Kröger: 1993 – 150 Jahre Kisdorfer Mühle

aus dem Heimatkundlichen Jahrbuch des Kreises Segeberg, 1992

Ernst Kröger, Kisdorf-Barghof +

1993: 150 Jahre Kisdorfer Mühle

  Nach einem mündlich geschlossenen Kaufvertrag zwischen dem Vollhufner Görries Stegemann in Kisdorf und dem Erbpachtmüller Georg Andreas Paustian in Kampen übernahm letzterer das Grundstück No. V. H. 300, Litr. N Rüterskamp, genannt „Achtern Sengel“ = 3 Ton 3/16-Scheffel = ca. 2,16 ha in Kisdorf für 160 Rth. am 28.03.1843. Dort erbaute er im gleichen Jahr eine Windmühle und einige Nebengebäude. Seine Windmühle in Kampen war am 15.02.1843 abgebrannt. Paustian verlegte seine Mühle nach Kisdorf, weil seine meisten Kunden in diesem Raum wohnten. Für alle Eingesessenen des Kirchspiels Kaltenkirchen bestand Mühlenzwang zur Kampener Mühle. Erst 1854 wurde der Mühlenzwang aufgehoben. Das gekaufte Grundstück wurde mit der Doppel-Kätnerstelle No. 43 und No. 43a in Kampen unzertrennlich verbunden. Der Kaufvertrag wurde am 16.09.1843 in das Schuld- und Pfandprotokoll eingetragen. Die benachbarten Gehöfte des Vollhufners No. 300 Görries Stegemann und des Vollhufners No. 309 Hartig Schmuck waren 1842 durch ein Großfeuer zerstört worden, wobei 6 Gebäude abbrannten. Deshalb war Stegemann gleich bereit, das oben genannte Grundstück zu verkaufen. Georg Andreas Paustian betrieb die Mühle bis etwa 1850. Im Jahre 1852 überließ er das ganze Mühlengewese am 7.07.1852 seinem Sohn Jakob August Christian Paustian für 65 000 M.C. Der letztere hatte wohl schon um 1850 den praktischen Mühlenbetrieb übernommen.

  Jakob August Christian Paustian kaufte am 29.09.1851 von dem Hufner Jochim Hartmann die 1/8-Hufe No. 330 in Kisdorf für 3 050 M und Altenteil für den Verkäufer und dessen Ehefrau. Die 1/8-Hufe wurde zur Mühlenhufe. Paustian bewirtschaftete die Mühle und die 1/8-Hufe als wirtschaftliche Einheit bis etwa 1858.

  Danach pachtete der Müller Johann Heinrich Sebelin die Mühle und die Mühlenhufe. Sebelin wollte die Mühle kaufen.

Der Verkauf der Kisdorfer Mühle und der Mühlenhufe an den Müller Johann Heinrich Sebelin

  Da auf dem Mühlengewese des Jakob August Chr. Paustian noch ein Canon für den von Blome Heiligenstedter Fideicommiss eingetragen war, sollte der Canon bei Abschreibung der Kisdorfer Mühle als erste Priorität auf ein für den Käufer Sebelin errichtetes Folium in der Segeberger Amtsrechnung eingetragen werden. So entschied am 13.09.1861 das Königliche Holsteinische Obergericht zu Glückstadt –

Unterschriften: Von Schirach, Henrici, Esmarch.

  J. A. Chr. Paustian hat die Kamper Mühle laut Erbpachtkontrakt vom 5.02.1780 von Sr. Excelenz den Herrn Geheimen Conferenzrath Baron von Blome, Erbherr zu Heiligenstedten und dessen Nachfolger in Genuß des vom wail. Herrn Geheimrath Wolf von Blome gestifteten Fideikommiße. Die Katenstelle in Kampen war mit 28 Ton 6 8/16 Scheffel alten Ländereien und 45 Ton 1 2/16 Scheffel Gemeinheitsländereien eingetragen. Der Kaufvertrag wurde 1861 abgeschlossen und am 22.02.1862 in der Kirchspielvogtei Kaltenkirchen protokolliert. Der Preis betrug 16 000 Reichsthaler Reichsmünze und dazu einen jährlichen Canon von 640 Reichsbankthaler. Der Canon wurde als 1. Priorität ins Schuld- und Pfandprotokoll eingetragen. Beim Abschluß des Vertrages bezahlte Sebelin 6.933 1/3 Reichsbankthaler bar. Der Rest von 9.066 2/3 Rbth. wurde als Schuldsumme eingetragen und war mit 4 % zu verzinsen.

  In einem 2. Vertrag am 22.02.1862 kaufte Sebelin von Paustian die 1/8-Hufe No. 330, jetzt Mühlenhufe genannt, für 2.666 2/3 Rbth. 64 ß. Der Käufer bezahlte bar 1.066 2/3 Rbth. 1.600 Rbth. wurden als Schuldsumme mit 4 % Verzinsung eingetragen. Zusätzlich mußte Sebelin das Altenteil für die Witwe Hartmann leisten. Der Kaufpreis für beide Objekte war entschieden zu hoch. Sebelin lieh von verschiedenen Leuten Geld an. Johann Hinrich Sebelin starb 1879. Seine Frau Hedwig, geb. Siewers, führte die Mühle noch bis 1881 weiter. Sie war in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Dann ging die Mühle und die Mühlenhufe an August Paustian zurück, der den Betrieb weiterführte.

Die Gebäude der Mühle im Jahre 1867

Besitzer: Johann Heinrich Sebelin, Müller. Landbesitz = 10 1/2 Ton.

a) Wohnhaus mit geräumigem Hof und 30 Quadratruthen großen Garten. Umfassungswände: Teil Fachwerk mit Ziegel, teils massiv. Dach: Ziegel, baulicher Zustand: mittel. 4 heizbare Stuben, 5 nicht heizbare Kammern, 1 Küche, Keller und Vordiele. Brandkassenwert = 4.130 M, jährlich Nutzungswert 30 M, Steuerstufe 8, Jahressteuer 1 Rth 6 ß.
b) Mühle, Umfassungswände massiv, Dach: Rohr, baulicher Zustand gut, 4 Gänge, Brandkassenwert 18.750 M, Nutzungswert: 60 M, Steuerstufe 13, jährl. Steuer 1 Rth 6 ß.
c) Kate mit kleinem Hof und 20 Quadratruthen großen Garten, Brandkassenwert: 690 M, Umfassungswände: massiv, Dach: Ziegel, baulicher Zustand: Mittel, 2 heizbare Stuben, 2 nicht heizbare Kammern, 2 Küchen, Steuerstufe 4, jährl. Steuer 12 ß, 2 Wohnungen, 1 Wohnung vermietet für 15 M Jahresmiete.
d) Scheune. Umfassungswände: Fachwerk mit Ziegel, Dach: Stroh, baulicher Zustand: Mittel, Brandkassenwert 1.030 M. Raum für 10 Pferde, 5 Kühe, 6 Schweine, 1 Tenne.
e) Backhaus, Umfassungswände: Massiv, Dach: Stroh, baulicher Zustand: Gut, Raum für Backholz und Backofen, Brandkassenwert: 750 M.

Nachdem nun August Paustian das Mühlengewese in Kisdorf wieder übernommen hatte, verkaufte er 1882/83 die Ländereien der 1/8-Hufe No. 330 wie folgt: An den Kätner Dirk Schmuck die Parzelle Gräbenhorst Kartbl. 19, Parz. 31 = 1,48 ha für 650 M, an den Kätner Hans Hamdorf Gräbenhorst Kartbl. 19, Parz. 28 und 29 = 1,66 ha für 600 M, an den 1/3-Hufner Christian Knutsen Halmskamp (Seeg) Kartbl. 4, Parz. 6 = 1,12 ha für 775 M, an den Kätner Christian Wulf Rödiecksbarg und Rödieckswisch, Kartbl. 4, Parz. 35, 36, 37 = 3,56 ha für 2.500 M. Das Hofgrundstück der 1/8 Hufe, Kartbl. 23, Parz. 9 = 0,40 ha verkaufte er an den Arbeiter Jochim Hartmann für 800 M. Damit hatte die 1/8-Hufe No. 330 oder Mühlenhufe aufgehört zu bestehen. So kam Jochim Hartmann wieder in den Besitz seines Vaterhauses. Er ist der Vater von Ernst Hartmann.

Die Mühle unter dem Firmennamen: J. F. Andersen – Kisdorf-Mühle

Am 1.7.1884 verkaufte August Paustian die strohgedeckte Mühle mit den Nebengebäuden an den Müller Johann Friedrich Andersen aus Winsen für 6.000 M und eine jährliche Rente von 1.440 M. 1888 brannte die Mühle durch Blitzeinschlag ab. J. F. Andersen Kisdorf-Mühle, so lautet noch heute der Firmenname.

Die weiteren Besitzer der Kisdorfer Mühle

Vom 1.7.1884 – 1906 Johann Friedrich Andersen
von  1906 – 1910    Ww. Catherina Andersen, geb. Thies
von  1910 – 1934    Emil Andersen
von  1934 – 1943    offene Handelsgesellschaft (Inhaber Emil Andersen und Kurt Andersen)
Der Sohn Kurt Andersen starb 1943 als Hauptmann und Batteriechef in Rußland.
von  1943 – 1945    Emil Andersen
von  1945 – 1954    offene Handelsgesellschaft (Inhaber Emil Andersen, Käthe Andersen, Thomas Andersen)
Am 3.11.1954 starb Emil Andersen. Er hatte Heinz Ewert zum Leiter der Firma bestimmt.
von  1954 – 1961    offene Handelsgesellschaft (Inhaber Käthe Andersen, Thomas Andersen)
von  1961 – 1965    offene Handelsgesellschaft (Inhaber Käthe Andersen, Thomas Andersen, Heinz Ewert)
von  1965 – 1967    Käthe Andersen, Thomas Andersen
Am   4.11.1965 starb der Leiter der Firma, Heinz Ewert.
von  1967 – 1.07.1989 Landwirtschaftliche Handelsgesellschaft KG. Lensahn (LHG KG Lensahn) unter dem alten Firmennamen J. F. Andersen Kisdorf-Mühle (Inhaber Herzog Günter und Herzog Peter von Oldenburg und Käthe Andersen)
vom 1.07.1989 –     Wünsche Landhandel GmbH Im Februar 1992 stirbt Käthe Andersen.

Der Mühlenbetrieb JFA entwickelte sich von kleinsten Anfängen zur größten Landhandelsfirma im Kreise Segeberg.

Von 1947 – 1959 pachtete Emil Andersen die Mönchsmühle in Bad Segeberg. Die Firma erwarb und betrieb nachstehende Filialen: Ochsenzoll, Friedrichsgabe, Hamburg-Berne, Bad Bramstedt, Wakendorf II, Lokschuppen in Wakendorf II. In Segeberg wurden die Rüdersche Mühle, der Betrieb der Firma Kahlke und Melcher und die Getreidefirma Lüken und Sohn übernommen. Zeitweilig waren 100 – 150 Mann in den Betrieben beschäftigt. Am 31.10.1969 brannte der Turm der alten Windmühle ab. Das eichene Gebälk blieb noch nach Ablöschung des Brandes stehen. Die mit dem Turm verbundenen Gebäude wurden abgerissen. Es soll in diesem Beitrag nicht weiter auf das Geschehen der letzten 100 Jahre eingegangen werden. Betriebsleiter auf der Kisdorfer Mühle ist zur Zeit Paul von Horsten, den Segeberger Betrieb führt Erwin Kruse.

Familie Paustian 303 Jahre auf der Mühle bzw. auf dem Mühlenhof in Kampen

Von vor  1649 – 1780 war die Wassermühle im Besitz der Königlichen Regierung
1780 wurde den Erben Hinrich Blomes die Mühle zugesprochen.
1824  ging sie in den Besitz von Georg Andreas Paustian über, ein Canon blieb.
1781 wurde die erste Windmühle erbaut.

Übersicht über die Erbpachtmühlenbesitzer

1659 – 1680    Daniel Wulff
1680 – 1699    Otto Paustian der ältere (eingeheiratet)
1699 – 1705    Ww. Elisabeth Paustian, geb. Wulff
1705 – 1718    Elisabeth Bartels, verwitwete Paustian, geb. Wulff.
Zeitweilig war die Mühle an den Sohn Daniel verpachtet.
1718 – 1727    Otto Paustian der jüngere, Sohn von Elisabeth Bartels 1. Ehe
1728 – 1758    Claus Paustian, älterer Bruder von Otto Paustian
1758 – 1769    Witwe des Claus Paustian und aus 2. Ehe L.M.E. Schröder und Kinder 1. und 2. Ehe gemeinsam
1769 – 1820    Nikolaus Friedrich Paustian (Sohn des Vorigen)
1820 – 1852    Georg Andreas Paustian (Sohn des Vorigen)
1852 – 1881    Jakob August Christian Paustian
1881 – 1920    August Paustian
1920 – 1952    August Detlev Paustian
ab 1952 Günther Paustian, Neffe des Vorigen

Die 1/8-Hufe No. 330, ab 1851 Mühlenhufe genannt, in Kisdorf

Die Hufe stand auf dem südwestlichen Teil des heutigen Hofgeländes von Martin Ahrens an der Sengel. Bis 1644 hatte dort die 1/4-Hufe No. 2 (No. 327) gestanden. Bei der schwedischen Okkupation 1643/44 brannte das Gehöft ab. Der damalige Besitzer Hinrich Biehl siedelte seine Hofstelle nach „Alsen“ an de Loh aus. Am 2.12. 1651 bewilligte das „Ding und Recht“, auch Lotding genannt, daß Karsten Schmuck von dem Gelände dieser Hofstelle einen Bauplatz kaufen durfte. Er errichtete dort ein Haus für seine 1/8-Hufe No. 330.

Die Besitzer der 1/8-Hufe No. 330 waren:

Von 1651 – 1668 Karsten Schmuck
von 1668 – 1671 Jürgen Schmuck
von 1671 – 1673 Hinrich Gülk, Setzwirt
von 1673 – 1697 Hinrich Storjohann, Setzwirt
von 1697 – 1725 Dirk Schmuck
von 1725*- 1747 Hinrich Finnern, Setzwirt
von 1747 – 1775 Hans Schmuck
von 1775 – 1782 Witwe von Hans Schmuck
von 1782 – 1820 Dirk Schmuck, Schulmeister
von 1820 – 1825 Rebecca Schmuck
von 1825 – 1851 Jochim Hartmann
von 1851 – 1882 ist die Stelle die Mühlenhufe

Im Zuge der Verkoppelung im Jahre 1803 erhielt die 1/8-Hufe No. 330 die ehemalige Hofstelle der ausgesiedelten 1/4-Hufe No. 323 (später Marienhof genannt). Die Vollhufe No. 305, Besitzer Marx Hamdorf, Bauernvogt, erhielt das Hofgelände der 1/8-Hufe No. 330. Die Vollhufe No. 305 ist der heutige Hof von Martin Ahrens, Sengel.

Anmerkung:    1 Rth = 1 Reichsthaler = 48 ß = 3.- M
1 Rbth = 1 Reichsbankthaler = 96 ß = 2- M ß = Schilling

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