof. Ernst Hansen aus Flensburg damals Direktor. Er wirkte genau vier Jahre in diesem Amt. Schon nach einigen Monaten äußerte der Vorsitzende des Schulvereins auf einer Mitgliederversammlung wörtlich: „Es hat sich schon jetzt erwiesen, daß wir mit dieser Wahl in den Glückstopf gegriffen haben.“ Die nunmehr an der Schule tätigen Lehrkräfte, überwiegend neu eingetretene Akademiker mit vollgültigen Zeugnissen und angemessenen Befähigungsnachweisen, fanden allgemeine Anerkennung.

Infolge höherer Anordnung erfolgte in dieser Zeit wieder einmal ein Wechsel in der Fremdsprachenfolge: Ab Ostern 1933 war Französisch in Sexta die erste Fremdsprache, und in Obertertia kam Englisch hinzu. Mittlerweile war der Nationalsozialismus zur Macht gelangt. Im Mai 1933 feierte die Realschule glücklich und zukunftsfroh ihr 25jähriges Bestehen; keiner der Beteiligten konnte ahnen, wie verhängnisvoll sich die politischen Ereignisse dieses Jubiläumsjahres noch auswirken sollten. Im übrigen verdient es vermerkt zu werden, daß die beiden Direktoren in der Zeit von 1933 bis 1945 ihre Stellung wahrten, ohne je der damals allmächtigen Partei anzugehören, und die Gerechtigkeit verlangt es nicht minder, anzuerkennen, daß auch die führenden Parteifunktionäre im damaligen Bad Bramstedt maßvoll genug waren, die Schule im allgemeinen ihre bewährte Eigenart erhalten und weiter pflegen zu lassen. Spannungsmöglichkeiten zwischen der Schule und den nationalsozialistischen Jugendbünden ergaben sich wie wohl überall; doch ging es fast immer glatt, und der Standpunkt der Schule konnte sich durchsetzen. Anfang März 1936 tat Prof. Hansen in Anbetracht seines hohen Alters den Entschluß kund, mit Ende des Sommerhalbjahres sein Amt niederzulegen. Mit aller Umsicht und Sorgfalt hielt man diesmal Ausschau nach einer Persönlichkeit, die den mannigfachen Aufgaben des ihr zu übertragenden Amtes gewachsen zu sein versprach. Schon Anfang März stand fest, daß unter den Bewerbern Oberstudienrat a. D. Dr. Dietrich Heine, der gerade in diesen Wochen auf Grund der damaligen gesetzlichen Bestimmungen bereits mit 62 Jahren als Lehrkraft der Holstenschule in Neumünster in den Ruhestand trat, am ehesten für den Posten in Frage kam. So wurde er am 26. März 1936 vom Vorstand der Realschule einstimmig zum Leiter der Anstalt gewählt. Am 15. Oktober trat er sein neues Amt an. daß mit ihm und durch ihn eine überaus bedeutsame neue Ära in der Geschichte unserer Schule einsetzte, eine Zeit fast ununterbrochenen Aufstiegs und nie geahnter Weiterentwicklung, konnte damals niemand wissen oder auch nur vorausahnen. Der rückblickende Chronist stellt es im folgenden eindeutig fest und läßt darum hier einen neuen Abschnitt in der Schulgeschichte angehen.

III. Jürgen-Fuhlendorf-Schule

Private Oberschule für Jungen und Mädchen
1937-1949

Der Bericht über die „Ära Heine“ sei mit einer allgemeinen Feststellung begonnen: Vom ersten Tage an bestand ein ausgezeichnetes Verhältnis zwischen Schulleiter einerseits und Vorstand und Kuratorium andererseits, im wohltuenden Gegensatz zu manchen früheren Zeiten, da nur zu oft Differenzen und Spannungen sich unliebsam bemerkbar gemacht hatten. Was aber noch wesentlich wichtiger war; Dr. Heine entfaltete mit seinem Amtsantritt eine energiegeladene, ideenreiche Tätigkeit, die der Schule sichtbaren Auftrieb verlieh. Im Rahmen dieser Schrift kann nur ein Teil seiner verdienstvollen Wirksamkeit gewürdigt werden.

Dr. Dietrich Heine

Dr. Dietrich Heine

Einen Monat nach Beginn seiner Tätigkeit wurden auf seinen Antrag zwei Neuerungen beschlossen, die sich in damaliger Zeit recht erfolgreich auswirkten: 1. Bei besonderen Gelegenheiten wurden fortab Schülern und Schülerinnen aller Klassenstufen Bücher für gute Leistungen überreicht, 2. eine Schulzeitschrift wurde begründet, die zweimal im Jahr erscheinen sollte. – Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, daß durch die eine dieser Neuerungen das Streben der Schüler gehoben und ihr gesunder Ehrgeiz angespornt wurde , was dem allgemeinen Leistungsniveau zugute kam, durch die andere aber das Interesse für die Schule bei den Eltern und Freunden der Anstalt verstärkt, bei den ehemaligen Schülern wachgehalten und überhaupt in den weiteren Kreis der Öffentlichkeit getragen wurde. Auch noch eine dritte Neuerung fiel unmittelbar mit der Übernahme der Schulleitung durch Dr. Heine zusammen und war seiner Anregung zu verdanken: Bereits Anfang Dezember 1936 wurde bekanntgegeben, daß fortab die Schüler der Untersekunda nicht mehr zur Abschlußprüfung die Oberschule in Bad Oldesloe aufsuchen mußten, sondern die Prüfung an der eigenen Schule in Bad Bramstedt im Beisein des Oldesloer Direktors ablegen konnten. Welche Erleichterung nicht etwa bezüglich der Anforderungen, aber in seelischer Hinsicht diese Maßnahme bedeutete, ist leicht zu ermessen. Andere bezeichnende Maßnahmen fördernder Art fielen ebenfalls in die erste Zeit nach Dr. Heines Amtsantritt, wie vermehrte Durchführung von Elternabenden und ähnlichen Veranstaltungen und die Begründung einer Kameradschaft ehemaliger Schüler und Schülerinnen der Realschule.

Mittlerweile hatte sich die nationalsozialistische Staatsführung immer mehr gefestigt, und ihre totalitären Ansprüche steigerten sich in bedrohlichem Ausmaße. daß eine private Realschule, deren Unterhaltung einem Schulverein mit zahlenden Mitgliedern und einem Kuratorium mit ziemlich ausgeprägten Individualitäten oblag, von den damaligen Machthabern nicht gerade gern gesehen wurde, lag auf der Hand. Man kann ohne Übertreibung sagen, daß es Dr. Heine im Bunde mit dem Vorstand und Kuratorium hier gelungen ist, Erstaunliches zu erreichen. Die große Schulreform der Jahre 1937 und 1938 würgte nicht, wie es anderswo in Deutschland bei ähnlichen Einrichtungen oft geschah, die Realschule ab, sondern in Verbindung mit der praktischen Auswirkung der großen Reform entwickelte sich aus der bisherigen Realschule eine private Oberschule für Jungen und Mädchen, deren Klassenzahl sich freilich endgültig auf nur fünf beschränken sollte. Die Klasse U II des Schuljahres 1937/38 durfte unter dem besonderen Namen OIIb zu Ende geführt werden und hatte nunmehr angesichts der Tatsache, daß die deutschen Oberschulen seit 1938 nur noch eine achtjährige Dauer umfaßten, die Aufgabe, zum Eintritt in die Klasse v, das heißt die Prima, vorzubereiten. Mit Interesse vernehmen wir heutzutage, daß damals in den Erörterungen anläßlich dieser weitgreifenden Schulreform der Wunsch laut wurde, im Laufe der Zeit aus der nunmehrigen Privaten Oberschule eine Vollanstalt zu machen. Wie dieses Streben ganz allmählich und schrittweise innerhalb eines Jahrzehnts sich aus tastenden Versuchen zu festen Formen verwirklicht hat, wird weiter unten noch auszuführen sein. Nunmehr ist aber auf ein historisches und wichtiges Ereignis in der Geschichte unserer Anstalt einzugehen, das in dieselbe Zeit fällt, ihre Umbenennung auf den Namen „Jürgen-Fuhlendorf-Schule“.

Es war im Frühjahr 1937, als Dr. Heine im Zusammenhang mit der amtlich angeordneten Umbenennung der bisherigen „Realschule e. V.“ in „Private Oberschule für Jungen und Mädchen“ den Vorschlag machte, der Anstalt einen würdigen Namen nach einer historischen Persönlichkeit zu geben. Der Gedanke wurde sehr beifällig aufgenommen. Vorgeschlagen wurden: „Roland-Schule“, „Gorch-Fock-Schule“, „Graf-Luckner-Schule“ und schließlich „Jürgen-Fuhlendorf-Schule“. Dieser Name drang durch in stolzer Erinnerung an den Mann, der als Fleckenvorsteher einst im 17. Jahrhundert die Bramstedter Bauern vor der Leibeigenschaft bewahrte. Seit August 1937 führt unsere Schule mit behördlicher Genehmigung ihren traditionellen Namen.

In Auswirkung der damaligen Schulreform und der sonstigen Maßnahmen des totalitären Staates, die ohne Widerspruch hingenommen werden mußten, sank die Schülerzahl in erschreckendem Maße: Sie bewegte sich in den Jahren 1937 und 1938 um 90 und ging sogar im Mai 1939 bis auf 72 zurück. Es zeugt von dem unverwüstlichen Optimismus aller maßgebenden Männer im Vorstand und Kuratorium einschließlich des zu diesem gehörenden Direktors Dr. Heine, daß man dennoch nicht verzagte. Die Feier des 30jährigen Bestehens, der Schule am 16. Juli 1938 war laut Bericht der „Bramstedter Nachrichten“ aus diesen Tagen der Anlaß zu einem Festakt, wie ihn Bad Bramstedt nur selten begangen hat.

Noch im selben Jahr 1938 bahnte sich eine neue Entwicklung an, die wir rückblickend als wichtigen Markstein im Aufstieg der Jürgen -Fuhlendorf-Schule beurteilen müssen: Im Zuge der damals vom Reichserziehungsminister verfügten „Planung der höheren Schulen“ bot sich ihr die Möglichkeit, trotz ihres privaten Charakters, der aber doch deutliche Merkmale einer gemeinnützigen Einrichtung aufwies, als „Zubringeschule“ anerkannt zu werden, das heißt als eine Schule, die den öffentlichen Anstalten völlig gleichgestellt war, so daß beispielsweise die Abgangszeugnisse ohne weiteres zum Übergang auf öffentliche höhere Schulen berechtigten. Freilich waren wichtige Voraussetzungen zu erfüllen. Besonders hing die Erreichung des genannten Zieles davon ab, daß ein naturwissenschaftlicher Arbeitsraum und zwei naturwissenschaftliche Sammlungsräume in das Schulgebäude eingebaut und die Sammlungen für Biologie, Chemie und Physik vervollständigt wurden, und dies erforderte bedeutende finanzielle Mehraufwendungen. Es ist nun ein stolzes Ruhmesblatt in der Geschichte der Jürgen-Fuhlendorf-Schule, daß dieses Vorhaben geglückt ist dank dem vereinten Einsatz des Direktors, des Kuratoriumsvorstandes, der Elternschaft und der beteiligten Handwerker, nicht zuletzt aber auch dank dem verständnisvollen Entgegenkommen der maßgebenden Männer in der höheren Schulbehörde, die trotz äußerer Parteizugehörigkeit gute Sachkenner waren und sich genug Objektivität bewahrt hatten. Sie alle verdienen, auch mit ihrem Namen hier ehrend erwähnt zu werden: Vorsitzender des Kuratoriums war damals Herr Amandus Kohfahl, der bereits seit August 1933 mit größter Freudigkeit und unermüdlicher Tatkraft die Belange der Schule vertrat, Kassenwart Herr Wilhelm Quistorff, der, nachdem er bereits längere Zeit als Vorstandsmitglied sein Interesse für die Schule unter Beweis gestellt hatte, seit Juli 1937 die Verwaltung der Gelder vorbildlich durchführte und lange Jahre in dieser seiner Tätigkeit der Schule wertvollste Dienste erwies. Den Neubau führte Bauunternehmer Horst durch. Seitens der damaligen Behörden seien in diesem Zusammenhang die beiden Oberschulräte Dr. Erichsen und Dr. Heller und der amtierende Bürgermeister von Bad Bramstedt, Karl Dittmann, auch heute noch dankbar genannt! Die Gesamtkosten dieser Umgestaltung des Schulgebäudes und der Neuerstellungen beliefen sich auf rund 12 000 RM. Da man nicht damit rechnen konnte, sie nur aus Schulgeldern und staatlichen sowie sonstigen öffentlichen Zuschüssen zusammenzubringen, wurden die Eltern aufgefordert, möglichst zahlreich Bürgschaften von je 300 RM zu leisten. Es zeugte von dem Opfersinn und dem Schulinteresse der Elternschaft, daß zahlreiche Zeichnungen erfolgten. Erfreulicherweise brauchte diese Bürgschaft aber dann nicht in Anspruch genommen zu werden. Der für damalige Verhältnisse umfangreiche Erweiterungsbau begann nach langen Vorarbeiten im August 1939, drei Wochen vor Kriegsausbruch, und konnte, wenn auch mit mehrmaligen Verzögerungen , durchgeführt werden. Bereits am 25. Januar 1940 wurde die Jürgen-Fuhlendorf-Schule als private Zubringeschule für die Oberschule in Bad Oldesloe vom Reichserziehungsminister anerkannt und ihr bald darauf die Genehmigung erteilt, zu Ostern 1940 eine Klasse 6 einzurichten. Da diese Klasse nach damaliger Ordnung bereits zur Oberstufe rechnete, war mitten im Krieg der erste Schritt zum weiteren Ausbau der Anstalt getan worden. Doch ehe in dieser Richtung Fortschritte möglich wurden, vergingen noch schwere Jahre, eine Zeit der größten Kraftanspannung allenthalben im deutschen Lande, der man, wenngleich sie einer schlechten Sache diente, was den meisten damals verborgen blieb, die Anerkennung nicht versagen kann.

„Der 2. Weltkrieg und die Jürgen-Fuhlendorf-Schule“: Über dieses Thema ließe sich eine besondere Abhandlung schreiben. In unserem Zusammenhang können jedoch nur die Hauptgeschehnisse angeführt werden, da sonst der Rahmen des Berichtes gesprengt würde. Die Mitglieder des Kollegiums und die Schüler gaben im eigentlichen Wehrdienst wie auch bei der Erfüllung anderer kriegswichtiger Tätigkeit ihr Bestes her. Aus dem Lehrerkollegium mußte Studienrat Dr. Helmut Schwarz noch am Ende des Krieges, im März 1945, sein Leben opfern. Wie viele von den früheren Schülern der Jürgen-Fuhlendorf-Schule gefallen oder vermißt sind, wird sich schwer endgültig feststellen lassen. Die Zahl 50 dürfte nicht zu hoch gegriffen sein, eine erschütternd große Zahl aus dieser verhältnismäßig kleinen Privatschule und ein getreues Spiegelbild jener allgemeinen Erscheinung, daß im zweiten Weltkrieg der Tod unter der deutschen Jugend furchtbare Ernte hielt.

Im übrigen sicherten paradoxerweise Leid, Unglück und Verderben, das deutsche Schicksal jener schweren Kriegsjahre, unserer Jürgen-Fuhlendorf-Schule damals die Existenzberechtigung: Die schweren Luftangriffe auf Hamburg und später auf Neumünster erzwangen die Verlegung größerer Bevölkerungsteile auf die ländliche Umgebung und veranlaßten die Einschulung vieler gefährdeter Kinder in ruhigeren Orten. So stieg die Zahl der Jungen und Mädchen bei uns im Laufe des Krieges sprunghaft an, wie folgende Übersicht verdeutlicht: 1939: 72, 1940: 91, 1941: 117, 1942: 104, 1943: 136, 1944: 253. Diese gewaltige Zunahme der Schülerzahl in einem viel zu engen Schulgebäude stellte an die Arbeitskraft und das Organisationstalent Dr. Heines, der selber schon über das Alter hinaus war, in dem man normalerweise seinen Beruf ausübt – im Jahre 1944 vollendete er das 70. Lebensjahr –, die höchsten Anforderungen, zumal gleichzeitig sich andere Schwierigkeiten drückend bemerkbar machten: Lehrkräfte waren äußerst schwer zu beschaffen, im Winter bereitete die Frage der Heizung größte Sorgen, und die Knappheit auf allen Gebieten des Lebens nahm täglich zu.

Und dann kam der große Zusammenbruch: April 1945 hörte der Unterricht auf. Als er auf Anordnung der Militärregierung gegen Jahresende wiederaufgenommen werden sollte, galt es, aus dem Nichts anzufangen. Jeder weiß, daß es damals an allem fehlte. Das Schulgebäude war vorhanden, doch hatte es durch Belegung mit der Organisation Todt in den letzten Kriegswochen erheblich gelitten und diente jetzt Flüchtlingen als Unterkunft. Schüler meldeten sich in großer Zahl: An Stelle der Jungen und Mädchen aus Neumünster, die im letzten Kriegsjahr der Luftgefahr wegen die Schule in Bad Bramstedt besucht hatten, traten die vielen Flüchtlingskinder aus Ost- und Mitteldeutschland, und so fanden sich, als der Unterricht am 28. November 1945 wiedereröffnet wurde, 140 Jungen und Mädchen ein. Die nächsten Wochen brachten laufend Zugänge, so daß die Schülerzahl bis Ostern 1946 auf 270 anschwoll. Die Zahl der Lehrkräfte dagegen war 1945 bis auf zwei zusammengeschrumpft. Dr. Heine eröffnete nach dem Zusammenbruch seine Schule mit Frau Dr. Dreves und Fräulein Jüngst, den einzigen Mitgliedern des heutigen Lehrkörpers, die schon vor der Kapitulation hier tätig waren. Sie bildeten den Stamm des neuen Kollegiums, das danach allmählich geschaffen wurde . Die meisten, unserer heutigen festangestellten Lehrer und Lehrerinnen sind in den Jahren 1946 bis 1948 hierhergekommen.

Auch nach dem Kriege blieb Dr. Heine trotz seines hohen Alters weiterhin auf seinem Posten. Tatkräftig unterstützt von Herrn Ernst Schümann, Hitzhusen, dem stellvertretenden Vorsitzenden des nach dem Kriege neu gebildeten Kuratoriums, der gleichzeitig Elternsprecher der Klasse U II des Schuljahres 1945/46 war, sah er eine neue große Aufgabe darin, einen Plan zu verwirklichen, der in früheren Jahren schon gelegentlich zaghaft geäußert worden war, den aber je durchzuführen man kaum zu hoffen gewagt hatte: Er beantragte die Einrichtung einer Obersekunda, um die Jürgen-Fuhlendorf-Schule nunmehr zu einer Vollanstalt auszubauen. Dr. Heine fand bei Herrn Oberschulrat Jaquet in Kiel volle Unterstützung in seinem Vorhaben und einen warmen Förderer unserer Schule: Dem Antrag wurde nach formaler Genehmigung seitens der Militärregierung stattgegeben und so zu Ostern 1946 eine Obersekunda eingerichtet. Man kann ohne Übertreibung sagen: In der wechselvollen Geschichte der Schule war diese neue Entwicklung nach rund 40 Jahren ihres Bestehens wohl am bedeutsamsten; denn damit war die Bahn frei gemacht zur Vollendung dessen, was unsere Bramstedter höhere Schule heutzutage nach 50jähriger Geschichte darstellt, wie noch im letzten Teil dieses Überblicks näher auszuführen sein wird. Am 1. Oktober 1948 legte der hochverdiente Leiter der Schule, Direktor Dr. Heine, sein Amt nieder und trat in den Ruhestand. Bei der Abschiedsfeier wurden ihm in reichem Maße Ehrungen zuteil; von den verschiedensten Seiten wurde ihm dankend Anerkennung bezeugt für seine Verdienste um den überraschenden Aufstieg der Schule in den zwölf Jahren seiner Wirksamkeit. So war es auch selbstverständlich, daß er bei der Reifeprüfung unserer ersten Oberprima, die von der Kieler Schulbehörde eigens auf den 4. März 1949, seinen 75. Geburtstag, gelegt worden war, als Ehrengast im Prüfungskollegium weilte und berechtigten Stolz und hohe Freude empfand, als unsere ersten 8 Abiturienten geschlossen durchs Ziel gingen. Die Leitung der Schule hatte nach dem Ausscheiden Dr. Heines für anderthalb Jahre kommissarisch Studienrat Herbst inne und führte in dieser Zeit die ersten beiden Reifeprüfungen an unserer Schule in den Jahren 1949 und 1950 erfolgreich durch.

IV. Durchbruch zum Endziel:

Jürgen-Fuhlendorf-Schule, Staatliches Gymnasium für Jungen und Mädchen
1950 – 1958

Gleichzeitig mit dem soeben dargestellten erfreulichen Aufstieg der Jürgen-Fuhlendorf-Schule seit 1946 trat eine bedrohliche Krise finanzieller Art in Erscheinung, die zeitweise geradezu die weitere Existenz der Anstalt in Frage stellte. Schon bald nach ihrer Wiedereröffnung Ende 1945 zeigte sich deutlich, daß der alte Schulverein zukünftig nicht mehr in der Lage war, mit Hilfe der einkommenden Schulgelder und verhältnismäßig geringer öffentlicher Zuwendungen in der bisherigen Form die Schule zu erhalten. Mit der Währungsreform im Jahre 1948 und der etwa gleichzeitig für alle öffentlichen Schulen gesetzlich verankerten Schulgeldfreiheit wurde der Anstalt ihre bisherige Existenzgrundlage völlig entzogen, ja, auch ihre Daseinsberechtigung ließ sich in Frage stellen, als durch die damals eingeführte sechsjährige Grundschulpflicht die stärksten Klassen der Unterstufe fortfielen und dadurch naturgemäß die Schülerzahl wieder zurückging. So mußte eine neue Form der Schulträgerschaft gefunden werden. An dieser Stelle seien mit Dank alle die Herren der Regierung (u. a. Regierungsdirektor Möhlmann, Oberschulrat Jaquet), des Kreises Segeberg (u. a. Landrat Dr. Dr. Pagel), der Stadt Bad Bramstedt (u. a. Stadtdirektor von Lübken) und des damaligen Kuratoriums (u. a. Fritz Wallmann, Ernst Schümann, Wilhelm Quistorff) genannt, die damals auf zahlreichen Beratungen ihr ganzes Bemühen auf das eine Ziel vereinten, die Jürgen- Fuhlendorf-Schule in irgendeiner Form am Leben zu erhalten. Erwähnt sei in diesem Zusammenhang auch, daß in Anbetracht dieser ausgesprochenen Notlage dem damaligen Lehrerkollegium das gewiß nicht leichte Opfer auferlegt wurde, für die Zeit vom 1. Januar 1949 bis 31. März 1950 auf 25 % des Gehalts zu verzichten.
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Schließlich war ein gangbarer Weg gefunden, der das Weiterbestehen der Anstalt finanziell gewährleistete: Am 1. April 1950 wurde die Jürgen-Fuhlendorf-Schule eine „Stiftung öffentlichen Rechts“, an die das Land Schleswig-Holstein, der Kreis Segeberg und die Stadt Bramstedt angemessene geldliche Zuwendungen zu leisten gewillt waren und sich entsprechend verpflichteten. Die Verwaltung der Stiftung und aller Schulangelegenheiten außerhalb des eigentlichen Unterrichts oblag fortab dem Stiftungsvorstand, der an die Stelle des früheren Kuratoriums trat. Vorsitzender dieses Stiftungsvorstandes war für eine kurze Übergangszeit Herr Quistorff und dann mehrere Jahre Herr Bürgermeister Gebhardt von Bad Bramstedt. Zur Übernahme der laufenden Verwaltungsgeschäfte erklärte sich dankenswerterweise unsere hiesige Stadtverwaltung bereit. Freilich war diese Regelung nur durch die Anwendung einschneidender Sparmaßnahmen möglich: Drei Lehrkräfte wurden abgebaut, und – was die Schüler und ihre Eltern besonders anging – die Schule durfte nur eingleisig bestehen und erhielt lehrplanmäßig eine Sonderstellung, indem bei uns keine Teilung mehr nach der sprachlichen und mathematisch-naturwissenschaftlichen Richtung hin ab Klasse O III möglich war. Diese Maßnahme wirkte sich in der folgenden Zeit oft nachteilig für Schüler aus, die von uns auf andere Oberschulen übergingen oder, von anderen Bildungsanstalten kommend, in die Jürgen-Fuhlendorf-Schule eintraten. Mit Wirkung vom 1. April 1950 übernahm die Leitung Oberstudiendirektor z. Wv. Dr. Neumann, der bereits Seit Oktober 1948 dem Kollegium als Lehrkraft angehörte.

Wir nähern uns der Gegenwart, und mit einem Überblick über die Schulgeschichte der letzten acht Jahre möge nun diese Darstellung zu Ende geführt werden. Die oben erwähnte Verkürzung der höheren Schule durch Einführung der sechsjährigen Grundschulpflicht war nur von kurzer Dauer. Schon zu Ostern 1951 wurde die Grundschulzeit für zukünftige Oberschüler wieder auf vier Jahre festgelegt, und so begann nach Wiedererrichtung der Klassen VI und V unsere Schule, die im März 1951 nur 232 Schüler (innen) zählte, das Schuljahr 1951/52 mit insgesamt 430 Schülern (darunter 182 Mädchen). Das bedeutete eine Zunahme von rund 85 %! Auch in den beiden nächsten Jahren stieg die Schülerzahl noch an, und es verdient festgehalten zu werden, daß zu Ostern 1953 die Jürgen-Fuhlendorf-Schule mit insgesamt 478 Jungen und Mädchen die höchste Zahl seit ihrem Bestehen erreicht hat. Wenn seitdem wieder eine Verringerung eingetreten ist und nun schon seit einigen Jahren die Zahl von 400 fast konstant geblieben ist, so erklärt sich dieser Rückgang wohl aus drei Gründen: Auch aus Bad Bramstedt und Umgebung sind inzwischen zahlreiche Heimatvertriebene in andere Länder umgesiedelt worden. Ferner verminderte die Wiedereinführung der vierjährigen Grundschule in Hamburg die Zahl derjenigen unserer Schüler, die in Quickborn und zwischen Quickborn und Hamburg wohnhaft waren. Vor allem aber gelangten seit Ostern 1954 die schwachen Geburtsjahrgänge der letzten Kriegsjahre und ersten Nachkriegszeit zur Aufnahme in die höhere Schule.

In den Jahren 1951 bis 1956 bestand das schwierigste Problem darin, wie man der drückenden Enge und Raumnot im jetzt viel zu kleinen Schulgebäude Herr werden sollte. Im Hinblick auf die sicher zu erwartende gewaltige Zunahme der Schülerzahl hatte der Direktor bereits im Februar 1951 Schritte eingeleitet mit dem Ziel, durch Um- und Erweiterungsbauten innerhalb des‘ Schulgebäudes neue Klassenräume zu schaffen, leider nur mit geringem Erfolg. Um wenigstens die äußere Durchführung des Schulbetriebes zu ermöglichen, wurden drei im Gebäude befindliche und noch immer von Privatpersonen benutzte Räume und eine Küche der früheren Direktorwohnung freigemacht, jedoch mußten sie, da die Geldmittel für die Maurer- und Malerarbeiten fehlten, zunächst in dem Zustand, wie sie waren, in Benutzung genommen werden. Sie erhielten je eine Wandtafel und Schulbänke. Doch nicht einmal diese waren in hinreichender Zahl vorhanden. Dank dem Entgegenkommen der hiesigen Volksschule bekamen wir von dort wenigstens die unbedingt notwendigen Bänke leihweise überlassen. Man konnte uns allerdings nur solche geben, die als veraltet bereits ausrangiert worden waren. Die trotzdem noch bestehende Raumnot ließ sich nur dadurch überwinden, daß den beiden Sexten und Quinten nur je ein Raum zugeteilt wurde, was bei der verhältnismäßig geringen Wochenstundenzahl dieser Klassenstufen, deren Unterricht ohnehin wegen Mangels an Lehrkräften gekürzt werden mußte, nicht schwer durchzuführen war, und so war es möglich, den Unterricht täglich bis etwa 15 Uhr zum Abschluß zu bringen. Alle ehemaligen Schüler, die zwischen Ostern und Sommerferien 1951 unsere Anstalt besucht haben, werden sich für immer daran erinnern, wie ausgesprochen primitiv die Verhältnisse damals waren. Erst in den Sommerferien wurden die erwähnten in Klassenräume umgewandelten Wohn- beziehungsweise Küchenräume einigermaßen instand gesetzt. Die Freude über diese baulichen Verbesserungen zu Beginn des zweiten Schulvierteljahres wurde allerdings dadurch noch getrübt, daß sich die erhoffte Neuanschaffung von Schulmöbeln weiterhin verzögerte. Erst zur Jahreswende 1951/52 wurde die langersehnte Neuausstattung wenigstens eines Teiles der Klassenräume Wirklichkeit, und 6 Klassenräume wurden mit modernen raumsparenden Zweisitzertischen und entsprechenden Schülerstühlen geschmackvoll eingerichtet. Gleichzeitig erfolgte die Neuausstattung des Direktorzimmers, dessen bisherige Möbelstücke größtenteils noch persönlicher Besitz des früheren Leiters der privaten Jürgen-Fuhlendorf-Schule gewesen waren.

Ein Gutes hatten die erwähnten Schwierigkeiten und Unzuträglichkeiten: Auch an höherer Stelle hatte man die Einsicht gewonnen, daß endlich Grundlegendes geschehen müßte. Es bleibt das Verdienst unseres Bramstedter Bürgermeisters Gebhardt, daß er in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Stiftungsvorstandes in unermüdlicher Kleinarbeit mit Kieler Regierungsstellen das Vorhaben des von der Schulleitung vorgeschlagenen und dringend beantragten Erweiterungsbaues vorwärtsgebracht hat. Der Erfolg war nicht leicht zu erringen. Die leidige Geldfrage verursachte immer wieder neue Verzögerungen. Auch die Bausachverständigen der Regierung und der mit der Durchführung des Baues betraute hiesige angesehene Architekt Dipl.-Ing. Wilhelm Otto benötigten naturgemäß viel Zeit, um sich über alle Einzelheiten des Vorhabens endgültig schlüssig zu werden; galt es doch, mit verhältnismäßig geringen Mitteln – rund 240 000 DM standen zur Verfügung – möglichst viele praktisch gut verwendbare Räume zu schaffen. Erst im Herbst 1953 wurden die vorgesehenen Baumaßnahmen in ihrem ersten Teil verwirklicht. Man begann mit der Erstellung neuer Schultoiletten in einem Anbau an das Schulgebäude, der zugleich als Anfang des erwähnten größeren Erweiterungsbaues gedacht war. In vier Monaten waren sie fertiggestellt und brachten in sanitärer Hinsicht eine erfreuliche Verbesserung. Fast ein Jahr dauerte es nun aber, ehe der nächste Schritt getan wurde: Nach manchen Beratungen und Verhandlungen zwischen Vertretern der Landesregierung, des Kreises Segeberg, dessen Landrat, Herr Dr. Alnor, ebenso wie sein oben erwähnter Vorgänger, Dr. Dr. Pagel, sich die Förderung unserer Schule stets angelegen sein ließ, und unserer hiesigen Stadtgemeinde konnte im Herbst 1954 endlich der erste Spatenstich getan werden. Die lange Frostperiode des folgenden Jahres bedingte dann eine weit längere Unterbrechung der Arbeiten, als man ursprünglich angenommen hatte. Im Mai 1955 wurde das Richtfest gefeiert, und im Dezember war der langersehnte Neubau endlich fertiggestellt. Welche Erleichterung bedeutete es, als im Jahre 1956 die 11 neuen Klassenräume bezogen und dazu noch z andere Räume im Neubau, die endgültig für andere Zwecke bestimmt waren, als provisorische Unterrichtsräume für kleinere Klassen eingerichtet wurden! Freilich waren wir noch immer nicht am Ende aller Schwierigkeiten und Raumnöte: Zu Beginn des Jahres 1956 wurde mit den Umbauarbeiten im Altgebäude begonnen; und so ergab sich die Notwendigkeit, den gesamten Unterricht in den Neubau zu verlegen. Aber auch diese Übergangszeit lag schließlich hinter uns: Allmählich war auch das Altgebäude in seiner neuen, stark veränderten Form bezugsfertig und verwendungsbereit, und die Jürgen-Fuhlendorf-Schule nennt seitdem ein ausreichendes und würdiges Anstaltsgebäude ihr eigen. Im Juli 1956 kannten der Zeichensaal, 5 Klassenräume sowie die neuen Räume für den Oberstudiendirektor und den Oberstudienrat, das Geschäftszimmer und das Elternsprechzimmer in Benutzung genommen werden. Als letztes Erfordernis blieb die Erstellung zeitgemäßer Räume für die Naturwissenschaften und deren Ausstattung mit den gerade heutzutage so wichtigen Geräten und Utensilien verschiedenster Art. Bereits zu Beginn der Sommerferien 1956 waren die beiden vorgesehenen Fachräume, der eine für Physik, der andere für Chemie und Biologie, samt ihren Nebenräumen fertiggestellt, doch zog sich die Beschaffung des dazugehörigen Inventars noch bis zum Ende des Jahres hin, und erst seit Januar 1957 sind sie so weit eingerichtet und ausgestattet, daß der Unterricht nunmehr endlich in geeigneten Fachräumen durchgeführt wird. Am Ende des Schuljahres harrte noch der Schulhof, der sich bisher ohne Zaun und irgendeine Rasenanlage in ausgesprochen ungepflegtem Zustand befand, der längst fälligen Neugestaltung und Verschönerung. Auch diese letzte Arbeit wurde in den vergangenen Monaten noch durchgeführt. Zum Schluß wurde dort eine Plastik aufgestellt, die an diesem von der Straße weit sichtbaren Platz durch die Steinfiguren eines Jungen und Mädchens symbolhaft den Charakter unseres Baues verkündet.

Nach all dem oben Ausgeführten dürfte wohl verständlich sein, warum bisher keine besondere Einweihungsfeier aus Anlaß dieser recht bedeutsamen Umgestaltung und Vergrößerung unseres Anstaltsgebäudes stattgefunden hat. Der Zeitpunkt zum Feiern war eben erst mit der Vollendung des gesamten Erweiterungs- und Erneuerungsprogramms gegeben, und damit ist auch schon gesagt, daß wir mit gutem Recht die Ende April 1958 vorgesehene Feier des 50jährigen Bestehens der Schule gleichzeitig, wenn auch verspätet, als Einweihungsfestlichkeit begehen dürfen und wollen.

So hat nun diese Darstellung die Gegenwart erreicht. Doch ist der Vollständigkeit halber noch einiges Wichtige aus der jüngsten Vergangenheit nachzuholen, um so mehr, weil es auch als Kennzeichen dafür angesehen werden kann, wie sich in zunehmendem Maße die Stellung der Jürgen-Fuhlendorf-Schule festigt und ihr Charakter als öffentliche höhere Schule des Landes Schleswig-Holstein sich immer stärker ausprägt. Am 14. August 1952 überreichte Oberschulrat Jaquet als Vertreter des Kultusministeriums in feierlicher Form dem bisherigen kommissarischen Leiter der Schule, Dr. Neumann, die Urkunde über seine Ernennung zum Oberstudiendirektor, dem bisherigen Studienrat z. Wv. Zylka die über seine Ernennung zum Oberstudienrat sowie drei Herren und sechs Damen des Lehrkörpers die Urkunden über ihre Ernennung zum Studienrat beziehungsweise zur Studienrätin, wobei sämtliche Ernennungen rückwirkend ab i. April 1952 galten. daß damit die Lehrkräfte unserer Schule als Landesbeamte eine gesicherte Position erhielten, war keineswegs nur für sie ein erfreuliches Geschehen und auch eine Anerkennung der an der Anstalt in der schwierigen Nachkriegszeit geleisteten Arbeit, sondern durfte mit vollem Recht als Gewinn für die gesamte Jürgen-Fuhlendorf-Schule angesehen werden: Was in den vorangegangenen 44 Jahren sich oft so unliebsam ausgewirkt hatte, gehörte damit der Vergangenheit an: der häufige Lehrerwechsel mit all seinen Schattenseiten. Seitdem hat nun auch unsere Anstalt wie jede andere höhere Schule einen Oberstudiendirektor an ihrer Spitze, einen Oberstudienrat als seinen Stellvertreter und eine bestimmte Anzahl von Planstellen, die von Studienräten oder Studienrätinnen besetzt sind, Hinzu kommen zur weiteren Durchführung des Unterrichts Studienassessoren und -referendare, die je nach Bedarf für bestimmte Zeit der Schule zur Dienstleistung überwiesen werden. Aus den letzten Jahren sei in diesem Zusammenhang auch noch berichtet, daß zu Ostern 1956 die oben erwähnte Sonderstellung unserer Schule, insofern ihr seit iq5o aus Ersparnisgründen eine Gabelung nach der sprachlichen und mathematisch -naturwissenschaftlichen Seite hin untersagt war, ihr Ende fand. Seit 1954 wirkte sie sich freilich nur noch in der Oberstufe aus, weil in Schleswig-Holstein seither erst in Klasse O II diese Gabelung einsetzt. Trotzdem war sie abgesehen von der Benachteiligung der zu anderen Schulen überwechselnden oder von dort kommenden Schüler ein leidiger Rest überwundener Zeitläufe und erweckte bei manchem den Eindruck, diese Schule ’sei nicht nur aus besonderen Gründen andersartig, sondern wohl auch den anderen Gymnasien des Landes – so .heißen seit 1954 alle höheren Schulen von Schleswig-Holstein – nicht ganz gleichwertig. Seit zwei Jahren wird also jetzt auch an unserem Bramstedter Gymnasium der Unterricht zweigleisig durchgeführt (sprachlich und mathematisch-naturwissenschaftlich) und stimmt nach Fächerverteilung und Stoffplan mit der allgemein gültigen Regelung in unserem Lande überein.

Eine eigenartige Schicksalsfügung hat es gewollt, daß gerade im 50. Jahr die Jürgen-Fuhlendorf-Schule noch einmal eine entscheidende Wandlung erlebte, nach menschlichem Ermessen für absehbare Zeiten die letzte, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil es nicht höher hinaufgehen kann: Durch „Gesetz über die Unterhaltung und Verwaltung der öffentlichen Schulen“ vom 28. März 1957 wurde mit Wirkung vom 1. April 1957 die Jürgen-Fuhlendorf-Schule in Bad Bramstedt staatliches Gymnasium unseres Landes. Nach siebenjährigem Bestehen wurde somit die Stiftung öffentlichen Rechts aufgelöst, und an ihre Stelle trat das Land.
So tritt, gefestigt und gesichert, die „Jürgen-Fuhlendorf-Schule, Staatliches Neusprachliches und Mathematisch -Naturwissenschaftliches Gymnasium für Jungen und Mädchen in Bad Bramstedt“ demnächst über die Schwelle ihres ersten Halbjahrhunderts. Uns alle, die wir an diesem denkwürdigen Ereignis Anteil nehmen, ihre Lehrer und Schüler von einst und jetzt wie auch die Eltern dieser Schüler, erfüllt die frohe Zuversicht, daß sie ihre in zähem Ringen nach einem unverkennbaren Aufstieg von 5 Jahrzehnten gewonnene Stellung halten wird. Wenn im Jahre 1983 die 75-Jahr-Feier und gar im Jahre 2008 die 100-Jahr-Feier der Schule wieder Anlaß zu festlichem Rückblick bieten, hoffen wir jetzt an der Schule Wirkenden, im Gedenken unserer Nachfahren einen rühmlichen Platz zu erhalten und in Ehren zu bestehen. Möge der künftige Chronist von uns bezeugen können, daß wir nach besten Kräften unsere Pflicht erfüllt und uns erfolgreich eingesetzt haben zum Wohl, zum Besten, zum weiteren Gedeihen unserer lieben Jürgen-Fuhlendorf-Schule in Bad Bramstedt!

Das Kollegium 1957/58

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Göke K. Knaak G. Knaak Meyer Jüngst Simonsen Lienau Dexling Zingelmann John Schneider Biendara Dr. Dreves Schulz Prößdorf Dr. Ralf Pönisch Zylka Nauck Spann Dr. Neumann Lange Buchard Wangerin

Sozialstruktur und höhere Schule in Bad Bramstedt

Der offizielle Name der heutigen Jürgen-Fuhlendorf-Schule lautete von 1908 bis 1922 „Verein für die höhere Privatschule in Bad Bramstedt“, von 1922 bis 1937 „Private Realschule Bad Bramstedt e.V.“. Im Volksmund hieß sie kurz „die Privatschule“. Der Ausdruck „Realschule“ war, soweit ich feststellenkonnte, weniger gebräuchlich.

Diese kleine Besonderheit kennzeichnet, welche Stellung unsere Schule im Bewußtsein der Bramstedter Bürger früher eingenommen hat. Mit dem Wort „Realschule“ verknüpft sich der Anspruch auf höhere Leistung. Der Ausdruck „Privatschule“ dagegen dokumentiert den Geltungswillen einer Elternschaft, die es sich leisten k o n n t e oder die es sich leisten w o l I t e, auf die öffentliche Schule zu verzichten.

Ohne allen Zweifel war diese Privatschule keine vollwertige höhere Lehranstalt. An ihr wurde bis zum zweiten Weltkrieg lediglich Vorbereitungsunterricht erteilt. Es ging den meisten Eltern noch nicht um die qualifizierte Ausbildung selbst, sondern darum, den Jungen und Mädchen den Weg in eine qualifizierte Ausbildung offenzuhalten. Trotz mancher Mängel verzichteten die Eltern darauf, ihre Kinder frühzeitig nach Altona, Neumünster oder Bad Oldesloe umzuschulen. Die Väter hielten tapfer bei der Schule aus: sei es, um die Söhne und Töchter möglichst lange im Hause zu behalten, sei es, um die Schule zu erhalten und den geistig weniger beweglichen Kindern den Realschulbesuch zu ermöglichen.

Die Elternschaft der Privatschulzeit hat es sich wahrlich sauer werden lassen. Folgende nüchterne Rechnung soll uns das verdeutlichen: In den dreißiger Jahren kam auf 120 Schüler der Klassen VI bis U II ein Ausgabenetat von etwa 30 000 RM, was unter Einbeziehung kleiner öffentlicher Zuschüsse ein monatliches Schulgeld von 20 bis 24 RM für jeden Schüler ausmachte (etwa 34 bis 41 DM)‘.

Heute, bei einer Durchschnittszahl von 400 Schülern, beträgt der entsprechende Ausgabenetat etwa 312 500 DM (184 375 RM). Umgerechnet wären das monatlich 65 DM (etwa 38 RM) je Kind.

1 jährliches Schulgeld
1909 bis zur Quinta 110 bis 130 M
1918 bis zur Quinta 160 bis 180 M
Quarta bis Obertertia 170 bis 230 M
1924 in der Regel 186 RM
1929 in der Regel 288 RM
1937 in der Regel 240 RM

Jahresausgaben der Schule

1908/09

3 600,00 M

1917/18

20 670,00 M

1934/35

47 599,97 RM

1909/10

4 970,00 M

1918/19

etwa 30 000,00 M

1935/36

30 094,45 RM

1910/11

8 470,00 M

1927/28

26 000,00 RM

1936/37

25 000,00 RM

1911/12

11 429,00 M

1928/29

28 755,16 RM

1937/38

41 703,00 RM

1912/13

13 340,00 M

1929/30

31 270,00 RM

1938/39

?

1913/14

15 977,50 M

1930/31

27 476,21 RM

1939/40

39 161,68 RM

1914/15

16 820,00 M

1931/32

24 662,86 RM

1948/49

91 512,02 DM

1915/16

16 854,21 M

1932/33

24 800,00 RM

1949/50

146 368,45 DM

1916/17

17 273,27 M

1933/34

24 800,00 RM

1957/58

etwa 312 500,00 DM

Und nun stellen Sie sich bitte einmal vor, dieser Haushalt müßte wie früher von den Eltern aufgebracht werden. Die Schule würde vermutlich sofort zusammenbrechen, und das, obwohl wir – wie wir täglich in der Presse lesen – in einer Zeit der wirtschaftlichen Prosperität leben.

Die Zeit unserer alten Privatschule waren die Jahre der Inflation, die Jahre der Weltwirtschaftskrise und der Massenarbeitslosigkeit, die Jahre der nationalsozialistischen Vorkriegswirtschaft … und die Schule blieb erhalten.

Das Geld – auch heute Äquivalent einer Arbeitsleistung – wurde damals bestimmt schwerer verdient. Wie sehr mußten die Mütter und Väter sich in ihren persönlichen Ansprüchen bescheiden, wie oft mußten sie sich um das Schulgeld sorgen … und mit welcher Selbstverständlichkeit nehmen wir heute die Hunderttausende hin, die der Staat nach Bad Bramstedt einfließen läßt!

Wer aber waren die Väter und Mütter, die alljährlich unter dem Vorsitz des Pastors, des Sanitätsrats, des Justizrats, der Landwirte und Rechtsanwälte über den Etat „ihrer“ Schule und über die Berufung und Abberufung „ihrer“ Lehrer berieten? Was erstrebten sie für ihre Kinder?

Ich will diese beiden Fragen möglichst unpersönlich zu beantworten suchen: Eine Standesschule – Instrument einer privilegierten Schicht – ist die Jürgen-Fuhlendorf-Schule niemals gewesen. Ein Viertel der Väter der Schulabgänge mit mittlerer Reife (1923 -1939) war in der Landwirtschaft tätig, ein Viertel betrieb Ladengeschäfte, Gaststätten und Werkstätten, ein Viertel diente als Beamte der mittleren Laufbahn. In das letzte Viertel teilen sich alle anderen Berufe. Etwa 90 Prozent dieser Väter hatten selbst nur die Volksschule besucht. Eine standesmäßige Trennung der Arbeiter von den kleinen Handwerkern und kleinen Landwirten gab es in Bad Bramstedt nicht. Die Standesbezeichnung Arbeiter erscheint sehr selten in den Schulakten. In der Regel wurden die soziologisch indifferenten Berufsbezeichnungen (Elektriker, Schlosser usw.) bevorzugt.
Insgesamt ist unsere erste Elterngeneration eine bäuerlich-kleinbürgerliche Gruppe gewesen, deren Lebenserwartung sich auf das Glück und den Erfolg ihrer Kinder richtete. Die Jungen und Mädchen haben – nach Ausweis der Statistik – die in sie gesetzte Hoffnung erfüllt.

Gesamtübersicht

____________________

der Väter
1923-1939

ausgeübte Berufe der Söhne und berufstätigen Töchter, die 1923-1939 die Mittlere Reife erlangten

der Väter
1949-1958

angestrebte Berufe der Söhne und Töchter, welche 1949-58 die Reifeprüfung bestanden

Selbständige Berufe:
1. Bauern

26,0 %

3,6 %

11,0 %

2,7 %

2. freiberufliche Akademiker

5,0 %

10,5 %

11,0 %

24,6 %

3. Kaufleute

27,0 %

22,8 %

16,2 %

5,0 %

4. Gastwirte

2,0 %

0,8 %

60,0 %

39,0 %

Abhängige Berufe:
1. Beamte und Angestellte
a) Vollakademiker

2,0 %

10,5 %

9,3 %

26,3 %

b) Teilakademiker und
Fachschulabsolventen

10,0 %

22,8 %

18,6 %

36,4 %

c) Beamte mit
einfacher Ausbildung

26,0 %

29,8 %

25,5 %

5,0 %

2. Lohnempfänger
a) Facharbeiter

2,0 %

7,6 %

b) angelernte Arbeiter und
Landarbeiter

100 = 102

100 = 57

100 = 118

Die ehemaligen Schüler vom Lande verließen den bäuerlichen Lebenskreis für immer und schufen sich in der Stadt und in der Kleinstadt eine eigene Existenz. Die Söhne und Schwiegersöhne der Kaufleute und Handwerker übernahmen die Betriebe ihrer Väter und führten sie – nicht ohne Erfolg – weiter. Fast jeder dritte Vater war Beamter, unter den Söhnen wurde es jeder zweite. Die Zahl der Akademiker und Fachschulabsolventen verdoppelte sich.

Unter diesen ehemaligen Schülern finden wir manche Mutter und manchen Vater der jetzigen Schülergeneration.
Dennoch zeigt die heutige Gruppe der Väter ein eigenes Gesicht. Das wird deutlich, wenn wir
1. die Generation der Schüler von 1923 bis 1939 mit der heutigen Generation der Väter,
2. die heutige Generation der Väter mit der Generation der Väter von 1923 bis 1939 vergleichen.

Eine Statistik, die sich auf einen Kreis von 57 bis 118 Personen beschränkt, steht auf schwachen Füßen. Ich habe deshalb in einer zweiten Zählung die etwa gleich starken Jahrgänge 1926 – 1939 und 1949 – 1955 miteinander verglichen:

Schüler und Schülerinnen:

a) lediglich aus den alteingesessenen Familien

b) aus den alteingesessenen (I) und den zugezogenen (II) Familien
Reifeprüfung 1949-1955

Mittlere Reife
1926 – 1939

Reifeprüfung
1949 – 1955

I

II

1. Bauern

26 %

20 %

8 %

2. Kleiner Kaufleute, Gastwirte, selbständige
Handwerker

26 %

20 %

16 = 9 + 7 %

3. Akademiker, Diplomingenieure,
Stabsoffiziere

9 %

15 %

16 = 6 + 10 %

4. Lehrer, Ingenieure, Truppenoffiziere

11 %

28 %

16 = 12 + 4 %

5. Mittlere Beamte (ohne Lehrer)

12 %

7 %

12 = 3 + 9 %

6. Angestellte

4 %

7 %

16 = 3 + 13 %

7. Facharbeiter, niedere Beamte

5 %

7 %

6 %

8. Arbeiter

4 %

9. Sonstige

7 %

6 %

(Ich spreche absichtlich nicht von Flüchtlingen, denn die Ansiedlung im Einzugsgebiet unserer Schule ist oft nur eine mittelbare Folge der Kriegsereignisse gewesen. Zu den zugezogenen Familien gehören neben den Ostdeutschen auch Neu-Einwohner aus dem mitteldeutschen und dem Hamburger Raum.)

Die Gruppe der Bauern, Kaufleute, Gastwirte und Handwerker zeigt selbst unter den Einheimischen eine rückläufige Tendenz. Der Anteil der Akademiker, Lehrer, Fachschulabsolventen und Offiziere steigt bedeutend an, der Anteil der Arbeiter und mittleren Beamten bleibt gleich, die Gruppe der Angestellten entfaltet sich als etwas Neues.

Von 1908 bis 1958 geht die Zahl der Selbständigen mindestens um ein Drittel zurück, die Zahl der Väter, die eine höhere Schule besucht haben, vervierfacht sich dagegen.

Und nun zur Schülergeneration von 1949 bis 1958.

Ich glaube nicht, daß ein Drittel der Abiturienten später einen freien Beruf ausüben wird.

Das Streben nach qualifizierter Ausbildung ist weit stärker geworden als früher. Die Aussicht auf eine materielle Sicherung des Lebens erscheint recht günstig. Hinsichtlich der Krisenfestigkeit mag dieser oder jener Beruf freilich Bedenken erwecken.

Die jüngste Schülergeneration wird weiter über die Verhältnisse der ersten Jahre unserer Anstalt hinauswachsen. Viele Jungen und Mädchen werden sich außerhalb des Einzugsgebietes unserer Schule nach einem Arbeitsplatz umsehen müssen. Der kleinstädtisch -ländlichen Idylle entrückt, werden sie weniger genügsam und bescheiden leben als die Alten, aber sie werden auch dafür bezahlen müssen, und zwar mit dem Verzicht auf jene persönliche Unabhängigkeit, über welche die Väter und Großväter verfügten.

Zwei Fragen sind es, die an dem Geburtstag einer Schule auf Beantwortung drängen:

Was ist aus den Mädchen und Jungen von einst geworden?
Was wird aus denen von heute einmal werden? Die erste Frage wird bei jedem Zusammentreffen „Ehemaliger“ aufgeworfen und beantwortet, sei es mit dem Ausdruck der Genugtuung, sei es mit dem Ausdruck des Bedauerns und der Verlegenheit.

Die zweite Frage wird zumeist gescheut, und nicht bloß deshalb, weil sie für das Einzelschicksal nur als Frage möglich ist.
Die Antwort, welche die Statistik uns gibt, erscheint nicht ungünstig. Doch diese Antwort ist trügerisch. Die Gefallenenliste auf Seite 6 spricht eine andere Sprache. Die Sorge der Eltern um die unbeschwerte Zukunft der Kinder ist eine Größe, die sich ebensowenig in Prozentzahlen ausdrücken läßt wie das dennoch erfahrene Leid.

 

H. Ralf


Der Physikunterricht
Vergangenes, Erreichtes, Erwünschtes

Ich habe da einen alten Zeitungsausschnitt – ich weiß nicht, aus welchem Blatt und welchem Jahr, er muß aber etwa 1865 entstanden sein –, der folgenden Bericht enthält:

„Wien. (Das Telephon.) Im experimentalen Teil des Vortrages, den Dr. Pick kürzlich über diesen Gegenstand im Akademiegebäude hielt, zeigte er, daß es wirklich möglich sei, den Schall mit Hilfe eines einfachen electrischen Apparates von einem Orte nach einem beliebig weit davon entfernten zu leiten, derselbe verliert dabei durchaus nichts an der Modulation, wohl aber – und das ist die Beschränkung – an Intensität. Die in ein Rohr hineingesungene ,Volkshymne‘, schönsten Augen etc.’ wurde durch die electrische Leitung in einem ziemlich weit davon entfernten Saale in der unmittelbaren Nähe des Apparates mit genügender Deutlichkeit vernommen, der Ton aber hatte weniger den Charakter der Menschenstimme, als den eines gestrichenen Violoncell. Damit haben wohl alle abenteuerlichen Gerüchte, wonach ein Sänger, der in London gemütlich in seinem Zimmer sitzt, doch in der großen Oper zu Paris den ,Raoul‘ singen könnte, ihr Ende.“

Die naturwissenschaftlichen Räume früher und heute

Die naturwissenschaftlichen Räume früher und heute

Es ist für uns heute amüsant, daß man in dieser Frühzeit des Telephons – es dauerte noch einige Jahre, bis es praktisch brauchbar wurde – Erwartungen hegte, die dann der Rundfunk verwirklicht hat, freilich anders herum: der Hörer bleibt gemütlich zu Hause, und der Sänger geht zum Funkhaus. In der Hauptsache aber gibt der Bericht ein Beispiel für den bescheidenen Anfang einer großen Entwicklung.

1828 erschien ein „Leitfaden für den Unterricht in der Physik“ von meinem Urgroßvater Prof. Dr. Brettner. Ich besitze noch mehrere Ausgaben, darunter die 16. Auflage von 1864. Das Buch war also sehr verbreitet, und so wird es denn für seine Zeit ziemlich repräsentativ sein. Wenn man nun ein heutiges Lehrbuch mit einem so alten vergleicht, so ist zunächst das Anwachsen des Stoffes auffallend. Wesentlicher ist ein anderer Punkt. Vor etwa hundert Jahren heißt es: „Wenn wir auch nicht wissen, was das Licht sei, so kennen wir doch größthenteils die Gesetze, nach, denen es wirkt.“ Und dann werden in sechzehn Zeilen die Lichttheorien angeführt, noch dazu in kleinerem Druck.

Auch wir wissen nicht, was das Licht ist; aber welch große Rolle spielen die Theorien, oder besser die Modellvorstellungen vom Licht heute!

Ganz allgemein läßt sich sagen, daß heute die Frage nach dem Warum mehr in den Vordergrund tritt gegenüber der Frage nach dem Was. Freilich kann die Physik kein letztes Warum beantworten, aber sie kann eine tiefere Schicht erreichen. Die Frage nach dem Was ist eine echt physikalische, eine echt wissenschaftliche Frage. An sie schließt sich die andere: „Was kann man damit anfangen?“, die Fragestellung der Technik. Sie hat all die Veränderungen unseres Lebens hervorgerufen, aus denen man ihr und der Physik so oft einen Vorwurf macht – als ob ein Klavier etwas dafür könnte, wenn man schlecht darauf spielt.

Aber uns beschäftigt hier ja nicht das Wozu, sondern das Warum. Wir fragen heute: Warum ist Wasser flüssig, warum dehnt es sich unterhalb 3,98· C aus, warum ist Eisen undurchsichtig, warum Stahl hart? Mit Fragen dieser Art erreichen wir eine tiefere Schicht, bleiben jedoch innerhalb der Physik. Wir fragen aber außerdem, und zwar gerade auch von der Physik her, über die Physik hinaus: Wenn man heute an so vielen Stellen Grenzen findet oder zu finden meint, Grenzen des Großen und des Kleinen, Grenzen der Geschwindigkeit, des Raumes und der Zeit, der Teilbarkeit, der Länge, Grenzen der Kausalität und Grenzen der Anschauung, wenn wir manchmal nur uns selbst zu finden scheinen, wo man früher eine objektive Wirklichkeit zu finden dachte, gibt es für das alles auch ein Warum? Geht jetzt die Epoche, die mit der Renaissance begann, zu Ende? Und wohin führt der Weg, der vor nunmehr etwa fünfzig Jahren eingeschlagen wurde, als die Quanten- und die Relativitätstheorie ihren Anfang nahmen?

Unterprima 1957/58

Unterprima 1957/58

Wir wollen hier mit dem Fragen aufhören und das Stichwort der fünfzig Jahre benutzen, um auf unsere fünfzig Jahre alte Schule zu kommen. Ich habe ihre Geschichte erst seit ’1952 miterlebt, und ich beschränke mich auf diese Zeit. Ich kam an die Jürgen -Fuhlendorf-Schule nach langer Tätigkeit an Schulen und Instituten, die mit hervorragenden Lehrmitteln in zahlreichen Unterrichts-, Übungs-, Vorbereitungs- und Sammlungsräumen, mit Werkstatt und Dunkelkammer ausgestattet waren. Hier in Bramstedt zeigte mir ein liebenswürdiger Amtsgenosse den einen Raum, der fast alles darstellte und enthielt, was die Schule für die Naturwissenschaften zu bieten hatte. Der Kollege war berechtigterweise ein wenig stolz darauf, was er aus einigen mehr oder weniger kaputten Apparaten und etwas Holz, Draht und Bindfaden zusammengebastelt hatte. Ich mußte aber meine Gedanken für mich behalten. Statt der Schalttafeln fand ich einen merkwürdigen Kasten, aus dem unter Umständen auch Strom herauskam, nur daß mir diese Umstände selbst recht unklar blieben. Statt mit der elektrisch betriebenen Ölluftpumpe, wie ich sie gewohnt war, mußte ich hier mit einem nur historisch interessanten Apparat umgehen, der schlecht oder überhaupt nicht funktionierte. Und so ging es weiter. Einwandfreie Versuche, die auch ästhetisch einigermaßen befriedigten, waren kaum möglich. Gewiß hat auch diese Art des Experimentierens ihren Reiz für den Lehrer und ihren Wert für den Schüler – aber sie ist einfach nicht zeitgemäß, und die dafür verbrauchten Stunden könnten besser ausgenutzt werden.

Blicken wir nun auf die Fortschritte, die dank der Energie der Lehrkräfte und der Hilfe der Behörden seitdem erzielt worden sind. Wir haben jetzt zwei Lehrräume, die gut eingerichtet sind, zwei Sammlungszimmer und einen Vorraum, der auch noch einige Schränke aufgenommen hat. Die notwendigen Lehrmittel sind vorhanden, oder ihre Beschaffung ist im Gang. Wir sind ein gutes Stück vorwärts gekommen.

Ich will auf einiges genauer eingehen. Früher benutzte man hauptsächlich Geräte, die für die Demonstration einer ganz bestimmten physikalischen Gesetzmäßigkeit hergestellt und meist nur für einen Zweck brauchbar waren. Demgegenüber verwendet man heute weitgehend Geräteteile, die den Aufbau einer ganzen Anzahl verschiedener Apparaturen ermöglichen. Es ist klar, daß diese Methode wirtschaftlicher ist, daß sie aber auch zu neuer Fragestellung und neuer Versuchsordnung reizt. Und dann ist die vom Lehrer vor den Augen der Schüler oder auch von den Schülern selbst zusammengesetzte Apparatur verständlicher als die von vornherein fertige, so wie im Mathematikunterricht die stückweise gezeichnete Figur verständlicher ist als eine vorher angefertigte, vollständige Zeichnung. Natürlich wurde diese sogenannte Aufbauphysik auch schon früher betrieben, zum Beispiel bei der optischen Bank; aber ihr Anwendungsbereich ist wesentlich erweitert worden, namentlich in der Elektrizitätslehre.
In der Akustik benutzte man zur Erzeugung von Tönen lange Zeit Geräte, die aus den Anfängen, der Forschung stammen. Die Stimmgabel hat den Nachteil, daß ihre Tonhöhe wenig oder gar nicht veränderlich ist und die Lautstärke rasch absinkt. Saite und Pfeife sind schlechte und frequenzunreine Schallstrahler. Wir verwenden jetzt einen Tonfrequenzgenerator mit einstellbarer Frequenz von 25 bis 11 000 Hertz, dessen Schallstrahlung beliebig lange andauert und dessen Lautstärke einstellbar ist. Mit ihm kann man nicht nur die klassischen Versuche vollkommener ausführen, sondern auch neue Wege beschreiten (Chladnische Klangfiguren in Abhängigkeit von der Frequenz, Vermessung von Schwingungen nach Kundt, stehende Wellen durch Reflexion an einer Wand).

In der Elektrizitätslehre ist die anschauliche experimentelle Darstellung der elektromagnetischen Wellen durch ein Mikrowellengerät möglich (Beugung, Reflexion, Interferenz, stehende Wellen). Man kann so die elektromagnetischen Wellen den optischen gegenüberstellen und die Wesensgleichheit beider verdeutlichen.

Während der Forscher in der Atomphysik die Expansionsnebelkammer bevorzugt, eignet sich für die Schule die kontinuierlich arbeitende Kammer, bei der die Bahnen der Teilchen in ihrem Entstehen, Verlauf und Vergehen beobachtet werden können. Auch die von der Höhenstrahlung ausgelösten Teilchen sind gut zu erkennen.

Diese Beispiele, die sich vermehren ließen, mögen genügen, um den großen Unterschied deutlich zu machen zwischen dem, was ich 1952 vorfand, und dem, was die Schule heute besitzt – aber wenn wir uns des Erreichten freuen, so soll das nicht heißen, daß nun jeder Wunsch erfüllt sei.

Die noch fehlenden Lehrmittel wird man nach und nach beschaffen können, aber Raumschwierigkeiten werden bestehen bleiben. Die beiden Lehrräume reichen nur knapp für die Anzahl der naturwissenschaftlichen Stunden aus, die Sammlungszimmer sind schon jetzt zu klein, und die Vereinigung chemischer und biologischer Lehrmittel in einem Raum ist recht unbefriedigend. Uns fehlt ein Raum, der ausschließlich für Schülerübungen bestimmt ist, es fehlen ein Vorbereitungszimmer, eine Werkstatt und eine Dunkelkammer. Dem wird in absehbarer Zeit schwer abzuhelfen sein. So sehr wir uns also freuen, daß es in wenigen Jahren gelungen ist, so viel zu erreichen, so sehr haben wir Anlaß, weiter daran zu arbeiten, den Gedanken mehr ins allgemeine Bewußtsein zu bringen, daß Ausgaben für die Ausbildung der Jugend eine gute Kapitalanlage sind. Und Deutschland hat nicht nur seine politische Großmachtstellung verloren: die deutsche Wissenschaft hat es sehr schwer, auch nur einigermaßen mit anderen Ländern Schritt zu halten, namentlich die Physik. Ich las kürzlich, daß die Laboratoriumseinrichtungen, die Faraday für seine großen Entdeckungen brauchte, heute etwa 200 DM kosten würden, die von Heinrich Hertz etwa 10 000 DM, daß heute aber ein physikalisches Universitätsinstitut etwa 5 000 000 DM, das Synchrophasotron in der Nähe von Moskau eine halbe Milliarde DM kostet.

Wenn sich in Deutschland nicht eine sehr viel größere Freigebigkeit gegenüber den Naturwissenschaften entwickelt, wird unsere Wirtschaft später die Folgen zu tragen haben. Auch für die Schulen ist vieles wiedereinzubringen, was seit 1933 vertan ist, und aufzubauen, was im Krieg zerstört wurde. Wir müssen aber noch darüber hinaus das nachzuholen suchen, was inzwischen in anderen Ländern mit großer Energie vorangetrieben wurde, und zwar nicht nur in den Vereinigten Staaten und in Rußland.
Es bleibt also noch viel zu tun.

G. Wangerin


Gedanken über Ziel und Bedeutung des neusprachlichen Unterrichts

Wie die meisten Oberschulen Schleswig-Holsteins führt auch die Jürgen-Fuhlendorf-Schule die Bezeichnung „Neusprachliches und mathematisch-naturwissenschaftliches Gymnasium“. Damit sind, die beiden Gebiete bezeichnet, denen sich der Unterricht neben den sogenannten Kernfächern, wie Deutsch, Geschichte, Erdkunde, im besonderen zuwendet.

Die Vorstellungen, welche die Bezeichnung „Neusprachliches Gymnasium“ weckt, werden sehr unterschiedlich sein; darum soll im folgenden der Versuch gemacht werden, zu zeigen, was unter dem Begriff „Neusprachliches Gymnasium“ zu verstehen ist, worin sein Ziel und seine besondere Bedeutung liegen.

Die Beantwortung zweier so grundsätzlicher Fragen kann jedoch nur richtig werden, wenn man sich dessen bewußt bleibt, daß die Neueren Sprachen wie jedes andere Unterrichtsgebiet immer nur ein Teil der gesamten unterrichtlichen wie erzieherischen Arbeit im Gymnasium sind, und das heißt, daß auch die Neueren Sprachen über ihr Teilziel hinaus einem gemeinsamen Ziel verantwortlich sind, von dem sie wie, die anderen Fächer auch erst ihre letzte Bedeutung erhalten. Es ist nicht leicht, den umfassenden Inhalt dieses Gesamtziels knapp zu umreißen, aber es ist richtig, zu sagen, daß das Gymnasium die Grundlage zu einer echten und allgemeinen Bildung legen soll. Diese aber ist nicht einfach mit dem Erwerb bloßer Kenntnisse gleichzusetzen. Echte Bildung erwerben heißt die Fähigkeit erlangen, die inneren Ursachen und Zusammenhänge zu erkennen, die hinter dem bloß Erlernbaren verborgen sind. Echte Bildung wird also nie durch bloßes Aneignen erworben, sondern immer nur durch das innere Verarbeiten von entweder uns überkommenem oder ständig sich neu entwickelndem Wissen von den Dingen und Menschen. Diese Fähigkeit im Schüler zu wecken und zu entwickeln ist das letzte und wesentliche Ziel des Gymnasiums und grenzt es daher grundsätzlich gegen all die weiterführen, den Schulformen ab, deren Ziel, weil sie in erster Linie die Berufsausbildung im Auge haben müssen, vorwiegend nach praktischen Erwägungen ausgerichtet ist.

Im Bereich des neusprachlichen Unterrichtes ist die Frage, ob das Ziel ein allgemeines oder ein fachliches sein soll, sehr entscheidend. Im Gymnasium, das noch keine Berufsausbildung zu geben hat, würde ein nur von praktischen Gesichtspunkten geleiteter neusprachlicher Unterricht an dem gemeinsamen Ziel, die Grundlage für eine echte und allgemeine Bildung zu legen, vorbeigehen. Das gilt es grundsätzlich zu erkennen, oder man wird mit dem Ziel auch dem Weg verständnislos gegenüberstehen. Es ist aber eine Tatsache, daß das Verständnis für das Ziel und die Bedeutung des neusprachlichen Unterrichtes im Gymnasium heute in der Öffentlichkeit weithin fehlt. Das liegt wohl nicht zuletzt daran, daß der Mensch von heute immer mehr geneigt ist, das, was gelernt werden muß, in möglichst kurzer Zeit und auf möglichst einfache Weise zu bewältigen, um ebenfalls sobald wie möglich aus dem Erlernten Nutzen ziehen zu können. Diese Grundhaltung dem zu erlernenden „Stoff“ gegenüber ist weit verbreitet; nicht ohne Grund klagen die Professoren heute immer wieder über die mangelnde Bereitwilligkeit des Studenten zu einem Studium auf breiterer Basis. Wir wissen, daß die Ursache für diese Einstellung durchaus nicht etwa in Oberflächlichkeit ihren Grund haben muß. Bittere Erfahrungen aus zwei Kriegen mit ihren Folgen für den einzelnen haben viele gezwungen, gegen eigenen Wunsch den kürzesten Weg zu gehen, um zum Ziele zu gelangen. Aber diese Dinge richtig sehen und verstehen heißt doch nicht, sie auch gutheißen müssen. Es wird vielmehr danach zu streben sein, daß die jüngere Generation wieder lernt, daß nicht der äußere Nutzen, sondern – und das gilt gerade auch für den Sprachunterricht im Gymnasium – das tiefere Eindringen in den jeweiligen Gehalt des Stoffes für den Unterricht maßgebend sein muß. Mit dieser Erkenntnis entfällt der Einwand, daß man das bis jetzt erreichte sprachliche Ergebnis in kürzerer Zeit bewältigen könne, oder auch der, daß sich im modernen Sprachunterricht des Gymnasiums mehr erreichen ließe, wenn man allen überflüssigen Ballast beiseite ließe. Abgesehen davon, daß das heute im neusprachlichen Gymnasium zu erreichende Ziel durchaus nicht anspruchslos zu nennen ist, ließe ein in diesem Sinne aufgestellter Lehrplan gerade das Entscheidende vermissen, weil er die Erlernung der Sprache zum Selbstzweck machen würde.Ich möchte diese Gedanken an einem praktischen Beispiel zu erläutern versuchen. Unter den Einwänden, die nicht nur von Schülern , sondern auch von Eltern gemacht werden, kann man zum Beispiel die folgenden immer wieder hören:
1. Ist die Sprache Shakespeares nicht zu schwer und veraltet, um noch im Unterricht gelesen zu werden?
2. Warum wird Shakespeare nicht auf deutsch gelesen, da wir doch gute deutsche Übersetzungen seiner Werke haben?
In seinem Aufsatz „Die Shakespearelektüre, ihre Bedeutung und ihre Möglichkeiten“ (Die Neueren Sprachen, Jahrgang 1953, Heft 2, Seite 494 ff.) nimmt H. Schwamborn zu der Frage nach der Berechtigung der Shakespearelektüre im Sprachunterricht Stellung. Von den hier entwickelten wichtigen Einsichten, die gerade die englische Lektüre Shakespeares dem Schüler zu vermitteln hat, möchte ich nur drei zitieren:

1. die Einsicht, daß „alles wirklich Bedeutende niemals veraltet“ (Seite 494),
2. daß „die Sprache ein lebendiger Organismus ist und als solcher dauernder Veränderung unterworfen ist“ (ebenda). Und er fährt fort: „Auf diesen Veränderungen beruhen zwar die besonderen Schwierigkeiten, aber auch der eigentümliche, unerschöpfliche Reiz jeder gewachsenen Sprache“,
3. daß „eine Übertragung niemals das Original ersetzen kann“ (ebenda).

Quinta 1957/58

Quinta 1957/58

Diese allgemeinen Erkenntnisse ließen sich zwar auch rein theoretisch vermitteln, aber sie würden dann wie alles, was nur übermittelt wird, an der Oberfläche haften bleiben. Zum tieferen Verständnis der Bedeutung Shakespeares wird der Schüler erst gelangen können, wenn er das. eine oder andere Werk im Shakespearetext selbst liest. Wie sollte er sonst zum Beispiel die Zeitgebundenheit Shakespeares erkennen können, die sich außer in der Stoffwahl gerade auch in der Symbol- und Bildersprache seiner Dramen zeigt? Und wieviel deutlicher kann sich das Bild von der Gestaltungskraft dieses Dichters einprägen, wenn der Schüler bei der englischen Lektüre selbst die Erfahrung gewinnt, daß Shakespeare da, wo er allgemein menschliche und allgemein gültige Aussagen macht, auf alle Symbolik verzichtet und gerade durch die Einfachheit der Sprache besonders nachhaltig wirkt.

Das eine Beispiel, das in diesem Rahmen natürlich nur ganz allgemein gehalten sein konnte, muß hier genügen, um anzudeuten, was unter dem tieferen Eindringen in einen Stoff und seiner inneren Verarbeitung zu verstehen ist.
In diesem Zusammenhang wird es für manchen Leser interessant sein, wie in den Lehrplanrichtlinien für die Gymnasien Schleswig -Holsteins Ziel und Aufgaben des Neusprachlichen Unterrichts amtlich festgelegt sind. Danach ist es „die allgemeine Aufgabe des Sprachunterrichts, den Schüler mit den geistigen Strömungen des Abendlandes vertraut zu machen. Aus der Begegnung und Auseinandersetzung mit wertbestimmten Werken des fremden Geistes gewinnt der junge Mensch Antriebe für seine Gesinnung und sein Verhalten.

Im englischen Unterricht soll der Schüler an die Kultur der Angelsachsen so herangeführt werden, daß er ein in den Grundlinien klares Bild von den Wesenszügen der Engländer und der Amerikaner gewinnt. Der Unterricht im Französischen hat die besondere Aufgabe, Verständnis zu wecken für die Eigenart und die künstlerischen und wissenschaftlichen Leistungen des französischen Volkes und so zu einer friedlichen Zusammenarbeit beider Völker beizutragen, die durch ihre Lage schicksalhaft verknüpft und durch eine lange Grenze verbunden sind.“Das sprachliche Ziel betreffend, heißt es dann weiter: „Unbedingte Voraussetzung dafür ist eine innere Vertrautheit mit der Sprache selbst. Der Unterricht muß daher vom ersten Tage an so gestaltet und entwickelt werden, daß in den Abschlußklassen das Verstehen und Sprechen der Sprache keine Schwierigkeiten mehr bereitet.“Aus diesen Sätzen wird klar, daß das Ziel des neusprachlichen Unterrichtes ein doppeltes ist:

1. das Eindringen in die Geistes- und Wesensart des fremden Volkes,
2. das Erlernen der Sprache als Voraussetzung für die Erreichung des eben genannten obersten Zieles.

Von diesem doppelten Ziel ist auch die erzieherische Bedeutung des neusprachlichen Unterrichtes nicht zu trennen. Sie ist eine zweifache: Einmal verlangt sie vom Schüler die intensive Beschäftigung mit dem Stoff selbst; darüber hinaus gibt sie ihm „Antrieb für seine Gesinnung und sein Verhalten“.

Wenn das praktische Ziel, die fremde Sprache in den Abschlußklassen ohne Schwierigkeiten verstehen und sprechen zu können, wohl von den meisten um seiner Lebensnähe und seiner handgreiflichen Vorteile willen bejaht wird, so sollte das eigentliche Ziel, das „Eindringen in die Geistes- und Wesensart des fremden Volkes“, das nicht minder gegenwartsnah ist, ebensowenig in seiner Bedeutung verkannt werden. Denn wir stehen heute mitten in einer Entwicklung, die ein bei aller Verschiedenheit der Nationen geeintes Europa anstrebt.

Quinta 1957/58 Quinta 1957/58

Quinta 1957/58

Der Weg wird noch lang sein und auch noch manche Enttäuschung bringen. Es besteht jedoch kein Zweifel, daß sich der Gedanke immer mehr Bahn brechen wird, um so mehr, als die politische und wirtschaftliche Entwicklung immer mehr dahin drängt. daß aber nicht nur ein wirtschaftlicher und politischer Interessenverband erstehe, sondern ein organisch gewachsener Bau, der auf dem gemeinsamen Grund abendländischer Kultur errichtet ist, das ist ein Ziel, an dessen Verwirklichung auch der Unterricht in den Neueren Sprachen mitzuarbeiten hat und von dem er noch seine besondere Bedeutung erhält. Es gilt nun, bei der Beschäftigung mit dem fremden Volk nicht nur seine Andersartigkeit sehen und verstehen zu lernen, sondern zu erkennen, daß jedes Volk, das sich zu diesem geeinten Europa bekennt, Miterbe einer gemeinsamen großen Kultur ist und um seiner Werte willen eine Bereicherung für den europäischen Staatenbund darstellt.

Die Arbeit des neusprachlichen Unterrichtes kann natürlich nur eine richtunggebende und vorbereitende sein; aber sie kann doch wenigstens so weit führen, dem Schüler zu zeigen, daß es nur da ein Verstehen geben kann, wo die Bereitwilligkeit vorhanden ist, sich dem andern ohne Vorurteile zu nähern, und wo aus der Kenntnis der Dinge heraus auch die Schwierigkeiten gesehen werden, mit denen das andere Volk zu kämpfen hat.

Bei einer Aneignung der fremden Sprache nach rein praktischen Gesichtspunkten würden alle diese Überlegungen zu kurz kommen. Das Ziel, das sie verfolgen, liegt zwar noch in sehr weiter Ferne, aber es ist ein Ziel, das einmal die mühsamen Wege, die zu ihm führen, lohnen wird. Wer sie geht, wächst nicht nur selbst an Wissen und Erkenntnis, sondern erweist damit seinem eigenen Volk den besten Dienst.

Vielleicht wird derjenige, der den Unterricht in den modernen Sprachen an den höheren Schulen glaubt geringschätzen zu müssen, weil er den „handgreiflichen Zweck“ vermißt, nun eher geneigt sein, die so viel weiter gesteckten Ziele wegen ihrer aktuellen und lebensnahen Auswirkungen anzuerkennen. Denn mit diesem Unterricht begibt sich der Schüler nicht auf ein volks- und zeitfremdes Gebiet, sondern mitten hinein in das Woher und Wozu der Beziehungen, der europäischen Völker untereinander. Ist das ein utopisches Ziel? Sind das nur große Worte ohne Inhalt? Wir sind heute solchen Formulierungen gegenüber mißtrauischer denn je, und das ist gut so. Aber die Wege, die wir als verantwortliche Erzieher gegangen sind, um diesem Ziele näher zu kommen, zeigen, daß die Zielrichtung wenigstens richtig ist.

Unter den mannigfachen Wegen, die der neusprachliche Unterricht heute beschreitet, sei an dieser Stelle auf diejenigen hingewiesen, die der Gefahr, den Sprachunterricht zu einer bloßen Vermittlung von Buchwissen zu machen, am wirksamsten entgegenarbeiten können. Es sind das: die Arbeit mit Rundfunk und Tonbandgerät, die Lektüre von fremdsprachlichen Zeitungen, die Anregung der Schüler zum Briefwechsel mit gleichaltrigen Jungen und Mädchen im Ausland und zum Aufenthalt im fremden Lande, gegebenenfalls auf dem Wege des Austausches.

Am unmittelbarsten wird der Lernende im Lande selbst mit der fremden Wesensart bekannt gemacht, denn hier kommt er täglich mit den Menschen des Volkes zusammen, dessen Gast er ist, nimmt ihre Art bewußt auf und vergleicht sie mit der eigenen. So bildet er sich, wenn auch kein allgemeingültiges oder gar fertiges, doch ein eigenes Urteil, das er nun mit den Meinungen vergleicht , die ihm bei anderen Menschen oder auch im weiteren Unterricht entgegentreten. Auch wenn er seine Ansicht dann noch korrigieren müßte, wird er die Eigenart des anderen Volkes viel klarer sehen können als die Kameraden, die sie nur aus den Berichten anderer kennenlernen, und seien es noch so gute und sachliche Darstellungen über die Sitten und Gebräuche, die Vorzüge und Schwächen des fremden Volkes. Die persönliche Fühlungnahme wird als der unmittelbarste Weg immer sehr fruchtbar sein. Es wäre sehr zu wünschen, daß das Verständnis für die Bedeutung dieser lebendigen Berührung mit der Sprache im fremden Lande selbst bei unseren Eltern noch viel mehr wächst. Gewiß wird ein auch noch so kurzer Aufenthalt im Ausland für viele von ihnen ein wirtschaftliches Opfer sein; es ist aber eins, das zu bringen sich lohnt, nicht zuletzt auch in erzieherischer Hinsicht; denn es fördert die Selbständigkeit und Umsicht des Schülers.

Besonders lohnend ist immer der Austausch, er vertieft die persönlichen Beziehungen auch noch dadurch, daß beide Partner für längere Zeit, als es die Ferien allein erlauben, zusammen sind. Vor allem aber bleibt der Hauptgewinn des Kennenlernens nicht einseitig auf den beschränkt, der den Partner in seinem Lande aufsucht, sondern beide haben Gelegenheit, ihr Urteil im Lande selbst zu bilden und ihre Erfahrungen und Ansichten auszutauschen. Die Kosten sind nicht unbedingt höher als bei einem Einzelaufenthalt im Ausland; denn durch die wechselseitige Aufnahme in der Familie werden auch die Kosten zu gleichen Teilen getragen. Diese Möglichkeit der Kontaktgewinnung wird von den Eltern, die einen solchen Austausch durchführen könnten, noch viel zu wenig genutzt.

Der Briefwechsel ist natürlich kein Ersatz für einen Aufenthalt im Lande selbst. Er ist zudem von solchen Faktoren wie Lust oder Unlust des einen oder anderen Partners, den Briefwechsel regelmäßig durchzuführen, abhängig. Enttäuschungen bleiben deshalb nicht aus. Trotzdem sollte immer wieder begonnen werden; denn wo dann wirklich ein befriedigender Briefwechsel entsteht, da entsteht gleichzeitig mit dem nun geweckten Interesse für die fremde Welt ein ganz anderes Verhältnis zu dem, was im Unterricht über dieses Land und seine Leute gesagt wird. Ein solcher Briefwechsel fördert nicht nur die Vertiefung der Vorstellungen. Es ist außerdem durch ihn schon manches persönliche Band geknüpft worden. Solche menschlichen Beziehungen haben sich nicht seiten als sehr beständig erwiesen. Ein einmal geschenktes und gewonnenes Vertrauen hat sogar vielfach auch die Zeiten politischer Hetzpropanganda überdauert.

Eine weitere Hilfe, die die Eltern wirtschaftlich ebenfalls nur in geringem Maße belastet, ist das Abonnieren fremdsprachlicher Schülerzeitungen. Sie werden über die Schulen vermittelt, und die Beschäftigung der Jugendlichen mit diesem fremden Sprachgut trägt ebenfalls dazu bei, das Bild, das im Unterricht entsteht, auf allerlei Weise zu ergänzen. Es ist nicht deshalb erst jetzt hier davon die Rede, weil das Lesen einer solchen Zeitung von untergeordneter Bedeutung wäre. Jede Art der Beschäftigung des Schülers mit dem Sprach- und Gedankengut des fremden Volkes ist zu begrüßen und zu unterstützen. Dazu kommt, daß auch das Lesen ebenso wie Briefwechsel und Auslandsreise den sehr wichtigen Charakter der Freiwilligkeit tragen und schon deshalb den Schüler sehr aufgeschlossen machen. Außerdem sind heute die Zeitungen dieser Art wirklich bemüht, den Interessen der Schüler entgegenzukommen und die sprachliche Arbeit in jeder Weise zu erleichtern, daß alle diese hier nur angedeuteten Möglichkeiten viel dazu beitragen können, das eigentliche Ziel, vom dem oben die Rede war, zu erreichen, ist ohne weiteres einzusehen. daß aber alle diese Maßnahmen, um einen vertieften Eindruck von dem fremden Land und seinen Leuten zu vermitteln, für Schulen wie die unsere noch von besonderer Wichtigkeit sind, soll nicht unerwähnt bleiben; denn eine Kleinstadtschule steht, was die Fortbildungsmöglichkeiten anbetrifft, in mehr denn einer Beziehung hinter den Schulen der größeren Städte zurück. Das gilt für den Unterricht in den modernen Sprachen in ganz besonderem Sinne. Ausländische Zeitungen, Büchereien mit fremdsprachlicher Literatur oder gar Kurse, an denen Interessenten teilnehmen könnten, fehlen gänzlich , von Theateraufführungen ganz zu schweigen. Dazu kommt noch, daß ungefähr die Hälfte aller Schüler unserer Schule in weitem Umkreise von Bad Bramstedt wohnt und schon deshalb nicht imstande wäre, an solchen Veranstaltungen regelmäßig teilzunehmen.

Aus diesen Gründen wäre es sehr wünschenswert – und mit diesem Wunsch wende ich mich an die Eltern –, wenn die oben genannten Möglichkeiten, den Kindern zu einer vertieften Kenntnis des fremden Volkes und seiner Art zu verhelfen, wirklich von vielen genutzt würden. Darüber hinaus aber wäre die Aufgabe dieser kurzen Betrachtung erfüllt, wenn sie den einen oder anderen anregen würde, sich über das Gedanken zu machen, was wir in der Schule als den letzten Sinn des neusprachlichen Unterrichts bezeichnen: das Erlernen der Sprache nicht als Selbstzweck, sondern als Mittel, um in den Geist und die Wesensart des anderen Volkes einzudringen und dadurch an der Verwirklichung einer größeren Gemeinschaft mitzuarbeiten, die auf gegenseitigem Verstehen und gegenseitiger Achtung gegründet ist.

Katharina Nauck


Unser Laienspielkreis

Das Laienspiel hat als wichtiges Mittel der musischen Erziehung wohl in jede Schule Eingang gefunden. In Gymnasien, Mittel- und Volksschulen wird es in gleichem Maße gepflegt, und die meisten Schüler sind irgendwie einmal mit dem Laienspiel in Berührung gekommen, wenn sie die Schule verlassen.

Auch an unserer Jürgen-Fuhlendorf-Schule in Bad Bramstedt hatten schon lange verschiedene Lehrer auf diesem Gebiet gearbeitet; es hatten Gruppen bestanden, die Stücke einübten und aufführten. Allerdings waren diese Laienspielgruppen nach gewisser Zeit immer wieder zerfallen, da die Schüler sich entweder durch ihre übrigen Aufgaben zu sehr belastet fühlten oder sich anderen Interessen zuwandten, so daß die mit der mittleren Reife oder dem Abitur abgehenden Spieler nicht ersetzt werden konnten.

So hatte längere Zeit keine größere Aufführung an unserer Schule stattgefunden, als im Herbst des Jahres 1955 während einer Sitzung der Schülermitverantwortung ein Obersekundaner an mich die Bitte richtete, doch einen neuen Laienspielkreis zu gründen.

Ich hatte bereits mit meiner eigenen Klasse als Quarta beziehungsweise Obertertia zwei Stücke aufgeführt, an denen, wie ich glaube, die Kinder viel Freude gehabt haben. Doch nun ergab sich die Möglichkeit, mit Schülern der Oberstufe und der Untersekunden ein Laienspiel zu pflegen, das einen ganz anderen Charakter haben konnte als die bisher aufgeführten Stücke. Hatte ich bisher allgemein mit Kindern von zwölf bis vierzehn Jahren gespielt, so ergab sich für mich nun Gelegenheit, mit Jugendlichen zu spielen, die alle mehr als fünfzehn Jahre alt waren. Damit war aber eine Voraussetzung geschaffen, das Laienspiel so zu pflegen, wie es der große Altmeister Martin Luserke immer wieder gefordert hat. Bezeichnet er doch Jugendliche im Alter von fünfzehn bis fünfundzwanzig Jahren als am besten geeignet für das Laienspiel.

Auf unserer ersten Zusammenkunft – der neugegründete Laienspielkreis zählte etwa fünfundzwanzig bis dreißig Mitglieder, unter denen die Mädchen in der Überzahl waren – ging es natürlich um die Frage: „Was spielen wir?“ Dabei wurden die verwegensten Wünsche geäußert. Ich glaube, fast jedes Stück der deutschen und ausländischen Literatur hätte begeisterte Spieler gefunden.

Meine nicht ganz leichte Aufgabe war es nun, die Schüler davon zu überzeugen, daß wir als Laien uns doch in bestimmten Grenzen halten müßten, daß das Laienspiel nicht die Form der zeitlosen dichterischen Aussage sei, weil der bedeutende Gehalt auch die vollendete Reproduktion, eben das große Theater und den Berufsschauspieler verlange. Wenn das Laienspiel eine Berechtigung in der Schule haben soll, dürfen wir nicht versuchen, die Berufsbühne nachzuahmen oder gar mit ihr in Wettbewerb zu treten, uns ohne Einblick in die Grenzen unserer Begabung auf künstlerischem Gebiet betätigen. Das Kunstwerk würde so verfehlt oder verfälscht und wir verlören uns in dem gefährlichsten Dilettantismus oder würden, um mit Luserke zu sprechen, zur „Edelschmiere“ gelangen. Wie es überhaupt eine hervorragende Erziehungsaufgabe des Lehrers bleibt, den jungen Menschen ihre Möglichkeiten und Grenzen zu zeigen, so auch auf dem Gebiet des Laienspiels. Der Sinn für das Echte und Gemäße muß die Grundlage der musischen Erziehung sein. Ebenso wie auf anderen Gebieten kann sich eine Überforderung des Schülers in bezug auf seine musische Begabung und Empfänglichkeit sehr verhängnisvoll auswirken. Alle Versuche, ein Laienspiel von außen her, zum Beispiel aus religiösen oder weltanschaulichen Absichten, zu begründen, müssen fehlschlagen, wenn die innere Begründung in der besonderen musischen Begabung des Jugendlichen fehlt.

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Der Umstand nun, daß unserem Kreis eine so große Zahl von Mädchen angehörte, half mir, die Schüler dafür zu gewinnen, ein eigenes Stück zu schreiben und aufzuführen; denn in der gesamten Literatur mangelt es an Stücken mit einer genügenden Anzahl weiblicher Rollen, und es lag uns daran, in unserem ersten Stück alle unsere Mitglieder auftreten zu lassen.

Wir setzten uns nun jede Woche zu einem Arbeitskreis zusammen, wie ich ihn selbst in der „Werkstatt“ Martin Luserkes erlebt habe . Eine Fabel hatten wir schnell erfunden. Wir nahmen den Stoff aus der Welt der Antike, die jedem Schüler durch Geschichte und Literatur bekannt ist. Angeregt wurden wir auch durch die Erinnerung an eine ausgezeichnete Aufführung von Plautus’ „Amphitryon“, die einige Mitglieder unseres Kreises auf der Laienspieltagung in Lübeck im Herbst 1954 erlebt hatten.
Im Mittelpunkt unseres Stückes stand ein kleines Abenteuer Jupiters. Verwechslungen spielten eine große Rolle und gaben dem Stück, das etwa eine Stunde dauern sollte, die Spannung. Zahlreiche Anspielungen auf Schule und Alltag erhöhten die Wirkung.

Dieser antike Stoff hatte viele Vorteile. Die Lebensfreude der griechischen Götter und des griechischen Menschen steht dem Jugendlichen sehr nahe, ebenso die Vorliebe für das Lachen und den Scherz, das Ablehnen jeglichen Moralisierens. Für die vielen Mädchen boten die Gestalten der Göttinnen anziehende Rollen. Einen Teil des Stückes ließen wir im Reiche der Amazonen spielen, wodurch so viele weibliche Rollen geschaffen waren, daß alle Mädchen mitspielen konnten. Die antike Welt gab dann endlich noch die Möglichkeit für eine reizvolle, farbenfreudige Kostümierung, die sehr zum Gelingen der Aufführung beitrug.

Von Woche zu Woche wurde nun immer ein kleiner Abschnitt unseres Stückes, der inhaltlich bekannt war, von den Schülern dramatisiert. Sie verwendeten dabei Reime, was eine große Erleichterung dieser Arbeit wie auch später des Auswendiglernens bedeutete. Ein Obersekundaner schrieb inzwischen die Musik, ganz im Sinne Luserkes, in dessen Stücken die Musik eine wichtige Rolle spielt. Sie durchtränkt das Ganze und ist ein wunderbares, unentbehrliches Mittel zur Gliederung der Massenbewegung auf der Bühne, nicht etwa nur Zwischenakt- oder Begleitmusik.

Kurz nach Weihnachten war der Text vollendet, und die Probenarbeit konnte beginnen. Sehr schnell fand sich dabei jeder Spieler in seine Rolle. Mit großer Sorgfalt arbeiteten Jungen wie Mädchen inzwischen an ihren Kostümen, wobei die Mädchen oft den Jungen behilflich waren. Auch die notwendigen Requisiten wurden allmählich beschafft. Schon im März 1956 konnten wir aufführen; das war früher, als ich erwartet hatte. Der treffende und zugkräftige Titel „Götter, Griechen und Geliebte“ und wirkungsvolle Werbeplakate, die begabte Zeichner aus unserem Kreis angefertigt hatten, halfen mit, die Zuschauer anzulocken.

Da unserer Schule wie vielen anderen Schleswig Holsteins trotz des inzwischen vollendeten Neubaus eine Aula und eine eigene Bühne fehlen, mußten wir im Gemeindesaal der Stadt aufführen. Dieser Raum verfügt zwar nur über ein schmales Podium und hat Stühle für nur etwa hundert Zuschauer – weitere Stühle mußten aus der Schule unter dem Stirnrunzeln damals noch maßgeblicher Instanzen herbeigeschafft werden –, aber die Begeisterung und der Einsatz der Spieler verhalfen der Aufführung zu einem großen Erfolg.

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Hierbei wurde nun auch deutlich, wie sehr das Laienspiel die Gemeinschaft braucht, aber auch die Gemeinschaft fördert. Die Zuschauer kamen fast ausschließlich aus den Reihen der Lehrer, der Schüler oder deren Eltern. Von ihnen wurden der Stoff und die vielen Anspielungen auf das Schulleben sofort verstanden und immer wieder mit großem Beifall aufgenommen. Hierdurch wurde wieder die Spielleidenschaft der Darsteller mehr und mehr gesteigert. Nach dem Stück saßen dann Gruppen von Spielern und Nichtspielern, wie sie der Zufall gerade zusammengefügt hatte, verbunden durch die gemeinsame Freude am Stück, noch lange in froher Laune beisammen. Manche Eltern, die sonst nie den Weg zur Schule finden, sah man in angeregtem Gespräch mit den Lehrern. So wurde hier in der Tat die Schulgemeinschaft in weitestem Sinne demonstriert.
Da das Stück aus dem Schulleben erwachsen war und daher auch im wesentlichen nur von der Schulgemeinschaft verstanden werden konnte, verzichteten wir darauf, vor einem anderen Kreis die Aufführung zu wiederholen. Wir begnügten uns mit insgesamt drei Aufführungen vor einem Publikum, das eng mit der Schule in Verbindung stand.
Nachdem dieses erste Stück ein so großer Erfolg geworden war und ich erkannt hatte, über welch hohe spielerische Begabung ein großer Teil der Schüler verfügte, entschloß ich mich zu einem großen Wagnis. Ich plante, Shakespeares „Was ihr wollt“ als Bewegungsspiel aufzuführen, wie es Martin Luserke auf seiner Schulbühne in Wickersdorf und in seiner eigenen „Schule am Meer“ auf der Insel Juist entwickelt und in zahlreichen Aufführungen vervollkommnet hatte. Von vielen Fachleuten des Theaters und des Laienspiels sind diese Shakespeare-Aufführungen immer wieder hervorragend kritisiert worden. So würdigt einer dieser Kritiker die Aufführungen auf der Wickersdorfer Schulbühne als „die erste vollgültige Kunstleistung der bisher künstlerisch meist unfruchtbaren Jugendbewegung“‘, und ein anderer spricht von einem „geradezu fabelhaften“ Erfolg, einem „starken, reinen und schönen Eindruck, wie man ihn nur aus den besten Shakespeare-Abenden nach Hause trägt“’. Ich selbst habe als Student ebenfalls Shakespeare -Aufführungen Luserkes erlebt oder in ihnen sogar mitgewirkt und kann daher die oben angeführten Kritiken bestätigen.

Luserke hat besonders die Shakespeareschen Lustspiele durch das aus ihrer inneren Gesetzmäßigkeit entwickelte Prinzip des Bewegungsspiels in einen einzigen großen rhythmisch gegliederten Bewegungsablauf auf vorhang- und kulissenloser Bühne zu dieser Wirkung gebracht. Stets ging Luserke von den gegebenen Möglichkeiten und Fähigkeiten seiner Schüler aus, denen er niemals größere schauspielerische Leistungen abverlangte, als sie zu geben vermochten. Durch den natürlichen Resonanzkörper großer Spielermassen verhalf er dem einzelnen zu Sicherheit und spielerischer Unbefangenheit. Die Kostümierung, die dem Spieler das Hineinfinden in seine Rolle wesentlich erleichtert, die Musik und Beleuchtung sind ebenfalls außerordentlich wichtig. Den Auf- und Abzügen der Gruppen – unter entscheidender Mitwirkung der Musik – wird hohe Bedeutung beigemessen. Jede abziehende Gruppe zieht zugleich eine andere auf die Bühne, alles Kommen und Gehen ist wieder in sich gegliedert. So wird das Unausgesprochene, eben der rhythmische Ablauf der Ereignisse, voll ausgespielt. Schließlich sei noch bemerkt, daß die Shakespeare-Aufführungen nach Möglichkeit auf einer Plattformbühne stattfinden sollen, die weit in den Zuschauerraum hineinragt, um so eine enge Verbindung mit dem Publikum herzustellen.

Es würde an dieser Stelle zu weit führen, alle Einzelheiten des Lüserkeschen Bewegungsspiels zu beschreiben. Nur so viel sollte deutlich gemacht werden, daß diese Shakespeare-Aufführungen tatsächlich Laienspiel in eigener Form darstellen und daß hier von keinem Wettbewerb mit dem Berufstheater die Rede sein kann, obwohl man auf Stücke zurückgreift, die auch die Berufsbühne darstellt. Diese Form des Spiels ist nur dem Laienspiel eigen.

Es wird aus dem Gesagten nun aber wohl auch deutlich, welch einer gründlichen Arbeit es bedarf, um ein Stück Shakespeares als Bewegungsspiel aufführungsreif zu machen.

Durch das Entgegenkommen der Schulleitung hatten wir zunächst wöchentlich eine Stunde zu Proben zur Verfügung; später aber mußten wir Nachmittage und Abendstunden mit zu Hilfe nehmen. Die Einsatzfreude und die Lust am Spiel, die die Schüler an den Tag legten, übertraf noch bei weitem, was ich bei unserem ersten Spiel erlebt hatte, besonders, als das Stück allmählich Gestalt gewann. Hatte beim erstenmal einfach die Lust an Scherz und Spiel die Schüler mitgerissen, so spürte jetzt doch wenigstens ein Teil der Spieler, je länger wir uns mit Shakespeare beschäftigten, auch die Wirkung des großen Kunstwerks. Nach mehr als halbjähriger intensiver Arbeit wagten wir uns endlich an die Aufführung.

Wieder mußten wir uns den Saal des Gemeindehauses erbitten. Kurz vor Weihnachten 1956 zeigten wir dann unser „Was ihr wollt“ und erlebten von allen Seiten begeisterte Kritik. Zweimal führten wir im Gemeindehaus vor insgesamt dreihundert Zuschauern auf. Danach gaben wir außer der Schulgemeinschaft auch anderen Interessierten aus der Stadt Gelegenheit, unserer dritten Aufführung beizuwohnen, die im größten Saal Bad Bramstedts, im Kaisersaal, stattfand. (Den Reinertrag von etwa 200 DM stellten wir dem Deutschen Roten Kreuz für die Ungarnhilfe zur Verfügung). Schließlich fand noch eine vierte und letzte Aufführung im großen Saal des Kurhauses vor den Patienten der Rheumaheilstätte statt.

Damit hatten etwa achthundert Zuschauer unsere Shakespeare-Aufführungen erlebt, und ich glaube, daß kaum einer negative Kritik geäußert hat. Eine glänzende Bestätigung der Laienspielpraxis Martin Luserkes!

Nach diesen erfolgreichen Aufführungen nahm der Laienspielkreis der Jürgen-Fuhlendorf-Schule einen weiteren Aufschwung. Zahlreiche Schüler baten um Aufnahme. Nach einer längeren Pause begannen wir dann im Herbst 1957 mit den Proben zu Shakespeares „Der Sturm“, der zum 50jährigen Jubiläum unserer Schule (hoffentlich mit gleichem Erfolg) aufgeführt werden soll. Wenn ich die Erfahrungen meiner Laienspielarbeit zusammenfassend überblicke, so ergeben sich einige Einsichten und Wünsche, die ich an dieser Stelle nicht verhehlen möchte.

Die bedeutendste pädagogische Auswirkung eines stilvollen Laienspiels ist die Lösung gehemmter Schüler, sofern sie nur ein Mindestmaß an spielerischer Begabung mitbringen. Ebenso erfreulich sind die Ergebnisse im Bereich der musischen Erziehung und der Geschmacksbildung überhaupt. Den schädlichen Einflüssen von Dreigroschenromanen, Illustrierten usw. ist wohl am ehesten durch eine Schulung des Geschmacks und die Möglichkeit einer angemessenen guten Unterhaltung zu begegnen.

Hier zerbricht auch der stärkste und häufigste Einwand, der gegen die Betätigung der Schüler auf dem Gebiet des Laienspiels erhoben wird. Wird doch immer noch behauptet, die Jungen und Mädchen würden durch das Laienspiel von anderen, „wichtigeren“ Aufgaben abgelenkt, sie vernachlässigten ihre Hausarbeiten und ließen daher in ihren Leistungen nach. Ich möchte zunächst bemerken, daß in verschiedenen Untersuchungen die positiven Auswirkungen eines sinnvollen Laienspiels auch auf die Leistungen in den sogenannten Wissenfächern nachgewiesen worden sind. Es dürfte auch kaum möglich sein, die Behauptung aufrechtzuerhalten, der Schüler werde von seinen anderen Pflichten abgelenkt, und nicht viel mehr von Beschäftigungen zweifelhaften Werts, wie sie eben das Lesen minderwertiger Lektüre oder das Besuchen eines schlechten Films darstellt. Ich persönlich habe nie einen Rückgang der Leistungen durch die Beschäftigung mit dem Laienspiel feststellen können.

Ich möchte noch etwas hinzufügen: Wenn unsere Schule den Anspruch erheben will, eine wirkliche Bildungsstätte zu sein, müssen in ihr Verstand, Körper und Seele der Schüler gleichermaßen geformt werden. Denn erst ein Mensch, der auf diese Weise geformt worden ist, kann mit vollem Recht als wirklich gebildet bezeichnet werden. Durch die Bildung der seelischen Kräfte mit Hilfe der musischen Erziehung überhaupt und des Laienspiels im besonderen wird der Mensch geöffnet und erst recht empfänglich gemacht, um künstlerische Aussage zu erleben. Ein echtes musisches Erleben aber läutert den Menschen, ist so wertvoll, so beglückend, daß man alle Möglichkeiten nutzen sollte, es den Jugendlichen zu erschließen.

Deshalb ist es zu bedauern, daß das Laienspiel, das man den „Ort der Begegnung aller musischen Elemente – der Bewegung, Sprache, Musik und bildenden Kunst“ genannt hat, noch immer zu sehr am Rande des musischen Lebens in der Schule steht. Es ist nur selten in der Stundenplangestaltung berücksichtigt, wie doch – wenn auch nur in geringem Maße – die anderen musischen Fächer Kunsterziehung und Musik. So muß die Arbeit in den Laienspielkreisen viel zu sehr neben dem Unterricht geleistet werden, was besonders dann große Schwierigkeiten macht, wenn die Mitglieder eines solchen Kreises aus verschiedenen Klassen mit ganz unterschiedlichen Stundenplänen kommen.

Durch das Entgegenkommen und Verständnis der Schulleitung ist an unserer Schule immerhin ein einigermaßen tragbarer Zustand geschaffen worden, wenn auch die Arbeit im Laienspiel zum Teil noch während der Unterrichtsstunden anderer Fächer geleistet werden muß.

Deshalb wünschen wir uns zu unserem 50jährigen Schuljubiläum: eine genügende Berücksichtigung des Laienspiels im Stundenplan , unter Umständen als Arbeitsgemeinschaft, einen eigenen Festraum mit einer Bühne, um dort unsere Aufführungen veranstalten zu können. Dann erst kann die wertvolle pädagogisch-psychologische Bedeutung des Laienspiels voll zur Wirkung kamen, das – und mit diesem Zitat Martin Luserkes möchte ich schließen – „eine gar nicht zu überschätzende Gelegenheit zur Selbstbetätigung des ganzen Menschen bietet“, da in unseren Lebensverhältnissen „das Seelische durch das Geistige, Kopfmäßige vergewaltigt wird“‘.

H. W. Meyer

1) Hans Brandenburg: „Das neue Theater“, Leipzig 1926, S. 484.
2) O. Hagen in Shakespeare-Jahrbuch 1928, S. 221 f.
3) Martin Luserke: „Die Bedeutung des Theaters und des Laienspiels für die heutige Volksbildung“ in „Geistige Formung der Jugend unserer Zeit“, Berlin 1931, S. 99.


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Habe ich durch das Bestehen der Reifeprüfung den Beweis erbracht, daß ich ein gebildeter Mensch bin?

(Hausaufsatz U I, 1954)

Bildung – das ist ein Wort, das besonders in unserem Jahrhundert zu einem Schlagwort geworden ist. Man meint, es sei gut, „gebildet“ zu sein, und wer mit Zitaten unserer Großen aufwarten kann, gilt als ein „gebildeter“ Mensch. Auch der, der mit seiner „Kreuzworträtselbildung“ vor einem unwissenden und unverständigen Publikum glänzt, gehört in den Augen vieler zu den „Gebildeten“. – Wie aber wird der Ausdruck Bildung mißverstanden, wie äußerlich aufgefaßt! Man richtet Volksbildungsstätten ein. Das ist zwar gut, aber es ist ein grundlegender Fehler, alle Menschen, die eine Schulbildung genossen haben, als „gebildet“ anzusprechen. Bildung ist nicht das Wissen um eine Sache, das Beherrschen vieler Fremdwörter und unverstandener Phrasen. Sie ist keineswegs gleichzusetzen mit Gelehrsamkeit, Vielwissen.

Bildung ist die Ausbildung der im Menschen vorhandenen Fähigkeiten, des eigenen, selbständigen Wollens, Fühlens und Denkens zur höchsten Vollendungsstufe. Das Vorhandensein dieser Fähigkeiten ist die Grundlage für die Bildung. Nur der Mensch, dem die Anlage zur Selbständigkeit angeboren ist, ist bildungsfähig. Das Wort Bildung an sich meint, daß etwas im Menschen Vorhandenes, noch Formloses und Unentwickeltes zu einem Ganzen, Großen, Vollkommenen entfaltet werden soll. Man könnte Bildungsfähigkeit als die Fähigkeit des eigenen Erlebens bezeichnen.

Goethe sagt: „Den Stoff sieht jedermann, den Gehalt nur der, der etwas zuzutun hat; die Form ist ein Geheimnis den meisten.“ Damit gruppiert er die Menschheit in drei Klassen; und zwar kann der gewöhnliche Mensch wohl den Stoff, das Objekt, sehen und fühlen, aber nicht erfühlen. Er besitzt zwar die Fähigkeit, Dinge in seinem Gehirn aufzunehmen, zu registrieren. Er kann sie aber nicht verarbeiten, er vermag sie nicht zu erleben. Er kann Dinge mit einer gewissen Vorstellung verbinden, aber nicht ihr eigentliches Wesen erfassen, sie sich zu Eigenbesitz machen. Diese Fähigkeit, nämlich Eindruck und Gedanken eins werden zu lassen, spricht Goethe der zweiten Gruppe zu, die etwas hinzutun kann. Bei diesen Menschen entsteht durch die Verarbeitung eines Eindrucks etwas spezifisch Neues. Auf Grund dieser Fähigkeit kann das Individuum unter Mithilfe äußerer Einflüsse und eigener Kraft etwas Neues entwickeln und seinen Geistesstand ausbilden und weiterführen. Die Krone der Bildung aber gesteht Goethe dem Künstler zu, der nicht nur das Bild des Objekts zu Eigenem umgestaltet, sondern aus sich heraus, allerdings angeregt durch seine Umwelt, etwas Neues schafft.

Wenn ein Individuum fähig ist, sich selbst zu erleben, muß es Objekt und das eigene Sein scharf trennen können, es muß sich gegenüber dem Objekt finden, also zu Selbstbewußtsein gelangen, um das Ich als eines fühlenden, denkenden und wollenden Wesens wissen. Es muß seine Anlagen und Fehler erkennen können und durch Selbsterkenntnis das Gute und Böse in sich und seiner Umwelt sehen. Auf Grund des ihm angeborenen ethischen Gefühls erkennt es dann die Pflicht als ein göttliches Gesetz in sich, das Gute, Schöne und Wahre zu erstreben, die größtmögliche, seinen Fähigkeiten angemessene sittliche Vollkommenheit zu seinem Ziel zu machen, das durch das Ideal der Humanität bestimmt ist. Um diesem Ideal dienen zu können, ist es erforderlich, durch den vernünftig-sittlichen Willen sein Eigenleben im Sinne menschlicher Vollkommenheit zu gestalten. Die Kraft der Selbstbeherrschung soll ihn also veredeln. Ein veredelter Mensch ist ein Individuum, dessen Anlagen zu einer humanitätsbestimmten Höhe ausgebildet sind.

Diese vorhandenen Anlagen bedürfen der Pflege, der Kultur, die sich als eine Vervollkommnung des Bestehenden durch darauf gerichtete menschliche Einwirkung äußert. Durch die Selbsterkenntnis sieht der Mensch die Notwendigkeit, Triebe in sich zu bekämpfen. Dazu gehört sehr viel Kraft und Ausdauer, da der Mensch von Natur aus dazu neigt, sich nachzugeben, der Schwerkraft der Triebe zu folgen und sich Anstrengungen zu entziehen. Durch Tapferkeit und Mäßigung veredelt er im dauernden Kampf gegen den widerstrebenden Feind der Unmündigkeit sein Wesen und gelangt so zur Selbstbehauptung, zur Klarheit über sich selbst. Das heißt also, daß der Mensch seine Urteilskraft ausbildet und mit Hilfe seiner Vernunft und aus dem eigenen Verantwortungsgefühl heraus eine klare Entscheidung zu fällen imstande ist und in jedem Falle alle Dinge daraufhin prüft, ob er sie selbst verantworten kann und zu eigenen Gesetzen machen darf. Das Handeln des Menschen soll also nur durch die eigene Vernunft und das eigene Gefühl bestimmt werden. Das bedeutet eine Auseinandersetzung mit allem Bestehenden, Geltenden und von der Allgemeinheit Anerkannten. Die Autorität ist ein Hemmnis, das viele Menschen leicht besiegt, wenn sie nicht auf Grund ihrer Erfahrung selbstverantwortlich und selbständig ihre Vernunft und ihr Gefühl zur Entscheidung darüber zwingen, ob die Auffassung der Autorität als Gesetz der Eigenpersönlichkeit gelten kann. Selbstbehauptung bedeutet innere Auflehnung, keineswegs aber Fügung. Wenn der Mensch die eigene Überzeugung preisgibt und sich vom Autoritätsglauben leiten läßt, wird er – sofern er noch seine Gefühle überprüft – das niederdrückende Gefühl der inneren Unwahrhaftigkeit in sich spüren, die Selbstkontrolle verlieren, was zu einer Verarmung des Innenlebens führt. Der selbständige Mensch ordnet sich nur der Idee unter, die seinem Geist durch vernunftmäßige Überlegung entsprungen ist. Er wird also autonom. Handlungsbestimmend sind bei ihm nur die Ideen, die inneren Gesetze und das Streben nach Vollkommenheit, Menschenwürde. Diese Autonomie darf aber nicht in rücksichtslose Durchsetzung sinnlich -selbsüchtiger Triebe, die nicht vor dem Gewissen bestehen kann, ausarten. Nur dann darf das Individuum auf die Durchsetzung seiner Ideen dringen, wenn sie durch das ethische Bewußtsein begründet und getragen werden. Wenn es fähig ist, sich von Vorurteilen freizumachen und nur sich selbst als Maßstab des Handelns einzusetzen, hat es die Freiheit, das Wahre, Gute und Schöne zu tun, wie Schiller sie in seinen Humanitätsgedanken entwickelt.

Wie schon gesagt, beruht diese Freiheit auf der Selbständigkeit, selbst zu urteilen, das heißt auf dem Besitz einer Weltanschauung, die auf Natur- und Kulturkenntnissen und vor allem -erkenntnissen beruhen muß. Um aber das Wesen der Dinge erkennen zu können, bedarf es einer genauen Beschäftigung mit ihnen, denn die Erkenntnis des Zusammenhangs und Sinns des Weltgeschehens und der einzelnen Dinge prägt den durch die Einsicht geleiteten Willen, der für das Verhalten des Menschen zum Dasein verantwortlich ist. Der Wille und das aus ihm folgende Handeln formen den Charakter des Individuums. Charakter haben heißt aber, sich an Ordnungsprinzipien binden und nach Richtlinien handeln, die man sich durch die eigene Vernunft und Überlegung gesetzt hat. Charakter haben heißt, eine sich und ihrer höchsten Pflichten und Ziele bewußte Individualität – eine Persönlichkeit – sein.

Durch die Kultur nähert der Mensch sich letzten Endes in immer höherem Maße der Vervollkommnung seiner selbst und wird dadurch zu einem Wesen, das nur im Sinne der Humanität lebt, zur Menschenwürde gelangt und dessen Handeln Ideale verkörpert.

Ganz ohne äußere Einwirkung kann der Mensch aber nicht zu diesen Erkenntnissen gelangen, wenn auch die natürlichen Anlagen in ihm vorhanden sind. Aufgabe der Erziehung ist es deshalb, die angeborenen Gefühle für das Gute, Schöne und Wahre in ihm zu wecken, zu fördern und zu veredeln.

Das Leben des Menschen, insbesondere des jungen Menschen, ist ein Entwicklungsgang, der ihn von der Anfangsstufe der Unerfahrenheit zu der seinen Kräften und Fähigkeiten angemessenen Vollendung führen soll, nämlich zur Persönlichkeit. Um einen Menschen zu einem höherstehenden, veredelten Wesen im Sinne der Humanitätsideale zu bilden, bedarf es einer Formung seines ganzen Menschseins von Grund auf. Erziehung gründet sich zunächst auf Autoritätsglauben, der aber im Fortgang der Entwicklung des zu erziehenden, bildungsfähigen Individuums allmählich mehr und mehr der Einsicht weichen soll, die den Menschen schließlich zur Freiheit führt. In der Zeit des noch unentwickelten Willens, der Unselbständigkeit oder Unmündigkeit, müssen erziehende Kräfte auf ihn einwirken und seinen Werdegang zur Mündigkeit fördern und in ihm nach besten Kräften allen Fähigkeiten und Anlagen seines Wesenskernes die entscheidende Lenkung auf das Humanitätsideal hin geben.

In der ersten Entwicklungsstufe ist die Erziehung Sache des Elternhauses, der Kirche und der Schule. Diese Erziehungsgrundlagen, die der Unmündige hier erfährt, sind die Voraussetzung für ein sittliches Leben. Sobald sich das Bewußtsein des eigenen Seins im jungen Menschen rührt und die eigene Stellungnahme wach wird, ist eine sorgfältige Erziehung besonders wichtig, denn nun beginnt er eigene Eindrücke und Autoritätsglauben zu verbinden. Die Beeinflussung muß so gelenkt werden, daß das Individuum an der Autorität zu zweifeln beginnt, sich endlich von ihr löst und sich selbst zu klarer, selbstbewußter Entscheidung durchringt. Mit dem Mündigwerden, das individuell früher oder später erfolgen kann, wird die Erziehung von außen abgelöst und weicht der Selbsterziehung.

Der Inhalt der Erziehung sollte bestimmt werden durch die geistige Entwicklungsstufe des im Bildungsgang Begriffenen und durch die Höhe der Menschheitskultur, immer im Hinblick ‚auf die Pflicht und Verantwortung, eine freie und erlebnisreiche und -fähige Persönlichkeit zu entwickeln, bei der die Harmonie des Denkens, Fühlens und Wollens charakterbestimmend ist. Die Charakterbildung ist aber durch die seelische und körperliche Verfassung des Menschen bestimmt, und es besteht die Gefahr der Verbildung und Zerstörung durch äußere Einflüsse, ebenso wie eine sorgfältige, folgerichtige und individuelle Behandlung eine Persönlichkeit heranbilden kann, die eine gesunde Weltanschauung und Lebensauffassung besitzt, bei der eine harmonische Ausbildung ihrer Anlagen des Verstandes und Gemüts die höchste Entfaltung menschlicher Kultur und Gesittung bewirkten. Es entwickeln sich so Menschen, in denen Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit, Achtung vor den Mitmenschen und hohe Entwicklung der Herzensbildung alles Niedrige verdrängt haben und die durch Selbsterkenntnis zur Bescheidenheit gelangt sind.

Deshalb ist es Aufgabe des Erziehers, nicht nur stur reines Wissen zu vermitteln, sondern sich in erster Linie für die Herausbildung der Persönlichkeit verantwortlich zu fühlen, ja das objektive Wissen eigentlich nur als Grundlage zu benutzen, denn die Hauptsache ist, daß es Zugang ins Menscheninnere findet. Natürlich ist die Verwertungsfähigkeit äußerst verschieden. Man könnte die Erziehung durch die Umwelt als einen Katalysator ansehen, einen entscheidenden, antreibenden Faktor im Werdegang des Menschen, der erst die Entwicklung und Bildung auf das Ideal hin auslöst, ohne den der Mensch wohl schwerlich Bildung erlangen könnte. Wenn dieses wesentliche Moment mit dem noch wichtigeren der Bildungsfähigkeit zusammentrifft und im Individuum der Wille vorhanden ist, dann haben wir alle Voraussetzungen dafür, daß ein Mensch gebildet werden kann.

Während seiner Schulzeit ist der Schüler in ein intensives Erziehungssystem eingeordnet, das ihn von allen Seiten und auf allen Gebieten beeinflußt und formt. Sollte die Erziehung von seiten der Schule alle Voraussetzungen für eine richtige Beeinflussung bieten, so ist aber noch nicht die Gewähr gegeben, daß der Schüler am Ende seiner Schulzeit, also mit dem Abitur, ein gebildeter Mensch ist. Denn für den Entwicklungsabschluß kann man keinen Termin setzen, ja vielleicht endet die Entwicklung nie. läßt sich Bildung überhaupt beweisen? Möglicherweise kann unter günstigen Voraussetzungen der Charakter des jungen Menschen so geprägt werden, daß wir von einem gebildeten Menschen reden können. Aber weitaus nicht die meisten Abiturienten sind gebildete Menschen, denn ein begabter Mensch kann durch viel Wissen die Prüfung bestehen. Aber Bildung läßt sich nicht mit Maßstäben prüfen; sie läßt sich bei einem anderen Menschen nur vermuten und erfühlen.

Von sich selbst kann man sagen, daß man Bildung besitzt, wenn man auf sich selbst die Worte Saint-Exuperys bejahend anwenden kann: „Menschsein heißt: Verantwortung fühlen, sich schämen beim Anblick einer Not, auch dann, wenn man selber spürbar keine Mitschuld an ihr hat – stolz sein auf den Erfolg der Kameraden – und persönlich seinen Stein beitragen im Bewußtsein, mitzuwirken am Bau der Welt.“

Silke Soth


Auf der Fahrt zum Abitur im Schnee steckengeblieben

Scheußlich kalt und dunkel war es noch, als wir am 18. Februar 1955 morgens zum Zug gingen. Die Straßen waren dicht verschneit, und zu den Fußwegen hin türmten sich die Schneemassen. Aber dafür hatten wir keinen Blick, und auch von der Kälte merkten wir nichts; denn uns wurde warm genug bei dem Gedanken an das in zwei Stunden beginnende Abitur. – Vorbereitet an Leib und Geist, stiegen wir verhältnismäßig ruhig in den Zug. Zwar brachte jede Station, auf der ein „Mitleidender“ zustieg, ein wenig Aufregung, und die Stimmung war belebt und durchwirkt von dem gegenseitig nicht eingestandenen Gedanken, daß es nun endlich soweit sei und wir am Abend wohl den schweren Kampf überstanden haben würden. –Als der Zug glücklich alle sechs – vier Jungen und zwei Mädchen –, für die der Tag X angebrochen war, auf den verschiedenen Stationen gesammelt hatte, hielt er plötzlich mit einem Ruck kurz hinter einem Bahnhof; die Maschine setzte aus, und es wurde bedenklich still. Hochguckend, sozusagen aufwachend aus unserer Fragerei: „Wie ist es damit? Ob man das wissen muß?“ sahen wir die anderen Fahrgäste zum Teil aussteigen, zum Teil unruhig hin und her gehen. Der einfache, für uns aber Entsetzen bringende Tatbestand war der, daß die A.K.N. im Schnee steckengeblieben war! Zum erstenmal in all der Zeit, die wir zur Schule fuhren – und das waren immerhin neun Jahre! –

Die Schaffner berieten, besorgten Schaufeln, und man begann, die Schienen freizulegen. Dann fuhr die A.K.N. ein Stück zurück, nahm alle ihre Kraft und unsere Gedanken zusammen und stieß – durch die Schneewehe hindurch? – nein, nur tiefer in sie hinein! Hinter der Bahn brachen die nur wenig zur Seite geschaufelten Schneemassen in sich zusammen, und wir saßen endgültig fest! Es gab kein Vor und kein Zurück!

Die Schaffner berieten neu und kamen zu dem Entschluß, einen Schneepflug herbeischaffen zu lassen. Mittlerweile war es 10 Uhr geworden, und um 9 Uhr sollte das Abitur beginnen! Wir mußten wissen, was in der Schule geschah, ob man auf uns wartete. Zwei von uns gingen auf einem freigeschaufelten schmalen Weg zum Bahnhof und telefonierten mit der Jürgen-Fuhlendorf-Schule. Sie brachten die Nachricht zurück, daß man bereits zu prüfen begonnen hatte und daß wir nur dann noch drankämen, wenn wir bis 13 Uhr da sein würden. Das waren noch drei Stunden!

Um unsere Unruhe nicht noch größer werden zu lassen, schlossen wir das Abkommen, keiner dürfe den anderen mehr nach etwas Wissensnotwendigem fragen. Dann begannen wir Karten zu spielen, den heißen Kaffee aus unseren Thermosflaschen zu verteilen und unsere Geisteskraft durch Dextro-Energen, Cola-Schokolade und dergleichen aufzumuntern. – In dieses unruhevolle, für die Mitreisenden aber anscheinend recht belustigende Idyll schoß eine alarmierende Botschaft: Der uns zur Rettung kommende Schneepflug war seinerseits steckengeblieben! Damit wurde unsere Unruhe zur Nervosität, unsere Passivität zu verzweifelter Aktivität; denn nun nützte alles Beraten nichts mehr. Wiederum zogen zwei von uns zum Bahnhof! Sie wollten nach den Autos ihrer Väter telefonieren. Die Väter waren nicht zu erreichen. Nun mußte ein Taxi heran! Aber – ein neuer Schlag des Schicksals – auch die Straßen waren schneeverstopft und ein Weiterkommen mit dem Auto unmöglich!

Bei dieser Nachricht drückten die Jungen ihre Zigaretten aus, um zwei Minuten später neue zu entzünden. Wir Mädchen liefen nervös im Zug umher. – Doch plötzlich kam uns ein, wie wir meinten, rettender Gedanke: Wenn wir zu Land nicht vorwärts kommen konnten, mußten wir es auf dem Luftwege versuchen. „Das Hamburger Abendblatt hat doch einen Hubschrauber! Man muß es den Zeitungsleuten entsprechend schildern: Sechs Leute in Abiturnot! Es ist doch unmöglich, daß all die Arbeit des Repetierens, die Angst noch einmal beginnen soll! daß wir vielleicht noch vier Wochen zur Schule gehen müssen, während die halbe Klasse das Abitur schon überstanden hat!“

Wieder zwei zum Bahnhof! „Es ist doch gar nicht weit, warum kommen sie denn noch nicht wieder? Es ist schon halb eins!“ Da tauchen sie auf! Und? Sie schütteln die Köpfe: „Nichts. Vielleicht ist der Hubschrauber kaputt oder sonst was.“ Egal! Aber was nun? Wir gucken einander an. Die Jungen lockern ihre Schlipse, dann ein Seufzer, und ausgerechnet der, der gerade vier Wochen krank gewesen ist, gibt ein entschlossenes: „Ich geh zu Fuß!“ von sich. Und tatsächlich, drei ziehen mit schwarzen Anzügen, schwarzen Schuhen und neuen Kollegmappen unter dem Arm über das Schneefeld vor uns, um auf die Straße durchzustoßen, ein Stück mit einem Wagen zu fahren, um eine Schneewehe herumzugehen und wieder ein Stück zu fahren. Für uns zwei Mädchen gibt es diese Möglichkeit nicht; denn wer kann mit hohen Absätzen und Nylonstrümpfen in knietiefem Schnee umherlaufen? Und als die drei unseren Blicken entschwunden sind, überfällt uns Resignation. Bei uns beiden Mädchen bleibt nur ein Klassenkamerad: der, der später Pastor werden will. Er übt sich im Trösten. –

Inzwischen entsendet man von Hamburg einen großen Schneepflug, der tatsächlich den Weg hinter uns freilegt. Dann fährt die A.K.N. wiederum ein Stück zurück, der große Schneepflug wird vorgespannt, und wir bringen es fertig, bis zum anderen Ende der Schneewehe durchzustoßen. – Wir wagen kaum aufzuatmen, aber wir haben ein wenig neuen Mut. Schließlich kommen wir, wenn auch recht erschöpft, um 12.3o Uhr auf dem Bramstedter Bahnhof an! Unsere drei Fußgänger sind seit etwa zehn Minuten da, und als wir letzten erscheinen, ist einer von ihnen bereits vom „Mündlichen“ befreit worden. – Abends gegen halb acht haben dann auch wir alles überstanden und den Sieg davongetragen. –

Erika Baar


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Ein Schulalltag im Jahre 1958

Vor dem Unterricht

Rrrr…! Der Wecker klingelt. Schon wieder! Ich drehe mich verschlafen um… Ich finde es im Bett noch so schön und bleibe liegen. Da kommt aber meine Mutter und schimpft: „Nun aber schnell! Raus aus dem Bett! Die Uhr ist gleich ein Viertel vor sieben!“ Ich sause aus dem Bett, wasche, kämme und ziehe mich in Windeseile an. Dann schnell nach unten, frühstücken, Mantel an, Mappe holen, Rad aus dem Stall schieben und los. Mutti ist schon vorgegangen, da sie früher in der Schule sein will.

Glücklich bei der Schule angekommen, ist es zwanzig Minuten vor acht. Ach, du Schreck! Jetzt muß ich noch zehn Minuten warten, ehe die Schule geöffnet wird. Das habe ich nun von dem Hasten. Unendlich langsam schleichen die Minuten dahin. Da kommen Klassenkameraden. Nun kann man sich wenigstens unterhalten…
Silke Dreves (IV a)

Mathematikstunde

„Hans, an die Tafel! Folgende Gleichung mit zwei Unbekannten graphisch darstellen: x – 2y+2 … Uwe ruhig! x – 2y … Hefte ’raus, mitschreiben! x – 2y … Ich werd‘ euch schon wach kriegen…
Wolfgang König
(U III a)

Ich werfe auf Ines und Ilse einen Blick. Wie zu erwarten, beschäftigen sich die beiden mit dem Essen… Immer in unbewachten Augenblicken schiebt Ines ein Stück Kuchen in den Mund. „Ihr Futtertanten!“ flüstere ich hinüber. „Bist ja bloß neidisch, daß du nichts abkriegst.“ „Pah, ich verzichte darauf zugunsten armer Negerkinder.“ „He, Molly, wann klingelt es.“ „In zwei Minuten“, ist die Antwort. Gott sei Dank! Hat auch lange genug gedauert …
Heide Kelle (U III a)

Pause im Gebäude

Ich rase hinter Klaus zum Biologieraum, und wir holen ein Glas voll Krebse und eine Karte, auf der diese übelriechenden Kreaturen abgebildet sind.
Hinrich Beck (U III a)

Lateinarbeit

Drückende Stille herrscht in der Klasse, man hört nur die ruhigen Schritte des Lehrers.
Ab und zu wird ein Stöhnen laut. Die Schüler und Schülerinnen sitzen gebeugt über den Heften. Ein Klingeln zerreißt die Stille, ein Raunen geht durch die Klasse, aber es wird weitergeschrieben. Bald erhebt sich ein Finger. „Was ist?“ fragt Herr Direktor. „Was heißt bauen?“ Er ist entsetzt, dann fragt er Dörte, was bauen heißt. „Aedificare“, antwortet sie. Der Junge setzt sich. Wieder ist alles still. Einzelne geben ihre Hefte ab.
Karin Reinke (IV a)

Pause auf dem Hof

„Soll Dir ein gutes Zeugnis winken, mußt täglich Du die Schulmilch trinken!“ steht auf den Kakaoflaschen, aus denen wir alle trinken. „Pfui Teufel, schmeckt das Zeug!“
Inge Schuricht (IV a)

Die letzte Stunde

Als krönenden Abschluß haben wir Deutsch. Herr Dr. Ralf ist den ganzen Tag darauf bedacht, Hausordnungen zu verteilen. Er findet auch oft genug Kunden, die ihm eine abnehmen. Dr. Ralf ist auch sehr für die Sauberkeit in den Heften. Einer hat sogar in Schrift eine Sechs bekommen. Derjenige bemüht sich jetzt aber besser zu schreiben. Nicht selten wird einem die Hausarbeit durchgestrichen. Oft ist er aber auch zu Scherzen aufgelegt.
Wolfhart Dallmann (IV a)

Man wartet nicht nur auf den Zug, sondern auch auf das erlösende Klingelzeichen.
Die Erdkundestunde endet im Schatten der oberitalienischen Alpen.
Jan Ziera (U III a)

Nach dem Unterricht

Nach dieser Stunde gehen wir zum Bahnhof und warten auf die A.K.N. Mit einer Geschwindigkeit von dreißig Kilometern in der Stunde bringt sie uns unter vielen Angstschreien wieder nach Hause.
Thomas Kohrt (IV a)

Aber bevor man am Nachmittag zum Fußballspiel oder ins Waldbad gehen kann, muß man noch seine Hausaufgaben erledigen. Endlich, wenn das letzte Hausheft in die Ecke gefeuert wird, ist ein Schulalltag für den armen, geplagten Schüler beendet.
Hagen Rettke (U III a)


 

Das Kollegium der Jürgen-Fuhlendorf-Schule
(Stand vom 1. Februar 1958)

Oberstudiendirektor Dr. Ernst Neumann

Oberstudienrat Alfred Zylka

Studienräte:
Günther Wangerin
Gertrud Spann
Charlotte Lange
Olga Buchard
Käthe Biendara
Friedrich Schneider
Heinz-Helmut Schulz
Dr. Hildegard Dreves

Katharina Nauck
Karl Simonsen
Ursula Prößdorf.
Annemarie John
Irmtrud Jüngst
Hans Wilhelm Meyer
Manfred Pönisch

Studienassessoren
Lothar Dexling
Dr. Horst Ralf

Gisela Knaak
Klaus Knaak

Studienreferendare
Hartmut Göke

Helmut Lienau

Die Abiturienten der Jürgen-Fuhlendorf-Schule

1949
Gisela Anders
Wilfried Dähnick
Franz Hinte
Helga Kock


Lieselotte Köhler
Helmut Lienau
Johann Joachim Marks
Gerhard Zorn

1950
Friedrich Ewert
Werner Gehl
Hermann Grüttner
Klaus Jäger
Esther Kluth
Bruno Lehnert

Fritz Leitzke
Ruth Pietsch
Irmgard Schümann
Ernst-Walter Schümann
Rose-Lotte Willers

1951
Helmut Böge
Waldemar Buchholz
Karl-Heinz Gnotka
Elisabeth Hammerich
Ingeborg Hesebeck
Paul Hinte
Brigitte Klein

Wanda von Malottki
Ulrich Seibüchler
Klaus-Jürgen Thies
Harald Timmermann
Hans-Otto Wessel
Klaus Zierau

1952
Jürgen Bornhöft
Dietrich Hamdorf

Hans-Wilhelm Rüter

1953
Otmar Aldenhoven
Elke Blaszkowski
Rosemarie Marten
Gudrun Oldenburg
Ortrud Oldenburg
Heinrich Schlichting
Ernst Thamer

Günther Wolfs
Hans-Günther Cnotka
Ernst-Heinrich Kuhrt
Erich Schnoor
Detlef Soth
Siegfried Völz

1954
Jutta Awe
Wolfgang Gieraths
Karl Lademann
Ingeborg Schramm


Antje Sievers
Roland Sukow
Gerriet Sweers
Günter Volz

1955
Erika Baar
Dieter Brack
Jürgen Brandt
Winfried Kruse
Adolf Lescow
Ulrich Lüdemann
Horst Matthiesen


Ursula Paulsen
Hans-Georg Peglow
Horst Penschuck
Jürgen Rolke
Erhard Seredszus
Rudi Sommer

1956
Dietmar Arnemann
Christa Bochmann
Elke Haensel
Inghild Henke
Peter Jensen
Annemarie Kipp
Hatto Klamt
Siegfried Liebschner
Karl Mathiak

Rudolf Mews
Klaus-Dieter Müller
Hannelore Neumann
Detlef Oetjens
Günter Olbrück
Lothar Schallau
Silke Soth
Antje Wagner

1957
Karin Albat
Gerd Behrendt
Rimbert Gatzweiler
Klaus Goldmann
Hans-Jochen Hinz
Burkhard Holzapfel
Heike Kramp

Hartwig Kuhnert
Dora Laabs
Siegfried Puschke
Christel Runge
Reimer Sievers
Hans Stein
Dieter Zimmermann

1958
Lothar Boesler
Claus Bornhöft
Volker Brack
Harald Bürck
Joachim Hasse
Heinrich Holderbach
Gunter Kurrasch
Matthias Franke
Franz Großekettler
Roswitha Hübner

Reinhard Kuhnert
Hartmut Papke
Gerd Sielk
Klaus Soth
Manfred Tews
Telse Todsen
Norbert Wünsch
Ulrich Zander
Ulrich Zylka

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