Kriegsgefangenenlager in Bad Bramstedt

Der verstorbene Bad Bramstedter Adolf Reimers (Bimöhler Straße) hinterließ mir einige Aufzeichnungen, darunter seine Erinnerungen an die Kriegsgefangenlager des II. Weltkrieges in Bad Bramstedt.
Diese gebe ich hier zunächst unkommentiert wieder und hoffe, dass noch andere Personen etwas dazu beisteuern können.  Es ist ein bislang unbearbeitetes Feld unserer Ortsgeschichte.


Adolf Reimers

Kriegsgefangenenlager in Bad Bramstedt II. Weltkrieg

Franzosen – Butendoor Nr. 15 – 17?

Etwa 30 Gefangene, die hauptsächlich in der Landwirtschaft beschäftigt waren. Ausnahme: Fa. Dehn & Hein- 8 Franzosen und 1 Belgier (Paul aus Mons). Die Gefangenen wurden von dem auch in der Baracke wohnenden deutschen Unteroffizier um 5 Uhr morgens geweckt und nach der Morgentoilette ohne Bewachung zu ihren Arbeitgebern entlassen, wo sie voll verpflegt wurden. Auch sonntags.
Die Gefangenen arbeiteten in Bad Bramstedt fast 5 Jahre – Herbst 1940 bis Mai 1945. Danach kehrten sie alle wohlbehalten in ihre Heimat zurück.

Serben – Sommerland 60 (Plüschau)

Etwa 15 Gefangene, die auch hauptsächlich in der Landwirtschaft beschäftigt waren. Bewachung wie bei den Franzosen.

Lageraufenthalt von Sommer 1941 bis Mai 1945. Wegen der angespannten Lage in ihrer Heimat blieben viele vorerst hier und einige für immer (3).

Russen – Sommerland 60 ( Plüschau )

Die etwa 8 – 9 Russen wurden als einzige Gefangene in Bad Bramstedt hinter Stacheldraht gefangen gehalten. An Wochentagen arbeiteten sie ausnahmslos bei der Fa. Dehn & Hein. Des Morgens wurden sie von einem Wachmann mit aufgesetztem Bajonett zur Arbeitsstelle hin und abends zurückbegleitet. Die Verpflegung der Russen wurde in wöchentlichem Wechsel von Frau Hansmann bzw. Oma Dehn sichergestellt. Da wir die nächsten Nachbarn der Fa. Dehn & Hein waren, konnten wir den Tagesablauf der Kriegsgefangenen aus nächster Nähe miterleben. Die Aufgaben der deutschen Arbeiter der Fa. Dehn & Hein, die im Laufe des Krieges, bis auf den über 60-jährigen Lagermeister Maschmann zur Wehrmacht eingezogen waren, übernahmen die Kriegsgefangenen aus 4 Nationen (Rußland, Frankreich, Serbien und  Belgien). Als auch noch der über 50-jährige Hinz (Sägewerksmeister) Ende des Krieges (1944) zur Wehrmacht eingezogen wurde, übernahm ein Russe, der von Hinz angelernt worden war, die Arbeiten am Holzgatter. Dieser sehr intelligente Gefangene stammte aus dem fernen Ostsibirien.
Man sagte, seine Großeltern wären Japaner gewesen. Er sah aber auch mit seiner gelbbraunen Hautfarbe, seinem vierkantigem Gesicht und für uns ungewohnten Schlitzaugen damals jedenfalls furchterregend aus. Sein Name war Iwan. Wir nannten ihn deshalb „Iwan den Schrecklichen“.
Eines Tages erzählte und Frau Hansmann, daß sie „Iwan“ gebeten hätte, ein Huhn zu schlachten. Nachdem Iwan dem Huhn mit einem Beil den Kopf abgeschlagen hatte, trank er das Blut und hat sie mit seinen schwarzen Augen gierig angesehen, so das sie Angst um ihr Leben bekam.
Eines Tages wurde ich Zeuge eines Gesprächs zwischen diesem Iwan und einem deutschen Leutnant der Wachmannschaft. Weil Iwan sich in der deutschen Sprache verbessern wollte, bat er um deutsche Vokabel- und Lesebücher. Dabei wurde er von dem Leutnant mit „Sie“ angesprochen. Für die damalige Zeit sehr ungewöhnlich, da die Gefangenen gewöhnlich nur mit einem „Du“ angesprochen wurden.

Alle Kriegsgefangenen, die den Krieg und die Kriegsgefangenschaft in Deutschland bis Mai 1945 gut überstanden hatten, wurden von den sowjetischen Machthabern nicht nach Hause zu ihren Familien entlassen, sondern landeten sämtlich in sowjetischen Arbeitslagern in Sibirien und kehrten, wenn überhaupt, erst nach Jahren in ihre Heimat zurück.

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