Kühl: Edelmann un Buern

Schriften zur Bramstedter Vergangenheit V


„Edelmann un Buern“

von
August Kühl

augkuehl

August Kühl

Volkstümliches Theaterspiel

um die Geschehnisse
im Flecken Bramstedt
1685 – 1695

aufbereitet und
herausgegeben von
Jan-Uwe Schadendorf
Bad Bramstedt
1996


Vorwort:

Wenn alljährlich am Dienstag nach Pfingsten die Bramstedter Fleckensgilde dreimal um den Roland tanzt, dann wird damit die Erinnerung an die Bramstedter Fleckensbefreiung unter Führung des Jürgen Fuhlendorf wachgehalten.

Der Lehrer, Organist und Heimatforscher August Kühl brachte diese Geschehnisse in die Form eines Bühnenstückes, zu dem sein Zeitgenosse Julius Struve, Kunstmaler und Photograf in Bramstedt, das Bühnenbild schuf. Die Uraufführung fand am 8.8.1909 statt und zwar aus Anlaß der 3. Wohltätigkeitsveranstaltung des Krankenhaus(bau)vereins.

Es war ein großer Erfolg, wie die Bramstedter Nachrichten zu berichten wußten.

Eine weitere Aufführung gab es anläßlich des 30jährigen Jubiläums der „Höheren Privatschule“ im Jahre 1938 statt. Diese Schule hatte in jenem Jahr den Namen Jürgen-Fuhlendorfs erhalten. Die Bühne befand sich im „Kaisersaal“ und es war eine ausverkaufte, ja überfüllte Veranstaltung – also erneut ein voller Erfolg. August Kühl, mittlerweile ein alter Herr, wurde im Rahmen dieser Veranstaltung geehrt.

Kühl ist es auf hervorragende Weise gelungen, historischen Stoff in volkstümlicher Weise zu verarbeiten und darzustellen. Das für sich ernste Thema, hat er geschickt mit einem Augenzwinkern und ein bißchen Herz und Schmerz fürs Publikum aufbereitet. Es hat etwas von dem, was für heute so gern im Ohnsorg-Theater in Hamburg sehen – und das nicht nur wegen der plattdeutschen Sprache.

In dem abschließenden Lied des Stückes finden wir das Bramstedt-Lied vor, wie es August Kühls Feder entsprungen ist, und wie es noch heute gesungen wird.

Ich veröffentliche dieses Stück nicht nur, weil der Text m.W. nur noch in wenigen Durchschlägen/Kopien in einigen Familien existiert, sondern auch mit dem Hintersinn, daß sich eine Theatergruppe finden möge, die das Stück noch einmal spielt.

Im Anschluß an den Text habe ich kurz die zugrundeliegenden historischen Ereignisse zusammengefaßt, damit auch Neubürger unserer Stadt und historisch weniger Interessierte den Hintergrund erkennen.

Wer mehr dazu wissen möchte, wird im Buchhandel oder der Stadtbücherei mit einigen Büchern zu Bramstedts Vergangenheit fündig.

Bad Bramstedt, im Juni 1996

Jan-Uwe Schadendorf


„Edelmann un Buern „

von August Kühl, Bad Bramstedt

I. Bild – Gutshof

Graf Kielmannsegge:

Endlich bin ich soweit. Lange genug habe ich mich geärgert an den dummen Bramstedter Bauern. Sie tragen wahrhaftig ihren Kopf so hoch, als wenn sie Edelleute wären. Es kommt mir manchmal so vor, als wenn sie sich ordentlich besinnen, ob sie ihre Mütze ziehen sollen oder nicht, wenn sie mir begegnen. Besonders dieser Jürgen Fuhlendorf da an der Ecke, den sie neulichst zu ihrem Fleckenvorsteher gewählt haben, und dann mein Nachbar, der Tim Langhinrichs, und mein gegenüber der Jürgen Zimmer, die gehn an mir vorbei mit einem Blick, als wenn sie sagen wollten: „Was du bist, das sind wir auch, und eigentlich noch ein bißchen mehr.“

Es hat mir von Anfang an nicht gefallen, daß ich hier gleichsam mit jedem Hansnarr auf gleichem Fuße stehen soll, aber als ich vor nunmehr zehn Jahren den Bitten meiner Frau nachgab und hierher zog auf den Besitz ihrer Ahnen, der Wiebke Kruse, da dachte ich, es wäre ein leichtes, die Bauern auszukaufen. Saßen sie doch da in ihren notdürftig wieder aufgebauten Strohdachhäusern, fast ohne Vieh, manche kaum im Besitz des erforderlichen Saatkornes – man spürte noch überall die Nachwehen der schrecklichen Kriegsjahre.

Da dachte ich, ihnen ihre Hofstellen abzukaufen; sie waren eigentlich für jedes Geld zu teuer, aber einer sagte wie der andere: „Wir wollen nicht verkaufen.“ Dann versuchte ich, diesem ein Gespann anzubieten, jenem ein paar Kühe. Ich wollte keine Bezahlung haben. Der eine sollte einige Tage in der Ernte helfen, wenn es hilde war, der andere sollte mir nur jeden Monat ein Pfund Butter aufs Schloß bringen. Sie guckten mich an und sagten: „Herr, wir können uns selbst helfen!“ –

Da waren die Weddelbrooker und Hitzhusener Bauern doch vernünftiger, sie nahmen gern die Hilfe, die ich ihnen anbot, und haben zum Zeichen ihrer Untertänigkeit alljährlich eine kleine Verehrung aus ihrer Wirtschaft zu liefern. Mit denen werde ich schon allmählich weiterkommen. –

Und mit den Bramstedter werde ich jetzt noch schneller fertig werden, das Freundlichtun soll nun ein Ende haben; denn hier meine lieben Bramstedter Bauern, hier habe ich den Zügel, womit ich euch wohl regieren will. Nun will ich euch wohl lehren, euch vor mir zu bücken, so tief und oft wie ich es wünsche.

Das war wirklich ein glücklicher Zufall, daß unser allergnädigster König und Herr wieder einmal in Geldnöten war und daß er darauf verfiel, gerade den Flecken Bramstedt mit allem, was dazu gehört, zu verpfänden. Das war Musik in meinen Ohren, als ich vor einem Jahr im Kieler Umschlag davon erzählen hörte. Ich hatte nichts Eiligeres zu tun, als meinen Sachwalter mit dem Ankauf der Schuldverschreibung zu beauftragen. Es hat ihm Mühe genug gemacht, und ich habe Kosten genug davon gehabt; aber endlich ist es mir doch gelungen.

Hier habe ich es schwarz auf Weiß, mit dem Königlichen Siegel darunter, daß dem Inhaber dieser Urkunde der Flecken Bramstedt verpfändet ist, und daß die Urkunde nur gegen Rückzahlung von 14.000 Talern nichtig wird. Wer soll die zahlen! Der König wird sich hüten, er hat andere Sorgen, und die Bauern können nicht mal 1.000 Taler aufbringen.

Also, meine Bramstedter, haltet nur fein still, wenn ich euch nächstens recht kräftig den Fuß in den Nacken setzen werde.

Die Gräfin (eintretend):

Guten Morgen, mein teurer Herr und Gebieter!

Graf:

Guten Morgen, mein herzlieb Gemahl; wie hast Du geruht in der Nacht ?

Gräfin:

Ich dank Euch, lieber Herr, es hätte nicht besser sein können. Und Ihr scheint wohl auch ausgeruht zu haben. Ich habe Euch seit langem nicht so aufgeräumt gesehen wie heute.

Graf:

Ich habe auch eine erfreuliche Nachricht erhalten. Soeben war ein reitender Bote von meinem Sachwalter in Kiel hier und brachte mit dieses Schreiben.

(Reicht ihr die Schuldurkunde; die Gräfin liest sie)

Begreifst Du jetzt, warum ich so zufrieden bin ? Jetzt will ich unsern lieben Bramstedtern zeigen, daß ich der Herr bin. Nun will ich leicht mit ihnen fertig werden. Übermorgen schon sollen sie sich auf dem Hofe stellen und Hofdienste tun.

Gräfin:

Ich fürchte nur, mein Herr, daß es so leicht nicht gehen wird. Es wird Euch schwer fallen, sie Euch gefügig zu machen. Ihr wißt ebenso gut als ich, wie ängstlich besorgt sie um ihre Unabhängigkeit sind und sich ebenso hoch achten als wie uns. Ich muß noch heute daran denken, wie vor zehn Jahren, als wir hier einzogen, Trin Langhinrichs mich von ihrem Garten aus über den Zaun hinweg als ‚Nawersch‘ begrüßte, nicht anders, als wenn ich eine Bauerfrau gewesen wäre, die soeben an der Seite ihres Mannes die Stelle angetreten hätte. Ich habe ihr damals recht deutlich zu verstehen gegeben, daß zwischen Trin Langhinrichs und der Gräfin Kielmannsegge doch ein recht großer Unterschied sei, und sie läßt mich seit der Zeit mit ihren Vertraulichkeiten in Ruh; aber ich glaube nicht, daß sie davon überzeugt ist, weniger zu sein als ich, ihre Blicke und ihr ganzes Gebaren zeugen vielmehr von dem Gegenteil. Es ist eben ein trotziges Volk hier in der Heide. – Ja, läge Bramstedt hinter Segeberg! Weißt Du noch, als wir im vorigen Jahre den Grafen Rantzau auf Rohlstorff besuchten? Wie knicksten die Frauen und Mädchen, wie flogen die Mützen der Männer und Buben, als wir durch das Dorf gingen! Und hier weiß wie flogen die Mützen der Männer und Buben, als wir durch das Dorf gingen! Und hier weiß der Bauer kaum, ob er einem ausweichen soll, wenn er mit seinem Mistwagen zum Tore hinausfährt.

Graf:

Ja, Du hast recht, genau ebenso fühle ich auch, und es wird hohe Zeit, daß ihnen der Unterschied zwischen Edelmann und Bauer klar wird. Sie möchten am liebsten, daß man sich mit ihnen in ihrer dunstigen Schenke auf die Bierbank setzte und sich wohl gar mit ihrem nach dem Kuhstall duftenden Weibern im Tanze drehte. Das könnte ihnen passen, aber dafür hält sich ein Graf von Kielmannsegge denn doch zu gut. Nun sollen sie bald erfahren, welch ein Unterschied zwischen einem dummen Bauern und einem hochgeborenen Edelmann ist.

Gräfin:

Gewiß, mein Herr Gemahl, Ihr habt vollkommen recht, aber dennoch mahne ich Euch: überlegt wohl, was ihr tut. Die holsteinischen Bauernschädel sind ebenso hart, deucht mir, wie die Steine auf ihren Äckern, ihr Nacken ist ebenso steif wie der Stamm der Eichbäume in ihren Hecken, und ihr Sinn ist ebenso stolz wie der Flug des Falken, der über ihnen in den Wolken seine Kreise zieht.

(Es klopft)

Pastor Galenbeck (eintretend):

Einen schönen guten Morgen, gnädiger Herr! Ich grüße auch Euch, edle Frau! Mein Weg führte mich an Eurer Türe vorbei, da wollte ich nicht verfehlen, mich zu erkundigen, wie der Herr Graf und die Gräfin sich befinden.

Graf:

Wir danken Ew. Ehrwürden für die freundliche Nachfrage; wie ihr seht, sind wir wohlauf.
Ihr kommt mir übrigens wie gerufen; ich stand gerade im Begriff zu Euch zu kommen; Euer Erscheinen überhebt mich dessen.

Pastor: Es wäre mir wie immer eine Ehre gewesen, Euch unter meinem geringen Dache zu begrüßen, doch womit kann ich dienen?

Graf:

Lest dies! (reicht ihm den Schuldschein)

Pastor:

Ja, ich hörte es bei meinem neulichen Besuche, den ich unserm Präpositus in Segeberg abstattete, daß unser allergnädigster König den Flecken Bramstedt samt allem, was dazu gehört, für 14.000 Reichstaler verpfändet habe. Ich wollte es ihm nicht glauben, nun sehe ich, daß der Herr Präpositus recht unterrichtet war.

Es mag wohl sein, daß Se. Königliche Majestät mit Geldsorgen zu kämpfen haben. Die langen Kriege haben die Kassen geleert und die Königlichen Einkünfte vielleicht im voraus verzehrt, aber es gäbe doch wohl auch andere Wege für unsern Landesherrn, um Geld zu beschaffen. Ich vermag es nicht gut zu heißen, wenn die armen Bauern, die durch den Krieg wohl noch mehr verloren haben als der König, jetzt zum zweiten Male die Last des Krieges tragen sollen.

Graf:

So meint Ihr wohl, daß der König die Ritterschaft hätte besteuern sollen.

Pastor:

Ich meine, gnädiger Herr, daß Se. Majestät eine Schatzung hätte legen sollen auf diejenigen, die es ertragen können, und dazu rechne ich freilich neben unseren wohlhabenden Kaufherren auch unsere Ritterschaft, soweit sie vermögend ist. Am wenigsten gönne ich meinen lieben Bramstedtern diesen Schicksalsschlag. Sie haben wahrhaftig schwere Zeiten hinter sich; mich wundert oft, daß sie den Kopf noch so aufrecht tragen, und ich will nur hoffen, daß König Friedrich III. seine Schuld bald wieder einlöst.

Graf:

Das ist wenig wahrscheinlich, und mir wäre es nicht sehr erwünscht. Ich sehe es als eine glückliche Fügung an, daß dieser Schuldbrief geschrieben worden ist, der mir das Mittel werden soll, wodurch ich unsere Bauern kirre machen will.

Wie Ihr seht, ist das Schriftstück durch Kauf in meine Hände gekommen, und solange die Schuld nicht getilgt ist, betrachte ich mich als den rechtmäßigen Herrn nicht bloß über den Stedinghof mit seinen Partinenzien, sondern auch über den ganzen Flecken samt allen seinen Bewohnern. Sie sollen meine Hand bald spüren.

Pastor:

Bedenket, Herr Graf, was ihr tut! Geht mit Eurem Gewissen zu Rate, ob das rechts ist, was ihr vorhabt! Steht nicht schon in der Schrift, daß ihr nicht begehren sollt Eures Nächsten Haus und Hof ?

Graf:

Heißt es dort nicht auch, daß Reiche und Arme unter einander sein sollen, und daß jedermann untertan sein soll der Obrigkeit, die Gott über ihn gesetzt hat? Diese Obrigkeit bin ich jetzt für Bramstedt, und wehe dem, der sich mir widersetzt!

Pastor:

Haltet zu Gnaden, edler Herr, wenn ich Euch widerspreche. Denkt an König Ahab und seinen Frevel an dem armen Naboth, dem er seinen Weinberg, das Erbe seiner Väter, nahm. Laßt sein Schicksal Euch eine Warnung sein!

Graf:

Ich könnte Euch Eure Worte übelnehmen, aber ich tue es nicht. Ihr betrachtet die Angelegenheit von Eurem geistlichen Standpunkte, von weltlichen Dingen versteht Ihr nichts, sonst würdet ihr nicht so sprechen. Hier heißt es eben: jeder nimmt seinen Vorteil wahr, und ich wäre ein Narr, wenn ich mir diese Gelegenheit entgehen ließe. Ich will das Eisen schmieden, solange es warm ist. Ich habe mir schon eine durch Siegel und Unterschrift beglaubigte Abschrift des Dokuments anfertigen lassen, nehmt sie mit und verlest sie morgen nach der Predigt von der Kanzel und gebt gleichzeitig bekannt, daß ich als nunmehriger Herr den Bramstedter Bauern gebiete, am Montagmorgen mit Sense und Forke auf dem Hofe zu erscheinen, damit sie unter Aufsicht meines Vogts in Gemeinschaft mit meinen Knechten den Roggen mähen. Jeder Bauer hat eine Binderin mitzubringen. Ausgenommen soll nur der Fleckensvorsteher Jürgen Fuhlendorf und mein Nachbar Tim Langhinrichs sein. Die sollen mit ihrem Gespann vor dem Tore meines Schlosses auf meine Befehle warten. Ich habe bei meiner letzten Anwesenheit in Hamburg mancherlei Einkäufe gemacht. Sie mögen die Waren, die dort für mich lagern, ans Haus bringen.

Gräfin:

Und dann, mein edler Herr Graf, bitte ich auch an mich zu denken. Es ist viel Arbeit in Küche und Keller, in Spinnstube und am Webstuhl für fleißige Frauenhände. Vielleicht könnten einige der geschicktesten unter den Frauen mir für die häuslichen Geschäfte überlassen werden.

Graf:

Gewiß, mein liebes Gemahl, Du sollst nicht leer ausgehen. Ich werde vier der anstelligsten Bauerntöchter auswählen. Die mögen Deinen Mägden im Hause helfen. Die Namen werde ich Euch, Herr Pfarrer, noch heute kundtun.

Pastor:

Wollt mir noch ein Wort gestatten, gnädigster Herr. Bedenket, daß auch die Bauern ihr Korn mähen wollen. Ich sah heute morgen auf meinem Gange durchs Feld, daß der Roggen überall des Schnitters wartet, und ich hörte an mehr als einer Stelle, wie die Männer ihre Sensen schärften. Wann sollen sie ihre eigene Arbeit tun ?

Graf:

Mögen die Bauern ihren Roggen mähen, wenn der meinige in Hocken steht! Erst komme ich, darnach ist noch Zeit genug, daß sie an ihre eigene Arbeit gehen.

Pastor:

Seht Euch vor, Herr Graf, was Ihr tut! Wenn Ihr auch den Schuldschein habt, so habt Ihr damit die Bauern noch lange nicht. Ich bin unter Ihnen groß geworden, ich kenne ihre Art – auch ihren harten Sinn. Ihr seid erst wenige Jahre hier und wenig mit Ihnen in Berührung gekommen. Hütet Euch vor dem Bauerntrotz! Der Bogen, der zu stark gespannt wird, könnte brechen!

Graf:

Das laßt meine Sorge sein, wie ich mit ihnen fertig werde; ich habe schon andere Dinge vollbracht. Ich werde doch vor einem Haufen dummer Bauern nicht zu Kreuze kriechen! Wollt Ihr tun, wie ich Euch gesagt habe, und die Bekanntmachung morgen verlesen?

Pastor:

Das muß ich tun, denn es ist meines Amtes, aber ungern walte ich dieses Amtes. Ich fürchte, Euer Beginnen wird Euch nicht zum Segen gereichen, und über die Bramstedter Bauern, die mir ebenso nahe stehen wie Ihr, gnädiger Herr, wird es schweres Leid bringen.

Wollt Ihr denn, wenn das, was Ihr gesagt, Euer fester Wille ist, das Verzeichnis derjenigen, die zu Hofe geladen werden sollen, noch heute nach der Pfarre senden.

Und nun erlaubt mir, daß ich mich verabschiede. Es wird Zeit, daß ich an meine Predigt gehe. (geht ab)

Gräfin:

Mir ist doch fast angst geworden. Was meint Ihr, mein Herr Gemahl, wollt Ihr Euch die Sache doch nicht noch eine Weile überlegen?

Graf:

Nein, und nochmals Nein! Da ist nichts zu überlegen. Diese Urkunde gibt mir das Recht für mein Vorhaben, was soll ich da noch lange zögern und mich bedenken. Frisch angeritten ist halb gesiegt., weißt Du. Mögen die Bauern sich sträuben, mögen sie sich ungebärdig stellen wie wilde Stiere, ich will ihnen schon das Joch auflegen, das sie ziehen werden wie Lämmer!

 

II. Bild – Gaststube bei Hartig Böge

Hans Steckmest:

Wat seggst Du nu, Hans Gripp? Nu schöllt wi bi den Grafen to Hoff gahn, hett de Preester seggt. Morgen fröh Klock söß schöllt wi alltosam dar sien. Uns Lee schöllt wi mitbring’n, gud scharp, un jeder Meier hett vör en Bindersch to sorgen, un denn schallt losgahn. Wer har dat glöwt!

Hans Gripp:

Un Jörgen Fuhlendörp un Tim Langhinrichs schöllt jeder mit en Wagen und veer Peer to Hoff und schöllt na Hamborg vör den Grafen.

Jürgen Zimmer:

Jörgen wart sick schön verfehrt hem. Vör de Kirchtied, as de Köster de Klock trock, segg je noch to mi: „Jörgen, segg he, datt Wedder bliwt good, min Roggn op de lang Slagn is drög, morgen kann ick em inföhrn; düt Jahr bünn ick de irst, de sin Roggen to Hus kriggt, schast sehn.“

Hartig Böge:

Un ick wull morgen opn Lehmbarg anfangn to meihn. Dat Korn ist hochriep. Ick krieg en Ahr’n, as ick noch ni belewt heww, awers wer weet, wann ick dat nu ant Hus krieg!

Jürgen Zimmer:

Ja, nu seggt mal, Lüd, möt wi denn to Hoff gahn? Hebbt wi öwerhaupt nödig, to dohn, wat de Graf uns seggt? Wo steiht dat schreben, dat he uns wat to befehln hett? Sünd wi nich, so lang as wi denken könnt, frie Burn west? De Graf het jo sin Kätners op Bilsenmoor un opn Klingbarg un in Meinbeck. De hebbt von öllers her vör em arbeit un betalt jedes Jahr ehr Herrengeld, awers dar hört wi doch nich to! De sünd ehr Lewdag egn Minschn west, wi awers sind frie Lüd!

Hans Steckmest:

Du hest schön snackn, Jörgen Zimmer! Hest Du nich hört, wat de Preester vörlesen de von de Kanzel, dat de Graf en Schuldbrev hett öwer 14.000 Daler, un de König hett den Brev unnerschrewen un de Graf hett em köfft! Un in düssen Brev steiht in, dat vör düsse Schuld uns ganz Flecken mit allns, wat darto hört, in Pand gewen is. Könnt wi dat Geld opbringn? Langt man altosam rin in ju Taschn un kratzt tohopn, wat ji dar findt! Dat ward ni veel bringen, dar kamt villich keen hunnert Daler opn Dutt! Wi möt woll in den suren Appel bietn.

Karsten Rave:

Awers rech ist dat doch nich! Wi hebbt doch keen Schuldn makt, un wenn uns König dat deiht, denn kann he man tosehn, wo he se betahlt krigt, dat is doch nich uns Sak. Wi betalt uns Stürn, un dormit is dat good! Dat fallt uns swoar noch ! Mehr kann keen Minsch von uns verlangn.

Hans Steckmest:

Dat ist all rech good, Kassn, awers dat is nu eenmal so, de Könighett uns in Pand gebn, un de Graf hett den Schuldschin kööft, dar kannst Du räsonniern so lang Du wullt, dat nützt all nix, un gegn Backobn is nich antojappn!

Jürgen Fuhlendorf (eintretend) :

Gun Dag altosam!

Die Anwesenden:

Gun dag ock, Jörgen !

Jürgen Zimmer:

Op Di heww ick lang luurt, Jörgen, wi sünd all mern in Text un besnackt dat nie Evangelium, dat die Preester nah de Predigt uns vörleest hett. Wo gefallt Di de Sack?

Jürgen Fuhlendorf:

Ja. Lüd, an de olen Evangelien glöw ick woll, un de hör ick jedes Jahr ümmer gern wedder, awers dütt nie Evangelium, as Jörgn Zimmer seggt, dat gefallt mi nich un dar glöw ick nich an!

Karsten Rave:

Ja, Jörgen, glöwen mußt Du woll doran. Uns Preester hett uns doch die Schrift wiest un wi hebbt dat grode rode Seegel op dat Papier sehn. Dat ist Word vör Word wahr, wat de Preester seggt hett, dat kannst Du glöbn!

Jürgen Fuhlendorf:

Verstah mi rech, Kassn! Dat dat sick verhöllt as uns Preester vörläsn hett, dar twivl ick nich an; – de seggt keen Word to veel un ock keen to wenig. Un wenn he op de Kanzel steiht un uns mit Gotts Word üm de Ohrn sleit, so is dat ganz in Ordnung, un wi hört all gedüllig to, un dat deit uns mennich mal heel good nödig, dat wi uns dat to Kopp nehmt. Awers wat he hüt seggt hett von to Hoff gahn un vör den Grafen uns affslaven,- Lüd, dat wehr keen Gottsword, dat kömmt nich mal von unsn König, dar stickt ja bloß uns oll Fründ dar op de anner Sied von den Bleeck achter! Un dat segg ick ju, un wenn de Graf dat hörn will, so will ick em dat ock drist int Gesich seggn: Vör uns’n Herrgott bög ick de Knee so deep as ick kann, un vör unse König nehm ick den Hot aff, awer de Graf hett mi nich mehr to seggn as ick em, nämlich garnix.

Hans Steckmest:

Wullt Du denn morgen nich to Hoff mit din Spannwark?

Jürgen Fuhlendorf:

Nee, Hans, ick will morgen min Roggn inföhrn von de lang Slagn. Ick kam grad darher, he is schön drög, un dat Wedder bliwt god. Wullt Du denn hen un den Grafen sin Roggn meihn?

Mi dünkt, Du hest nog to dohn op Dien egen Feld un Din egen Hofplatz. Wenn Du nix anners to dohn hest, denn schost Du man Din Messn betn tregmakn, de reckt ja all öwer den ganzn Hoffplatz, un wenn Du Din Schün beten affstötten dehst, so kunn dat ock nich schadn, se stippt mit de Näs binah all inn Addelpohl.

Jürgen Zimmer:

So, Hans, nu weetst Du Bescheed, dat hett he Di god seggt, ebenso good as de Preester Di hüt morgen den Gruß von unsn Grafen bestellt hett. Wat wullt Du nu toerst dohn?

Jürgen Fuhlendorf:

Scham schost Di wat, Hans Steckmest! Schöllt wi uns verköpen latn as Schap un Swien? Un wenn ji alltosam to Hoff wöllt, ick gah nich hen!

Jürgen Zimmer:

Ick ock nich, ol Fründ, un ick denk, öwerhaupt keen von uns. Jürgen Fuhlendörp hett Recht, wi sünd ebensoveel as de Graf, wenn wi ock man arme Buurn sünd un he is en hochgeborn Graf. Je, wenn wi die Sak richtig anseht, denn sünd wi noch en beten mehr as he. Wi sünd hier (ge)born und grot warn un deelwies old warn, un so as wi hier wahnt, hebbt uns Vörfahrn ock hier hust, – wer weet, wo lang, un all as frie Lüd! Un he wahnt hier erst en paar Jahr un bildt sick nu in, dat he uns ünnerkriegen kann? Dar kennst Du uns slech, min leewe Graf! So licht geiht dat nich!

Hartig Böge:

As ick jung wer, da hett min Großvadder mi mal vertellt, wi de erste Herr hier op dat Slot kam ist. He hett dat hört von sin Großvadder, un dat is all lang her, awers wahr is dat, segg min oll Großvadder. Fröher, seeg he, hebbt hier bloß frie Buern wahnt, un dar, wo dat Slot nu liggt, dar is nix as Water un Sump west, wo de Buern ehr Gös un Enten hinjagt hebbt. Dar is malins en Herr kam un hett den Platz köpen wullt un het verspraken, wenn de Buern em erlauben wölln, dat he sick dar anbun de, un Wall un Graben üm sin Gewes rümtrecken dörf, denn wöhr he den Flecken to jeder Tid schützen un de Buern bistahn, wennt nödig wehr. Un uns Vörfahrn hebbt ja darto seggt un hebbt em en Platz umsönst gebn, un all dat Land, dat wi nu Bilsenmoor nöhmt, un den Wischen na Hitzhusen rut, dorto. Un as de Herr meent hett, he harr doch ock geern en beten Holtgrund, do hebbt se em den Dahlkamp un dat ganze Holt bet an de Hitzhuser un Fuhlendörper Grenz vörn ganz lütten Pries verköfft. Dat is noch in de ersten Jahrn west, da is dat enn Leew un een Freud un Herrlichkeit west. Awers dat hett nich lang duert, da sünd de Herrn op dat Slott ümmer utverschamter warn. Se hebbt de Katen but an den Maienbeck dicht an uns Grenz, obglick dar Platz nog wehr opn Bilsenmoor, se hebbt ja sogar all een Kat an sick bröcht inn Bleeck un een anner in butten Door. Paßt op, segg min Großvadder, dat duert nich lang, denn langt de Herrn ock na de Buernhöf inn Bleeck!

Karsten Rave:

Ja, un dat hefft wi ja noch all mit belewt, wo de Graf sin Fingern utstreckt hett nah Hitzhusen un Weddelbrook. Ick heww dat to Karsten Harbeck in Hitzhusen damals seggt un heww em wahrschut. Kassen, segg ick, seht ju vör, wat ji doht. Lat ju nich mit den Grafen in. Wenn ji em den lütten Finger gewt, denn nimmt he bald de ganze Hand, un lang duert dat nich, denn hett he ju mit Liw und Seel. Un nu is dat all so slimm. Jedes Jahr möt de Buern to Hoff un ehr Geschenk darbringen, un wenn wi nu erst sowiet sünd, da wi Hoff-Arbeit dohn möt, denn kamt se ock an de Reeg. Dat sünd ganz gefährliche Lüd, düsse hogen Herrn, dar mutt man sick jonich mit affgewen, denn fohrt man am besten.
Ick bün ock darvör, dat wi uns morgen opn Hoff nich sehn lat, he hett uns nix to befehln, un wi lat uns ock nix befehln!

Engel Steckmessen (ihren Kopf durch die Tür steckend):

Gott, Hans, wo bliwwst Du? De Klüddn ward jo ganz kold; un dar is garkeen Gras mehr vör de Peer, dar mutt noch wat meiht warn, komm gau to Hus!

Jürgen Zimmer:

Ach watt, Engel, lat Di man Tid, wi kamt naher alltosam, denn wöllt wi de Klüdden woll opkriegen, un wenn Du en gude Wuß hest, de versmaht wi ock nich.

Engel Steckmessen (hereinkommend):

Und Du schost Di wat scham, Jörgen Zimmer, ehrliche Lüd vörnarrn to hebbn. Dat wehr vör Di ock beter, wenn Du hingüngst, wo Du hinhörst, dat wart morgen sowieso en suern Dag vör uns altosam, wenn wi to Hoff möt un nich weet, wer uns eegen Arbeit dohn schall. Is dat en Wies, in son sware Tiden noch inn Krog to sidden! Komm, Hans!

Hans Steckmest:

Ja, Engel, ick kam glicks, awers dat wehr düttmal doch god, dat ick to Krog güng, denn wi hebbt hier affmakt, dat wi nich to Hoff gaht, – keen Minsch will hin.

Jürgen Fuhlendorf:

Dat lat ick mi gefalln, Hans, wenn Du so snackst. Hartig, schenk noch een in vör Hans Steckmest, ick gew een ut vör em.

Engel Steckmessen:

Lat dat, Hans, komm mit!

Jürgen Fuhlendorf:

Engel, ick bün Fleckenvörsteher, he mutt dohn, watt ick segg. To Hus kannst Du em öwern Stohl kriegen un em versahln, so dull Du wullt; awers nu wöllt wi erst tosam anstöten. Prost, Hans!

(Alle stoßen mit ihm an. Hans trinkt hastig aus, wischt sich den Mund, langt nach seiner Mütze und verschwindet, gefolgt von seiner Engel. Die übrigen rufen ihm nach:)

Adjüs, Hans, lat die de Klüdden god smecken, adjüs Engel, wi kamt glicks nah, hal de Woß man all ünnern Böhn rut un mak dat Brotmeß scharp!

Jürgen Fuhlendorf:

So, Lüd, nu is des Spaß to Enn, nu ward dat ock Tid vör uns, dat wi ant Hus kamt. Ick schick noch glicks bi all de Buern rüm, dat se sick morgen fröh bi mi op de grot Deel infindt, denn mi dünkt, dat is nich richtig, wenn wi stillschwiegend wegbliewt. Wi möt den Grafen wiesen, dat wi nich bang sünd, und em den Stadtpunkt klar maken. Darüm is dat notwennig, dat wi een paar von uns hen nah em schickt, de em uns Meenung seggt.

Jürgen Zimmer:

Dat stimmt, un jeder von uns deiht wohl god daran, wenn he hüt abend mit sin Nawers noch de Sak dörchsnackt. Denn möd wi man dohn, as Engel Steckmessen uns seggt hett, un gau na Hus gahn.

(Stehen auf und greifen nach ihren Mützen.)

III. Bild – Die Halle im Schloß

Der Vogt Arend Wulf:

So, nu kannt losgahn! Nu möt de Buern ja bald kam. Dat is mi en häßlichen Strich dörch den Reken. Wo schall ick nu Jörgen Fuhlendörp ünner die Ogen tredn un üm sin Antje anholn. He wehr sowieso nich god op min Herrn to spreken, un alles, wat to den Hoff hört, kiekt he scheef an. Dat heww ick god nog spört, as ick vör twee Jahr bi den Grafen in Dienst trä, un erst ganz bi lütten sünd wi gode Frünn warn, as he seeg, dat ick wat vont Buern verstah un ock sünst en Minsch bin, de in de Welt paßt.

Awers nu! – Ick mag nich bedenken, wat dat noch warn schall.

Antje Fuhlendorf (eilig durch die Seitentür hereinkommend):

Ach Gott, Arend, wat en Wertschaft! Vadder is so doll op den Grafen, ick glöw, dat giwt noch en Unglück.

Arend Wulf:

Ja, Antje, dat kann ick mi denken, dat is slimm nog, un ick weet nich, wat wi nu anfangn schöllt. – Awers Kind, dat geiht doch nich, dat Du hier bliwst. Jeden Ogenblick kann doch Din Vadder kam un den annern Buern. De dörft Di hier doch op keen Fall drapen.

Antje:

De Buern kamt nich, Arend; de sünd bi Vadder op de Grotdeel. See hebbt grade eben afmakt, dat se nich to Hoff wüllt, un nu schall lost warn, wer röwer schall un den Grafen dat seggen. Vadder hett sick friwillig darto meldt, un twe anner schöllt mit em nat Slott.

Arend Wulf:

So, staht de Saken so! Denken har ick mi dat konnt, soveel as ick de Bramstedter Buern kenn. Ja, denn ist dat jo noch slimmer för uns, denn giwt dat jo wahrschienlich en richtigen Krieg, denn min Herr ward ock schwerlich von dat afflaten, wat he sick vörsett hett.

Antje:

Ja, Arend, dat ist woll so. Un wi schall dat denn mit uns warn?

Arend Wulf:

Nich anners, as wi dat jetzt ist, min söte Deern; ick bliw Di tro, wi dat ock ward.

Antje:

Und ick verlat Di ock nich. Ick bün nich umsünst de Dochder von Jörgen Fuhlendörp. Awers ick mutt maken, dat ick wegkam, mi dünkt, ick hör jemand kam.

(Eilt davon.)

Arend Wulf:

Adjüs, Antje.

Der Graf ( tritt ein und sagt ):

Sind die Bauern noch immer nicht hier, Vogt?

Arend Wulf:

Nein, gnädiger Herr.

Graf:

Es ist schon eine halbe Stunde über die von mir bestimmte Zeit. Die müssen wohl erst daran gewöhnt werden, daß sie sich nach meiner Zeit richten sollen und nicht nach ihrer. ( Aus dem Fenster sehend) Da scheinen sie endlich zu kommen. Doch das sind ihrer ja nur Drei, und sie sehen nicht darnach aus, als wenn sie zur Arbeit kommen. Das sieht ganz darnach aus, als wenn sie geschickt sind, um mit mir zu unterhandeln. Ich wüßte freilich nicht, was ihnen noch unklar geblieben ist. Aber vielleicht wollen sie sich ja davon überzeugen, ob es wirklich auf Wahrheit beruht mit der Verpfändung.

Holt mir das Dokument! Ihr wißt, wo ich es verwahrt habe, und sagt zu Hans, Thies und Peter, daß sie ihre Hellebarden und ihre Schwerter nehmen und gleich nach der Halle kommen sollen. Auch schickt mir den Kaspar in die Harnischkammer, daß er mir meinen besten Degen und meine Pistolen – sie sind noch geladen – hierher bringe. Ich will den Bauern einen solchen Schreck einjagen, daß sie gleich genug haben. Die drei sollen draußen so lange warten, bis alles in Ordnung ist. ( Der Vogt geht ab.)

Also sie wagen wirklich zu mucken. Wartet nur, euch sollen die Grillen bald und gründlich ausgetrieben werden.

Ein Diener:

Drei Bauern stehen draußen und wünschen Euer Gnaden zu sprechen.

Graf:

Laß sie warten, bis sie gerufen werden.

( Die Knechte und der Vogt treten ein.)

Graf:

Vogt, sagt dem Diener, daß ich die Leute erwarte!

( Setzt sich hinter den Tisch, auf dem die Waffen und das Dokument liegen.)

( Jürgen Fuhlendorf, Tim Langhinrichs und Hans Gripp erscheinen.)

Graf:

Ich habe Euch befohlen, um sechs auf dem Hof zu sein, und die Uhr ist bereits halb sieben. Wie könnt Ihr Euch unterstehen, so gegen meine Befehle zu handeln. Und Euch, Jürgen Fuhlendorf, habe ich mit Eurem Gespann erwartet, samt Euch, Tim Langhin richs. Ich habe nicht Lust, die Zeit mit langen Verhandlungen hinzubringen.

Jürgen Fuhlendorf:

Dat is ock garnich nödig, Herr Graf, wi sünd rasch mit eenanner fertig, denk ick. Wi wolln Ihnen bloß seggn, dat wi kenn Hoffdeenste dohn wöllt. Wi hebbt selbst Arbeit nog un bruckt nich nah mer Arbeit uttokieken.

Graf:

Das mag wohl sein, aber darnach frage ich nicht viel. Wollt Ihr Euch nicht einmal dieses Schriftstück ansehen, Jürgen Fuhlendorf? Vielleicht habt Ihr den Pastor nicht richtig verstanden, oder Ihr glaubt nicht, was er gestern verlesen hat. Ihr seid ja nicht auf den Kopf gefallen, seht Euch einmal die Unterschrift und das Siegel an, ob sie nicht echt sind.

Fuhlendorf:

Dat bruk ick garnich to lesen, Herr Graf, dat hewt wi gestern jo all hörd, un ick heww dat Word vör Word verstahn, un dat dat so sin Richtigkeit hett, daran twivel ick nich, sünst har uns Preester dat nich verlesen. Awers dat Schriftstück geiht uns garnix an, Herr Graf! Kann uns König uns denn verköpen, as wenn wi een Stück Veh weern? Wat warn Se seggen, wenn de König Se mitsamts Ehrn Hoff in Pand geben har?

Graf:

Wie könnt Ihr Euch unterstehen, mich mit Euch zu vergleichen! Welch eine Frechheit, mich, einen Edelmann, mit Euch, die Ihr nur hergelaufene Bauern seid, gleichzustellen! Nehmt Eure Worte in acht, Jürgen Fuhlendorf!

Fuhlendorf:

Un ick segg Ihnen, nehmen Se ock Ehr Wör in acht, Herr! Wat schert mi, dat Sie en Edelmann sünd un ick blot en Bur! Ick dreg min Kopp ebenso hoch as Se, un ick reek mi ebenso veel as Se, un wenn dar een herlopen is von uns beidn, denn sünd Se dat, Herr! un ick nich. Dar steiht min Vadder sin Hus, dar bin ick born un grot un old warn, awers wo sünd Se herkam? Dat is noch nich lang her, sied Se düssen Platz Ehr egen nöhm könnt. Dat bliwwt, as ick seggt heww, wi gaht nich to Hoff, un dar ännert keen König un keen Kaiser wat an, so wahr as ick Jürgen Fuhlendörp heet!

( Schlägt bei den letzten Worten vor dem Grafen auf den Tisch.)

Graf ( springt auf):

Nun ist’s aber genug! So etwas soll ich mir auf meinem Grund und Boden bieten lassen? Knechte, greift ihn, bindet ihn, den frechen Patron!

( Die Bauern springen in eine Ecke zurück.)

Fuhlendorf:

So! De Bramstedter Edelhof is also en Räuberhöhl wardn, wo man ehrliche Lüd, de ohne Wehr un Waffen kamt, öwerfalln deiht. Awers Gott sei Dank hewwt wi uns Füst mitbröcht. Kamt man her, all dree, so as je wossen sünd, wi wüllt licht mit ju farrig wardn

( versetzt einem der auf ihn eindringenden Knechte einen Faustschlag und entreißt ihm sein Schwert. Die andern beiden weichen zurück, der Vogt ergreift das auf dem Tische liegende Schwert und stellt sich vor seinen Herrn.)

Vogt:

Besinnt Euch, Jürgen Fuhlendorf, was Ihr tut!

( Einer der Bauern reißt das Fenster auf und winkt hinaus über den Bleeck. Der Graf ergreift ein Pistol und gibt einen Schuß ab. Bald dringen mehr bewaffnete Knechte in die Halle ein. In dem sich nun entspinnenden Kampfe werden die drei Bauern überwältigt und gebunden, nachdem Fuhlendorf durch mehrere Hiebe verwundet worden ist.)

Graf:

Ins Burgverließ mit ihnen! Sie haben den Frieden des Hauses gebrochen, das sollen sie büßen.

( Draußen hört man Stimmengewirr. Rufe, das ferne Läuten der Sturmglocke, dann Schläge gegen eine Tür.)

Graf:

Wer untersteht sich, hier solchen Lärm zu machen !

Ein Knecht (hereinstürzend):

Der ganze Bleek ist voll von Menschen, und noch immer laufen mehr herzu. Sie schwingen in den Händen Spieße und Schwerter und Äxte und Forken. Sie drängen gegen das Tor und verlangen, daß wir ihnen die drei Bauern herausgeben.

Graf:

Schlagt ihnen doch ihre dicken Schädel ein! Gießt ihnen kochendes Wasser auf ihre Köpfe! Holt Balken und Bohlen vom Hofplatz und verrammelt das Tor! Ruft alle Leute hierher! Zum Donnerwetter! Schnell! Besinnt Euch nicht lange!

( Die Schläge werden stärker. Man hört einzelne Rufe: „Herut mit unsen Fleckensvorsteher!“ „Steekt den Kassen in Brand!“ Haut den Grafen dod!“)

( Die Tür kracht auseinander. Ein paar Bauern mit geschwungenen Äxten stürmen herein, rufend: „Her mit Jörgen Fuhlendörp un de annern beiden, oder dat gifft en Unglück!“)

Graf:

Ihr sollt sie haben. Vogt, geht mit ihnen und übergebt ihnen die Gefangenen!

( Bauern und Vogt gehen ab.)

Graf (ingrimmig die geballte Faust erhebend):

Für heute seid Ihr Sieger, ihr Bramstedter Bauern. Aber es ist noch nicht aller Tage Abend!

 

IV. Bild – Wohnstube bei Jürgen Fuhlendorf

Jürgen Fuhlendorf ( mit verbundenem Kopfe, den Arm in der Binde):

Dat is en langwielige Partie! Erst veer Wochen int Bett to liggen in de beste Sommertid un denn noch ebenso lang in de Stuw un int Hus rümkröpeln, as wenn man tachendig Jahr old wehr! De ganze Ahrn is besorgt, ohn dat ick en Handslag darbi dohn heww. En Glöck, dat min Johann sowiet ranwussen is, dat he to Not den Kram regeern kann, un min Antje hett ock förwahr düchti mit anlangt. Dat is en hellische Diern! –

Nu sünd dat öwrigens ock bald söben Wochen, siet Jürgen Zimmer un Kassen Rav affreist sünd na Kopenhagen, üm den König uns Angelegenheit vörtodregen. Mi dünkt, se könnt jeden Dag wedderkam. Mi schall bloß verlangen, watt se utricht hebbt. Wenn den König de Sak so vörstellt ward, as dat sick verhöllt, denn möt wi doch Recht kriegen.

Antje Fuhlendorf (bringt Tasse und Morgenbrot):

Gun Morgen, Vadder, ick bring Di Din Fröhstück. Wo geiht Di dat hüt? Hest Du gud utrauht? Mi dünkt, Du süggst so ungedüllig ut.

Jürgen:

Ja, Antje, dar schall man woll ungedülli bi wahrn. Hüt sünd dat acht Wochen, sied de Kerls mi ünnerkreegen. Und grad in de hillste Tied heww ick krankspeeln mößt! Dar arger ick mi jeden Dag an!

Antje:

Wi hebbt dat doch jo all trech kreegen ohn di. Dat Korn is opn Böhn, un dat Veeh is gud in de Reeg. Un nu büst Du gottloww ock jo sowiet, dat Du in de nächsten Dag Din ersten Utgang maken kannst. Dat is doch de Hauptsak, min leew Vadder, dat Du wedder ganz fix warst. Dat seeg slimm noch ut, as se Di damals in Hus bröchen.

Fuhlendorf:

Ja, mi kakt dat noch jedesmal inwennig, wenn ick daran denk, wo se uns dar hinterlistig öwerfalln dehn. Am meisten heww ick dat den Vagt verdacht. Wo mennimal hett he bi uns vör de Dör setn un ganz fründschaftlich mit uns klöhnt, un as se denn all öwer mi herfolln, dar sprung he nich hen un halp mi. Dar stell he sick vör den Grafen hin, üm den to decken. Dat is jo en ganzen scheinheiligen Kerl; lat denn mi wedder ünner de Ogen kam, de schallt wat to hörn kriegen!

Antje:

Ne, Vadder, scheinheilig is Arend Wulf gewiß ni. He is en ehrlichen Menschen, dar kannst Du Di to verlaten, un fröher hest Du ock anners von em snackt. Du hest seggt, he wehr en düchtigen Kerl un strew vör sin Herrn, as wennt vör sick selbst wehr! Kannst Du em dat verdenken, wenn he för sin Herrn intred? Harst du dat in sin Stell nich ebenso makt? He hett mi körtlich noch seggt, wo leed em dat dahn har, dat he di nich har bisspringen konnt, awers em wehrn de Hann jo bundn wesen dörch sin Plicht. He hett binah jeden Dag fragt, wo die dat gahn de, un sick freut, dat dat von Dag to Dag beter wöhr.

Jürgen:

Dat har he sick gern sporn konnt. He schall mi nich wedder vör de Ogen kam, un ick segg die Du bliwwst ock von em aff. Wennt nah sien Willn gahn wehr un uns Buern nich kam wehrn, denn leeg ick dar woll noch in dat düster Lock un wehr längst verschimmelt un vermuchelt. Ick will nix von em weetn, un wer to mi hörn deiht, de mot nich mit den Grafen sien Vagt holln. Versteihst du mi, Antje?

Antje:

Ach, Vadder, wes doch nich so hart! Arend is gewiß en guden Minschen, un ick bün em all lang gud un kann nich von em laten.

Jürgen:

So! Is dat so mit die bestellt? Dat deiht mi leed, min Antje, awers dat mutt dorbi bliewen, wat ick seggt heww. Wenn du min Dochter bliwen wullt, denn mußt du nich mit den Grafen sin Vagt holln. Ick will di nix inn Weg leggen, du kannst nehm wen du wullt mank de Bramstedter junge Buern un Buernsöhne, awers komm mi nich mit den Grafen sin Vagt. De ward niemals min Swiegersöhn, so wahr as ick Jürgen Fuhlendörp heet.

Antje:

Awers, Vadder – —

( Es klopft.)

Fuhlendorf:

Komm rin!

Jürgen Zimmer (Tritt ein.):

Gudn Dag ock, Jürgen, nu süggst du doch en beten anners ut as damals, as ick affreis. – Gudn Dag, Antje!

Fuhlendorf:

Gudn Dag, Gudn Dag, min leewe Jürgen; ick heww oft an die un Kassen dacht. Ick freu mi, dat ji wedder hier sünd, un nu segg mal, wat hebbt ji utricht?

Zimmer:

Garnix hebbt wi utricht. Erst duer dat lang, bet wi öwerhaupt an den König rankamen kunn, un as wi nu richtig sowiet wern, do güng wi ebenso klok rut as wi rinkam. De König segg, dat de em leed, awers de Tiden wern slech, un dat Geld wer knapp. He kunn de Schuld nich inlösen. Wenn wi se gern ut de Welt hebben wolln, denn müssen wi uns mit den Grafen eenig warn un se selbst betalen. Un den nück he mit den Kopp, un wi wern fertig mit de Sak. Wi hebbt Kopenhagen mal to sehn kregen, hebbt uns Geld verreist un de Tid verlorn, und sünd nich wieder as wi west sünd. Wat nu, Jürgen Fuhlendörp?

Fuhlendorf:

Ja, wat nu ? Dat magst du woll seggn! Wenn’t bin König keen Rech gifft, wo schöllt wi denn Rech findn ? Wo kannt angahn! Wi hebbt doch keen Schulden makt. Schöllt wi uteeten, wat anner Lüd inkrömt ? Wo schöllt wi dat Geld hernehm ? Wat hebbt wi uns affslawen müßt, bett wi wedder enigermaten in Gang keem nah de langen Kriegsjahrn! 14.000 Daler! Dar is jo keen Möglichkeit för uns, dat optobringen. Wi ward woll Hus un Hoff verlaten mötn un mitn Stock in de Hand ut Bramstedt rutgahn.

Zimmer:

Wi hebbt ünnerwegens ock veel daröwer hin un hersnackt, awers wi weet ock kenn Rad. Un dennoch: Leewer will ick mit’n Stock in de Hand ut Bramstedt rutgahn as mit Fork un Schüffel to Hoff gahn!

Antje:

Ach, Vadder, rut ut Bramstedt, alles verlaten, wat uns hier leew un wert is! Geiht dat nich anners ?

Fuhlendorf:

Ick weet nich, min Dochder, awer segg mal, Antje, harst du denn Lust, to Hoff to gahn un in de Gräfin ehr Spinnstuv un an de Gräfin ehr Wewstohl to sitten un di von ehr so rech von baben her ankieken laten un ock dann un wann mal düchtig von ehr kuranzen laten, ohne dat du een Word dargegen seggen dörfst ?

Antje:

Ne, Vadder, denn gah ick leewer mit die in de wiede Welt.

Fuhlendorf:

Dat dünkt mi ock, min Antje. Un doch, je mehr ick daran denk, üm so swarer ward mi all jetzt dat Hart. Rut ut Bramstedt, wo min Öllern und Voröllern lewt hebbt un begraben sünd, wo ick lewt un strewt heff, wo min Kinner born un grot wahrn sünd! Allens annere leewer as dat! Wer hett uns dat Unglück bröcht ? ( erhebt drohend die Faust) Kunn ick as ick möch, Graf Kielmannsegge, denn müßt du rut, un wi blewen hier as frie Lüd.

( Es klopft.)

Ein bewaffneter Knecht tritt ein:

Komme ich hier recht zu dem Fleckensvorsteher Jürgen Fuhlendorf ?

Fuhlendorf:

Ja, de bün ick wenigsten jetzt noch, wo lang noch, dat weet ick nich. Wat wullt du von mi ?

Knecht:

Ich habe Euch ein Schreiben meines Herrn, des Amtmanns in Segeberg, zu überbringen ( reicht ihm einen versiegelten Brief.)

Fuhlendorf:

Wat will de denn von mi ? Dat mutt jo en wichtige Angelegenheit sin, wenn he extra en riedenden Baden von Säbarg hierherschickt.

( Liest das inzwischen erbrochene Schreiben)

Dat ward jo ümmer döller! Hier steiht, de Graf hett mi anklagt wegen Bruch des häuslichen Friedens un wegen Widerstand gegen min rechtmäßige Obrigkeit.

Knecht:

Ich habe den Befehl, Euch nötigenfalls mit Gewalt dem Amtmann sofort vorzuführen.

Antje:

Ne, Vadder, dat lied wi nich, du kannst de wiede Reis noch nich maken, du werst je wedder krank!

Fuhlendorf:

Lat man, min Antje, Johann schall mi henföhrn. ( Zu dem Knecht gewendet:) Du bruckst mi ni to arretiern, ick kann alleen na Säbarg hinfindn. Kannst ruhig noch hüd wedder trüg rieden un din Herrn melden, dat ick morgen kam.

( Der Knecht geht ab.)

Antje, gah un segg Johann Bescheed. He schall den Wagen good nahsehn un de Peer nahn Smied bringn, dat wi morgen bitieds wegföhrn könnt.

Antje:

Ja, min leew Vadder. ( Geht weinend ab.)

Fuhlendorf:

Dat ward mi in Säbarg woll nich anners gahn as ju in Kopenhagen, is mi bang. Awer lat dat gahn as dat deiht, vör unsn Grafen bög ick mi nich. Lat se mi insparn so lang as se wöllt, böcken doh ick mi nich!

 

V. Bild – Wohnstube bei Jürgen Fuhlendorf

Jürgen Fuhlendorf (vor einem Tisch mit Papieren sitzend):

Dat wehr en sware Tied. Wenn ick trüggdenk an den Sommer, as wi to Hoff gahn scholln, un denn de langn Wochen, wo ick int Bedd liggn möß un keen Handslag dohn kunn, un denn de veer Wochen, wo se mi in Säbarg achter Slott un Riegel wohlverwahrt höln! Un as ick denn trüükemm, da güng dat Simuleern un dat Beraden wedder los: Wer schall uns helpen un wer will uns helpen und wer kann uns helpen! Un dat Enn wehr schließlich, dat wi inseegen, wi mössen uns selbst helpen. So besloten wi denn, dat jeder von uns twee Drüttel von sin Hoff verköpen scholl, un den König har dütmal nix dargegen. Dat güng sin Geldbüddel ock jo nix an. Nu geiht dat gegen Fröhjahr, un wi sünd ungefähr fertig mit den Verkop. Kiek, dar kamt se jo all, Jörgen Zimmer un Tim Langhinrichs un Kassen Rav un Hartig Bög mit de Afreeken. Wennt blot recken ward! ( Es klopft) Kamt rin!

( Langhinrichs, Zimmer, Rave und Böge treten ein, begrüßen Fuhlendorf, und alle setzen sich an den Tisch.)

Fuhlendorf:

Woveel hebbt wi nu in ganzen tosam ?

Langhinrichs:

Wi hebbt vörhin all mal en Överslag makt, veel öwer teindusend sünd dat nich.

Fuhlendorf:

Dat heff ick mi so halw un halw dacht. De Köpers sünd nich rieklich, un dat Geld is öwerall knapp. Awers mehr könnt wi doch nich gud missen, uns Stelln sünd so all knapp grot nog. Wenn ick in Tokunft vör min fief Melkenköh Gras un vör min twe Peer Arbeit nog heww, denn will ick tufreden sien.

Zimmer:

So geiht uns dat alltosam, Jörgen, awers wi wöllt doch leewer frie Drüttelsbuern sien als Vollbuern un denn uns von den Grafen befehln laten!

Hartig Böge:

Dat segg ick mit, un wennt sien mutt, will ick leewer en frien Kätner sien as togeben, dat uns Graf sien Willn kregt. Awers mi dünkt, wi beed den Grafen erstmal teindusen an, villicht giwwt he uns darvör den Schuldschien, denn wenn een baar Geld süggt, denn besinnt he sick mennigmal.

Karsten Rave:

Nee, Hartig, dat künnt wi uns gern sparn. De schenkt uns keen Penn, em is dat doch nich üm dat Geld to dohn; he will ja bloß uns hebben. Awers ick weet en annern Vörslag. De König is, as vertellt ward, jüs in Itzehoe. Wo wehr dat, wenn wi uns noch eenmal an em wenden dehn. Wenn he süggt, wat wi dahn hebbt, un wenn wi em nahwiest, dat wi nich mehr tosambringen könnt, denn makt he villich doch Rad un giwwt den Rest her. Jörgen Zimmer, wat meenst du ? Wi beiden weet jo all mit den Rummel Bescheed, wöllt wi en Dag oder twee daran riskeern ? Du hest en guden Wagen, den kannst du hergewen, ick will de Peer stellen, un mien Hinnerk kann uns föhrn.

Fuhlendorf:

Dat is en gude Idee, Kassen. denn holt ju man nich op un seht to, dat ji de Sak in de reeg kriegt.

Zimmer:

Ja, dat lat uns maken, un morgen fröh bitieden lat uns losföhrn! Un nu wöllt wi to Hus, dat wi mit dat Torüsten fertig ward.

Fuhlendorf:

Un uns Herrgott geew düttmal Segen to de Reis, dat wi wedder mit Tovertrun in de Tokonft sehn könnt!

( verabschieden sich)

Jürgen Fuhlendorf (ans Fenster tretend und den Dreien nachsehend):

Dar kömmt wahrhaftig den Grafen sien Vagt op mien Hus to. Wat de woll will ? Ob he min Antje noch ni vergeeten hett ? De Diern hangt jo noch ümmer an em, dat kann ick gud nog marken. ( Es klopft.)

Komm rin!

Arend Wulf (tritt ein):

Guden Dag, Jörgen Fuhlendörp.

Fuhlendorf:

Gudn Dag! sett di dahl. Wat wullt du von mi ?

Arend Wulf:

He weet, Jörgen Fuhlendörp, wo dat mit mi un sien Antje steiht.

Fuhlendorf:

Ja, dat weet ick. Un du weetst ock doch, Arend Wulf, wo dat mit uns beiden steiht. Dar kann nix nah kam. Den Grafen sien Vagt kriggt mien Antje nich, dat steiht fast. Dat heww ick Antje all lang seggt, un dorbi schall dat bliewen.

Arend Wulf:

Also – wat he seggt hett, darbi bliwwt dat.

Fuhlendorf:

Ja, Arend Wulf, slag die mien Antje utn Kopp. Dat is beter vör ju beid. Ick will sünst mien Antje nix inn Weg leggen. Se kann sick mank de Bramstedter Drüttelsbuern utsöken, wen se will. Awers den Grafen sien Vagt will ick nich tom Swiegersöhn hebben!

Arend Wulf:

Jörgen Fuhlendörp, ick nehm em bi sien Word! De vör em steiht, is nich mehr den Grafen sin Vagt; ick bün hüt afgahn un denk mi buten Dohr en Hus to bun. Ick heff von Hinrich Dehnkamp soveel Land köfft, dat ick mi woll to de Drüttelsbuern reeken dörf. Un nu frag ick nochmal: Will he mi sien Antje to Fru geben ?

Fuhlendorf:

Arend Wulf, ick stah to mien Word. Wennt so is, denn heff ick nix dargegen, wenn mien Antje dien Fru ward. Awers seeh di vör, Arend, mitgewen kann ick ehr nix. Du weetst, wo dat uns gahn hett. Wi sünd so arm as Karkenmüs.

Arend Wulf:

Jörgen Fuhlendörp, ick will sien Antje frieg(h)en und nich sien Geld. Wi sünd beid jung un gesund, un bang vör de Arbeid sünd wi ock nich. Wi wöllt uns woll dörchslagen.

Fuhlendorf:

So ist recht, Arend Wulf, du paßt to uns. Antje, komm mal rin!

Antje (erscheint in der Tür):

Ja, Vadder, wat schall ick ? (Wird Arend Wulf gewahr) Gott, Arend, wat hett dat to bedüden ?

Fuhlendorf:

Dat hett to bedüden, dat he üm di anholn hett, un dat ick em dat sülwe seggt heff, wat ick di all lang seggt heff.

Antje:

Ach, Vadder, segg doch ja!

Fuhlendorf:

Ne, Antje, den Grafen sien Vagt kriggst Du nich, wenn du awers den Drüttelbuer Arend Wulf hebben wullt, denn kannst du ehm nehm.

Antje (eilt auf Wulf zu):

Ach, wo geern!

Fuhlendorf:

Awers een Bedingung mak ick: erst mutt de Sak twischen uns un den Grafen int Reine bröcht sien, eher ward keen Hochtied.

Antje:

Wi könnt töben, Vadder, wi hebbt all lang nog tööft.

 

VI. Bild – Im Bleeck

Bauern.
An einem Tisch Jürgen Fuhlendorf, Tim Langhinrichs, Jürgen Zimmer, Karsten Rave.

Fuhlendorf (in der Hand die Schuldverschreibung haltend):

So, Lüd, nu is dat all in Ordnung. De teintusend Daler sünd utbetalt an den Grafen. Uns König hett 4.000 Daler toleggt, un hier is de Schuldschien. Ick riet em twei un smiet em ünnern Disch, un wi bliwwt, wat wi west sünd: Frie Lüd! Ja frie Lüd sünd wi, un frie Lüd wöllt wi bliewen!

Dat wehrn slimme Tiden, de achter uns liggt, slimmer as Krieg un Pestilenz, un keen von uns ward se vergeeten, so lang he leewt. Awers wi hebbt se nu achter uns und wöllt in dissen Ogenblick nich daran denken. – Daran awers lat uns denken, min lewen Frünn, dat wi bloß sowiet kam sünd, wil wi enig west sünd.

Na nu staht ji un geewt enanner de Hand tom Teeken, dat wi immer as Bröder tosam stahn wöllt in gode Tieden un in slechte Dag. Un wenn een von uns vont Unglück drapen wart, denn wöllt wi em helpen, dat he wedder op de Been kömmt.

Vör alle Tieden schall dat von uns heeten: Eeen vör uns all, un all vör jedereen.

Alle rufen:

So schall dat sien, Jörgen Fuhlendörp, un so schall dat bliewen!

Fuhlendorf:

Hüt heeft wi den drütten Pingstdag, un darmit dat nich vergeeten ward, wat wi hier afmaakt hefft, wöllt wi jedes Jahr an drütten Pingstdag tosamkam un wöllt jedesmal von frischen de Hand gewen un an dat denken, wat wi hüt uns verspraken heebt. So schall dat bliewen, so lang de Wind weiht un de Hahn kreiht!

Alle:

So schall dat bliewen , Jörgen Fuhlendörp. so lang de Wind weiht un de Hahn kreiht.

Fuhlendorf:

Un nu sünd wi darmit fertig. Nu wöllt wi mal wedder vergnögt sien. Seht, dar kamt uns Frunslüd all an, ehr is de Tid wiß lang wahrn. Nu wöllt wi danzen und singen, dat den Grafen de Ohrn klingen schöllt.

Bauern und Bäuerinnen ziehen Paar um Paar vorbei und singen:

As de Eeken op den Liethbarg,
As de Eschen in den Grund,
Wöllt wi fast stahn, nich torügg gahn,
Tru un fast mit Hart un Mund.
So lang de Wind weiht un de Hahn kreiht,
Tru un fast mit Hart und Mund.

As de Wotteln in dat Erdriek,
As de Twiegen in de Kron,
Sick de Hand gewt un tosam lewt,
Wöllt ock wi tosamenstahn.
So lang de Wind weiht un de Hahn kreiht,
Wöllt wi fast tosamenstahn.

As de Vageln in de Twiegen,
As de Hirch, as Reh un Voß,
Wöllt wi frie sin, nüms to eegen sin,
Frie dat Hart un frie de Bost.
So lang de Wind weiht un de Hahn kreiht,
Frie dat Hart un frie de Bost.

Uns leew Bramstedt mit dien Roland,
Mit dien Wischen wiet un grön,
Mit dien Linden, smuck un köhlig,
Du schast wassen, du schast blöhn!
So lang de Wind weiht un de Hahn kreiht,
Schast du wassen, schast du blöhn.

– Ende –


Historischer Bezug

Soweit August Kühls dichterische Bearbeitung der Vorkommnisse von 1665-1695, über die Jürgen Fuhlendorf selbst einen Bericht erstellte.

Das Geschehen sei hier für Nichtwissende kurz zusammengefaßt:

Nach dem 30jährigen und einigen nachfolgenden Kriegen war der Landesherr, der König von Dänemark, in großen Geldnöten und das Land arg verwüstet. Bramstedt selbst war durch seine Lage an wichtigen Straßen mehrfach durch Einquartierungen und Überfälle verschiedenster Truppen in Mitleidenschaft gezogen worden. Mehrfach wurde es geplündert und gebrandschatzt; die Aufzeichnungen der Pastoren Galenbeck geben darüber Kunde.

In seiner Geldnot stellte der König im Jahre 1665 einen Pfandbrief /Schuldschein aus, der dem Inhaber u.a. die Erträgnisse/Nutzungen des Fleckens Bramstedt zusprach.

Dieser Pfandbrief war zunächst im Besitz des Grafen Königsmark, und schon dieser ließ den Flecken „hart pressen und machte sie ganz unvermögend“, wie Fuhlendorf berichtete. Als der Graf keinen Nutzen mehr darin sah, wanderte der Brief durch mehrere Hände.

Ein hoher dänischer Beamter, Oberrentmeister Brandt, wußte von diesem Pfandbrief und er wußte ferner, daß der Besitzer des Bramstedter Gutshofes, Graf/Baron von Kielmannsegg, sein Gut zu verkaufen suchte. Brandt wollte nun Gut und Flecken zusammenbringen, um es in seine Hände zu bringen. Da ihm seine Stellung bei Hofe dieses Handeln selbst verbot, schaltete er Mittelsmänner ein und brachte den Pfandbrief in die Hände von Kielmannsegg, der die Dinge richten sollte. Dies geschah in Kopenhagen 1685.

Kielmannsegg reiste nach Bramstedt zurück und versuchte die freien Bauern unter seine Herrschaft zu zwingen. Diese widersetzten sich jedoch und schworen (so Fuhlendorfs Bericht), nicht nur Geld und Gut, sondern auch Leib und Leben einzusetzen, statt sich dem Hofe zu unterwerfen. Es kam zu jahrelangen Auseinandersetzungen, bei denen es tatsächlich zu Tätlichkeiten/Kämpfen im Gutshof kam und einige Abgesandte malträtiert wurden; und Jürgen Fuhlendorf landete gleich zu Anfang für einige Tage im Gefängnis in Segeberg.

Wiederholte Anläufe der Bramstedter brachten dann die Zusage, daß die Fleckensleute gegen Zahlung von 14.000 Reichstalern selbst den Schuldschein erwerben könnten.

Um diese Summe zahlen zu können, teilten die Vollbauern (Hufner) ihre Hufen in 1/3-Hufen und veräußerten je 2 x 1/3, so daß es danach zunächst nur noch 1/3-Hufner gab. Für einen Teil der Summe mußten schließlich noch Hasenmoor und ein Teil des (Segeberger) Forstes hergegeben werden.

Die Bezahlung dauerte über 10 Jahre und wurde immer wieder durch Brandt und Konsorten zu hintertreiben versucht. Man inhaftierte sogar Abgesandte des Fleckens für 10 Wochen, um diese einzuschüchtern. Schließlich war es nur noch Jürgen Fuhlendorf, der zur letzten, aber erfolgreichen Verhandlung reiste.

Im Jahre 1695 war die letzte Schuld bezahlt. Die freien Bauern hatten ihre Freiheit verteidigt und sich nicht der Gutsherrschaft unterworfen.

Sie werden es gefeiert haben. Fuhlendorf selbst gibt darüber keine Nachricht und nennt auch keinen Tanz um den Roland.

Doch bis heute lebt die Erinnerung an diese Ereignisse weiter und die Fleckensgilde hält sie alljährlich mit dem Tanz um den Roland wach.

– .-.-


Die Kühlschen Personen bedürfen einiger Anmerkungen:

Das Bramstedter Stellenverzeichnis aus dem 17. Jahrhundert verzeichnet bei Jürgen Fuhlendorf keine Tochter mit Namen Antje und auch keine des in Frage kommenden Alters (die Töchter hießen Abel, *1674 und Metta, *1677).

Einen Arend Wulff gab es als Kätner (Kleinbauer) im Flecken; ob er auch Vogt am Hofe war, ist nicht erkennbar.

Die Namen Zimmer und Rave finden sich im 17. Jahrhundert noch nicht in Bramstedt und auch einen Gastwirt Hartig Böge sucht man im Stellenverzeichnis vergebens. Einen Gripp fand ich ebensowenig.

Fuhlendorf selbst nennt die Namen der Abgesandten mit: Tim Langhinrichs, Jasper Stüven, Hans Steckmest und er selbst.

-.-.-


Bildanhang:

  1. Postkarten, die anläßlich der Uraufführung 1908 entstanden

edel__ikedel_iik edeliiik

Dieser Beitrag wurde unter C - Jürgen Fuhlendorf, Die Gilden, Bevölkerung veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.