de Cuveland: Notgeld von de holsteensche Stadt Bad Bramstedt

aus dem heimatkundlichen Jahrbuch des Kreises Segeberg 1972, S. 129 ff (um Farbfotos ergänzt)

Helga und Ernst de Cuveland, Norderstedt:

Notgeld von de holsteensche Stadt Bad Bramstedt

Wie z. B. Bad Segeberg oder auch kleinere Orte, darunter das heute zu Norderstedt gehörende damalige Dorf Garstedt, hat auch Bad Bramstedt nach dem ersten Weltkrieg angesichts der damals zerrütteten Währungsverhältnisse aufgrund staatlicher Ermächtigung ab 1920 Notgeld für einen begrenzten Geltungsbereich herausgegeben. Dessen endgültige Einlösung erfolgte 1923 und von heute auf morgen nahm die Reichsbank kein Notgeld mehr in Zahlung.

Im Hinblick auf die begrenzte Gültigkeit der Scheine heißt es auf dem 50-Pfennig-Schein von Bramstedt, welcher ein eichenlaubbekränztes Rolandwappen trägt, unter dem 7. Dezember 1920:notgeld50v

Düß Schien, de gelt sien föfti Penn.
Doch eenmal hett dat ock en Enn.
Denn kannst du lesen in uns‘ Blatt:
,De Schiens sünd all nu vör de Katt!“
Denn bring em gau hen nah de Kass‘,
Du büß sünst an de Kossen faß.

De Bürgermeister:
Jensen

Die Rückseite dieses Scheines zeigt bäuerliche Bevölkerung vor dem Roland, während Spitzgiebelhäuser mit Kirchturm den Hintergrund bilden. Das Gesamtbild ist von Eichenzweigen eingerahmt. Ganz links hält ein durch eine steife Schirmmütze als Amtsperson gekennzeichneter Mann ein Dokument hoch, während ganz rechts ein Kind mit einer Fahne abgebildet ist. Links unten unter dem Siegel der Stadt hat J. Struve als Zeichner der Darstellungen auf den hier gezeigten Notgeldexemplaren seinen Namen angegeben. Wo diese Scheine gedruckt wurden, ist nicht erkennbar.

Die bildliche Darstellung hat die Unterschrift:

De Bramstedter Buern danzt an’n drütten Pingsdag 1674 üm den Roland, weil se ehr Freeheit kregen harrn. — Düt ward hüt to Dog noch mackt.

Links oben steht der auch hierauf zu beziehende Spruch:notgeld50h

Solang de Wind weiht
Un de Hahn kreiht,
Schall um’n Roland danzt warrn
Wenn de Sünn ünnergeiht!

Auch der 25-Pfennig-Schein hat eine amtliche Seite mit Bürgermeister Jensens Unterschrift. Die Wertangabe ist von einem Roggenährengebinde mit Kornblumen eingerahmt. Amtlich ist am Unterrand angegeben: Dieser Schein verliert seine Geltung vier Wochen nach öffentlicher Ankündigung in den „Bramstedter Nachrichten“. Auch der 25-Pfennig-Schein trägt als Datum den 7. Dezember 1920.

Zentralfigur auf dieser Seite ist wieder der Roland. Daneben steht folgender Spruch:

notgeld25v

Uns‘ Roland steiht un kiekt un nöckt.
He seggt: „De Welt, de is verrückt.
Ick mag hier nich mehr länger stahn,
Ick will man leewer rünnergahn.
Ick gah nah Bielenbarg nu aff,
Dar legg ik mi ganz still int Graff
Un slaap dar, bet in Kopp un Hart
De Minschheit wer‘ vernünftig ward.“

Seinen ganzen Jammer über die damalige Situation hat der Lokalpoet A. Kühl in diese Zeilen einfließen lassen, nicht ohne Humor natürlich. Diesmal lautet die Überschrift in amtlichem Hochdeutsch: Notgeld der Stadt Bad Bramstedt.

Jugendstil prägt die Rückseite dieses Scheines, welcher die Reklame für das „Sol- und Moorbad Bad Bramstedt“ nicht zu kurz kommen läßt. Ein breiter mit stilisierten Lilien geschmückter Rahmen umgibt Bild und Gedicht. In den oberen Ecken zeigt er in Wappenform den Geldeswert, 25 Pfennig, an, in den unteren Ecken befindet sich das Nesselblattwappen. Eine griechisch gewandete und einen Stirnreifen tragende Frauengestalt hat auf einer Mauer einen bauchigen Krug abgestellt, auf welchem sie die rechte Hand hält, während sie an die Mauer angelehnt steht. Sie schöpft hier offenbar aus der Quelle, die durch einen Brunnenstein quillt, welcher als Wasserspeier den bekränzten Kopf eines bärtigen Mannes trägt. Das davor befindliche Auffangbecken ist mit Steinplatten eingefaßt.

Kühl hat dazu das vierstrophige Gedicht geschrieben:

Hest du all mal von Bramstedt hört?
Und von sien brunes Water?
All mennig een hett dat kureert,
Keen Water is probater.

Wenn se hierher kamt ut de Stadt,
Denn könnt se knapp noch krupen,
Se sünd nervös un sonst noch wat
Un hebbt den Kopp voll Rupen.

Denn plümpert se hier jeden Dag
In uns‘ oll dreckig Water.
Slank ward se as en Bohnenschach
Un bruner as en Tater.

Un ook de Rupen in den Kopp
De speelt nie mehr Theater.
De ganze Minsch, de leewt wer‘ op,
Blot von dat brune Water.

notgeld25h

Die Scheine sind auf weißes Papier in graugrüner Grundtönung gedruckt und werden zum Teil durch Bandstreifen gegliedert. Laub und andere hervorzuhebende Partien sind kräftiger grün gefärbt. Ferner findet sich ein kräftiges Rot für die Kennzeichnung von Geldwerten, Wappen, Siegel und Initialen.

Diese Stadt konnte auf ihren Scheinen ihre Rolandstradition dokumentieren, auf das historische Ereignis der Bauernbefreiung 1674 Bezug nehmen und zugleich auf ihre Stellung als Bad hinweisen, was allerdings mit leichtem Spott über uns oll dreckig Water, welches so große Wirkung haben soll, verbunden wurde.

Fast der ganze Text konnte ganz selbstverständlich in Plattdeutsch gehalten werden, welches damals noch sehr viel verbreiteter war als heute, wenig mehr als 50 Jahre später.

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