Herzog: Die Rosenstraße

Erinnerungen vorgetragen im “Club Alter Bramstedter”

Die Rosenstraße

von Wiebke Herzog geb. Harm.

Nun soll ich heute über die Rosenstraße schreiben.

Bruno Wrage hatte es ganz toll vorgetragen. Wir waren sehr traurig, daß er so schnell von uns ging. In seinem Sinn möchte ich nun „Achtern Höben“, so hieß die Straße früher, zu Papier bringen.

An der Ecke am Kieler Berg wohnte Jochen Wulf mit seiner Familie. Diese Familie wohnt noch dort. Der alte Jochen war Schuldner und betrieb nebenbei eine Wurst und Schinkenräucherei.

Damals mästete jeder Hausbesitzer seine 1-2 Schweine selbst und hamsterte sich so für den Winter ein. Ein Schlachtfest war eine große Sache und dann die Grützwurst, die Bratwurst usw. Schwärmen könnte man noch davon.

Das nächste Haus bewohnte die Familie Bestmann. Und dann im Garten wohnte Schneider Göttsch. Der arme Kerl saß den ganzen Tag auf dem Tisch und prünte Hosen von den vielen Jungs zusammen. Es war schon fast Kunst, den 5. Flicken auf den vom 4. festzukriegen.

Er wohnte als Nachbar neben Brüning. Damals war es ein ganz altes Haus. Über dem Küchenherd konnte man in den Himmel gucken. Da wohnte Tante Kutsche. Als Flickfrau ging sie von Haus zu Haue. Und Geschichten hatte sie immer auf Lager. Natürlich auch mal geändert. Neben diesem Haus stand ein langes Gebäude. Da wohnten viele Familien. Unter anderem Schlachter Köhnke. Den kannten wir nur, wenn er mit seinem Brühtrog kam. Dann erinnere ich mich gut an die alte Kate von Zimmermann Wrage. Das Baumaterial wurde alles mit dem Handwagen auf die Baustelle gefahren.

Es war ein hartes Geschäft. Frau Wrage war Hebamme. Sie half den Bramstedtern auf die Welt. Mit ihrem alten Klapperrad fuhr sie Sommer und Winter ganz über die Dörfer.

Daran schloß sich Otto Delfs mit einem kleinen roten Haus. Seitlich schloß sich ein riesiger Garten an. Eigentümer war Schmied Seller.

Nun kam ein Haus mit vielen Kindern. Eine Familie hatte 12 Gören, Suhr bestimmt 8. Viel habe ich bei Hauschild Mittag gegessen. Die haben es bestimmt nicht bemerkt. Ihnen fehlte jede Übersicht. Stühle gab es nicht. Kartoffeln wurden mit der Hand gepellt. Zwischen diesem Haus und Holdorf stand und steht hinten ein, kleines Haus. Hier besohlte und flickte Karl Schuster fast hoffnungslose Schuhe. Mitten zwischen seinen Schuhen saß er und sang immer vergnügt vor sich hin. In der Ecke stand der der alte Küchenherd und wurde mit Busch und Torf gefüttert. Und dann gab es noch einen Raum mit 2 Betten und vielen Nägeln an der Wand.

Nachbar Schlapkohl hatte einen Papagei. Der hatte kaum noch Federn. Er soll uralt gewesen sein. Tolle Schimpfworte beherrschte er.

Dann kamen 2 Häuser, das Geschäft von Quistorf mit einem riesigen Lager. Die Kaffeemaschine war fast so groß wie der Laden. Da war ein kleiner Glaskasten. Weihnachten konnte man dort einen kleinen Weihnachtsmann aus Schokolade und einen Hund aus Marzipan bewundern. Wir taten es ausgiebig. Dann kam der Gartenweg. Dort standen 2 Häuser und ein großer Holzplatz von Zimmermann Horst. Heute ist alles bebaut. Damals Gärten, soweit das Auge reichte.

Frau Köhnke wohnte in dem nächsten Haus, dann kam wieder ein Winzling, Maler Abel. Das Haus war weiß mit hübschen Rosen bepflanzt und Arbeit hatte er nie.

Dann kam ein Fischhändler Möckelmann. Selbst Heiligabend kam er ins Haus und schlachtete die Karpfen.

Dann wurde die „Neue Straße“ gebaut, bis an den Liethberg und dann war fast die Welt zu Ende Richtung Maienbeeck kann ich nur noch die Häuser und Besitzer aufzählen.

Ein uraltes Haus bewohnte Sokolowsky und dann kam Harbeck. Er hatte eine Klüterwerkstatt, reparierte Ziehwagen, Bäder und alles was so repariert werden mußte. Seine Frau verdiente sich Geld, mit Pflegekindern. Sie waren lieb und nett. Dann kam ein großes Haus mit Mietern. Dort wohnte auch Mimi Groß. Sie war mindestens 20 Jahre vielleicht auch länger Nachtschwester im Kurhaus. Zu Fuß hin und zu Fuß her.

Dann kam Erich Schneider. Er war ein richtiger Sonderling. Schlief bei seiner Kuh im Stall. Die Milch bekam seine Kuh wieder zu saufen. Geheuer war uns die Sache nicht.

Dann kam das Haus vom Zugführer Möller. Ein ganz, richtiger Bahnbeamter. Wir haben ihn immer bewundert.

Neben Bauer Wrage, es war mehr ein Kätner mit vielen Kaninchen.

Nebenan wohnte der Bruder Mauermann Wrage.

Dann kam ein Schuster. Er war der Nachbar von Tischler Kühl. Viele Handwerker gab es damals. Das war schon was. Neben einem großen Haus kam die Bramstedter Zeitung Eigentum von Kuno Paustian. Und immer wieder riesige Gärten.

Im nächsten Haus wohnten Herr und Frau Willi. Sie soll ein großer Scheuerteufel gewesen sein. Er war im Büro von Rechtsanwalt Johannsen.

Und nun erinnere ich mich nur noch an das letzte Haus. Dort wohnte Fotograf Struwe mit seiner Familie. Er hatte viele kleine Nebenbeschäftigungen. Denn wer konnte sich schon fotografieren lassen ?

Die andere Seite der Rosenstraße ist schnell aufgeschrieben. Es waren die Gärten vom Landweg.

Es begann erst bei De Benardo. Er war Steinsetzer und machte die schönsten Steinfußböden.

Dann kam als nächstes Haus Gemüsehändler und Fische verkaufte er auch, Gustav Adolf Schulz. Im Laden war Lehmfußboden und da trudelten ein paar Kohlköpfe ,Weiß- und Rotkohl rum. All die anderen Ding wurden ja in den Gärten angebaut. Dosen gab es nicht. Für eine Banane mußten wir ganz schön betteln.

Anschließend kam der Maler Reimers, und dann Tischler Meyer, der heute ja noch seinen Betrieb hat. Da neben saß Schneider Parbst auf seinem Tisch und flickte.

Später wurde noch ein Klempner Kiel dort ansässig, und dann kam nichts mehr.

Nur fleißige Frauen und Kinder. Täglich arbeiteten und ernteten sie im Garten und füllten die Weckgläser.

Dies war die Rosenstraße mit meinen Kinderaugen gesehen. Wir waren lustig und vergnügt. Voller Tatendrang und Unsinn. Auch, käme sie doch für unsere Kinder, Enkel und Urenkel zurück.

Wiebke Herzog

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